Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner fordert angesichts schlechter Ergebnisse deutscher Schüler bei internationalen Vergleichstests Reformen in der Bildungspolitik. «Wir müssen den Mut haben, Bildung neu zu denken», sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. «Wir müssen auch den Mut haben, uns wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren», führte er aus. «Damit meine ich vor allem, dass die Kinder Lesen, Schreiben und Rechnen können.» Diese Kernkompetenzen müssten gestärkt werden.
Wichtig sei, hier frühzeitig in den Kindergärten zu beginnen, nicht erst ab der 1. Klasse in der Schule, sagte Wegner. Im internationalen Vergleich stünden gerade die Staaten weit vorne, die sehr viel in frühkindliche Bildung investierten.
Reformbedarf sieht Wegner in dem Zusammenhang auch im föderalen System in Deutschland, in dem die Bundesländer die Hoheit über die Schul- und Bildungspolitik haben und ein Kooperationsverbot mit dem Bund gilt. «Das Kooperationsverbot ist in dieser Form nicht mehr zeitgemäß», sagte er. «Ich bin sehr für Föderalismus, ich bin auch für Wettbewerb unter den Bundesländern. Aber ich würde begrüßen, wenn wir uns auf eine einheitliche Struktur des Bildungswesens in Deutschland verständigen könnten.»
Wegner nannte ein Beispiel: In Berlin gebe es neben dem Gymnasium die Integrierte Sekundarschule (ISS). «Wenn Eltern aus Baden-Württemberg nach Berlin kommen, um hier zu arbeiten, und ihre Kinder mitbringen, dann wissen sie nicht, was eine Integrierte Sekundarschule überhaupt ist.» Sie existiere in ihrem bisherigen Bundesland nicht.
«Wir brauchen eine einheitliche Struktur in Deutschland – das würde ich richtig und sehr wichtig finden», sagte der CDU-Politiker. «In Zeiten, wo wir immer mehr Flexibilität von Menschen erwarten, auch beim Ort ihres Arbeitsplatzes, dürfen Eltern und vor allem ihre Kinder den Anspruch haben, dass sie zumindest auf ein vergleichbares Bildungssystem stoßen, in dem sie dann weiter beschult und ausgebildet werden.»
Wegner forderte zudem stärkere finanzielle Unterstützung des Bundes für die Länder bei der Bildung – auch hier setzt das im Grundgesetz verankerte Kooperationsverbot bisher enge Grenzen. Der Regierungschef verwies auf Geldleistungen des Bundes für Hochschulen und Wissenschaft, etwa im Rahmen der sogenannten Exzellenzinitiative oder im Zuge des Digitalpakts für Schulen. Hier sei mehr möglich.
«Bildung ist Länderhoheit, und das soll auch so bleiben», so Wegner. «Aber dass es einheitliche Strukturen gibt, dass der Bund auch in die Möglichkeit versetzt wird, mit in die Finanzierung zu gehen, das ist ein absolutes Zukunftsthema.» Spätestens die jüngsten, schlechten Ergebnisse bei der Pisa-Studie hätten gezeigt, wo Deutschland in der Bildungspolitik stehe. «Das sollte uns doch allen zu denken geben und uns alle dazu animieren, dass wir sowohl über finanzielle Mittel im Bereich der Bildung sprechen als auch über Bildungsstrukturen.»
Er wünsche sich in dem Zusammenhang auch mehr Kompetenzen der Kultusministerkonferenz (KMK), ergänzte Wegner. «Bei der KMK ist ja immer ein Goodwill dabei.» News4teachers / mit Material der dpa
Das ist das alte Lied. Einheitliche Schulstruktur, ja, aber welche denn dann? Die Bremer, die Brandenbruger, die bayrische, die sächsische?
Ich fordere, dass die CDU erstmal ihre Versprechen gegenüber den Berliner Lehrern einlöst, die nicht verbeamtet werden. Was ist von dem CDU-Antrag diesbezüglich zu Zeiten des rot-rot-grünen Senats geworden? Warum bringt die CDU den Antrag nicht selbst wieder ein? Jetzt wäre doch eine Mehrheit sicher!
