Brandbrief-Schule: Günther-Wünsch schlägt Wachschutz vor – Schulleitung dagegen

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BERLIN. Die Bildungssenatorin schlägt vor, an der Berliner Bergius-Schule einen Wachschutz einzusetzen, nachdem dort – vorläufiger Höhepunkt der Gewalteskalation – ein Siebtklässler von einer 80-köpfigen Jugendbande massiv bedroht wurde. Auf Begeisterung stößt sie damit bei der Schulleitung nicht. Seitdem das Kollegium einen Brandbrief über die Zustände an der Schule an die Bildungsverwaltung geschickt hat, herrscht offenbar dicke Luft. Vorerst schaut die Polizei regelmäßig am Schulgelände vorbei.

Wachdienst? Nein danke. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch hält einen Wachschutz an der Bergius-Schule in Friedenau für sinnvoll. Dort gab es nach einer «Jagd» auf einen Siebtklässler am Mittwoch einen größeren Polizeieinsatz. Sie habe wegen des Vorfalls am Vormittag mit der Schulleitung telefoniert, sagte die CDU-Politikerin bei einer Sitzung im Abgeordnetenhaus. «Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich heute abermals das Angebot eines Wachschutzes erneuert habe», erläuterte Günther-Wünsch. «Auch das ist mir vorhin am Telefon wieder abgelehnt worden.»

Denselben Vorschlag habe sie bereits im November unterbreitet, als sie nach Bekanntwerden eines «Brandbriefes» aus dem Kollegium an der Schule gewesen sei. Darin war die Rede von Problemen mit aggressiven, gewaltbereiten und bildungsfernen Schülern, die zum Teil kein Deutsch sprächen und zuvor noch nie eine Schule besucht hätten (News4teachers berichtete).

«Die Konsequenz ist, dass wir eine Steuerungsgruppe an der Bergius-Schule installieren, die alle Beteiligten unterstützen soll»

«Direkt nach meinem Termin habe ich der Bergius-Schule und dem Schulkollegium das Angebot eines Wachschutzes gemacht in Rücksprache auch mit dem Bezirk», so die Senatorin. «Wir hätten das auch aus Verwaltungsmitteln organisiert. Das ist ganz konkret abgelehnt worden von der Schulleitung.» Sie habe von der Polizei die Rückmeldung bekommen, dass bis Montag der Schulbeginn und das Schulende jeweils von Polizeibeamten begleitet würden. «Sie können aber mit Sicherheit nachvollziehen, dass das keine Dauerlösung ist, dass wir dort Polizistinnen und Polizisten hinschicken.»

Handlungsbedarf sieht die CDU-Politikerin auch an anderen Stellen. «Die Konsequenz, die auch aus den letzten Wochen gezogen worden ist, ist, dass wir eine Steuerungsgruppe an der Bergius-Schule installieren, die alle Beteiligten unterstützen soll», so die Senatorin.

Ein Angebot für Supervision und für schulpsychologische Beratungstermine in der Schule habe es bereits gegeben, es sei aber bisher nicht in Anspruch genommen worden. An anderer Stelle seien Forderungen aus dem Brandbrief umgesetzt worden: «Die kritisierte fehlende Verwaltungsleitung der Bergius-Schule ist seit November in der Einarbeitung.» Sie stehe ab 1. Februar in vollem Umfang zur Verfügung. Mittelfristig müsse es eine Debatte darüber geben, wie die Unterstützungssysteme, die der Schule zur Verfügung stünden, wirksam werden könnten, forderte Günther-Wünsch. «Da haben alle Beteiligten einen Anteil zu leisten.»

Die Schulleitung erklärte gegenüber dem „tagesspiegel“ auf Nachfrage, sie könne sich aus dienstrechtlichen Gründen zu schulischen Belangen nicht öffentlich äußern. Die Darstellung der Bildungssenatorin führte jedenfalls zu Irritationen.

