„Zum Schutz vor der zunehmenden Hitze“: Bündnis fordert naturnahe Schulhöfe

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RADOLFZELL. Steigende Temperaturen und mehr heiße Tage lassen Schüler:innen und Lehrkräfte immer häufiger in der Schule schwitzen. Doch: „Hitze in Schulen wird in der Gesellschaft nicht als Problem wahrgenommen“, kritisierte kürzlich Oliver Hintzen, stellvertretender Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung Baden-Württemberg (News4teachers berichtete). Das wollen die Deutsche Umwelthilfe und das Deutsche Kinderhilfswerk ändern. Sie fordern gemeinsam bundesweite Maßnahmen für naturnahe und klimafreundliche Schulhöfe.

Viele Schulhöfe sind stark versiegelt und bieten kaum Schutz vor der zunehmenden Hitze im Sommer. Foto: Shutterstock

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) fordern in einem neuen Bündnis bundesweite Maßnahmen für naturnahe und klimaangepasste Schulhöfe. Konkret wollen die Organisationen die konsequente Entsiegelung unnötig verschlossener Flächen und klare Mindestanforderungen für die klimafreundliche Umgestaltung erreichen, wie sie es in einer gemeinsamen Pressemitteilung formulieren. „Enorm viele Schulhöfe in Deutschland sind stark versiegelt und bieten Kindern und Jugendlichen viel zu wenig Grün zum Schutz vor der zunehmenden Hitze“, heißt es darin. Es sei erschreckend, dass die meisten der über 32.000 Schulhöfe in Deutschland immer noch aus grauen Asphaltwüsten bestehen, so Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

„In Deutschland gibt es rund neun Millionen schulpflichtige Kinder und Jugendliche. Sie sollten draußen lernen und sich in ihrer Schulpause erholen können, statt der drückenden Hitze ihres Schulhofs ausgeliefert zu sein. Schulhöfe in Deutschland müssen dringend entsiegelt und naturnah umgestaltet werden“, fordert Müller-Kraenner. Dem stimmt auch Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks zu: „Wir müssen endlich wegkommen von Schulhöfen, die außer Tristesse nichts zu bieten haben.“

„Wir brauchen flächendeckend Schulhöfe mit Aufenthaltscharakter“

Eine jüngst veröffentlichte Umfrage unter 3.218 Kindern und Jugendlichen im Alter von zehn bis 17 Jahren zum Schulhof- und Pausenbereich im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerks ließ bereits Verbesserungspotenzial erkennen (News4teachers berichtete). So bieten Schulhof- und Pausenbereich aus Sicht der Mehrheit der befragten Schüler:innen zwar ausreichend Platz für Bewegung und Spiel (76 Prozent), gleichzeitig zeigte sich aber nur etwa die Hälfte (55 Prozent) mit den vorhandenen Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten zufrieden. Noch weniger berichteten, dass es dort einen guten Ort zum Entspannen gibt (48 Prozent der Befragten), wie das Politikforschungsinstitut Verian für das Kinderhilfswerk ermittelte. Hofmann forderte schon damals, dass der bauliche Zustand der Schulen sowie des Schulhof- und Pausenbereichs in den Fokus der Bundesländer rücken müsse.

Im Zuge des aktuellen Aufrufs wiederholte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks seine Forderung nach mehr Aufmerksamkeit für diesen „wichtigen Lebensraum der Kinder und Jugendlichen“. „Wir brauchen flächendeckend Schulhöfe mit Aufenthaltscharakter, von denen nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern auch die Natur deutlich profitieren“, so Hofmann. Dazu zählten neben der naturnahen Umgestaltung von Schulhöfen auch die Einrichtung von grünen Klassenzimmern oder Schulgärten mit vielfältigen Möglichkeiten zum Naturerleben und mit hoher Aufenthaltsqualität. Bereits existierende partizipative Projekte hätten schon gezeigt, dass – sofern die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden würden – auch Schüler:innen im großen Stil bereit seien, mit anzupacken. News4teachers

Klimawandel: Stadt (Dresden) kündigt Modellprojekt gegen Hitze auf dem Schulhof an

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4 Kommentare
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JoE
1 Monat zuvor

Eine sinnvolle, aber nicht ausreichende Forderung. Zusätzlich brauchen wir entweder irgendeine Form der Klimatisierung (da gibt es auch umweltfreundlichere Alternativen zur klassischen Klimaanlage) oder eben eine deutliche Ausweitung der Sommerferien.

