Als (angehende) Lehrkraft die Lust am Beruf wiederfinden: Das Neue Referendariat der Akademie Biberkor

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Marina Steffen liebt ihren Beruf als Grundschullehrerin. Dabei war nach ihrem erfolgreichen Lehramtsstudium zunächst einmal gar nicht klar, wie es für sie weitergehen könnte: Die Freude am Lernen – also das, was die junge Lehrerin eigentlich immer angetrieben hatte, – war auf dem Weg zum Abschluss verloren gegangen. Den Funken neu entfacht hat das Programm des sogenannten Neuen Referendariats. Wie sie dadurch auf frischen Wegen in der Bildungslandschaft unterwegs sein kann und weshalb sie die Ausbildung der Akademie Biberkor angehenden Lehrkräften empfiehlt, erzählt Marina Steffen im Interview.

Die eigene Lehrer:innenpersönlichkeit entwickeln, Ermutigung und Wertschätzung erfahren und dabei zugleich grundlegende (reform-)pädagogische Kenntnisse gewinnen: Das Neue Referendariat der Akademie Biberkor setzt auf eine ganzheitliche Lehrer:innenausbildung für alle, die Schule neu denken und umsetzen wollen. Foto: Shutterstock

Ein Drittel der Lehramtsstudierenden bricht spätestens nach dem ersten Staatsexamen die Lehrerkarriere ab. Sie haben sich zum Zeitpunkt des ersten Staatsexamens ebenfalls kritisch damit auseinandergesetzt, was für Sie nächste passende Schritte sein können. Warum?

Steffen: Ich bin eine Person, die sehr gerne lernt, sich neugierig mit Dingen auseinandersetzt und diese mehrperspektivisch durchdringt. Das erste Staatsexamen habe ich mit einer großen Intensität und einem immensen Leistungsdruck erlebt. Dadurch ist der für mich im Ursprünglichen freudvolle Zugang und die positive Verbindung zum Lernen unterbrochen worden. Das, was mich im Leben und auch im Studium angetrieben hat, hat nicht mehr gebrannt. Im Hinblick auf meinen Berufswunsch und die Schulpraxis war und ist es für mich grundlegend, authentisch als Vorbild für Schüler*innen wirken zu können. Ohne selbst Freude am Lernen zu empfinden, kann das aus meiner Sicht nicht funktionieren. Hinzu kam, dass ich mich kritisch mit der Rolle als Lehrkraft auseinandersetzte. Ich habe danach gefragt, was ich mir für die Entwicklung (m)eines professionellen Selbst wünsche. Für mich von zentraler Bedeutung ist, mich auf meinem Weg selbst als Lernende zu verstehen, Bereitschaft für offene Begegnungen und Weiterentwicklung mitzubringen. Ich wünsche mir, Lernen bestmöglich auf wertschätzende, ermutigende Art zu gestalten und zu begleiten. Ein Lernen, das am pädagogischen Leistungsbegriff orientiert ist. Und ich wünsche mir, es selbst auf diese Weise zu erfahren. Vor diesem Hintergrund habe ich mir Gedanken gemacht, was für mich nächste passende Schritte sein können.

Sie sind auf das Neue Referendariat gestoßen. Was hat Sie zur Bewerbung bewogen?

Steffen: Als ich nach Recherchen für meinen weiteren Weg auf der Website der Akademie Biberkor auf das Neue Referendariat gestoßen bin, war das für mich ein wahrer Licht-Moment – eine Tür, die sich öffnete zu dem, was mich in der Zeit zuvor zutiefst berührt und bewegt hat. Mich leiten persönliche Werte an wie Vertrauen und Autonomie, eine wertschätzende Sprache und transparente Kommunikation, das Entwickeln positiver Beziehungen, Eigeninitiative, Verantwortung, Reflexion und Selbstachtung. Immer stärker trat das Bedürfnis hervor, eine neue Lernkultur aktiv mitzugestalten und an einem Ort präsent zu sein, an dem der einzelne Mensch im Mittelpunkt steht. Das Neue Referendariat vereint diese Gedanken. Ich konnte mich mit dessen Zielen und Inhalten voll und ganz identifizieren. Ich wusste sofort, dass hier meine Reise weitergeht und ich Teil davon sein möchte!