Auszug:
„Der Senat wird aufgefordert, dafür zu sorgen, dass bei dem Nachteilsausgleich im Rahmen der Wiederverbeamtung der Berliner Lehrkräfte besonders auf Ausgewogenheit und Berücksichtigung aller Gruppen in der Lehrerschaft geachtet wird. Lehrkräfte, die das 52. Lebensjahr überschritten haben, sollen neben einer Erhöhung ihres Bruttogehalts auch eine stufenweise Stundenermäßigung mit fortschreitendem Alter erhalten. Ebenso soll der Senat prüfen, inwieweit eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für angestellte Lehrkräfte beispielsweise auf ein Jahr ausgeweitet werden kann. Ebenso soll der Senat Modelle der Bezuschussung für eine private Altersvorsorge von angestellten Lehrkräften prüfen.“
https://www.parlament-berlin.de/ados/19/BildJugFam/vorgang/bjf19-0135-v.pdf
Zusatz: Aus welchem Jahrzehnt? Das fachliche Niveau aus der DDR von kurz vor der Wende wäre eine Idee.
…vor allem im Fach Staatsbürgerkunde?!
Na immerhin haben wir da viel gelernt über den „Kapitalismus“ und „Sozialismus“. Das damalszu ersterem gelernte entspricht dem, was wir heute live erleben, zweiteres war allerdings nur ein Märchen.
Danke, dass du daran erinnerst! Das ist wichtig!
Nachdem das dreigliedrige Schulsystem deutschlandweit aufgeweicht und verändert wurde, oft ist es nur noch zweigliedrig, heißt die zusammengefasste Haupt- und Realschule überall anders. Das ist nicht sehr schlau, aber das sind doch nur Namen. Man kann schnell erfahren, in Berlin heißt das nun Sekundarschule (ISS). Das soll das Problem sein, das zu lösen ist und die Bildungsmisere beseitigt? Geht ganz schnell. Siehe Hinweis eben! Erledigt.
In Berlin dauert m.W. die Grundschule bis zur 6. Klasse, danach entscheiden die Eltern, ob ihre Kinder ein Gymnasium oder eine integrierte Sekundarschule besuchen sollen. Wenn man IQB als Maßstab nimmt, sind in Berlin nicht nur die Durchschnittsleistungen deutlich geringer als in Bundesländern mit dreigliedrigem Schulsystem und strikter Trennung nach Notenbild zum Ende der 4. Klasse; auch die Disparitäten zwischend den sozialen Schichten und Kindern mit und ohne Migrationshintergrund sind in Berlin größer.
Letzteres könnte daran liegen, dass ein guter Teil der leistungsfähigsten (und leistungswilligsten) Kinder auf die Gymnasien ab Klasse 5 wechseln.
Das sind in Berlin nur ganz wenige. 90 Prozent wechseln in Berlin nach der 6. Klasse.
Das halte ich für ziemlich unwahrscheinlich. Meines Wissens ist nur ein sehr kleiner Anteil von ca 6%. Und in den anderen Bundesländern werden ja alle Kinder nach der 4. Klasse aufgeteilt.
Brandenburg: bis auf ganz wenige Ausnahmen (falls es die sogenannten Schnellläuferklassen überhaupt noch gibt) alle nach der sechsten Klasse – Oberschule (bis Kl. 10), Gymnasium (Abi in 12 Jahren) oder eine der wenigen übriggebliebenen Gesamtschulen mit GOSt (Abi in 13 Jahren). Nach der vierten Klasse dürfte die absolute Ausnahme sein.