A.M.
1 Monat zuvor

Naturnahe Schulhöfe dürften das Klima als solches derart marginal beeinflussen, dass ich mich frage, warum man nicht schlicht und einfach nur vertritt, dass diese Verbesserungen für die Kinder finanziert werden. Wegen des KIndeswohls, um Kindern etwas zu bieten, was ihnen digital nicht geboten werden kann. Viele Kinder wachsen in Familien auf, die gar keinen Garten mehr haben – oder einen, der es als Zierde eines Neubaus in Ulf Soltaus Liste der “Gärten des Grauens” schaffen könnte. Es ist deshalb längst überfällig, dass KInder zwischen Bäumen, Sträuchern, Blumen und essbaren Pflanzen Pause machen und spielen können.

Gegen Hitze in hoch gelegenen Klassenzimmern mit mangelnder Schattierung helfen Kräuterspiralen und ein Insektenhotel im Steingärtchen auch nicht wirklich.

vhh
1 Monat zuvor

Das ist doch nicht neu, angepasste Bepflanzung, mehr Bäume, Entsiegelung, daran arbeiten etliche Kommunen und Initiativen seit einigen Jahren. Mit ziemlich gutem Erfolg, aber das kann der DUH egal sein. Lieber ein katastrophales Defizit ‘entdecken’ als positive Beispiele vorzustellen.
Jede Schule ist ein Einzelfall, da sind einheitliche Mindestanforderungen entweder sehr weit unten angesiedelt oder oft unerfüllbar.
Neun Millionen Kinder sind in jeder Pause der drückenden Asphaltwüste ausgeliefert. Fehlt nur noch ‘unter den stechenden Blicken ihrer Aufseher’. Geht in diesem Land eigentlich nichts mehr ohne maßlose Übertreibungen und Ignorieren aller schon getätigten oder vorgesehenen Maßnahmen? Die Hälfte der Befragten ist mit Bewegungs- und Entspannungsmöglichkeiten nicht unzufrieden. Das ist verbesserungsfähig, aber weit weg von den implizierten durchgängigen Asphaltwüsten.

A.M.
1 Monat zuvor
Antwortet  vhh

“Geht in diesem Land eigentlich nichts mehr ohne maßlose Übertreibungen und Ignorieren aller schon getätigten oder vorgesehenen Maßnahmen?” – Tja, wenn man zugeben würde, dass etliche Schulen nicht nur drinnen, sondern auch draußen bemerkenswert wenig Platz für ihre Schüler haben, dann müsste in einigen Fällen auch eingesehen werden, dass eine Entsiegelung nicht allzu viel bringt. Viele Kinderfüße verdichten den Boden so sehr, dass man außer einer Randbepflanzung nichts mehr in der Erde gedeihen lassen kann. – Soll man auf Hochbeete setzen, obwohl die Kinder mehr Bewegungsdrang haben als Rentner? Es wäre gemein, die beliebte und stark genutzte Tischtennisplatte, an der immer wieder im Rundlauf gespielt wird, durch ein fotogenes Hochbeet mit gesponsertem gesunden Gemüse zu ersetzen.

Geräteschuppen voller Fahrzeuge und Sportartikel gab es jahrzehntelang fast nur in Kindergärten. Diesbezüglich hat sich in Schulen wirklich viel getan – und dafür verdienen sie auch wirklich ein Lob. – Und auch dafür, wenn sie den Asphalt als Spielfläche lassen und bei großer Hitze Wasser über den Boden laufen lassen, um für Verdunstungskälte zu sorgen.