Der Gesamtelternsprecher Andreas Thewalt wies darauf hin, dass es gerade erst Mittwoch eine große Fortbildung mit dem schulpsychologischen Dienst gegeben habe. Thewalt nannte es dem Bericht zufolge „schäbig“, wie die Senatorin die Arbeit der Schulleitung darstelle. Er hatte vergangene Woche im Schulausschuss des Bezirks Tempelhof-Schöneberg kritisiert, die von der Senatsverwaltung gemachten pädagogischen Unterstützungsangebote ignorierten die tatsächlichen Bedarfe der Schule.

Ein Sprecher der Bildungsverwaltung sagte gegenüber der Redaktion, bei den Unterstützungsangeboten handele es sich konkret um „Angebote wie Coaching, Supervision, die Begleitung durch externe Schulentwicklungsexperten und die Einrichtung von Praxislernklassen“. Letzteres sind spezifische Lerngruppen für Kinder und Jugendliche mit geringer Schulbildung und mangelnden Deutschkenntnissen. Dabei sei es jedoch unerlässlich, dass insbesondere die Schulleitung sich auf die angebotene Unterstützung einlasse. „Eine einseitige Fokussierung auf den Beschwerdebrief allein kann keine nachhaltige Lösung bieten.“ News4teachers / mit Material der dpa

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Realist
28 Tage zuvor

So eine Schulleitung lernt nur dazu, wenn das gesamte Kollegium konsequent “DIenst nach Vorschrift” macht…

nurmalso
28 Tage zuvor

Kann die SL verstehen. Coaching, Supervision, externe Experten…
Hört sich doch wieder sehr so an, als könnte das bei ein bisschen Anschub mit “Bordmitteln” und entsprechender Mehrarbeit alles besser werden. Kann es wahrscheinlich nicht.

Pauker_In
28 Tage zuvor
Antwortet  nurmalso

Ja, aber ein Wachschutz wäre doch erstmal eine gute Idee, finde ich.

Hans Malz
28 Tage zuvor

Schön, dass die Senatorin alles raushauen darf, während die Schule einen Maulkorb hat. Aber ist ja so üblich.

Rainer Zufall
28 Tage zuvor

Ich bin verwirrt. Ich dachte, die Schule hatte im Brandbrief um einen Pförter gebeten?
Sofern ich mich richtig erinnere ließe sich hier doch bezüglich des Wachschutzes bestimmt eine Einigung erzielen… =/

Lisa
27 Tage zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Ich hatte es auch so gelesen,dass die Schule um Wachpersonal bat und keines bekommt. Ist es in Wahrheit umgekehrt?

vhh
28 Tage zuvor

Öffentlichen (!) Runden Tisch mit Senat, Schulleitung, Eltern-, Lehrer- und Schülervertretern einrichten, geleitet von einem externen, nicht mit dem Bildungsbereich oder der Verwaltung verbundenen Moderator. Das braucht auch keine hundert Sitzungen, wenn man sich zunächst auf die Diskussion der jeweiligen schnellen Lösungsansätze konzentriert. Die mittelfristigen Angebote der Schulverwaltung kann man danach noch ausdiskutieren. Einfach mal miteinander statt übereinander reden, und zwar so, dass auch Unbeteiligte nachher wissen, was tatsächlich gesagt wurde?

Lanayah
27 Tage zuvor

Hat die Schulkeitung den Wachschutz überhaupt abgekehnt? Sie darf sich ja offensichtlich zu dieser Frage nicht äußern. Ansonsten mal wieder das Übliche: Statt personelker Unterstützung gibt es Fortbildungen. Das Angebot der Supervision unterstellt doch, dass das Problem im Handeln der Lehrkröfte begrründet ist.

Maut
26 Tage zuvor

Wirklich verwirrend. Keinen Wachschutz? Warum ? Wirkt ein bisschen so wie Täterschutz. Und / oder so, als wolle man testen wie weit man beim Personal gehen kann.

Am Ende sollten die Eltern die Entscheidung treffen. Kann nun ja niemand mehr sagen er wisse von nichts. Also ja, zum Selbstschutz muss das vielleicht sogar gesagt werden. Aber sie wissen schon wie ich es meine.