Mit Brandenburg haben Sie schon recht. Da habe ich wohl nicht eindeutig formuliert. Ich meinte eigentlich nur die Vergleichsgruppe der BL mit der strengen Trennung nach der 4. Klasse. Gibt ja auch BL wo die Eltern nach der 4. Klasse entscheiden, welche Schule ihre Kinder besuchen sollen. In Brandenburg lagen die Punktzahlen bei IQB 2022 übrigens niedriger als der Bundesdurchschnitt und auch sehr deutlich unter den Bundesländern mit strikter Aufteilung nach der 4. Klasse. Interessant ist in BB aber, dass die Quote von SuS ohne Schulabschluss bei Kindern ohne Migrationshintergrund höher ist als bei Kindern mit Migrationshintergrund. Das ist in den westlichen BL und z.B. auch im Nachbarbundesland MVP völlig umgekehrt.
Begabtenklassen in Brandenburg (Gym ab Klasse 5) gibt es in Brandenburg noch, Abi Klasse 12.
Gymnasium in Brandenburg regulär Klasse 7-12.
Und wie steht Brandenburg bei den Ländervergleichstests da?
Damit wir uns nicht missverstehen: mit meinem Kommentar wollte ich nicht behaupten, dass Brandenburgs System als nachahmenswert gilt. Bei Platz 14 im letzten IQB- Test garantiert keine gute Idee und die bestehenden Mängel bekommen wir oft genug im eigenen Berufsleben bzw. im direkten beruflichen Umfeld mit. Ich hatte nur den Ursprungspost missverstanden (bzgl. des Wechsels nach Klasse 4) und wollte darauf aufmerksam machen, dass die Trennung ab Klasse 5 eben nicht überall stattfindet (danke an Ed840 für die Rückmeldung). Dass das Gymnasium die Klassen 7 bis 10 umfasst, war mir bewusst, das hatte ich eigentlich auch so ausgedrückt (vielleicht etwas blöd formuliert). Bei uns auf dem flachen Land stellt es eine Art „Grundversorger“ dar, weil die Oberschulen als einzige Alternative oft unterbesetzt sind. Ich war mir eben nur nicht mehr sicher, inwiefern es die Leistungs- und Begabtenklassen noch gibt. Gesamtschulen mit dreizehnjährigem Abi gibt es in unserem Kreis gerade zwei, eine am anderen Ende des Landkreises und die andere im Privatschulbereich.
Ich glaube, Herr Wegner sollte erst mal seine Aufgaben in Berlin erledigen und für bessere Bedingungen und bessere Ergebnisse dort sorgen, bevor er daran denken kann, sich sich mit ganz Deutschland befassen zu wollen. Wenn schon Angleichung, dann aber auf dem Niveau Bayerns, nicht Berlins!
Fangen wir doch mal damit an, Grundlegendes zu vereinbaren, das in jedem System umgesetzt sein sollte:
Wenn der Bund befähigt wäre, das Schulsystem vorzugeben, ist es mit dem Förderalismus dahin. Stattdessen hätten sich die Länder über die KMK längst auf Eckdaten oder Ausstattung einigen können.
Statt irgendwelcher Punkte-Pläne oder die Beauftragung einer Kommission hätte die KMK längst ein Statement abgegeben können oder sich miteinander auf verbindliche Absprachen einigen können:
Aber es ist ja einfacher, auf den Bund zu zeigen, statt die eigenen Aufgaben zu durchforsten und sich um die Umsetzung zu bemühen.
Dann aber bitte auch bundesweit gleiches Gehalt für gleiche Arbeit!!!
Zulagen kann es ja trotzdem geben.
Bedeutet dann mehr Arbeit für weniger Geld.
Wieso? Das ist nicht einleuchtend.
Doch, weil sich die Länder auf das für sie kostengünstigste Modell einigen werden.
Zuständigkeit beim Bund – ja welche denn?
Ausschließliche Zuständigkeit wie bei der Außen- und Verteidigungspolitik? – Wohl kaum.
Bleibt also noch die konkurrierende Gesetzgebung, was die Beteiliguung der Bundesländer über den Bundesrat bedeutet. Vergeleichbar ist das dann mit der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Wenn ich mir letztere einmal genauer ansehe, muss ich feststellen, dass Betriebsprüfungen stark von der jeweiligen OFD – Achtung: Landesbehörde – abhängt. Die Auftragsverwaltung der Länder für den Bund wird nämlich auch bei der Übertragung der Zuständigkeit im Bildungswesen nicht abgeschafft! – Folglich reine Symbolpolitik.
