Lehrkräfte-Umfrage: Zu viel Bürokratie, zu wenig Zeit für guten Unterricht

15

BERLIN. Lehrkräfte müssen sich mit viel zu viel bürokratischem Aufwand auseinandersetzen. Dies geht zulasten ihres Fachunterrichts. Das geht aus einer Online-Umfrage des Deutschen Philologenverbandes (DPhV) unter mehr als 3000 Lehrkräften an Gymnasien in ganz Deutschland hervor. Der DPhV leitet daraus eine konkrete politische Forderung ab – Schulassistenten!

„Schulassistenten für jede Schule“: Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands. Foto: Deutscher Philologenverband

Demnach schränkt der bürokratische Aufwand bei knapp 78 Prozent der befragten Lehrkräfte die Qualität ihres Fachunterrichts ein. Knapp 85 Prozent der befragten Lehrkräfte halten den bürokratischen und unterrichtsfernen Aufwand, den sie zusätzlich zu ihrer Tätigkeit als Klassen- und Fachlehrkräfte bewältigen müssen, für unangemessen und belastend.

Zum belastenden „bürokratischen Aufwand“, der aus Sicht des Deutschen Philologenverbandes professionell besser von Schulassistenten erledigt werden sollte, gehören für knapp 79 Prozent der Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer unter anderem die Abrechnungen für Klassenfahrten. Mehr als 72 Prozent der befragten Klassenlehrerinnen und -lehrer haben während der Corona-Zeit den Corona-Impfstatus ihrer Schülerinnen und Schüler kontrolliert. Unabhängig von Corona müssen knapp 57 Prozent von ihnen den Masern-Impfstatus der Schülerinnen und Schüler kontrollieren. Auch mehr als 56 Prozent der befragten Fachlehrkräfte kontrollierten den Corona-Impfstatus, mehr als die Hälfte von ihnen gab an, sich ebenfalls um die Abrechnung der Klassenfahrten kümmern zu müssen.

„Selbstverständlich brauchen Klassenlehrer und Klassenlehrerinnen eine extra Klassenleitungsstunde“

Außerdem müssen zum Beispiel pädagogische Maßnahmen und Abläufe, Sitzungen, Konferenzen, Elterngespräche und Förderpläne dokumentiert werden. Auch elektronische Klassenbücher, die in Schulen in manchen Bundesländern bereits eingeführt sind und Aussagen zu Stundeninhalten und Anwesenheiten beinhalten, sind derzeit noch zu arbeitsintensiv in der Handhabung, bemängelt der Verband.

Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, fordert deshalb: „Lehrkräfte brauchen mehr Zeit für ihre Schülerinnen und Schüler. Sie brauchen mehr gut investierte Zeit für guten Unterricht. Selbstverständlich brauchen Klassenlehrer und Klassenlehrerinnen eine extra Klassenleitungsstunde! Das muss vor allem nach den Beanspruchungen und Versäumnissen der Corona-Pandemie klar sein. Wenn die Kultusministerinnen und -minister Schulen professionell aufstellen wollen, brauchen wir für unterrichtsferne Tätigkeiten Schulassistenten an jeder Schule.“ News4teachers

Bürokratie, Fachkräftemangel, Datenschutz: Scheitert die Digitalisierung der Schulen, bevor sie richtig begonnen hat?

 

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

15 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

… wäre ein erster Ansatz. Oder man professionalisiert fortbildnerisch eben noch den letzten Rest ausm Lehrkörper heraus und trainiert Schulleitungen plus LuL das Schlafen und Krankwerden ab.

Mary-Ellen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Kommt bestimmt noch….