Das von Anfang an stimmige Gefühl zeigte sich auch folgend im Bewerbungsprozess. Es gab keine Standardsätze oder einen distanzierten formellen Kontakt. Im Gegenteil, sowohl im Dialog mit der Akademie als auch mit der Ausbildungsschule kam ein bereicherndes Miteinander zum Tragen. Ich konnte passend zum Anforderungsprofil einbringen, was mich auszeichnet, was mir wichtig ist und was ich bewegen möchte. Alle Seiten waren aufrichtig aneinander interessiert. Dadurch, dass an meine Biografie und meine Fähigkeiten direkt angeknüpft wurde, habe ich mich als Person und in meinen Anliegen ernsthaft wahrgenommen gefühlt – das war sehr schön.

An welcher Schule haben Sie das Neue Referendariat dann absolviert und wie ist es verlaufen?

Steffen: Da ich seit Beginn meiner Lehrerausbildung eine große Resonanz zur Montessori-Pädagogik verspüre, habe ich mir im lokalen Umfeld Montessori-Schulen angeschaut und anhand deren Leitbilder Identifizierungspunkte herauskristallisiert. Ich möchte darauf hinweisen, dass im Ausbildungsnetzwerk der Akademie verschiedene Schulprofile vertreten sind. Etwas, das mich besonders angesprochen hat, ist das jahrgangsgemischte Lernen. In meiner Ausbildungsschule wird in einer Jahrgangsmischung von der ersten bis zur vierten Jahrgangsstufe handlungsorientiert gearbeitet. Zudem gibt es an der Schule ein Outdoorkonzept. Der Umgang mit lebenspraktischen Dingen und das Lernen in der Natur erachte ich als sehr wertvoll.

Im Neuen Referendariat nimmt die Hospitation einen hohen Stellenwert ein, die Hospitation an der eigenen Ausbildungsschule als auch Hospitationen an Orten mit gelingender Schulpraxis. Neben dem Hospitieren sollen auch eigene Lernerfahrungen gesammelt und Erlebnisräume durchlaufen werden. Es geht darum, Handlungspotentiale zu erkennen und auszuloten, für sich selbst Inspirationen zu gewinnen und Einblicke dahingehend zu erhalten, welche Arbeitsweisen einem liegen, ebenso in der Beziehung mit den Schülerinnen und Schülern und weiteren Beteiligten, wie Eltern und Kollegium. Diese gilt es dann zu stärken und zu professionalisieren.

Auf der Grundlage von Reflexions- und Dokumentationsprozessen, welche auf wissenschaftlichen Kriterien basieren, wird die Entwicklung des eigenen professionellen Selbst unterstützt. Diese lassen große Freiheitsgrade sowie Raum für Selbstorganisation und Kreativität zu. Anliegen dabei ist, ein blindes Reproduzieren von festgefahrenen Strukturen zu vermeiden und stattdessen eigenes kritisches Denken und Handlungsfähigkeit im Fluss von schnelllebigen Veränderungen zu erreichen. Die Reflexionen werden von einem Mentor/einer Mentorin an der Ausbildungsschule kontinuierlich begleitet. Bei meiner Mentorin handelte es sich gleichzeitig um die Klassenleitung meiner Referendariatsklasse. Im Mentoren-Mentee-Tandem und im regelmäßigen Austausch konnte ich wertvolle Erfahrungen mitnehmen.

In einem monatlichen Rhythmus erfolgt über mehrere Tage hinweg die Teiln

ahme an Seminaren. Jedes Seminar bzw. Modul ist gleichzeitig an die bereits erwähnte externe Hospitation gekoppelt, eine Hospitation an einer Schule mit einem Konzept neuer Lernkultur. Die Dozentinnen und Dozenten der Akademie gehören verschiedenen Fachbereichen und Disziplinen an. Hier sind wir u.a. mit Schulleitungen, Sonder-, Natur- und Erlebnispädagog*innen aber auch Achtsamkeitstrainern, Theaterregisseur*innen, Sportwissenschaftlern und Tanzpädagogen, Innenarchitekten, Bootsbauern u.v.m. in spannende Dialoge getreten. Dadurch konnten vielfältige Gesichtspunkte pädagogischer Landschaften beleuchtet werden. Regelmäßig weitete sich unser Horizont. Bspw. ging es um Themenbereiche wie Entwicklungsstufen, Raumkonzepte, Konfliktmanagement, demokratische Gesellschaft, Gesundheit, Resilienz und Digitalisierung. Insgesamt durften wir beeindruckende sich vollziehende Schulentwicklungsprozesse wahrnehmen und erleben, wie einzigartige Konzepte lebendig werden und Gestalt annehmen. Die große Kunst besteht im Anschluss dann darin, nicht das „Meisterprofil“ zu finden und 1:1 im eigenen Handlungsfeld anzuwenden, sondern Elemente davon gezielt und passend auf das eigene Schul- und Klassenkonzept herauszugreifen und anzupassen.