Meinen Sie wirklich „Förderalismus“? Das ultimative Fördern im Föderalismus?
Die 108 Stunden in den Klassen 1-4 kann Berlin gar nicht leisten, man hat die Lehrer nicht. So meinte Wegner das wohl auch nicht. Bei den 108 Stunden in HH sind mindestens 4 (evtl. 8) Stunden Religion dabei, in Berlin gibt’s das so nicht. Bei solchen Nebensächlichkeiten fängt’s schon an …
Ich finde es gar nicht nebensächlich, ob ein BL 92 oder 108 Stunden in der Tafel der Grundschulen hat. 16 Stunden Unterschied auf 4 Jahre ist beachtlich.
Und das richtet sich sicher auch in anderen Ländern nicht nach der Verfügbarkeit der Lehrkräfte, dann müsste die Zahl ja ständig schwanken.
Aber es wird Vergleichbarkeit gefordert, es werden Konzepte übernommen, zum Beispiel gerade „Lesen macht stark“ (gerne mit verschiedenen Namen). Habe ich einige Stunden mehr Unterrichtszeit, habe ich auch mehr Zeit, Inhalte zu vermitteln und, wie im Beispiel, Lesezeiten zum Üben einzusetzen. Nehme ich die Lesezeiten von der geringeren Stundentafel, kürze ich noch mehr als ohnehin schon.
Verbindliche Absprachen zur Umsetzung kann man in der KMK treffen, dabei kann man auf Religion/Ethik speziell eingehen, umsetzen kann es jedes Land selbst. Da darf sich Herr Wegner dann an die eigene Nase fassen, nur zu, wenn er etwas ändern möchte, kann er es in seinem Bundesland tun, dafür braucht er den Bund nicht.
Weil Sie es nachfragen mussten: Ja, ich meinte Föderalismus.
Völlig richtig!! Schule und Bildung muss in Bundeshand und darf nicht von den Ländern organisiert werden. Ein einheitlicher Lernplan. Und zwar bitte den anspruchsvollsten Lehrplan aus allen Ländern. Wir Lehrer können uns auf alles einstellen und wir möchten gerne wieder mehr Fordern und weniger Fördern. Wenn wir das Niveau hochschrauben werden alle Schüler auch wieder Lernen. Wer nicht Lernt muss sitzenbleiben und die Klasse wiederholen. Ende der Schulpflicht nach 10 Jahren. Pflicht zum Besuch einer Berufsschule während der Ausbildung. Wer keine Ausbildung hat KANN auf eine FOS gehen. Aber er muss nicht.
Wer entscheidet, was der anspruchsvollste Lehrplan ist? Irgendeiner…? Fachwissen oder Kompetenzen, Kreativität oder Auswendiglernen, was ist da entscheidend?
Weniger Fördern ist eine ganz tolle Idee, höhere Ansprüche bedeuten leider im Allgemeinen mehr Förderbedarf, Fordern und Fördermöglichkeiten bedingen sich gegenseitig. Wirkt auch meist besser als Sortierung in Performer und Versager. Klasse wiederholen wirkt nur in Einzelfällen, die meisten Untersuchungen sehen das eher kritisch. Die meisten Kollegen auch, die jeweiligen Schüler fallen beim zweiten Durchgang selten durch großen Ehrgeiz auf. Das Niveau kann man hochschrauben, dadurch ändert sich die Sozialisation der SuS nicht, viel Ablenkung, minimale Aufmerksamkeitsspannen, sehr optimistisch, auf extrinsische Motivation durch mehr Lerndruck zu setzen.
Welche Schulpflicht ist gemeint? Vollzeit sind für die meisten sowieso 10 Jahre, Berufsschulpflicht gibt es auch, also was soll das? Noch einmal sortieren in ‚ihr wollt ja nicht‘ und die ‚Fleißigen‘? Kommt als nächste Idee Bürgergeld kürzen für alle, die keinen Abschluss haben? „Ihr habt euch das ja selbst so ausgesucht!“?
