Brutal mehr Krankmeldungen wegen Überlastung (auch) von Lehrkräften und Kita-Fachkräften

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BERLIN. Die Zahl der Krankmeldungen wegen Depression, Angst-Störungen oder chronischer Erschöpfung hat 2021 massiv zugenommen. Besonders betroffen sind auch Beschäftigte im Bildungswesen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Susanne Ferschl hervor, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken. Sie spricht von einem „Teufelskreis“.

Immer mehr Lehrkräfte und Kita-Fachkräfte leiden unter der Belastung im Beruf – die Öffentlichkeit bekommt davon wenig mit. Foto: Shutterstock

„Die Belastungen bei der Arbeit und damit einhergehend psychische Erkrankungen nehmen dramatisch zu. Besonders hoch liegen die Zahlen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge. Dort herrscht häufig akuter Personalmangel und die verbliebenen Beschäftigten müssen immer noch mehr Arbeit bewältigen – solange, bis sie selbst ausfallen. So verschärft sich der Arbeitskräftemangel noch weiter“, sagt Ferschl.

Die durchschnittlichen Ausfallzeiten bei psychischen Erkrankungen erreichten 2021 einen Höchstwert von 48 Tagen. Das ist ein Anstieg von 45 Prozent gegenüber 2020 und mehr als das Dreifache der durchschnittlichen Ausfallzeit über alle Diagnosegruppen. Die gesamte durchschnittliche Ausfallzeit nahm um 10,3 Prozent zu.

Von 2010 auf 2021 haben sich die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von psychischen und Verhaltensstörungen mehr als verdoppelt. Zwischen 2020 und 2021 gibt es einen Anstieg um 5,6 Prozent bei Frauen bzw. 6,3 Prozent bei Männern von zuvor (2019 auf 2020) 4,4 Prozent bei Frauen bzw. 6,7 Prozent bei Männern.

„Die Bundesregierung muss endlich handeln, um diesen Teufelskreis zu unterbrechen und damit Beschäftigte nicht weiter auf Verschleiß gefahren werden“

Welche Wirtschaftszweige besonders betroffen sind, konnte die Bundesregierung für 2021 noch nicht angeben. Überdurchschnittliche Werte liegen 2020 und auch 2019 insbesondere beim Wirtschaftszweig „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung“, bei „Erziehung und Unterricht“ und im „Gesundheits- und Sozialwesen“ vor. Heißt: Beschäftigte bei Militär und Polizei, Krankenschwestern und Altenpfleger, Lehrerinnen und Erzieher fallen überdurchschnittlich häufig wegen psychischen Erkrankungen aus.

Bei vorzeitigen Renteneintritten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit machen psychische Belastungen den Löwenanteil mit über 40 Prozent insgesamt aus: Mehr als 47 Prozent bei Frauen, über ein Drittel bei Männern. Auch die volkswirtschaftlichen Kosten durch psychische und Verhaltensstörungen erreichten 2021 einen neuen Höchststand: Die Produktionsausfallkosten überstiegen mit 15,8 Milliarden Euro den Vorjahreswert um 8,2 Prozent (im Gegensatz zu + 2,7 Prozent bei allen Diagnosegruppen); der Ausfall an Bruttowertschöpfung überstieg mit 27,1 Milliarden Euro den Vorjahreswert um 11,5 Prozent (im Gegensatz zu + 6,3 Prozent bei allen Diagnosegruppen).

Ferschl: „Die Bundesregierung muss endlich handeln, um diesen Teufelskreis zu unterbrechen und damit Beschäftigte nicht weiter auf Verschleiß gefahren werden. Einfache und wirksame Maßnahmen wären: Betriebsräte bei Fragen der Nichterreichbarkeit und der Personalbemessung zwingend mitbestimmen zu lassen, eine Anti-Stress-Verordnung und flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen.“ News4teachers

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18 Kommentare
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vhh
1 Jahr zuvor

Rechnung nach KMK-Art:
Kosten Produktionsausfall: Null (Personalausfälle werden einfach wegorganisiert, klappt doch noch)
Ausfall Wertschöpfung: Null (Bildung kostet, Versäumnisse werden erst nach etlichen Wahlperioden erkennbar)
Konsequenzen deshalb: Null
Ach ja, Betriebsrat gibt es nicht vor Ort (nur Hauptpersonalrat) – Verordnungen haben wir viele, da geht sicherlich noch eine, die Stress abschafft – Arbeitsschutz wurde bekanntlich in den letzten Jahren schon äußerst konsequent gehandhabt.
Jeder andere Arbeitgeber würde darüber nachdenken, aber die Helden der KMK? Die werden bestenfalls ihre eigene Überlastung bestätigt sehen.