Teacher Andi
1 Jahr zuvor

Schulassistenten? Hat man auch schon eine Idee, welcher Art Ausbildung diese haben und wie die bezahlt werden? Und bringt die Einweisung der Schulassistenten in der jeweiligen Klasse nicht noch mehr Aufwand mit sich, ständiges Feedback zum Lehrer oder Klassenleiter?
Der Aufwand eines Klassenleiters ist enorm, da reicht eine Stunde pro Woche keinesfalls, wird aber zusätzlich und ehrenamtlich gemacht, gehört alles zur Stellenbeschreibung, das Dumme ist nur, dass sich einige Kollegen immer wieder geschickt drücken. Deshalb gehören solche Aufgaben extra vergütet. Ein Deutsch-Englisch Lehrer hat ungefähr den 3fachen Aufwand im Vergleich zum Sport/Geschichte/Religionslehrer. Auch da müsste man langsam mal ansetzen. Angestellte Lehrer sind größtenteils im Nachteil gegenüber ihren verbeamteten Kollegen …… Es gibt so viele Ungerechtigkeiten zu beheben, das muss endlich mal angegangen werden. Was will ich mit einem Assistenten? Reduzierung der Bürokratie (mittlerweile muss alles dokumentiert werden) und Anerkennung von Zusatzaufgaben, so einfach ist das.

Klugscheisser
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Ich hätte gerne einen Schulassistenten. Nicht alle Aufgaben sind komplex, sondern nur zeitraubend.
Wer keinen braucht, super. Dann haben andere Möglichkeiten, bestimmte Arbeiten zu delegieren:

Fehlstunden verwalten
Klassenbücher in Ordnung halten
Kopien machen, während man selbst schon im Unterricht steht
für das BAFÖG Amt eine Liste der Fehltage zusammenschreiben
Nachschreibklausurtermine beaufsichtigen, bzw. Schüler nach Nachschreiben aktiv abgreifen und einsammeln

Allein diese Sachen abzugeben wäre entlastend. Klar abgrenzbare Aufgaben, die zeitraubend aber nicht wirklich kompliziert sind.

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Klugscheisser

Dazu braucht man kaum einen Assistenten:

  • Fehlstunden verwalten geht nur über den Klassenlehrer mit Feedback über die Klasse. Das elektronische Klassenbuch kann selbst auswerten.
  • Klassenbücher in Ordnung halten? Was gehört da dazu? Das Betteln bei den Kollegen, dass jeder seine Stunde einträgt? Ist nicht sehr aufwändig.
  • Kopien machen, während man selbst schon im Unterricht steht? Das sollte einem gut organisierten Lehrer nicht allzu oft passieren.
  • Liste der Fehltage? Siehe oben. Ist einmal im Jahr bei wenigen Schülern. Eine Sache von 30-60 Minuten pro Jahr.
  • Nachschreibetermine? Wir haben einen Nachschreibetermin pro Woche am Freitag Nachmittag, jeder Kollege ist 1-2mal im Jahr mit der Aufsicht eingeteilt. Oft ist auch die Präsenz eines Lehrers des Faches nötig (Listening z.B.)
  • Was heißt das, die Schüler nach dem Nachschreiben aktiv abgreifen? Das verstehe ich nicht.

Zeitraubend sind tatsächlich die vorgeschriebenen Dokumentationen aller Art (mündliche Noten/Diskussionen, Referatsauswertungen, Projektbewertungen), fächerübergreifende Stundenplanung mit zusätzlichen Sitzungen, monatliche Lehrerversammlungen der einzelnen Klassen (ein Produkt der Qualitätssicherung), unzählige Formulare bei Exkursionen, Klassenfahrten, Dienstfahrten und Fortbildungen, immer mehr Sitzungen, da vermeintlich immer mehr Probleme anstehen, die sich meist als dienstliche Anweisungen entpuppen. allein das Lesen der vielen KM Schreiben ist nicht nur zeitraubend, sondern zehrt an den Nerven.
Also ich bleibe bei meiner Meinung. Bürokratie- und Vorschriftenabbau, mehr freie Hand für die Lehrkräfte, denn die verstehen ihr Handwerk durchaus, im Gegensatz zu so manchem Politiker.