Etwas mehr von der neumodischen Resilienz wäre wohl gut, der Job besteht nun einmal aus viel Frustration und ab und zu positiven Überraschungen. Die gute alte Zeit kommt mit diesen Ansätzen nicht zurück.
Ich sehe es auch so, dass sich Fordern und Fördern bedingen, dass Fördermöglichkeiten gegeben sein müssen.
Vor allem braucht es immer Lehrkräfte, die sich um diejenigen kümmern, die es von Beginn an oder durchgehend schwer haben. Es reicht nicht aus, den schwachen Schüler:innen zu sagen: „Du kannst es nicht!“ und die Tür zu zeigen. Und nein, sie werden nicht lernfähiger dadurch, wenn sie schon vor der Einschulung verloren haben.
„Etwas mehr von der neumodischen Resilienz wäre wohl gut, der Job besteht nun einmal aus viel Frustration und ab und zu positiven Überraschungen.“
An der Stelle bin ich der Meinung, dass die Fördermöglichkeiten ausgebaut werden müssen und die Schulen, die sich um die Schüler:innen mit besonderen Bedürfnissen kümmern, bestmöglich ausgestattet sein müssen und die besondere Leistung der Lehrkräfte weitaus besser anerkannt und unterstützt werden muss. Das ist aber unabhängig von einer Schulstrukturdebatte oder vom Umbenennen einer SekI-Schulform.
Die fehlenden besseren Fördermöglichkeiten und Lehrkräfte wollte ich nicht schon wieder erwähnen. Zur Zeit erlebe ich das Gegenteil, im Namen der positiven Effekte von Heterogenität werden alle Spezialangebote zusammengestrichen. Früher war der Grund das Geld, jetzt sind es die fehlenden Fachkräfte, insofern ist ‚Resilienz‘ wohl eher die Stufe vor ‚Resignation‘, kein ernsthafter Lösungsansatz.
Stimmen wirklich so viele Lehrkräfte (?) dem Beitrag von@einer zu? ‚Endlich mal richtig durchgreifen‘? Das frustriert mich mehr als leistungsverweigernde Schüler.
„Stimmen wirklich so viele Lehrkräfte (?) dem Beitrag von@einer zu?“
Sicherlich nur konservative Gymnasiallehrkräfte.
Wer mit anderen Schulformen und somit auch mit den unterschiedlichsten jungen Menschen vertraut ist, weiß, dass die Kids nicht mit Absicht so sind, wie sie sind.
Sie wurden aber so, wie sie sind, bereits eingeschult. Das ist das Problem.
Ja…, und? Verstehe ich nicht. Und weshalb sollte man dann nicht versuchen, sie zu fördern?
Btw: Förderung bedeutet nicht nur „den Stoff vermitteln“, sondern auch Strategien zu vermitteln, wie man mit der eigenen Situation umgehen kann, ggf. Hilfe durch Dritte vermitteln usw.
Mich stört an meiner Arbeit an einer GemS, dass ich viel zu wenig Zeit und Möglichkeiten habe, mit den schwierigen Kids ausgiebig zu sprechen und zu arbeiten, da ich mich nicht zehnteilen kann.
Außerdem haben wir für die vielen besonderen Kids viel zu wenige Förderschullehrkräfte und Schulpädagog*innen.
Sie gehen viel zu sehr davon aus, dass die förderbedürftigen Kinder wirklich gefördert werden wollen, insbesondere trotz Lernen ohne Ende keine signifikanten Fortschritte erfahren. Das trifft nach meiner Erfahrung trotz Tätigkeit an überwiegend bildungsnahen Schulen nur in den seltensten Fällen zu.
