NEW YORK. Wissenschaftlerinnen der Columbia University New York haben den Einfluss der schulischen Bildungsqualität auf die kognitive Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern im späteren Leben untersucht. Eine gute Lehrerausbildung ist demnach der wichtigste Einflussfaktor.
Dass die Anzahl der absolvierten Schuljahre auch langfristig mit der kognitiven Leistungsfähigkeit ehemaliger Schülerinnen und Schüler korreliert, ist wissenschaftlich bekannt. Doch wie steht es um den Einfluss der Unterrichtsqualität? Auch wenn sich die Verhältnisse in den USA nicht 1 zu 1 auf die hiesige Situation übertragen lassen, liefert eine aktuelle Studie der Columbia University New York interessante Aufschlüsse. Die Studie mit mehr als 2.200 Erwachsenen, die Anfang der 1960er-Jahre in den USA die Highschool besucht hatten, ergab, dass diejenigen, die auf einer qualitativ hochwertigeren Schule waren auch 60 Jahre später bessere kognitive Fähigkeiten hatten.
“Unsere Studie stellt einen Zusammenhang zwischen qualitativ hochwertiger Bildung und besseren kognitiven Fähigkeiten im späteren Leben her und legt nahe, dass verstärkte Investitionen in Schulen […] eine wirksame Strategie zur Verbesserung der kognitiven Gesundheit älterer Erwachsener in den Vereinigten Staaten sein könnten”, stellt Jennifer Manly fest, Professorin für Neuropsychologie an der Columbia University und Hauptautorin der Studie.
Für ihre Untersuchung verwendeten Manly und ihre Doktorandin Dominika Šeblová Daten aus einer 1960 durchgeführten Umfrage unter Highschool-Schülerinnen und -Schülern in den Vereinigten Staaten sowie Daten, die in einer Folgestudie (Project Talent Aging Study) erhoben wurden. Die Forscherinnen analysierten die Beziehungen zwischen sechs Indikatoren für die Schulqualität und verschiedenen Messgrößen für die kognitive Leistung der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer fast 60 Jahre nach ihrem Highschool-Besuch.
Lehrerausbildung steht im Zusammenhang mit kognitiven Fähigkeiten von Schülern im späteren Erwachsenenalter
Manly und Šeblová fanden heraus, dass der Besuch einer Schule mit einer höheren Anzahl von Lehrerinnen und Lehrern mit Hochschulabschluss der beständigste Faktor für bessere kognitive Fähigkeiten im späteren Leben war, insbesondere für sprachliche Gewandtheit (etwa das Auffinden von Wörtern innerhalb einer Kategorie). Der Besuch einer Schule mit einem hohen Anteil an Lehrern mit Hochschulabschluss entsprach in etwa dem kognitiven Unterschied zwischen einem 70-Jährigen und einer Person, die ein bis drei Jahre älter ist.
Nach Ansicht von Manly und Šeblová gibt es viele Gründe dafür, dass sich der Besuch von Schulen mit gut ausgebildeten Lehrern auf die kognitiven Fähigkeiten im späteren Leben auswirken kann. “Der Unterricht, der von erfahreneren und sachkundigeren Lehrern erteilt wird, könnte intellektuell anregender sein und zusätzliche neuronale oder kognitive Vorteile bieten”, umreisst Šeblová. Außerdem könne der Besuch von Schulen mit höherer Qualität auch den Lebensweg beeinflussen, indem er zu einer Universitätsausbildung und einem höheren Einkommen führt, was wiederum mit einer besseren kognitiven Leistung im späteren Leben verbunden sei.
Stärkere Auswirkungen auf nicht-weiße Schüler
Da qualitativ hochwertige Schulen gerade für Menschen aus benachteiligten Verhältnissen besonders vorteilhaft sein können, untersuchten die Wissenschaftlerinnen auch, ob sich die Befunde mit Bezug auf die geografische Lage der Schulen, das Geschlecht sowie die ethnische Zugehörigkeit der Schülerinnen und Schüler unterschieden. Insgesamt zeigten sich dabei die gleichen Zusammenhänge zwischen Schulqualität und kognitiven Fähigkeiten im späteren Leben. Allerdings besuchten nicht-weiße Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit deutlich größerer Wahrscheinlichkeit Schulen geringerer Qualität, für Jennifer Manly und Dominika Šeblová ein grundlegendes gesellschaftliches Problem.
Eine Studie aus dem Jahr 2016 habe beispielsweise ergeben, dass an US-Schulen, die von nicht-weißen Schülern besucht werden, doppelt so viele unerfahrene Lehrkräfte tätig sind wie an Schulen, die von überwiegend weißen Schülern besucht werden. Manly: “In den Vereinigten Staaten wurde nie eine gleichwertige Schulqualität erreicht, und die Rassentrennung in den Schulen hat sich in den letzten Jahrzehnten noch verschärft, so dass dieses Problem nach wie vor besteht. Rassenbedingte Ungleichheiten bei der Schulqualität könnten noch jahrzehntelang zu anhaltenden Ungleichheiten bei den kognitiven Leistungen im späteren Leben beitragen”. (zab, pm)
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Ui, guter Unterricht führt zu kognitiver Verbesserung? Krass.
