Immer mehr Jugendliche gehen bei der Lehrstellensuche leer aus

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BERLIN. Zum Start des Ausbildungsjahres 2018 klagen Unternehmen über Zehntausende fehlende Bewerber. Immer mehr junge Menschen suchen aber auch erfolglos einen Platz – trotz oft guter Startchancen.

Sind die Anforderungen an die Azubis zu hoch?                    Foto: Arbeitgeberverband Gesamtmetall / flickr / CC BY 2.0

Die Zahl der Lehrstellenbewerber ohne Ausbildungsvertrag hat sich seit Beginn des Jahrzehnts verdoppelt. Wurden 2010/11 in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) noch 11.344 unversorgte Bewerber ausgewiesen, stieg deren Zahl 2016/17 auf 23.712. Das geht aus einer Antwort der BA auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Im Vorjahr waren es 3.162 unversorgte Bewerber weniger.

Hinzu kommen noch 56.509 Bewerber, die im vergangenen Jahr etwa berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen oder Praktika als Alternative zur Ausbildung hatten, aber weiter nach einer Ausbildungsstelle suchten.

Unversorgte Bewerber haben laut Berufsbildungsbericht 2018 keineswegs nur vergleichsweise niedrige Schulabschlüsse: 2,9 Prozent von ihnen sind ohne Hauptschulabschluss, 27,4 Prozent haben die Hauptschule abgeschlossen, 33,4 Prozent die Realschule. Mit 30,5 Prozent ist unter ihnen der Anteil der jungen Leute mit Studienberechtigung etwas höher als bei allen Bewerbern insgesamt. Als mögliche Gründe nennen die Autoren die Fixierung Studienberechtigter auf wenige Berufe und die stärkere Konkurrenzsituation in diesen Berufen.

Die Zahl der gemeldeten Azubi-Bewerber hat sich trotz zwischenzeitlichen Aufs und Abs kaum verändert: Vor acht Jahren waren es 545.908, 2016/17 dann 547.828 Bewerber. Ein Berichtsjahr dauert in der BA-Statistik vom 1. Oktober bis zum 30. September des Folgejahrs.

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Eine Chance geben

Zugleich wird es laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) für Unternehmen immer schwieriger, offene Ausbildungsplätze zu besetzen. In mehr als jedem dritten Betrieb bleiben Ausbildungsplätze unbesetzt, fast jede zehnte Firma bekommt überhaupt keine Bewerbung mehr, wie der DIHK vergangene Woche mitteilte. Laut Umfrage erhielten 17.000 Unternehmen keine Bewerbungen auf offene Ausbildungsplätze – rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr.

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Sabine Zimmermann, sagte: «Es kann nicht sein, dass zunehmend Arbeitgeber über Fachkräftemangel und fehlende Azubis klagen, gleichzeitig aber so viele Jugendliche bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz leer ausgehen – und dies regelmäßig seit Jahren.» Mehr Arbeitgeber sollten Jugendlichen eine Chance geben. Zudem forderte Zimmermann einen Rechtsanspruch auf Ausbildung sowie eine Umlagefinanzierung, die alle Betriebe für die Ausbildung in die Pflicht nehmen.

Besorgt zeigte sich auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). «Die Unternehmen müssen dringend ihre Ausbildungsbereitschaft verbessern und auch Jugendlichen mit schlechteren Startchancen bessere Möglichkeiten bieten», sagte DGB-Vize Elke Hannack. Laut Berufsbildungsbericht stieg die Zahl der Ausbildungsverträge um 3.000 auf 523.300 im vergangenen Jahr. Die Zahl der Betriebe mit Azubis blieb auf ähnlichem Niveau – weniger als jeder fünfte Betrieb bildet aus. Der Anteil der Kleinbetriebe nahm zuletzt ab.

In einer Debatte über den Bericht im Bundestag hatte Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) angekündigt, Tausende Kleinbetriebe neu für das Angebot einer Ausbildung gewinnen zu wollen. Zudem sollten wieder mehr Jugendliche für die berufliche Bildung begeistert und die berufliche Bildung fit für eine moderne, digitalisierte Arbeitswelt gemacht werden. dpa

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