Landeselternbeirat kritisiert Sparpolitik und wirft Eisenmann Lügen und Statistikfälschung vor

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STUTTGART. Der Landeselternbeirat Baden-Württemberg fordert mehr Geld für die Bildung und greift die Landesregierung mit scharfen Worten an. Die wehrt sich und pocht auf Sachlichkeit. Der Umgangston wird rauer und in die Diskussion mischen sich weitere Stimmen ein.

Der Landeselternbeirat hat schwere Vorwürfe gegen die grün-schwarze Landesregierung erhoben. «Die Politiker sagen uns: Wir haben kein Geld für die Bildung. Das müssen wir jetzt als Lüge bezeichnen. Wir haben im Moment im Haushalt viel Geld», sagte Landeschef Carsten Rees. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) reagierte überrascht und empfahl, zu einer sachlichen Diskussion zurückzukehren. Der Vorwurf der Lüge sei im Detail unbelegt und nicht nachvollziehbar.

fast leeres Portmonee
Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann muss sparen. Muss sie gar nicht, behauptet der Landeselternbeirat. Foto: BirgitH / pixelio

Rees sagte, die Politik wolle kein Geld mehr ausgeben für die Zukunft der Kinder. In Baden-Württemberg sei der Pflichtunterricht nicht mehr sichergestellt. Die Politik kaschiere das, indem sie beispielsweise Statistiken schöne. «Wir haben große Probleme. Wir müssen endlich wieder ehrlich über die Probleme sprechen, und wir müssen endlich Geld in die Hand nehmen, um die abzustellen», sagte Rees. Eisenmann wies auch den Vorwurf, die Regierung fälsche Statistiken, zurück. Auch CDU-Bildungsexperte Karl-Wilhelm Röhm erklärte: «Diese Behauptungen entbehren jeder Grundlage.»

Unterstützung bekam Rees hingegen von der SPD-Landtagsfraktion. Deren Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei sagte: «Das grün-schwarze Streichkonzert ist ein Vergehen an der Zukunft der Schüler, das wir nicht stillschweigend hinnehmen können.» Eisenmann müsse von ihrem «unverantwortlichen Sparkurs» abgebracht werden. «Der Unterrichtsausfall an den Schulen wird sich nicht länger kleinreden lassen, denn wenn bald 1074 Stellen im System fehlen, ist das bittere Realität, die zu spüren sein wird.» FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte, die harte Wortwahl des Landeselternbeirates zeige, wie groß die Verzweiflung der Eltern wegen der Bildungspolitik sei.

Der Verband Bildung und Erziehung distanzierte sich von dem rauen Tonfall des Elternbeirats. Die Probleme ließen sich am besten in konstruktiven Gesprächen mit allen Beteiligten lösen, teilte er mit. «Gegenseitige Vorwürfe bringen uns nicht weiter.»

Rees meinte: «Wir sind seit 15 Jahren in Baden-Württemberg in bildungsvergleichenden Studien auf dem absteigenden Ast.» Er verwies auf Studien zum Vergleich von Schülerleistungen in den Bundesländern. Das «eiserne Sparen» der derzeitigen Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) werde dazu führen, dass der Südwesten weiter abrutsche. Bei der grün-roten Vorgängerregierung habe er zaghafte Ansätze gesehen, die Probleme anzupacken. «Die CDU gibt im Moment die Themen vor. Die Grünen lassen sich am Nasenring durch die Arena führen. Das ist geradezu peinlich, was da passiert», meinte Rees. Unter Grün-Rot habe der Elternbeirat das Gefühl gehabt, gehört zu werden. Unter Grün-Schwarz sei der Umgangston «wenig freundlich».

Rees warf dem Kultusministerium vor, den Unterrichtsausfall im Land nicht einmal beziffern zu können. Auch FDP-Fraktionschef Rülke forderte, den tatsächlichen Bedarf an Lehrern in den Schulen fundiert zu erheben. «Eine solche Bedarfserhebung wäre Voraussetzung dafür, jeder Schule so viel Personalmittel zur Verfügung zu stellen, wie sie zur Sicherstellung des Unterrichts braucht.» Eisenmann räumte ein, dass an einigen Schulstandorten Bewerber fehlten. Eine Stichprobenerhebung des Unterrichtsausfalls im November zeige aber, dass der Anteil der ausgefallenen Stunden in der Stichwoche über alle Schularten hinweg unter dem Vorjahreswert gelegen habe.

CDU-Bildungsexperte Röhm erklärte, der Markt sei bei Grundschullehrern und Sonderpädagogen geradezu leer gefegt. Daher nutzten die im Etat eingestellten Mittel für Krankheitsvertretungen nur sehr begrenzt zur kurzfristigen Unterrichtsversorgung. Grünen-Landeschefin Sandra Detzer sagte: «Wir werden im nächsten Jahr 737 zusätzliche Lehrerstellen schaffen für starke Grundschulen, eine gelungene Inklusion, den Ausbau der Ganztagsschulen und für mehr Informatik.» Inklusion ist die Einbeziehung von behinderten Kindern in den regulären Schulunterricht. (Bettina Grachtrup, dpa)

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