Streit kocht hoch: Offener oder „echter“ Ganztag – was ist pädagogisch sinnvoller?

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SAARLAND. Der Streit um die offene oder die „echte“ Ganztagsschule kocht im Saarland zwischen den Koalitionspartnern CDU und SPD offenbar hoch – auf dem Rücken der Schulen. Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) hat kurz vor Ferienbeginn der freiwilligen Ganztagsbetreuung Lehrerstellen zugunsten des regulären Unterrichts entzogen. Sein Argument: Das CDU-geführte Finanzministerium habe ihm nicht genügend Lehrerstellen zur Verfügung gestellt, um den Pflichtunterricht abzudecken. Der Verband Reale Bildung Saarland sieht darin ein Manöver, um das von der CDU favorisierte Ganztagsmodell zu torpedieren.

Wann ist denn endlich Schulschluss? Foto: Shutterstock

Commerçon hat entschieden, die Lehrerzuweisungsstunden für den freiwilligen Ganztag von fünf auf „mindestens“ zwei zu reduzieren. „Da bis heute kein abschließendes Verhandlungsergebnis zum Thema Lehrerstellen vorliegt und die Zuweisung zusätzlicher Stellen gegenüber dem Bildungsministerium bisher kategorisch ausgeschlossen wurde, war der Bildungsminister gezwungen, auch interne Umschichtungen in die Überlegungen einzubeziehen“, begründete sein Haus gegenüber der „Saarbrücker Zeitung“ die Entscheidung. Vorrang müsse in dieser Situation die Unterrichtsversorgung haben.

CDU: Schulleiter haben jetzt den Schwarzen Peter

Die CDU ist dem Bericht zufolge empört. Die Schulleiter hätten jetzt den Schwarzen Peter, heißt es. Sie müssten sich mit den Trägern des offenen Ganztags auseinandersetzen und sich den Unmut der Eltern anhören, wenn die Qualität deutlich abnehme. Erwartet wird, dass die Gruppen in der Hausaufgabenbetreuung größer werden. Die Kluft zwischen dem gebundenen Ganztag und dem freiwilligen Ganztag werde nun noch größer.

Und das entspringt dem Verband Reale Bildung (VRB) Saarland zufolge einem Kalkül: Weder Schulleitungen noch freie Träger, welche die Organisation und Betreuung der Schüler am  Nachmittag regeln, seien vorab informiert worden. Einen Tag vor den Sommerferien mit solch einschneidendem Stundenabbau in diesem Bereich zu agieren, zeige deutlich, was Commerçon von dem freiwilligen Ganztagsangebot der Gemeinschaftsschulen halte. Dieser Einschnitt werde der Qualität der Schülerbetreuung nicht zuträglich sein. Fraglich bleibt auch, ob die freien Träger innerhalb der Sommerferien die entstehenden Lücken der Betreuung überhaupt personell schließen könnten.

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Freiwilliger Ganztag ist bei Eltern beliebt – aber…

Für die VRB-Vorsitzende Karen Claassen ist klar: „Dies ist ein gewolltes Ausbluten der Gemeinschaftsschulen im freiwilligen Ganztag. Erst sollen nur im gebundenen Ganztag die Klassengrößen reduziert werden, was schon eine Ungerechtigkeit bedeutete, und nun wird durch die Veränderung der Lehrerpersonalisierung die Freiwillige Ganztagsschule ein Auslaufmodell. Als Konsequenz davon wird den Eltern eine Wahlmöglichkeit zur Beschulung ihrer Kinder innerhalb der Schullandschaft im Saarland bewusst entzogen.“

Hintergrund ist ein Streit um die Qualität des Ganztags: Der freiwillige (oder flexible) Ganztag ist zwar bei Eltern beliebt, bietet aber größtenteils nur Betreuung nach dem Vormittagsunterricht. Der gebundene Ganztag hingegen erlaubt es, schulische Förderung auch am Nachmittag stattfinden zu lassen. Ein weiterer Unterschied: Der offene Ganztag wird von den Kommunen getragen, wofür sie Elternbeiträge verlangen. Der gebundene Ganztag hingegen geht auf Landesdeckel – dafür darf den Eltern kein Geld abverlangt werden. Agentur für Bildungsjournalismus

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Aktionsrat Bildung fordert mehr Ganztagsschulen – aber echte

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