Schule ist nicht immer lustig: Die neue ZDF-Komödie „Lehrer kann jeder!“

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KÖLN. Christoph Maria Herbst spielt in einem neuen ZDF-Film ein Mathe-Genie, das sich als quereinsteigender Lehrer versucht und mit dem Mandat ausgestattet wird, alles zu tun, «was nicht gegen die Menschenrechtskonvention verstößt». Trotzdem schwierig.

In den Hauptrollen: Christoph Maria Herbst und Brigitte Zeh. Foto: ZDF

Die Schule ist ein guter Ort, um Geschichten zu erzählen. Nicht nur für angstfreie Schülerinnen und Schüler, die sich mit fantasievollem Fabulieren durch mündliche Prüfungen schlawinern, für die sie nicht so richtig gelernt haben – sondern auch für Film- und Fernsehmacher. «Die Feuerzangenbowle», «Die Lümmel von der ersten Bank», «Fack ju Göhte» – alles Stoffe, die in Schulen spielen, großen Erfolg hatten und ihre Hauptfiguren zu Ikonen machten.

Christoph Maria Herbst (56) winkt aber ab, wenn man ihn auf seine Ambitionen im neuen ZDF-Film «Lehrer kann jeder!» anspricht, der am Donnerstag (8. September, 20.15 Uhr, ZDF) zu sehen ist. «Ich will meine Zusage zu diesem Film nicht missverstanden wissen als Bewerbung für eine Neuauflage von „Unser Lehrer Doktor Specht“», betont er. Stimmt, den Lehrer Specht, den gab es auch noch. Hach, war das schön.

Herbst aber, der am Telefon sehr aufgeräumt wirkt, schätzt, dass es sich bei «Lehrer kann jeder!» um ein rund 90 Minuten langes Einzelstück handelt. Einen Film, der ihm noch nicht abverlangt, sich auf unabsehbare Zeit in die Rolle eines Lehrers eindenken zu müssen. Und, dass er darin etwas spielen kann, was – wie er sagt – «maximal weit» von ihm weg ist. Ein arbeitsloses, promoviertes Zahlen-Genie.

«Lehrkräfte sind eine Berufsgruppe, die uns alle formt und begleitet hat, und trotzdem oft unterschätzt wird»

Zur Geschichte: Richard (Christoph Maria Herbst) hat gerade keine so gute Phase, da er in Trennung von seiner Frau (Brigitte Zeh) lebt, die Lehrerin ist. Er selbst hat Mathematik studiert, bei seinem zurückliegenden Job gab es allerdings ein paar Ungereimtheiten und nun ist er ohne Arbeit. Er behauptet zwar eisern, sein Leben im Griff zu haben – aber allein seine komplett verdreckte Spüle ist eine stumme Zeugin für das Gegenteil. Seine Tochter wird grundsätzlich: Er sei wie ein «Geist, der nicht ins Jenseits findet». Das sitzt.

Also heuert Richard als Quereinsteiger an einer Schule an – ausgerechnet an jener, an der auch seine Ex-Frau und seine Tochter sind. Da sind Konflikte vorprogrammiert – aber die Schulleiterin ist vollauf entzückt, die löchrige Personaldecke mit einem neuen Mathe-Lehrer stopfen zu können. «Wissen Sie, wie hoch die Burnout-Rate bei Lehrern ist? 29 Prozent», erklärt sie Richard. Und gibt ihm die 10d. «Mit denen können Sie alles machen, was nicht gegen die Menschenrechtskonvention verstößt.»

Der Film, dessen Buch Marc Terjung («Danni Lowinski») schrieb, fängt als klassische Komödie an und schreckt auch vor dem ein oder anderen Stereotyp nicht zurück. Das Lehrerzimmer jedenfalls ist ein Klischee-Kabinett – der Sportlehrer trägt Trainingsanzug und Trillerpfeife, der Deutsch- und Geschichtslehrer einen steifen Anzug. Mit der Zeit bekommt der Film aber immer mehr – auch tiefere – Drama-Elemente. Ist eben nicht alles lustig, was an Schulen passiert.

Mit welcher Motivation ist er als Drehbuchautor an das Thema gegangen? Terjung: «Das Drehbuch habe ich im zweiten Lockdown geschrieben. In der Pandemie hatten wir die Systemrelevanz von Schulen und ihre unverzichtbare Bedeutung für Kinder und Jugendliche als Ort der Bildung, Entwicklung und sozialen Begegnung diskutiert und erkannt – geschlossen waren die Schulen trotzdem. Und plötzlich waren Eltern auch Lehrer, so als könnte das wirklich jeder, der ein Kind zur Welt gebracht hat. Da war es mir ein persönliches Anliegen, einen Film über Lehrkräfte zu schreiben, eine Berufsgruppe, die uns alle formt und begleitet hat, und trotzdem oft unterschätzt wird.»