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Antonia Erdmann (mitte) bei ihrer Ausbildung 2020. Foto: Akademie Biberkor

Schule neu denken – und auch als gefestigte Lehrer:innenpersönlichkeit in die Praxis umsetzen: Darum unter anderem geht es im Neuen Referendariat. Das 2020 gestartete Pilotprojekt für zukunftsorientierte Lehrer:innenausbildung geht zum Schuljahresstart 2025/26 mit inzwischen rund 70 Ausbildungsschulen in ganz Deutschland in die neue Runde. Anmeldeschluss für interessierte Lehramtsstudierende, Quereinsteiger:innen und Lehrkräfte an Schulen in freier wie auch kommunaler Trägerschaft ist der 25. April 2025.

Ausführliche Informationen finden Sie auf der Homepage der Akademie Biberkor: https://www.akademie-biberkor.de/neues-referendariat/beschreibung/

Infos für Schulträger und Schulleitungen

Haben Sie Interesse daran, mehr über das Neue Referendariat und die Ausbildungsmöglichkeiten für Ihre Schule zu erfahren? Dann rufen Sie uns gerne an!

08171/2677170 Dr. Flora Nieß (Leitung und Dozentin Neues Referendariat) oder 08171/2677155 Sabine Bauer (Administration)

 

Was haben Sie am Neuen Referendariat besonders geschätzt?

Steffen: Hier könnte so viel gesagt werden. Ich beschränke mich auf drei für mich wesentliche Erfolgsfaktoren: Erstens, die Selbstwirksamkeitserfahrungen durch das eigenaktive Gestalten und die gelebten Feedback-Strukturen in geschützten, vertrauensvollen und wertschätzenden Räumen. Zweitens, das Ausgestalten der Beziehungsebene. Insbesondere möchte ich nochmals die Beziehung zu meiner Mentorin hervorheben. In unserer Zusammenarbeit haben wir uns gegenseitig bereichert und im Team sehr gut ergänzt. Wir öffneten uns für vielseitige Möglichkeiten, waren jederzeit dazu bereit, etwas Neues zu lernen, Dinge weiterentwickeln zu wollen und mit Freude und Leichtigkeit in den Schulalltag zu gehen. Unsere gemeinsame Haltung hat uns getragen. Die Haltung möchte ich als dritten eigenständigen Punkt benennen. Meines Erachtens stellt die Haltung und damit verbunden auch die Wertschätzung in die persönlichen Stärken und Ressourcen den Kern der pädagogischen Kompetenz und das Fundament für das eigene tägliche Tun dar. Dem schenkt das Neue Referendariat bei der Aus- und Weiterbildung der eigenen Lehrerpersönlichkeit eine besondere Aufmerksamkeit.

Inwiefern hat das Neue Referendariat Sie weitergebracht und was hat es Ihnen Wesentliches für Ihre Lehrtätigkeit vermittelt?

Steffen: Das Neue Referendariat hat mich nachhaltig geprägt, mich in meiner Grundhaltung und Ausrichtung gestärkt. Es ist eine wichtige Station in meinem Leben, in der ich wahnsinnig viel und vor allem in die Tiefe blickend gelernt habe. Lernen ist etwas sehr Persönliches. Sich selbst und andere wachsen zu sehen, auf Anstrengungen hin sichtbare Erfolge zu vernehmen, beflügelt unwahrscheinlich. Ein großes Wachstum lag für mich darin, Ja zu mir selbst zu sagen, bei mir zu bleiben – auch in herausfordernden Situationen. Mir ist bewusster geworden, was mir in Bezug auf meine Lehrerpersönlichkeit wichtig ist und möchte auch in Zukunft dem weiter nachgehen, um aktuellen Anforderungen offenherzig und klar begegnen zu können. Ich habe dazugelernt, noch feinfühliger und bedingungslos annehmend mein Gegenüber wahrzunehmen. Ich habe für mich Grenzen verschieben können, neue Seiten an mir entdeckt und bin mutiger geworden. Grundsätzlich bin ich eher ein Mensch, der sich immer sehr gut vorbereitet. Im Neuen Referendariat habe ich die Erfahrung gemacht, dass es auch in Ordnung ist, sich von einer sehr detaillierten Planung zu lösen, um variabler im Unterrichtsalltag (re)agieren zu können. Der Weg entsteht im Gehen. Was ich ebenfalls weiterverfolgen möchte, ist das Feld der kollegialen Hospitation. Gemeinsame Reflexion ist eine tragende Säule für persönliche und schulische Weiterentwicklung.

