Um Kunst oder Kunstfertigkeit zum gemeinschaftlichen Lösen von Problemen nutzen zu können, sollte Kunst aus Sicht in alle Schulfächer Einzug erhalten. Das meint jedenfalls Alistair Hudson. «Anstatt “Kunst” als separates Fach anzubieten, sollten wir Kunst nutzen, um alle Fächer zu unterrichten und Kreativität und Vorstellungskraft – oder “Imagineering”, eine Verbindung aus “Imagination” und “Engineering” – als grundlegende Lernmethode in allen Fächern begreifen: von Mathematik, Chemie, Physik, Geschichte bis hin zu Geografie und allem anderen», schreibt er in einem Gastbeitrag für die «Badischen Neuesten Nachrichten».
Hudson ist nicht irgendwer: Der wissenschaftlich-künstlerische Vorstand des international bekannten Zentrums für Kunst und Medien Karlsruhe (ZKM) leitete früher als Direktor die Whitworth Art Gallery und die Manchester Art Gallery in Großbritannien.
Das Bildungssystem im neoliberalen System habe sich auf persönliche Leistung und Wissenserwerb zur Kapitalvermehrung konzentriert, erklärt Hudson. Menschen lernten isoliert und als Einzelpersonen. Die Wissenschaft erfordere jedoch, voneinander zu lernen und Methoden zu entwickeln, bei denen Menschen zusammenarbeiten, um Kreativität zu fördern und Probleme zu lösen – auf eine Weise, die kognitive Vielfalt ins Spiel bringe. Kunst oder Kunstfertigkeit könnten der Schlüssel zur Lösung des Problems sein.
«Atmosphäre der Angst in Bezug auf alles, was mit KI zu tun»
«Nehmen wir zum Beispiel die Herausforderungen, vor die uns der Aufstieg der Künstlichen Intelligenz stellt», schreibt der Kulturmanager. «Es herrscht eine Atmosphäre der Angst in Bezug auf alles, was mit KI zu tun hat; dass sie die Macht übernimmt, dass sie zur Zerstörung der Menschheit führt oder zumindest all unsere Arbeitsplätze und unsere ganze Lebensweise ersetzt.» Es sei unklar, wohin der Aufbruch führe. «Aber es liegt auch in unserer Macht, zu gestalten, was daraus wird oder welchen Einfluss KI haben sollte. So war es schon immer bei der Entwicklung neuer Technologien.»
Das ZKM wurde 1989 von der Stadt Karlsruhe und dem Land Baden-Württemberg als Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet und will klassische Künste ins digitale Zeitalter fortschreiben. Damit hat es sich auch international einen Namen gemacht. Es verbindet Forschung, Sammlung, Produktion, Vermittlung, Ausstellungen und andere Veranstaltungen. News4teachers / mit Material der dpa
Na dann, Herr Hudson, es sind Rektorenstellen frei! Übernehmen Sie die Leitung einer ganz normalen deutschen Schule und machen Sie mal mit den dort regulär zur Verfügung stehenden Mitteln. Ich bin neugierig und gespannt!
Doch, im Bereich Pädagogik und Didaktik ist er ‘Irgendwer’. Oder, wie es später sehr richtig heißt, ein Kulturmanager.
Warum verwendet er ‘Atmosphäre der Angst’ ? Skepsis, keine euphorische, kritiklose Zustimmung, gerne, aber wer so übertreiben muss hat selten gute andere Argumente.
Welch eine Hybris des Herrn Hudson, über etwas in einer seriöse Lokalzeitung zu publizieren ,
von dem er offensichtlich keine Ahnung.
Hoffentlich macht er anschauliche und nachhaltige Ausstellungen. Leider reiht er sich dabei in einen ganze Kreis von “prominenten” Personen, die meinen, über Schule mit Relevanz öffentlich sprechen zu können.
Warum lassen sich das viele von uns Lehrkräfte gefallen, ganz zu schweigen von Kolleg*innen, die gar völlig unkritisch verbalen Schaumschläger*innen wie Herrn Precht nachdenken.
Ich halte es für wichtig, das Fach Kunst vollumfänglich zu erhalten – schon als Gegenpol zu den anderen Fächern.
Ist es denn noch vollumfänglich da? Meines Wissens ist das immer einer der ersten Streichkandidaten, wenn die Stundentafel gekürzt werden muss.
An den bayerischen Mittelschulen wurde schon gekürzt, es gibt 1 oder 2 Jahrgangsstufen, die nur mehr 1 Std. Kunst pro Woche haben.