@unfassbar
Gehen Sie etwa davon aus, dass förderbedürftige Schüler nicht gefördert werden wollen? Ich hoffe, ich habe das falsch verstanden, denn ansonsten könnten wir nicht nur Sonderschulen schließen, sondern auch gleich die ganze Inklusion sein lassen. Vielleicht ist das Problem dieser Schüler (v.a. mit kognitiven Problemen) gerade die Inklusion? Sie können in diesen Klassen kaum Erfolge erzielen (sie sind immer die mit den „leichten“ Aufgaben) und verlieren deshalb den Lernwillen, während sie in Sonderklassen (unter „ihresgleichen“) auch mal zu den „guten“ Schülern gehören können.
Ich fürchte, die Schließung der Förderschulen ist genau das Problem. „Mein“ Lernen-Kind kann auch im 3. Schuljahr noch nicht bis 10 rechnen oder gar Silben oder Wörter lesen. Es hat aber auch keinen Ehrgeiz, irgendwelche Fortschritte erzielen zu willen, und ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, mich zu kümmern, da gibt es noch x andere Kinder, die meine Hilfe brauchen.
Sie vermischen die Inklusionsschüler mit der sehr großen Gruppe lernfauler Kinder, die nur deshalb pädagogisch, nicht rechtlich als förderbedürftig gelten.
Ja, diese doofen Kinder! Warum sollte man sie unterstützen? Selbst schuld!
Ich hoffe, Sie sind nicht Lehrkraft mit Ihrer Sicht auf Heranwachsende.
Als Sonderschullehrer (Lernen, Sprache) meinte ich schon die Inklusionsschüler, allerdings sind die Grenzen fließend. Manches „lernfaule“ Kind benötigt eben auch mehr Förderung als derzeit in „normalen“ Klassen möglich und entwickelt keinen „Lerneifer“, weil es mit einfacheren Aufgaben „ruhiggestellt“, statt unterstützt wird. Das ist für Lehrer und Schüler oft der bequemere Weg. (Allerdings soll das kein Vorwurf an die Lehrer sein, denn es ist oft schlicht nicht möglich, unter den jetzigen Bedingungen, sich intensiv um diese Kinder zu kümmern, genau so wenig, wie um die begabteren.)
Meine Erfahrung an Schulen mit sehr unterschiedlicher Schüler:innenschaft ist eine andere. Die meisten Kinder lernen und freuen sich über ihre Erfolge.
Es gibt auch etliche Kinder, die in den Jahren vor der Einschulung zu wenig Anregung und Aufmerksamkeit erhalten haben, die Anstrengung selten selbst erlebt haben, die erst an Aufgaben und an das Lernen herangeführt werden müssen. Das ist mühsam, ja, kann sich aber lohnen.
Es gibt wieder andere Kinder, die wirklich nur sehr schwer dazulernen, weil sie in einer oder mehreren Formen beeinträchtigt sind. Auch für diese ist Lernen mühsam und es ist frustrierend, wenn man als Bezugsform Unerreichbares wählt. Sinnvoller ist es, jeden einzelnen Schritt wahrzunehmen und das Vorankommen zu loben und das Bemühen darum zu verstärken.
Dann ist es der Blickwinkel, der den Fortschritt wertvoll erscheinen lässt. Lieber ist mir, das Kind lernt im 3. oder 4. Jahr das Lesen oder Rechnen als solches und in Grundzügen, als ein Kind nach 1 Jahr aufzugeben und zu meinen, es sei nicht lernfähig … womöglich noch mit dem Hinweis, man hätte die Anforderungen nur hoch genug stellen müssen, dann wäre es besser gelungen.
Und wäre das nicht wieder ein Anlass darüber nachzudenken, ob man die Kinder, die als letzte oben erwähnt werden, nicht lieber in eine für sie spezialisierte Schule schickt, in der sie in Kleingruppen mit den passenden Materialien und den dafür ausgebildeten Lehrkräften bestmöglich gefördert werden, anstatt sie per gutgemeinter, aber nicht funktionierender Inklusion in viel größere Klassen oder Schulen zu stecken, deren Ziel sie voraussichtlich nie erreichen können? An Schuen, in denen die Zeit, sich speziell um sie zu kümmern, einfach nicht da ist und wohl bei vollen GS-Klassen mit 25 Schülern auch nicht so schnell da sein wird? Natürlich kann man auf den Boden stampfen wie ein Trotzkind :“Ich will aber…“, nur nützt es nichts, sich die Realitäten schönzureden.