«Ich persönlich könnte mir nicht vorstellen, so Testosteron-Bomben und künftige „Germany’s next Topmodel“-Kandidatinnen zu unterrichten»

Fragt man Christoph Maria Herbst, dessen TV-Durchbruch die Rolle des Scheusals Stromberg in der gleichnamigen Büro-Comedy-Serie war, ob er Mitleid mit den Lehrern von heute habe, sagte er: «Mitleid ist ein großes Wort. Aber von Mitgefühl würde ich schon sprechen.» Die Zahl zur Burnout-Rate – die sei wohl «knallhart recherchiert». «Ich persönlich könnte mir nicht vorstellen, so Testosteron-Bomben und künftige „Germany’s next Topmodel“-Kandidatinnen zu unterrichten», sagt er. «Ich würde sicherlich zu denen gehören, die bald zusammenbrechen.»

Dabei hat Herbst, geboren in Wuppertal, die Härten der Schule eigentlich ganz gut miterlebt. An seinem Gymnasium hatte er einst Altgriechisch – als Leistungskurs.

Co-Hauptdarstellerin Brigitte Zeh ist selbst Mutter zweier Kinder. Welche Lehrkräfte wünscht sie sich für sie? Zeh antwortet:«Ich wünsche mir Lehrerinnen und Lehrer, die zuallererst Kinder und Jugendliche mögen. Und dann noch unter Umständen arbeiten, die ihnen Kraft und Raum für Ideen und Inspiration geben. Die die Zeit bekommen, die ihnen anvertrauten Kinder wertzuschätzen und auch mal ungewohnte Wege gehen dürfen. Und die in super ausgestatteten Schulen arbeiten, in einer Gesellschaft, die anerkennt, wie wichtig für uns alle die nachkommenden Generationen sind. Da bin ich ganz ironiefrei. Ich möchte einfach, dass die Generation, die für uns den Karren aus dem Dreck ziehen soll, wenigstens W-LAN in der Schule bekommt!» News4teachers / mit Material der dpa

Hier – in der ZDF-Mediathek – lässt sich der Film vorab sehen. (Video verfügbar bis 31.08.2023) 

Knutschend an der Kollegin: Wie ein echter Lehrer die RTL-Serie „Der Lehrer“ sieht

 

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Realist
1 Jahr zuvor

„quereinsteigender Lehrer“

Das ZDF hat den Megatrend für die künftige Lehrerschaft erkannt, hätte ich jetzt nicht erwartet.

Quereinstieg ist der künftige Königsweg ins Lehramt: Hält einem alle beruflichen Alternativen offen und erspart einem oft das Referendariat. Wer heutzutage noch den Weg des klassischen Lehramtsstudiums wählt, hat nicht mehr alles T… im Schrank.

Saitenwürstchen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Abgesehen von der Tatsache, dass man für gleiche Arbeit ein Berufsleben und ein Rentnerleben lang deutlich schlechter bezahlt wird. Sie sollten ihr ☕️☕️mal checken

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Saitenwürstchen

Gibt genug Bundesländer, in denen auch Quer- und Seiteneinsteiger verbeamtet werden. Man muss nur bereit sein, über den Tellerand zu sehen…

Saitenwürstchen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

und deutlich mehr in welchen dem nicht so ist und die Erde ist ein Scheibe.

Carsten60
1 Jahr zuvor

Habe das teilweise gesehen. Mir scheint aber, mit der Wirklichkeit hat das nicht viel zu tun, wohl aber mit alten Hollywood-Effekten, z.B. wenn sich zwei Lehrer vor aller Augen um eine Frau prügeln. Fehlte noch, dass einer dem anderen eine Torte ins Gesicht haut. Von wirklicher Mathematik war natürlich nicht die Rede. Stattdessen sollten wohl Mathe-Lehrer gezielt lächerlich gemacht werden, ein typisches Ziel von „Paukerfilmen“. Altkluge, gestelzte Dialoge wie in synchronisierten amerikanischen Krimiserien. Das ist kein Glanzstück des öffentl.-rechtl. Fernsehens. Ich würde „Kampf im Klassenzimmer“ vorziehen. Da schimmert die Wirklichkeit durch, und auf Hollywood-Effekte wird verzichtet. Aber dieser Film durfte erst um Mitternacht gesendet werden und nicht zur besten Sendezeit wie „Lehrer kann jeder“. Die schulische Wirklichkeit wäre doch dem Volke zur besten Sendezeit nicht zumutbar, darin scheinen sich alle Rundfunkräte und Intendanten einige zu sein.