Länder rechnen mit zehn Milliarden Euro Kosten für Ganztagsausbau – jährlich

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WIESBADEN. Die Kultusminister der Länder bekennen sich zum geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen – eigentlich. Bei der Frage der Finanzierung besteht jedoch Redebedarf mit dem Bund.

Mal zum Vergleich: 10 Milliarden Euro werden jährlich (!) für den Ganztagsausbau veranschlagt. Der Digitalpakt, dessen Umsetzung zweieinhalb Jahre dauerte, umfasst 5 Milliarden Euro – einmalig. Illustration: Shutterstock

Der geplante Rechtsanspruch für Grundschulkinder auf einen Ganztagsplatz würde nach Berechnungen der Länder zusätzliche Kosten von 7,7 Milliarden Euro jährlich verursachen. Das Angebot des Bundes über zwei Milliarden Euro einmalig werde nicht annähernd reichen, sagte der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK), Alexander Lorz (CDU), am Freitag nach einem zweitägigen Treffen mit den Ressortchefs in Wiesbaden. Dies sei eine «nette Anschubfinanzierung». Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hatte zuletzt bekräftigt, die Pläne der GroKo bis 2025 umsetzen zu wollen.

«Wir wollen dieses Ganztagsangebot, wir bekennen uns auch zu der Schaffung dieses Rechtsanspruchs», erläuterte der hessische Kultusminister Lorz. Aber über die Finanzierung bestehe noch Gesprächsbedarf. «Wir stellen noch keine konkreten Forderungen», sagte Lorz. «Aber wir müssen reden.» Nach den Prognosen der Länder würden die Gesamtkosten von derzeit 2,3 Milliarden Euro vor allem wegen der steigenden Personalausgaben auf bis zu 10 Milliarden Euro jährlich klettern.

Die Länder gehen bei ihren Berechnungen unter anderem von einer Betreuungsquote von 90 Prozent aus, da sie erwarten, dass sich die Elternwünsche mit einem Rechtsanspruch verändern. In einer Studie des Deutschen Jugendinstituts hatten Experten eine Versorgungsquote von höchstens 71 Prozent zugrunde gelegt.

Ganztag in der Grundschule braucht Qualität

Die nordrhein-westfälische Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) forderte vom Bund Finanzgarantien. «Wer einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz zusagt, muss auch die Qualität des Angebots gewährleisten», gab sie zu bedenken. «Wir wollen gerne mehr Qualität im Ganztag, aber Land und Kommunen im Regen stehenzulassen, da wird Nordrhein-Westfalen nicht mitmachen», sagte sie im Gespräch. Es sei nach wie vor völlig offen, unter welchen Bedingungen dieser Rechtsanspruch umgesetzt werden solle.

Auch Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke hat für die Umsetzung des Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen vom Bund mehr Geld für Personal gefordert. Bei dem vom Bund in Aussicht gestellten Geld dafür handele es sich nach jetziger Lesart um materielle Investitionen, die Thüringen zwar gut gebrauchen könne. «Aber wir brauchen vielmehr finanzielle Unterstützung, um das notwendige Personal bereitzustellen», sagte Holter.

Nach Angaben seines Ministeriums rechnet allein Thüringen als eher kleines Bundesland mit rund 2,2 Millionen Einwohnern mit Mehrkosten von rund 300 Millionen Euro, um den Rechtsanspruch umzusetzen. «Da brauchen wir die Unterstützung des Bundes – und zwar nicht für eine gewisse Zeit, sondern dauerhaft», sagte Holter.

Zugleich forderte er auch mehr Klarheit bei der Definition von Ganztagsbetreuung – vor allem mit Blick auf die Betreuungszeit. Nach Giffeys Vorstellungen soll der Rechtsanspruch für die Zeit von 8.00 bis 16.00 Uhr gelten. Nach Holters Ansicht ist das zu wenig. In Thüringen existiere ein Betreuungsangebot von zehn Stunden. «Wir müssen ja Beruf und Familie zusammenbringen und dabei auch noch die Fahrtzeiten berücksichtigen», betonte der Linke-Politiker.

Bei der Ganztagsbetreuung herrschten in den Bundesländern große Unterschiede – vor allem zwischen ostdeutschen und westdeutschen Ländern. «Deshalb bin ich der Überzeugung, dass sich die KMK darauf verständigen muss, dass der Ganztag definiert wird: Wie viele Stunden soll die Ganztagsbetreuung ausmachen?», sagte Holter. News4teachers / mit Material der dpa

KMK: Zweifel am Anspruch auf Ganztagsplatz in der Grundschule wachsen

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