Ich habe eine Freundin, die, wie sie selbst formuliert hat, „mit ganzem Herzen und mit Freude und Überzeugung“ Förderschullehrerin war, bis zu ihrer Pensionierung. Jetzt hilft sie (freiwillig!) an ihrer ehemaligen Förderschule (Lernen, geistige Entwicklung) zeitweise aus, sie betreut einzelne Kinder, die nach der von den Eltern gewünschten „Inklusion“ an Grundschulen diese nach 4-5 Jahren verlassen haben, weil eine Einschulung an einer weiterführenden Schule beim besten Willen nicht möglich war. Diese Kinder können nach mehreren Jahren „inklusivem Unterricht“ an der GS weder lesen noch schreiben, und sie versucht, ihnen in stundenweiser Einzelbetreuung wenigstens die Grundlagen des Lesens (Zitat: „Vom Schreiben wollen wir erst gar nicht reden…“) nahezubringen – um ihnen möglichst die Basisfähigkeiten zu geben, in der Förderschule so weiterzukommen, dass sie eine Berufsreife erlangen. Es ist völlig unverantwortlich, im Namen einer ideologisch basierten Inklusionskampagne Eltern einzureden, dass inklusive Beschulung für alle Kinder das Beste sei, und die Förderschulen so abzubauen, dass Eltern fast keine Wahl mehr bleibt, denn die Kinder, die diese Beschulung brauchen, müssen es büßen, leider.
Sie vergleichen eine gut ausgestattete und ehrenamtlich unterstützte Situation an der Förderschule mit einer schlecht/nicht ausgestatteten Inklusion ohne Ehrenamtliche in der Regelschule.
Wäre es nicht schön, wenn die Inklusion so gut ausgestattet wäre, dass Einzel- oder Kleingruppenbetreuung auch mal in der GS möglich wäre, um den Kindern mit Beeinträchtigungen besser helfen zu können?
Warum gilt an der FöS ein besonderer Betreuungsschüssel, der in der Inklusion nicht im Ansatz realisiert wird? Warum hilft Ihre Bekannte zusätzlich in der FöS GE, wo der Schlüssel schon besonders günstig ist?
Eine Inklusion ohne Ausstattung ist nicht umsetzbar, das immer weiter gespart und zusammengestrichen wird in der Versorgung der Inklusion, ist ein Armutszeugnis,
eine FöS ohne Lehrkräfte kann aber auch nicht arbeiten, den Lehrkräftemangel an den FöS gab es hier schon Jahre vor der Umsetzung der Inklusion, große Klassen in der FöS und Lehrkräfte ohne FöS-Ausbildung.
Als Richtwert für einen anspruchsvollen Lehrplan schlage ich das Niveau von Bayern kurz vor der Wende vor, ersatzweise auch die fachlichen Anteile des DDR-Lehrplans von kurz vor der Wende.
Sie sprechen nicht ohne Grund die Sozialisation der Schüler an. Diese muss sich in Richtung Leistungsorientierung ändern, was erstens Aufgabe der Politik ist (Ansehen der Institution Schule) und zweitens Aufgabe der Eltern ist (Erziehung). Lehrer können daran nicht viel ändern.
