Eliteschulen des Wintersports ringen um Nachwuchs: „Der Aufwand ist größer geworden“

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KLINGENTHAL/ALTENBERG. Die Verbindung aus Leistungswintersport-Ausbildung und Schulbildung gibt es im Süden Sachsens seit fast 60 Jahren. Im Schnitt ein Schüler oder eine Schülerin schafft es jährlich bis auf Olympia- oder Weltcup-Niveau. Die drei sächsischen Eliteschulen melden Wettkampferfolge und Investitionen in Millionenhöhe – aber auch Nachwuchssorgen. Die haben auch mit dem Klimawandel zu tun.

Jugendlicher Biathlet im Schnee lädt sein Gewehr.
Besonders Biathlon ist bei den Schülerinnen und Schüler beliebt (Symbolbild). Foto: Aaron Doucett/Unsplash.com (U. L.)

Ihre Sportbegeisterung ist das feste Bindeglied für die Schüler der Klasse 5s in Klingenthal im Vogtland. Oberschüler und Gymnasiasten verbringen hier ihre Schulzeit gemeinsam, vom Unterricht bis hin zu den Trainingseinheiten. Der in Sachsen einmalige Schulversuch war der Startpunkt des neuen Sportcampus im Herbst, erklärt Schulleiterin Lydia Solondz-Lorenz. Und nach dem erfolgreichen ersten Schulhalbjahr gibt es ihren Angaben nach mehr als genug Anmeldungen für die nächste Sportklasse.

Die Kinder müssen in einem Sportverein engagiert sein und einen Eignungstest bestehen. Neben der 5s stehen für andere Schüler herkömmliche Klassen bereit. Doch gerade die vertiefte Wintersport-Ausbildung erfahre großen Zuspruch. Interesse melden selbst Familien aus Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt für die Schule mit Internat an.

«Schon seit Jahrzehnten funktioniert in Klingenthal die Kombination aus Schulbildung und Leistungssport», betont Solondz-Lorenz. Dabei verweist sie auf prominente Namen wie Skispringer Richard Freitag und die Absolventin Jenny Nowak als Juniorenmeisterin in der Nordischen Kombination. Und die Stadt selbst investiert in ihren Wintersport-Campus: Eine Vier-Felder-Sporthalle für drei Millionen Euro soll den knapp 550 Schülern ab Sommer 2023 zur Verfügung stehen.

Eric Frenzel, Denise Herrmann-Wick, Claudia Nystad oder Katharina Hennig sind Namen von Absolventen, die Ute Ebell von der Eliteschule des Wintersports Oberwiesenthal aufzählt. Im Schnitt ein Schüler oder eine Schülerin schaffe es in der Leistungssportklasse pro Jahrgang bis auf Olympia- oder Weltcup-Niveau, so die Außenstellenleiterin. Dabei gebe es Unterschiede zwischen diesen Sport-Spezialklassen und anderen Gymnasien mit lediglich sportlichem Profil. «Wir bieten ab Klasse sieben eine leistungssportliche Ausbildung an, als Grundlage für eine spätere Karriere.» Bei 200 Schülern entscheiden sich pro Jahrgang bis zu 30 für diesen Weg.

Auch in schneearmen Wintern und bei gestiegenen Energiekosten für Kunstschnee: Die Sportausbildung in Oberwiesenthal hat seit 1965 Tradition. «Wir sind Meister im Improvisieren geworden», erläutert Ebell die alltägliche Arbeit in der Schule, die junge Menschen in den Bereichen Biathlon, Nordische Kombination und Rodeln ausbildet. Für jede Wintersportart stehe auch eine Sommerversion bereit – etwa mit Skimatten oder Skirollern.

