Mathe-Abitur muss nicht neu geschrieben werden: Lösungen erst nach der Prüfung verschickt

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STUTTGART. Wahrscheinlichkeitsrechnung, Integrale, Vektoren im Koordinatensystem – niedergeschlagen kommt ein Lehrersohn nach dem Mathe-Abi nach Hause. Am Schreibtisch seines Vaters findet er die Lösungen und verschickt sie übers Internet. Jetzt bereut er. Aufatmen dagegen bei Abiturienten landesweit: Die Prüfung muss offenbar nicht wiederholt werden.

Die baden-württembergischen  Abiturienten können aufatmen – die Prüfung wird wohl nicht wiederholt. Foto: Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de
Die baden-württembergischen Abiturienten können aufatmen – die Prüfung wird wohl nicht wiederholt. Foto: Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de

Wohl aus Frust und Versagensangst hat ein Lehrersohn aus Schwäbisch Hall die Mathe-Abitur-Lösungen kurz nach der Prüfung verbreitet. «Es tut ihm furchtbar leid», sagte ein Sprecher des Kultusministeriums am Dienstag in Stuttgart. Den Schaden der Aktion hätten vor allem verunsicherte Schüler gehabt – Gerüchten zufolge habe das Mathe-Abi kurz vor der Wiederholung gestanden. Nach bisherigen Erkenntnissen waren die Lösungen aber nicht öffentlich im Internet einsehbar, sagte der Sprecher.

Der Vater des Schülers ist Lehrer an einer anderen Schule in Schwäbisch Hall. Auf seinem Schreibtisch habe der Abiturient die Korrekturhinweise am vergangenen Donnerstag entdeckt und fotografiert – laut Sprecher eine Kurzschlussreaktion nach einer «subjektiv schlechten» Prüfung. Über einen Kurznachrichtendienst habe er die Fotos dann an Mitglieder seines Mathe-Kurses verschickt, die wiederum hätten sie vermutlich weiterverbreitet. Schon am Wochenende seien sie in anderen Teilen Baden-Württembergs per Nachricht aufgetaucht. Unwahrscheinlich sei aber, dass die Lösungen auch für Außenstehende öffentlich waren – etwa im sozialen Netzwerk Facebook.

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Am Montag hatten Beamte des Regierungspräsidiums Stuttgart den Schüler befragt. Die Prüfung seines Smartphones und das eines Mitschülers habe ergeben, dass die Lösungen tatsächlich erst nach der Prüfung umgingen. Der Lehrer müsse nicht mit «dramatischen Konsequenzen» rechnen, sagte der Sprecher. Auch der Schüler sei wohl schon gestraft genug, über Maßnahmen habe aber seine Schule zu entscheiden.

Nach Einschätzung des Ministeriums hätten Schüler aber mit den «amtlichen Korrekturhinweisen» selbst vor der Prüfung kaum etwas anfangen können. Sie zeigten vor allem Ergebnisse und Lösungswege – auch zu allen Wahlteilen der Prüfung. «Schüler müssten das alles auswendig lernen», sagte der Sprecher. Die versiegelten Umschläge mit Prüfungen und Lösungen werden erst kurz vor der Prüfung geöffnet. Öffentlich werden sie aber schon – nach dem Abitur. Dann werden sie etwa Verlagen zum Abdruck als Lernhilfe angeboten. dpa

Zum Bericht: Mathe-Abi-Lösungen im Netz – Lehrersohn hat sie fotografiert und eingestellt

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Reinhard
9 Jahre zuvor

Händi raus, fotografieren, ins Netz stellen, diesen Reflex sehe ich bei meinen Schülern auch. Das geht automatisch und kommt lange vor dem eigenen Lesen. Zuweilen wünschte ich mir, es würde in der Gesellschaft als problematische Verhaltensweise eingestuft und mit einem Aktionsprogramm beantwortet.