Thema Inklusion: Münch (SPD) stiehlt Ahnen (SPD) die Schau

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MAINZ / POTSDAM. Ausgerechnet an dem Tag, an dem die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) ihr Konzept für den schrittweisen Ausbau der Inklusion vorstellen wollte, preschte Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD) vor: Ihr Land sei Vorreiter beim gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Schülern, erklärte sie.

Beim Thema Inklusion in Konkurrenz: Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD, links) und ihre rheinland-pfälzische Amtskollegin Doris Ahnen (SPD). Fotos: Staatskanzlei Brandenburg, Marc Bleicher / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Beim Thema Inklusion in Konkurrenz: Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD, links) und ihre rheinland-pfälzische Amtskollegin Doris Ahnen (SPD). Fotos: Staatskanzlei Brandenburg, Marc Bleicher / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Im Schuljahr 2010/11 wurden Münch zufolge in Brandenburg bereits 38,8 Prozent der Förderschüler in regulären Schulen unterrichtet. Seit dem Start der Inklusion vor knapp zwei Jahren sei Brandenburg mit einem neuen Lehrerbildungsgesetz und dem Modellprojekt «Inklusive Grundschule» schon sehr weit vorangekommen. «Das hätte ich gar nicht so zu hoffen gewagt», sagte die Ministerin. Die anfängliche Skepsis sei einem konstruktiven Miteinander gewichen, «aber nicht nach dem Motto, dass alles gut ist, sondern das die Mehrheit sagt, dass sie Inklusion von der Idee her befürworten».

Die Gewerkschaft Erziehung und Bildung (GEW) mag diese optimistische Sicht allerdings nicht teilen. «Es besteht eine schwierige Gefechtslage», erklärte Brandenburgs GEW-Chef Günther Fuchs. Quantitativ mögen die 38,8 Prozent vielleicht stimmen. «Sie sagen aber nichts über die Qualität aus.» Fuchs verweist auf 117 versprochene neue Lehrkräfte. «Kaum einer ist wirklich neu eingestellt worden. Viele Stellen sind einfach andernorts abgezogen worden», beklagte sich der Gewerkschafter. «Wir haben einen Modellversuch, der ehrgeizige Ambitionen beschreibt, die materiell aber gar nicht untersetzt werden», konstatierte Fuchs.

Rheinland-Pfalz: 40-Prozent-Quote bis 2016

Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Ahnen (SPD) rechnet damit, dass bis 2016 rund 40 Prozent der behinderten Erst- bis Zehntklässler in Rheinland-Pfalz auf herkömmliche Schulen gehen. Etwa jedes vierte Kind mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf werde derzeit gemeinsam mit nicht-behinderten Klassenkameraden unterrichtet, sagte sie. Außerdem sollen Eltern vom Schuljahr 2014/2015 an einen rechtlichen Anspruch haben, ihr beeinträchtigtes Kind auf eine Regelschule zu schicken. Die Ministerin geht davon aus, dass dafür rund 200 zusätzliche Lehrerstellen nötig sind. Dazu kämen voraussichtlich weitere Fachkräfte von den Förderschulen, wenn dort der Bedarf wegen schrumpfender Schülerzahlen sinkt.

Die CDU-Landtagsfraktion warnte vor einem uneingeschränkten Wahlrecht. «Nur die Frage nach dem gemeinsamen Unterricht allein kann nicht reichen. Auch die Qualität muss stimmen», sagte die bildungspolitische Sprecherin Bettina Dickes. Daher sollten Schulplätze erst vergeben werden, wenn die ausreichende Betreuung gesichert ist. Ein gewisses Netz an Förderschulen müsse dauerhaft erhalten und für Kinder erreichbar bleiben. «Nur dann haben Eltern eine echte Wahlfreiheit», sagte Dickes.

Nach Einschätzung des Verband Bildung und Erziehung (VBE) reichen jedoch die 200 zusätzlichen Lehrerstellen allein nicht aus. Der Landesverband deutscher Realschullehrer kritisierte, das Land habe bei seinem Konzept die Erfahrungen aus den bisherigen Schwerpunktschulen zu wenig beachtet. Nach wie vor fehle es unter anderem an Förderschullehrern, Fortbildung und guten Förderkonzepten. News4teachers / mit Material von dpa

(18.1.2013)

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