BERLIN. Sollte die AfD zukünftig in einem Bundesland ein Bildungsministerium erringen, könnte das großen Einfluss auf die Arbeit der Kultusministerkonferenz (KMK) haben – und damit auf die Bildungspolitik insgesamt. In einer Sondersitzung hat die KMK nun versucht, ein solches Szenario von vornherein zu verhindern: Sie rüttelt erstmals am Einstimmigkeitsprinzip.
Es ist eine denkwürdige Entscheidung der KMK. Bislang konnten wichtige Beschlüsse nur einstimmig beschlossen werden und daran zu rütteln schien unmöglich. Doch nun rückt die KMK von diesem Prinzip der Einstimmigkeit ab – zumindest teilweise. Es gehe darum, die „institutionelle Resilienz“ zu stärken, schreibt die KMK nach ihrer Sondersitzung am Montag in einer Mitteilung.
Grundsätzlich halte die Kultusministerkonferenz zwar daran fest, einstimmige Entscheidungen zu treffen, für Beschlüsse über den KMK-Haushalt und ihrer bestehenden Einrichtungen werde jedoch das Instrument eines Klärungs- und Vermittlungsprozesses in die Geschäftsordnung aufgenommen. Sprich: In Zukunft kann unter bestimmten Bedingungen das bisherige Prinzip der Einstimmigkeit durch eine Mehrheitsentscheidung ersetzt werden.
Dieser Schritt ist auch eine Reaktion auf das Erstarken extremer Parteien und etwaiger AfD-Regierungsbeteiligungen in den Bundesländern. „Stellt sich ein Minister quer, kann er den ganzen Laden lahmlegen, sagt Mark Rackles, ehemaliger SPD-Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, gegenüber dem Spiegel. „Die Strukturen laden Radikale geradezu ein, Krawall zu machen.“ Ohne die Neuregelung hätte ein einziges Bundesland die gesamte KMK, ihre Einrichtungen und ihre Finanzierung in Frage stellen und sogar für ihre Auflösung sorgen können.
„Zum großen Wurf haben sich die Kultusminister nicht durchringen können, nicht einmal zu einem mittleren“
Diese Veto-Möglichkeit für einzelne Bundesländer gibt es nun also nicht mehr. Im Beschlusstext der KMK heißt es konkret: Die Beschluss- und Abstimmungsverfahren in der Kultusministerkonferenz haben auch zukünftig zum Ziel, einstimmige Entscheidungen zu treffen. […] Kommen Entscheidungen nicht einstimmig zustande, leitet das Präsidium bzw. künftig der Vorstand der Gesamtkonferenz ein Klärungsverfahren ein. Führt dies nicht zu einer Verständigung, kann bei der nächsten Sitzung desselben Gremiums oder in einem Schriftverfahren mit der Mehrheit von mindestens 13 Stimmen ein Beschluss gefasst werden.“
Damit schließt die KMK an ihre Sitzung im Juni in Völklingen an, während der bereits über eine Neustrukturierung debattiert wurde (News4teachers berichtete). Der Bildungsjournalist Jan Martin Wiarda schreibt in seinem Blog, dass dies nun „die kleine Lösung“ sei: „Zum großen Wurf haben sich die Kultusminister nicht durchringen können, nicht einmal zu einem mittleren. Am Ende steht ein kleiner, der aber immerhin die Funktionsfähigkeit der Ministerkonferenz sichern sollte, falls politische Extremisten sie bedrohen.“
Und schon der kleine Wurf war wohl ein hartes Stück Arbeit. „Wir haben heute lange miteinander gerungen“, so zitiert Wiarda die Rheinland-Pfälzische Kultusministerin Stefanie Hubig, die die SPD-Kultusminister koordiniert. „Wir haben gemeinsam einen wichtigen Schritt zum jetzigen Zeitpunkt gemacht, um die KMK zukunftsfest aufzustellen.“ Gleichzeitig sei es kein Geheimnis, so die Ministerin, dass die SPD-geführten Kultusministerien sich auch weitergehende Veränderungen hätten vorstellen können, um die KMK agiler zu machen.
Doch noch gäbe es die Möglichkeit, auch weitere Schritte umzusetzen. Die Schleswig-Holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) verwies darauf, dass der Reformprozess der KMK noch bis Dezember laufe. „Dieser Prozess ist einmalig und er verlangt von allen teilnehmenden Ländern, die Rolle der KMK kritisch zu überdenken. Das ist vor allem eine Chance, die KMK neu aufzustellen.“ News4teachers
Dasselbe Problem mit der Einstimmigkeit gibt’s doch auch in der EU. Da können sich sogar Zwergstaaten querlegen. Aber bislang wollte doch niemand seine Souveränität aufgeben, das wird bei der KMK auch so sein. Jeder möchte zwar gerne andere überstimmen können, die irgendwas anders sehen, aber niemand möchte selber überstimmt werden.
Mit Verlaub: WAS könnte die AfD denn bewirken?