Gibt es auch Dinge, die Sie beim Neuen Referendariat verbessern würden?

Steffen: Das Bildungsprogramm, das ich im Jahrgang 2023/2024 durchlaufen durfte, war für mich rund. Meine Vorstellungen haben sich komplett erfüllt, sie wurden übertroffen. Gerne wäre ich noch länger Teil dieses Programms gewesen. Eine Verlängerung wäre aus meiner Sicht sinnvoll und unterstützend, um etwa die erste Phase bei der Übernahme einer Lerngruppenleitung zu begleiten. Ein weiterer wichtiger Gedanke erscheint mir – und das lebt meiner Wahrnehmung nach die Akademie Biberkor vorbildlich, dass das Neue Referendariat in seiner jetzigen Gestalt nicht als „fertig“ angesehen werden darf, sondern in Entwicklung bleibt und das Programm immer an die Gegebenheiten und seine Adressaten angepasst wird.

Würden Sie das Neue Referendariat anderen angehenden Lehrkräften empfehlen?

Steffen: Ein ganz klares Ja von Herzen. Mich hat das Neue Referendariat nachhaltig inspiriert und wohltuend geformt. Ich schätze die Freude am Beruf. Das Kennenlernen und Erfahrbar-Werden innovativer Bildungskonzepte sowie die dahinterstehenden bereichernden Dialoge haben einen großen Beitrag dazu geleistet. Ein Kollege aus meinem Jahrgang hat es so auf den Punkt gebracht, dass das Unterwegssein in neuen Bildungslandschaften ein Geschenk ist. Diese Erfahrung sowie die Freude für das tägliche Tun wünsche ich Mitkolleginnen und -kollegen.

Ohne staatliches Referendariat aber keine Verbeamtung. Ist das für Sie wichtig und ein Grund, auch noch das staatliche Referendariat zu absolvieren?

Steffen: Eine Verbeamtung hat für mich keine Relevanz. Für mich steht die Tätigkeit im Vordergrund. Aufgrund eigener Beobachtungen und Erfahrungsberichte zweiter Hand habe ich in Verbindung mit dem staatlichen Referendariat stark gelenkte Strukturen und enge Vorgaben wahrgenommen. Das würde sich für mich anfühlen, ein Korsett anlegen zu müssen. Daher kann ich mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen, das staatliche Referendariat zu absolvieren. Natürlich ist zu erwähnen, dass es auf dem traditionellen Weg genauso Menschen gibt, die Innovation und wertschätzende Beziehungen vorleben. Ebenso ist mir bewusst, dass es Personen gibt, die sich in einem gewissen Rahmen und auf bekannten Wegen in unserem System sicher fühlen. Einige Kolleginnen und Kollegen sowie ehemalige Kommilitoninnen und Kommilitonen haben meinen Schritt in das Neue Referendariat als sehr mutig empfunden. Sie fanden es bewundernswert, dass ich mich traue, einen Weg „abseits“ des regulären staatlichen Vorbereitungsdienstes einzuschlagen. Ich würde mir wünschen und hoffe sehr, dass es in Zukunft so gesehen wird, dass es kein Abseits, sondern ein Miteinander ist, dass Anschlussfähigkeit und ein Ineinandergreifen beider Bildungswege erreicht wird. Werden Ressourcen des Regelreferendariats und bedeutende Bausteine neuer Bildungslandschaften des Neuen Referendariats zusammengedacht, kann Großes in Zeiten des Fachkräftemangels erreicht werden. Ich persönlich würde dies nicht nur willkommen heißen, sondern auch von Herzen aktiv unterstützen.

Sie haben das Neue Referendariat zu den Sommerferien abgeschlossen. Wie geht Ihr Weg nun weiter?

Steffen: Ich wurde an meiner Ausbildungsschule übernommen und freue mich sehr, dort weiterhin tätig zu sein. Berufsbegleitend absolviere ich derzeit das Montessori-Diplom. Auch engagiere ich mich im Netzwerk der Akademie Biberkor und stehe im Austausch mit Hochschulen. Die Verzahnung von Wissenschaft und Schulpraxis ist mir ein wichtiges Anliegen.

Dies ist eine Pressemeldung der Akademie Biberkor e.V.

Das Neue Referendariat: Warum es sich lohnt, ein Jahr in die eigene Weiterbildung zu investieren

 

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