Lehrer haben aber immer noch die Aufgabe, allen SuS so gut zu helfen, wie es möglich ist (und Hilfe bedeutet nicht neuer Lehrplan). Ziel sind wohl funktionierende Schüler und problemlose Klassen, die wie durch ein Wunder aus dysfunktionalen Familien kommen. Was ist mit den 10% (in vielen Schulen weit mehr), deren Eltern kein Interesse an Leistung und Schulergebnissen haben? Stecken wir die alle in die nicht vorhandenen Jugendhilfeeinrichtungen? Wir können die Eltern nicht ändern, nur die Kinder so wie sie ankommen unterstützen. Dazu reichen jetzt schon die Mittel nicht, offensichtlich sollen die Anforderungen verschärft werden, das führt zu noch mehr Bedarf. Oder eben Selektion. Es gibt genug Untersuchungen, wie sich ein bildungsbürgerliches Elternhaus auswirkt, diese Kinder müssten auch mit dem vorgesehenen Leistungsdruck nicht allein zurecht kommen. Die Besten (und die mit dem größten Startvorteil) setzen sich schon durch? Schlaue Vorschläge für ‚den Rest‘? Der wie groß sein wird? 20,30,40%? Ausschussware?
Die Politik lebt auch nicht gerade Leistungsorientierung vor, so ein offizielles Ziel wäre für alle erkennbar nur hohles Gerede (vgl. heutige Meldung zur gescheiterten Maut und Scheuers Andi).
Je nach beruflichem Werdegang einiger Politiker in hohen Ämtern wäre Leistungsorientierung für diese kontraproduktiv…
Das kann nicht ernst gemeint sein, oder?
Was wollen Sie denn mit den wirklich Schwachen machen?
Ich war ja schon ein bisschen beeindruckt von dem Mut des reg. BM von BERLIN (!), sich für den Wettbewerb unter den Ländern auszusprechen.
Aber das ist ja gar nichts gegen einen Lehrer, der sich für die bundesweite Einführung des anspruchsvollsten Lehrplans ausspricht und selbst jedoch Verben mitten im Satz groß schreibt, Pluralbildungen nicht wuppt und dem anscheinend Haupt-/Nebensatzkonstruktionen unbekannt sind.
M.E. gibt es zwei mögliche Erklärungen für Inhalt und Form Ihres Posts:
1. Ironie
2. Sie trollen.
Bitte kennzeichnen bzw. unterlassen.
Sind Sie schon Lehrer oder noch in der Ausbildung?
Ich denke, man hatte mal in allen Bundesländern anspruchsvolle Lehrpläne und hat dann festgestellt, dass die in den Köpfen der SuS nicht ankommen. Also hat man fleißig entrümpelt und außerdem alles auf Kompetenzen statt fachliches Wissen umgestellt. Allerdings sieht es jetzt so aus, als kämen die Kompetenzen auch nicht so richtig an. Gleichzeitig wurden alle Hürden abgesenkt, die man absenken konnte, insbesondere für den Übergang in „höhere“ Schulen, in die Oberstufe usw. Dies jetzt rückgängig machen zu wollen, wird „böses Blut“ zur Folge haben.
Kai Wegner: „Wichtig sei, hier frühzeitig in den Kindergärten zu beginnen … Staaten weit vorne, die sehr viel in frühkindliche Bildung investierten.“
Dazu passt folgendes aus „Berliner Zeitung“ vom 29.Dezember 2023, aus einem Artikel über die Entstehung der „Kinderläden“:
„Rund 30.000 Kinder gehen in Berlin in Kinderläden, … . Pro kind seien dabei drei quadratmeter Fläche vorgeschrieben. Das klingt sehr wenig, gelte aber auch für die n Kindergärten. Wenn der Kinderladen keinen eigenen Garten hat, sind vier Quadratmeter Fläche pro Kind vorgeschrieben.“
Es wäre interessant zu wissen, ob die Raum/Flächengröße dabei mit oder ohne Möbel zählt.
Bei Legehennen sind übrigens mindestens 2,5 Quadratmeter für eine artgerechte Haltung vorgeschrieben und ich glaube,Hennen sind wesentlich kleiner als Kita-Kinder!
Jetzt weiß ich auch, warum der Begriff „KinderGARTEN“ heute so verpönt ist. Alle Kindergärten aus DDR-Zeiten, die ich kennenlernen konnte, hatten große Außenflächen und auch ausreichend Raum!
Korrektur :“…gilt auch für die bezirklichen Kindergärten …“