Realist
1 Jahr zuvor

„Burn Baby Burn, Disco Inferno“: https://www.youtube.com/watch?v=LH-QwK4v0ZI

Interessant zu wissen
1 Jahr zuvor

Wer wird denn nicht langfristig krank, wenn er sich jeden Tag abarbeitet und noch gesagt bekommt:“ Kita-Arbeit bedeutet rumsitzen und Kaffetrinken“ ?
So viel als Information: Es ist ein hartes Stück Arbeit. Und das schließt die meisten sozialen Berufe mit ein!

Wie kann ich mir eine „Anti-Stress-Verordnung“ in einer Kita vorstellen??? Hat jemand dazu weitere Informationen?

Wie wäre es mit einer abgewandelten Form des Fridays for Future: Fridays for change! Für bessere Arbeitsbedingungen, mehr Gehalt, mehr Ansehen und Wertschätzung der sozialen Berufe!
Ab in die Rebellion!!!
Der soziale Bereich muss mehr gehört werden.
Ansonsten bleibt er so wahnsinnig unattraktiv und nichts wird sich ändern, außer das die Verbliebenen auch irgendwann umkippen.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor

Rebellion, Streik, Demos…. Rufe ich seit Jahren zu auf…

Müdes Lächeln – wegen der Sinnlosigkeit. Selbstwirksamkeit gibt es hier nicht, nicht bei uns, nicht für unsere Belange.

Müdes Lächeln – wegen Überlastung. „Das a u c h noch? Ich kann nicht mehr.“ Wir sind halt durch, oder haben Konferenzen ..

Müdes Lächeln – wegen kein Zusammenhalt. In unserer Gesellschaft ist genau das systematisch zerstört worden. Der Egois- Verzeihung, der Individualismus lässt das doch gar nicht mehr zu.

Traurig – nicht mal für die Gesundheit und bessere Arbeitsbedingungen kriegen wir uns zusammen organisiert.

Vielleicht haben wir den Boden noch nicht erreicht – erst der Aufprall lässt viele umkehren. Dann kann es nur noch nach oben gehen.

Deswegen – System an die Wand fahren, möglichst schnell, dann umstrukturieren – aber nicht von den menschenverachtenden, selbstverliebten FDPlern und anderen glorreichen Deppen! – und dann steht einer Neuentwicklung (fast) nichts mehr im Wege.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

@Riesenzwerg
Genauso habe ich das auch die letzten Jahre erlebt und ich dachte lange Zeit, dieses „Stillhalten, Nicht-Aufbegehren“ wärenur typisch für „Ossis“. Nein, ist es nicht. Ist es vielleicht typisch für soziale Berufe? Aber dann müssten ja wenigstens die Eltern aufbegehren!

Mamax2
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Die Eltern bekommen das Ganze nur am Rande mit. Beim Kitastreik 2015 war es anders…. da ging es den Eltern an die Substanz und diese gingen auf die Straße… aber auch die Eltern wurden kaum gehört… es war der Gesellschaft im Großen und Ganzen… egal.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mamax2

Es müssen eben noch mehr Eltern, gemeinsam mit ihren Kindern auf die Straße! Ging doch bei Anti-Masken-Demos auch!

Schattenläufer
1 Jahr zuvor

Hilferufe aus der Schule an die KMK:

-Hilfe es fehlen so viele Kollegen, dass wir nur noch Verwahrung machen können und selbst dabei die anwesenden Kollegen grenzenlos überlasten. Wir brauchen Vertretungsreserven.

-Hilfe es fehlen so viele SuS, dass wir die vorgeschriebenen Klassenarbeiten bis zum Zeugnistermin nicht schaffen. Wir bräuchten für dieses Jahr einen Sondererlass.

-Hilfe wir können mit so vielen Kranken die ganzen angedachten Zusatzaktionen und Teile der Verwaltung nicht stemmen. Wir bräuchten eine Aussetzung bis sich die Lage wieder stabilisiert hat.

-Hilfe Konferenzen in Präsenz mit 30% „leicht“ erkrankten Kollegen führen zu noch höheren Krankenzahlen. Könnten wir wenigstens die Konferenzen wieder online machen?