Wieso wird dann in Deutschland so viel dafür getan, kognitiv anregenden Unterricht zu verhindern?
Weil da ein klitzekleines Problem auftritt: Kognitiv orientierter Unterricht (früher bekannt als “Unterricht”) führt zu klar erkennbaren Leistungsunterschieden.
Die kann und darf es aber nicht geben, weil das doppelplus-ungute Gefühle macht und verhindert, dass mindestens 50% der Schüler den besten Schulabschluss erreichen.
Das wollen Eltern und Schüler mal überhaupt garnicht-nicht, denn fühli-fühli ist das wichtigste überhaupt!
Schlechte fühli-fühlis doof und gemein!
Also fördern Politiker über die Publikation und Förderung der dazu passenden “Bildungswissenschaft” strukturell das Aushebeln einer kognitiven Orientierung (pro Forma mag es manchmal noch draufstehen, es ist aber nicht mehr drinnen).
So einfach ist das.
Zitat:
“Eine gute Lehrerausbildung ist demnach der wichtigste Einflussfaktor.”
Aber gerade hier wird in den letzten Jahren immer mehr abgebaut.
Welch Erkenntnis. Es fehlt nun also nur noch eine Studie, durch die der lernhemmende Effekt von bei Fachleitungen hippen, pädagogisch angesagten Theater-Methoden nachgewiesen werden kann.
Da würde mich ja mal interessieren, welche Qualitätsmerkmale des Unterrichts im Jahre 1960 man nun genau ausgemacht haben will. Bei uns gilt doch inzwischen schon nach 20 Jahren das nicht mehr als gut, was vorher noch als gut galt. Als konkretes Kriterium wird die Zahl der Lehrenden mit Hochschulabschluss genannt (ob ein Bachelor dafür reichte, wird nicht gesagt). Für Deutschland gäbe das null Information. Was galt eigentlich in Deutschland um 1960 herum als “guter Unterricht”, und was gilt heute als “guter Unterricht”? Wenn der “gute Unterricht” von 1960 sich bis heute positiv ausgewirkt hat, dann muss das für den “guten Unterricht” von heute nicht automatisch auch gelten. Das wird sich erst in Jahrzehnten zeigen. Der Artikel über Rechtschreibprobleme (“Debatte um Rechtschreibung”) sollte ein Warnzeichen sein.
Ich denke mal, dass ein ausgezeichneter Unterricht so um die Kaiserzeit gegeben wurde.
Das brachte für DL die meisten Nobelpreisträger.
Ich meine ja nur. 😉
Sagen wir jetzt auf einmal wieder “Rassen”?
Es handelt sich um eine Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch.
Zum Kontext des Begriffes: “Dass der englische Begriff race oft mit Rasse übersetzt wird, ist sehr problematisch. Die Ungleichheit der zwei Begriffe wird zum Beispiel klar, wenn man sich überlegt, dass beim Sprechen über race als Rasse das gleiche Wort benutzt wird, mit dem Hunde in ihrer Art unterschieden werden. Im Englischen gibt es dafür den Begriff breed, der als Gattungsbeschreibung für Tiere und nicht Menschen gilt.
Grund dafür, dass race und Rasse einfach nicht gleichzusetzen sind, ist unter anderem, dass hinter diesen zwei Begriffen deutlich unterschiedliche Diskurse stehen. Im Deutschen wird der Begriff Rasse nach wie vor mit etwas Biologischem verbunden, als würde es ‘echte’ Menschenrassen geben. Die gibt es natürlich nicht, und dennoch können wir nicht ganz auf ein Wort verzichten, das gelebte Realitäten abbildet, die durch Rassismus strukturiert sind.”
Quelle: https://www.goethe.de/prj/zei/de/pos/22139756.html
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Ein wichtigerer Unterschied dürfte wohl sein, dass es nicht einmal unter den deutschen Experten, geschweige denn international, weltweit und über längere Zeiträume eine Einigkeit darüber geben wird, was denn nun eine gute Unterrichtsqualität ausmacht. Sollen wir uns da an den USA orientieren oder vielleicht lieber an Südkorea oder doch lieber an Nachbarländern? Ist das in Privatschulen mit handverlesener Klientel vielleicht anders als in den Armenghettos? Viele reden vom “besseren Unterricht”, was genau ist damit gemeint?
Ja 🙂
Dann dürfte die zunehmende Verbreitung von offenen Unterrichtsformen wie Selbstorganisiertes Lernen die kognitiven Leistungen senken.
Ja, das erlebe ich tagtäglich bei jüngeren Kollegen.
Allerdings nur noch ein paar Monate 🙂
Wer das als Argument für die gewählte Unterrichtsform in der UPP angibt, kann gleich einpacken.