Wir höchstens ein Halbjahr a eine Stunde. 🙁
An das Fach Religion an staatlichen Schulen traut sich keiner ran.
Jetzt die Kunst? Ernsthaft?
“Das Bildungssystem im neoliberalen System habe sich auf persönliche Leistung und Wissenserwerb zur Kapitalvermehrung konzentriert, erklärt Hudson.”
Das ist in China anders: Seit Jahren haben dort kreativitätsfördernde Unterrichtsmethoden Hochkonjunktur, weil China erkannt hatte, dass seine Nachwuchselite zwar in herausragender Weise Wissen reproduzieren konnte, es ihr aber an Kreativität mangelte. Methoden des Orff-Schulwerks, der Rhythmik sowie wie die “gute, alte Kindergartenpädagogik” mit Basteln, Singen, Kreis- und Fingerspielen, die bei uns schon lange in die Mottenkiste verbannt wurden, weil sie als unzeitgemäß gelten, boomen in China.
Sofern Alistair Hudson einen Kunstbegriff verwendet, der über Bildende Künste hinaus geht und auch Musik, Tanz und Theater mit einbezieht, ist ihm zuzustimmen. Unbeabsichtigt fordert er dazu auf, sich auf das zu besinnen, was die Qualität des deutschen Bildungssystems einmal ausgemacht hat, bevor es durch den Reformaktivismus der vergangen Jahre entkernt worden ist.
Die Abschaffung der Fächer Kunst und Musik ist dazu allerdings nicht erforderlich.
Wieso nicht beides? Elemente aus der Kunst mit in die Fächer einfügen, wo es passt und den fachlichen Lehrplan nicht noch weiter beschneidet. (Wird ohnehin schon oft getan, nach meiner Erfahrung. Es macht nur niemand ein großes Bohai darum.) Gleichzeitig das Fach als solches erhalten. Da geht’s ja schließlich auch um Kunstgeschichte, -kritik, -techniken usw. Das hat schon durchaus seine eigene Daseinsberechtigung.
Mehr Kunst im Geschichtsunterricht? Gerne. “Kinners – Machtergreifung wird gestrichen, aber hier habt ihr ein Arbeitsblatt mit Hakenkreuz zum bunt ausmalen. Viel Spaß, ich bin mal eine rauchen.”
DANKESCHÖN! Made my day!
So jetzt nicht, aber was spricht dagegen, die Ästhetik des Faschismus zu untersuchen, indem man sich beispielsweise Propagandaplakate oder -filme vornimmt?
Nicht falsch verstehen, ich denke nicht, dass Kunst abgeschafft werden sollte, aber man findet da durchaus nutzbare Anknüpfungspunkte.
Die wurden schon zu meiner eigenen Schulzeit genutzt. Und in Mathe kam Van Gogh zur Sprache. Und in Erdkunde Caspar David Friedrich. In Religion Chagalls Gemälde zum Judentum und seinen Bräuchen.In Französisch hatten wir eine ganze Unterrichtseinheit zu französischen Malern.
Hudsons Forderungen fußen auf völlig falschen Prämissen bzgl. der Unterrichtsgestaltung.
Kurze Anmerkung die meisten Propagandafilme aus dieser Zeit stehen aus guten Gründen auf dem Index. Das eignet sich also aus mehreren Gründen leider nicht dazu.
Wenn man Kunst als Malen nach Zahlen und Anmalen von Ausmalbildchen versteht, dann macht es tatsächlich keinen Sinn. Aber Mandalas Ausmalen hat nichts mit Kunst zu tun. Kunst beinhaltet vielmehr als das. Auch z.Bsp die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft und eine kritische Auseinandersetzung mit der Macht der Medien und entsprechendem Propagandamaterial. Aber dafür bräuchte man mehr Unterrichtsstunden und mehr Lehrer. Denn auch das praktische Arbeiten sollte nicht zu kurz kommen. Ja und da sind wir dann bei wünsch dir was angekommen….. Wenn man Kunst in die Fächer “integriert” wird sie dort sang und klanglos untergehen. Deshalb, so schön die Ausgangsidee auch ist, so unwiderruflich ist sie bei unserem Schulsystem leider um Scheitern verurteilt.
Ich glaube es war eher gemeint das es keinen Sinn macht Kunst auf biegen und brechen zu integrieren. Ja, es gibt stellen in den meisten Fächern wo sich das anbietet aber genug wo es einfach sinnbefreit ist. Gerne kommt man aber dann mit in jeder Unterrichtsreihe hat x Anteil Kunst zu sein und das ist Murks.