Effekt:
Na ja, gehen Sie vor die Tür, öffnen Sie ihre Mülltonne, stecken Sie den Kopf tief hinein und rufen Sie laut „Hilfe“.
Der Effekt wird der Gleiche sein, den die Hilferufe an die KMK bewirken.

Im Fernsehen nur strahlende KMK Gesichter.
Die Schulen sind sicher.
Bildung läuft.
Alles im Plan.

Da sag noch einer die KMK hätte in der Pandemie nichts gelernt.
Krisen einfach ignorieren und die verbliebenen Mitarbeiter nach Gutsherren-Art einfach mehr belasten um den Plan zu erfüllen.

Wenn es irgendwann böse schief geht und noch mehr LuL wegen Überlastung ausfallen, dann kann man sich sogar die Entschuldigung sparen.
Die KMK hat ja alles menschenmögliche (Fenster auf) getan. Es ist halt nur wieder an der mangelnden Motivation und Belastungsfähigkeit der LuL gescheitert.

Wird bestimmt besser, wenn in den nächsten Jahren Massen an hoch motivierten, jungen Nachwuchs-Lehrern ins Bildungswesen strömen.
Die KMK tut ja wirklich alles um den Job attraktiv zu machen!

Metalman
1 Jahr zuvor
Antwortet  Schattenläufer

Gleichzeitig werden z.B. die Abiturklausuren in Englisch in naher Zukunft noch verlängert. Warum wird sich nicht an TOEFL Tests usw. orientiert? Multiple Choice, Kurzantworten und Kurztexte mit max. 300 Wörtern, alles darüber führt zu Abzug.

447
1 Jahr zuvor

Jahrelang wurde ein Fachkräftemangel herbeigelogen zum Lohndrücken bzw. gefügig machen der Arbeitnehmer (wie schön entsprechende Monitor-Beiträge gezeigt haben).

Jetzt kommt eben die „Rache der Blutwurst“ … Arbeitnehmer verbessern sich in der Wirtschaft gerade substantiell, was im Staatsdienst natürlich so nicht geht.
Also holen sich die AN über irreguläre Wege, was ihnen erstens zusteht und was zweitens überfällig ist. Und weil die höhere Führung natürlich niemals echte Fehler macht, „kann“ die Führung nicht reagieren. Denn das wäre ja das Eingeständnis, dass …

nichts ist super
1 Jahr zuvor
Antwortet  447

Genau, holen was zu holen ist. Die Ferien reichen nie zum Erholen.

Profi-TIPP: eAU vom Hausarzt. Denen fällt es überhaupt nicht auf, dass durchschnittlich 1/3 der AU-Begehren Lehrer sind. So kann man schön gemütlich in die Vorweihnachtszeit starten, hinten dran dann die Ferien. Wenn man dann noch die Grippeschutz-Impfung ablehnt, kommen nochmal 1-2 Wochen AU dazu. So ist es nicht mehr weit bis zu den nächsten Ferien.
usw. und so fort

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor

Was ist denn eine „Anti-Stress-Verordnung“?

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Die Oberen verordnen, dass die Unteren keinen Stress haben, sich also insbesondere nicht gestresst fühlen können. So einfach ist das.

Schattenläufer
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Ironie an

Die KMK gibt eine Verordnung heraus, welche Stress bei LuL verbietet.

Problem gelöst.

Ironie aus.

Andre Hog
1 Jahr zuvor
Antwortet  Schattenläufer

Funktioniert genauso gut wie der Beschluss, dass Corona nun beendet ist….und mein Schnelltest heute morgen war positiv…

Ansage vs Realität … der Ansage wird gefolgt – die Realität ist lästig, macht Mühe und hält sich nicht an die ideologischen Planziele der Politik….ergo: man sollte sie einfach ignorieren.

Pit2020
1 Jahr zuvor
Antwortet  Andre Hog

@Andre Hog

Ja, so ohne Anstalt … das kann schon krank machen …
Aber bestimmt denken sich die ganz Schlauen: Angesteckt … bei einer viel zu braungebrannten dummen Gans! 😉

Egal, da gibt’s was auffe Ohren, du alter Rocker!
https://www.youtube.com/watch?v=A_j87PKdWKo
Best wishes.

Mary-Ellen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Pit2020

Auch von mir: Gute Besserung, Andre – und bald bist du wieder fit! 🙂

Metalman
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Das ist wie Schule ohne Rassismus. Man malt in Gruppen ein Plakat, warum es an dieser Schule das nicht gibt und was alles gemacht wird. Fertig.