Studie: Jeder siebte Schüler hat eine Lernstörung

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BERLIN. Bei 13,3 Prozent der Kinder liegt eine Lernstörung vor – das ist ein Drittel mehr als bislang angenommen. Dies hat eine Studie eines Forschungsverbundes mehrerer Universitäten mit bundesweit über 2000 teilnehmenden Grundschülern ergeben.

Jedes vierte Kind in Deutschland hat eine Lernschwäche. Foto: Greg Westfall / Flickr (CC BY 2.0)
Jedes vierte Kind in Deutschland hat eine Lernschwäche. Foto: Greg Westfall / Flickr (CC BY 2.0)

Nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation liegt eine Lernstörung vor, wenn ein Kind eine schlechtere Leistungen als die Norm in mindestens einer der schulischen Grundkompetenzen Lesen, Rechtschreiben und Rechnen zeigt, obwohl seine Intelligenz weit bessere Leistungen erwarten lassen würde. Bisherige Studien gingen davon aus, dass nur knapp zehn Prozent aller Kinder eine Lernstörung aufweisen. Tatsächlich sind es in Deutschland wohl 13,3 Prozent. Dazu kommen noch einmal die Fälle von Kindern, die bedeutend schlechtere Leistungen als der Durchschnitt erbringen, ohne dass allerdings eine deutliche Diskrepanz zwischen Intelligenz und Leistung bestünde. Das sind zehn Prozent der Kinder in Deutschland, so dass bei insgesamt 23,3 Prozent der Kinder eine Lernschwäche in einer oder mehrerer der Grundkompetenzen besteht.

„Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, das empirische Wissen zu Lernstörungen zu vertiefen“, erläutert Professor Dr. Marcus Hasselhorn, Direktor des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) und einer der Projektverantwortlichen. Die neue Studie wurde im Rahmen des langfristig angelegten Forschungsprojekts RABE durchgeführt und beruht auf aktuellen Methoden der Intelligenz- und Schulleistungsmessung. RABE untersucht die Relevanz des Arbeitsgedächtnisses für das Auftreten von Lernstörungen.

Eine große Rolle spielt das Arbeitsgedächtnis

Bei den Kindern wurde zuerst die Intelligenz gemessen, dann mussten sie standardisierte Aufgaben beim Lesen, Schreiben und Rechnen erfüllen. Schlechte Ergebnisse seien nicht allein auf mangelnde Intelligenz zurückzuführen. Eine größere Rolle für das Lernen in der Schule spiele das Arbeitsgedächtnis. Diesen Teil des Gedächtnisses benutzen Menschen, um zum Beispiel den Inhalt eines Satzes zu verstehen. Können Kinder schlecht lesen oder schreiben, scheint vor allem die Kapazität ihres Arbeitsgedächtnisses eingeschränkt zu sein. „Diese Kinder bräuchten mehr Wiederholungen der gleichen Informationen“, sagt Hasselhorn

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Wortschatz als Indikator

Meist ließen sich Lernschwächen frühzeitig erkennen. „Ein guter Indikator ist: Wie groß ist der Wortschatz des Kindes? Wie gut ist die Grammatik im Vergleich zu anderen seines Alters?“, erklärt der Wissenschaft.  Habe das Kind Defizite, könnten Eltern beispielsweise bei der Auswahl des Kindergartens darauf achten, dass Lesen und Sprechen besonders gefördert werden. Manche Einrichtungen bieten dazu spezielle Programme an und üben mit Kindern das freie Sprechen im Stuhlkreis oder führen ein gemeinsames Tagebuch mit Geschichten.

RABE ist ein Verbundprojekt des DIPF, der Goethe-Universität Frankfurt, der Stiftung Universität Hildesheim und der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Das Vorhaben ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsschwerpunktes „Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten“. Bibo / Mit Material von dpa

(18.10.2012)

Zum Bericht: „Stress nach der Geburt kann Lernschwäche auslösen“

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