Stimmen die radikal für einen Kompromiss beim Digitalpakt 2?
Versuchen die nicht, die Bevölkerung mit dem Verweis abzuspeisen, dass der Lehrkräftemamgel in den nächsten 5-15 Jahren (vielleicht) nicht mehr ao doll seien könnte?
Oder – Schock – fordern sie, bis zu zwei Wochen lang nicht vom eigenen KMK-Beschluss abzuweichen?
Meine Inakzeptanz der AfD ist unerachütterlich, aber die KMK ist ein dermaßen kaputter Haufen – WAS soll zukünftig bitte in Gefahr sein?
Nun ja, sagen wir mal so …
Einen bankrotten Laden, ohne Linie, ohne Konzept, mit Bauchnabelblick lässt sich leichter übernehmen als ein in sich gefestigtes Konstrukt, mit einvernehmlichen Regeln, mit gemeinsamen sinnvollen Zielen, mit gemeinsamen Prinzipien, mit einer grundsättlichen Idee, wohin es fehen soll.
Da ich die KMK seit gut 25 Jahren eher in der Variante 1 wahrnehme mache ich mir – glaube ich – berechtigte Sorgen.
Fett, satt, uninspiriert, hauptsache gut drin und nicht ohne lebenslange Dotierung raus – egal, wie die Arbeitsleistung ausfällt – das ist unsere KMK … “ein blindes Huhn findet (evtl) auch mal ein Korn”
Egal wekche Partei … überall das gleiche Elend.
Das ist quasi, als wenn man nen Schwergewichtsboxer gegen nen 5-jährigen in den Ring schickt (… nicht, dass die AfD ein Schwergewicht an sich wäre – aber sie haben den “will to go” … und organisieren sich in diesen strategischen Bereichen besser …) aber die lahmen Lenden werden nichts entgegenzusetzen haben … der comment wird sein:
“DAS HABEN WIR NICHT VORHERSEHEN KÖNNEN – WIR WERDEN DAS BEOBACHTEN”
Leckt mich dich am Arsch!!
Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Möglicherweise wäre die Auflösung der KMK gar keine schlechte Sache. Dann könnte man sie bzw. ihre Nachfolgegremium _wirklich_ neu aufstellen.
So sehe ich das auch. Laut deren Wahlprogramm soll die Fachlichkeit wieder in die Lehrpläne zurückkehren, was insbesondere die Mehrgliedrigkeit des Schulsystems unter Beibehaltung der Förderschulen impliziert. Inwiefern sich das umsetzen lässt, wage ich zu bezweifeln. Deren großen Töne mit maximal 10% (oder waren es 30%?) Migranten pro Klasse ist aus demographischen Gründen derzeit schon nicht in den Städten und in Zukunft auch auf dem Land nicht mehr umsetzbar.
Die Sommerpause ist fast vorbei und in BW geht die Schule demnächst weiter.
Es gibt auch andere Themen als die AfD: Lehrermangel, marode Gebäude, Haushaltssperren und demnächst beginnen die Tarifverhandlungen
Nur so zum Ablauf:
Erst Diskussion und Verhandlungen – dann Abstimmung ohne Einigkeit – dann ein Klärungsverfahren – und wenn dort kein Einigung, dann könnte eine Abstimmung mit einer Mehrheit von 13 durchgeführt werden.
Da geht ja in Zukunft bestimmt alles ganz flott bei der KMK.
Was macht die KMK, wenn die AfD drei östliche Bundesländer regiert und sich Bayern quer stellt? Dieses Szenario halte ich bei unveränderter Landespolitik in 5 Jahren für durchaus plausibel.
Die größte Gefahr ist die KMK, nicht die AfD “in der KMK”.
Die KMK ist ein gutes Beispiel für Kleinstaaterei und Denken in Krämerladenkategorien.
Tagen und nächtigen ohne Ende und ohne Ergebnis, wie die Untersuchung durch die Prognos AG Berlin gezeigt hat:
https://www.prognos.com/de/projekt/evaluation-kultusministerkonferenz#
Wertschätzung, Arbeitsschutz, Arbeitszeiterfassung, ….
Themen gibt es genug.
Die AFD hat noch nichts Produktives getan und bestimmt, wenn auch im Konträren, die Politik mit. Wie oft habe ich in letzter Zeit das Argument ” gegen” oder ,” wegen ” AFD gehört. Anstatt einfach so angenessene Politik zu machen. Es könnte ja sonstige gute Argumente für ein Mehrheitsentscheidungsrecht in der KMK geben.
“Führt dies nicht zu einer Verständigung, kann bei der nächsten Sitzung desselben Gremiums oder in einem Schriftverfahren mit der Mehrheit von mindestens 13 Stimmen ein Beschluss gefasst werden.” … Ich übersetze das Mal: Es bleibt immer noch beim Prinzip der Einstimmigkeit – nur, dass dabei das AfD-regierte Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt nicht berücksichtigt werden…..