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Neben Klingenthal und Oberwiesenthal bietet Altenberg als dritte Eliteschule des Sports in Sachsen Wintersportarten als Schwerpunkt an. Hier steht ein Neubau mit großen Investition für den Leistungssport kurz vor der Eröffnung, erklärt Schulleiter Volker Hegewald vom Glückauf-Gymnasium Dippoldiswalde/Altenberg. Ein neues Leistungssportzentrum soll für 16 Millionen Euro die Ausbildung von Bob-, Rodel- und Skeletonfahrern, Biathleten und Mountainbikern unterstützen. Sie können dann auf Anschubstrecken, einem großen Laufband, im Schießkanal und der Laufhalle trainieren. «Alle Akteure aus Politik und Fachverbänden haben sich zum Leistungssportstandort Altenberg bekannt. Die Anmeldezahlen sind stabil, wir haben ein großes Einzugsgebiet», berichtet Hegewald.

Auch Investitionen an der nahe gelegenen Rennschlitten- und Bobbahn durch die öffentliche Hand geben Planungssicherheit. Die Erfolge seien auch in der Altenberger Einrichtung mit 380 Schülern, davon 80 Nachwuchssportlern, da. Francesco Friedrich, Justus Strelow, Jessica Degenhardt oder Susanne Kreher gehören zu den Absolventen. «Aktuell bei den Weltmeisterschaften in St. Moritz und Oberhof waren ehemalige Schüler wieder vorn dabei», freut sich der Schulleiter.

«Natürlich ist es einfacher, Kinder an Wintersport heranzuführen, wenn immer ausreichend Schnee liegt»

Aber vom demografischen Wandel bleibe auch die Wintersportausbildung in Sachsen nicht verschont, sagt Derrick Schönfelder, Generalsekretär des Skiverbandes Sachsen. Die Einschulungszahlen an den Sportschulen seien nicht mehr mit früheren Jahrzehnten vergleichbar. «Sie sind stabil, aber der Aufwand ist größer geworden, um das Level zu halten. Natürlich ist es einfacher, Kinder an Wintersport heranzuführen, wenn immer ausreichend Schnee liegt.» Inzwischen kämen vermehrt Alternativen zum Einsatz, etwa textile Skipisten. Trainer und Übungsleiter seien ganzjährig an Schulen und Kindergärten unterwegs, um Kinder spielerisch an das Thema Skisport heranzuführen – und um neue Talente zu finden.

«Eine allgemein athletische Ausbildung der Sportler ist genauso wichtig wie das Skifahren, weshalb wir mit anderen Sportverbänden zusammenarbeiten», sagt Schönfelder über den Skiverband, in dem 130 leistungssportliche sächsische Vereine mit insgesamt 6000 Mitgliedern organisiert sind. Das Interesse an verschiedenen Bereichen des Wintersports entwickle sich unterschiedlich. Geringer sei es bei risikobehafteten Disziplinen wie Skispringen oder Nordische Kombination. «Biathlon als erfolgreiche und medial präsente Disziplin hingegen ist deutlich gefragter.»

Weitere Eliteschulen des Sports bieten in Dresden, Leipzig und Chemnitz Radrennsport, Rudern oder Wasserspringen an. Dem Kultusministerium zufolge lernen im laufenden Schuljahr 2279 Schüler in den sportbetonten Schulen, 248 davon in den drei Wintersportschulen im Süden Sachsens. Vor fünf Jahren im Schuljahr 2018/19 waren es dort 268. «Die Zahlen der vertieften sportlichen Ausbildung unterliegen Schwankungen», heißt es. Mit den sportbetonten Schulen habe Sachsen eine solide Basis für die Förderung von Begabungen geschaffen. Von Katrin Mädler, dpa

Studie: Leistungsfußball fördert den Schulerfolg

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3 Kommentare
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Georg
1 Jahr zuvor

Krass, dass hier nicht über die soziale Abhängigkeit des Erfolgs gemeckert wird, bei kognitiven Disziplinen wäre das mindestens rassistisch oder noch schlimmer.

NichtErnstZuNehmen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Und da opfert er wieder. Zum Fremdschämen.

Georg
1 Jahr zuvor

Erklären Sie es mir bitte. Danke.

Übrigens hätte ich die Aufnahmeprüfung an der Schule niemals bestanden. Wo ist das also ein rumopfern?!?