Integriert würde Die Kunst einfach komplett untergehen. Soviel steht fest. Aber nicht weil es Murks ist, sondern weil sie in der Schule naturgemäß eine untergeordnete Rolle spielt. Aber richtig ist das nicht. Kunst hat sehr wohl einen politischen und gesellschaftlichen Kontext .Das unterscheidet sie schon mal grundlegend vom Bastelunterricht.
Och, das machen wir längst. Wenn unsere Mathelehrerin das Heft aufschlägt, dann findet sie in DinA4 Größe einen gezeichneten Spiderman oder eine Natascha Romanoff. Das ist immer richtig abwechslungsreich. Isso, kann meiner Tochter ja nicht ihre Stifte amputieren.
Cool wäre aber darstellendes Spiel im Geschichtsunterricht. Das prägt ein. Eben Geschichte nachspielen.
Da gibt es eine alte Serie “Avonlea, das Mädchen aus der Stadt”. Dort spielt in der Folge “Geschichte mal anders” der Professor aus “Zurück in die Zukunft” (Lloyd…?) einen Schauspieler, der keinen Job findet und dann als vermeintlicher Lehrer im Dorf unterrichtet. Er spielt dann Geschichte mit den Kindern nach und macht sie so fit für einen Geschichtswettbewerb. Würde ich auch so machen – Naja, nicht mehr ab 2.WK, aber was davor kommt, also bis Kl 8.
Blos nicht die Stifte “amputieren”. Meine Tochter hat auch immer kleine Skizzen, Entwürfe von erfundenen Charakteren und Storyboards sowie Zeichnungen von Dingen in ihrer unmittelbaren Umgebung (Bsp. OH-Projektor)in ihrem Hausaufgabenheft angefertigt. Und da sie sich jetzt genau diese Handfertigkeit zum Beruf machen möchte, ist diese wertvolle Sammlung inklusive ihrer Hausaufgabennotizen in ihrer Bewerbungsmappe für die Kunstakademie gelandet. Die Praktische Aufgabe fürs Abitur, für die sie volle Punktzahl erhalten hat, verstaubt dagegen im Regal. Und so verstaubt wie ihre Tonfigur kommt mir auch der aktuelle Kunstunterricht in der Schule vor. Ich würde mal behaupten, Kunstunterricht muss nicht nur erhalten sondern vielmehr noch überarbeitet und an die aktuelle Medienlandschaft und zeitgenössische Kunst angepasst werden. Denn aktuelle Kunst ist auch immer ein Spiegel der Gesellschaft und den benötigen wir in schwierigen Zeiten wie diesen.
Von einer Tochter auf den in allen Schulen erteilten Kunstunterricht zu schließen? Ernsthaft jetzt?
Nein, eher als BK Lehrerin nicht so handlungsfähig sein zu können, wie man es gerne sein wollte. Mangel an Stunden, Material, geeigneten Räumen und neu aufgestellten zeitgemäßen Lehrplänen. Oder aber erst gar nicht als solche eingesetzt zu werden, da andere Fächer eher benötigt werden und Klassenlehrer das bisschen Basteln auch selber hinkriegen können. Das ist dann eher die Realität an Grundschulen. Dann zwei eigene Kinder durch die Schuljahre bis hin zur Oberstufe begleitet zu haben, und mit jedem verflossenem Jahr feststellen zu müssen, dass der Unterricht sich zum eigenen in den 80ern kaum verändert hat, obwohl gerade die Kunst sich in einem ständigen Wandel befindet. Die praktischen Arbeiten meiner Kinder bestehen fast ausschließlich aus Bildern, die wir schon zu meiner Schulzeit produziert haben. Mit Vorliebe solche, bei denen in der Schule möglichst wenig dreckig gemacht wird und die auch im Klassenzimmer angefertigt werden können. . Also Bleistiftzeichnungen, Typographie und solche Dinge. Im LK dann auch mal was aus Ton und Acrylmalereien und ein Künstler aus der Neuzeit (Gormley bis zum abwinken), Mehr aber auch nicht.
Ab und zu kommt mir noch meine Studienzeit in den Sinn, wo ich tatsächlich mal im Fach Kunst großes Glück mit meinen Dozenten hatte und wir ein breitgefächertes Wissen in die moderne Kunst erhielten und auch pädagogisch aufgearbeitet haben. Aber das hat sich im Nachhinein als reine Traumtänzerei erwiesen hat. … Und wo nehmen sie ihren Optimismus her, wenn ich fragen darf?
In der Mathematik könnte man das Schreiben von wohlgeformten Ziffern üben!