„Wissenschaftsprekariat“ – SPD erwartet Gesetzesreform noch in diesem Jahr

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BERLIN. Die Lage der wissenschaftlichen Hochschulangestellten unterhalb der Professorenebene muss sich verbessern. Darüber sind sich die Politiker der große Koalition in Berlin einig und haben eine entsprechende Gesetzesreform angekündigt. Darüber hinaus müssen für das Vorhaben aber auch zusätzliche Mittel freigemacht werden, fordert nun die SPD.

Angesichts unsicherer Karrierewege für Zehntausende deutsche Nachwuchswissenschaftler erhöht die SPD den Druck auf Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). Noch dieses Jahr müsse es eine in der großen Koalition verabredete Gesetzesreform geben, und dabei sei Wanka gefragt, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Hubertus Heil. «Wir erwarten von der Ministerin, dass sie dazu Eckpunkte in der ersten Jahreshälfte vorlegt, dass daraus ein Gesetzentwurf wird und dass wir den möglichst noch in diesem Jahr über die Bühne bringen.»

Dozent vor Tafel
Grundsätzlich sind sich die Berliner Großkoalitionäre einig: Die Lage des akademischen „Mittelbaus“ muss sich verbessern. (Foto: tyo / flickr CC BY 2.0)

Wanka hatte kürzlich angekündigt, auch sie wolle gegen schlechte Arbeitsbedingungen im sogenannten wissenschaftlichen Mittelbau vorgehen. Die Möglichkeit, Forschern und Dozenten immer wieder nur befristete Verträge zu geben, werde «teilweise ausgenutzt». Es sei «indiskutabel, dass mehr als die Hälfte der Wissenschaftler bei ihrem ersten Vertrag kürzer als ein Jahr beschäftigt wird». Nach Zahlen der Gewerkschaft GEW haben unterhalb der Professoren-Ebene 90 Prozent der Angestellten Zeitverträge – insgesamt bis zu 200 000 Beschäftigte von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen.

Heil wies auf die Dringlichkeit einer Reform des seit 2007 geltenden Wissenschaftszeitvertragsgesetzes hin: «Wir werden uns das sehr hohe Maß an befristeter Beschäftigung an unseren Hochschulen auf Dauer nicht leisten können. Aus sozialen Gründen, denn da geht es um Lebensperspektiven von Menschen. Aber langfristig stehen ja auch die Hochschulen in Konkurrenz zur Wirtschaft um gut ausgebildete Fachkräfte.» Zu Sorgen der Hochschulen um ihre personelle Flexibilität sagte der SPD-Forschungsexperte, es gehe «nicht darum, Befristung abzuschaffen – die braucht es immer wieder. Aber wir müssen verlässlichere Perspektiven schaffen.»

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Heil sieht die auch von der Union zugestandene Gesetzesreform aber nur als ersten Schritt. «Wir brauchen neben den drei klassischen Pakten in der Wissenschaftspolitik einen vierten Pakt Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs und Mittelbau. Man muss auch einen finanziellen Anschub geben.»

Die große Koalition habe drei Milliarden Euro für Forschung auf den Weg gebracht. «Davon ist ein Teil belegt durch den Pakt für Forschung und Innovation, aber da sind auch noch Mittel frei», sagte Heil. Noch in dieser Legislaturperiode könne ein Programm für acht bis zehn Jahre starten, unter anderem mit mehr Juniorprofessuren. «Wir brauchen eine zusätzliche Kraftanstrengung von Bund und Ländern», so Heil. «Wer gut ist, wer sich anstrengt, der muss auch an der Hochschule eine Perspektive haben voranzukommen.» (dpa)

zum Bericht: „Wissenschaftsprekariat“ – Gewerkschaft legt Gesetzentwurf gegen Zeitverträge vor

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