laromir
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Wir hatten mal den Luxus, dass kopiert wurde. Das war schon super, gerade wenn mal wieder ein kopierer kaputt war und die Schlange lang. Nachschreiben ist auch so ein Thema, Nachsitzer Briefe schreiben kopieren abheften und Rückläufe checken. Zeugnisse kopieren und heften. Klasse Fahrten Orga usw. Wäre super, wenn man sich das mal sparen könnte.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Ja, vor allem bei fachleistungs- und neigungsdifferenzierten Kursen, AGs und dergl. mehr macht es richtig Spaß als KL die Fehlstunden zu erfassen. Hinzu kommt noch, dass bei Ordnungswidrigkeitenmaßnahmen die Liste der Fehlzeiten „tagesaktualisiert“ sein muss.
D.h. es köännen nicht die Stunden lt. Stundentafel angegeben werden, es müssen die individualisierten Daten erfasst werden. Alle SuS der Klasse haben Mittwoch Morgen in den ersten beiden Stunden ihr WPI-Fach. XYZ hat Spanisch, den Unterrichtstag hat er abgehängt. Die Lehrkraft, die die Klasse als Erste im Klassenverband unterrichtet hat, hat XYZ ins Klassenbuch eingetragen. Die SuS haben am Mittwoch 9 Stunden, wobei die 7. Std. Mittagspause ist. Die Spanischlehrkraft war am Mittwoch abwesend, der Kurs war freigesetzt.
Um die tatsächliche Fehlstundenzahl von XYZ an diesem Tag nachzuweisen, müsste die Klassenleitung also die Kursmappe des Spanischkurses, das Klassenbuch und den vertretungsplan für den besagten Mittwoch checken. Trägt sie nämlich 8 Fehlstunden ein, kann sie das Ordnungswidrigkeitenverfahren vergessen und die zuständige Bez.-Reg. haut ihr ihre Fehlstundenliste um die Ohren.
Für SuS, die häufig schwänzen, sitz die KL auch schon einnmal 12 bis 18 Stunden an dieser Aufgabe, um eine justiziable Aufstellung zu fertigen – natürlich neben dem regulären Unterricht. Dass die fehlstunden zunächst vom Klassenbuch und den Kursmappen in die vertraulichen Listen zu übertragen sind, habe ich erst einmal weggelassen, das ist ja Tagesgeschäft …

DieElfe
1 Jahr zuvor
Antwortet  Klugscheisser

Volle Zustimmung. Zusätzlich hat sich auch der Beratungsaufwand für zunehmend psychisch beeinträchtigte SuS erhöht, konkretes Beispiel aus meiner Klasse, eine depressiv erkrankte Schülerin und eine Schülerin mit Borderline, nur als Beispiel. Und ja diese Bafög-Rückmeldungen im BBS-Bereich, für die wir hier in Nds auch noch persönlich haften, wenn wir sie vergessen bzw. nicht zeitnah erledigen. Fehlanzeigen schreiben. SuS hinterher telefonieren, wenn sie nicht in der Praxis erscheinen. Fahrten in die Praxisbetreuung, wobei die Fahrzeit nicht als Arbeitszeit anerkannt wird. Praxistellen können im Umkreis von 40km vom Schulort sein. Umfragen im Bezug auf die Zufriedenheit der Schulgemeinschaft durchführen usw. Teamsitzungen, Bildungsgangssitzungen, bla,bla. Jeder kennt das. Jetzt aktuell versuche ich geade die neu ausgeschüttete Technik, Activeboard und Dokumentenkamera ohne Wlan mit Hotspot von meinem Handy einzurichten. Weil Technik ist da, aber Niemand ist für Aufbau und Installation dieser vorhanden bzw. zuständig. Wenn man sich denn noch erdreistet nicht am Dienstort zu wohnen und das Haus um 6.30 verlassen hat, um 17h zu Hause ist, hat man richtig Bock noch super methodisch- didaktisch toll seinen Unterricht für den nächsten Tag vorzubereiten. Wäre schon ganz cool, wenn ich diesen ganzen Verwaltungsaufwand los werden würde und zusätzlich noch 2h Klassenlehrkraft-Stunden pro Woch bekäme. Dann könnte ich mich endlich mal wieder auf meine Kernkompetenz Unterrichten fokussieren.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Die Kommune bzw. der Sachaufwandsträger, da Schulassitenten kein lehrendes Personal sind, das vom Land gestellt wird. Schulassistenten müssen sowie die Sekretariatskräfte eine Befähigung für den mittleren, nicht-technischen Dienst oder eine vergleichbare Ausbildung nachweisen. Der mittlere Verwaltungsdienst wird im Eingangsamt mit A5 bzw. E5 dotiert.
Kurzum Schulassistenten sind Verwaltungskräfte, keine Erzieherinnen oder Lernbegleiterinnen.

Lanayah
1 Jahr zuvor

Als ich an der Grundschule anfing gab es diese ganze Schreiberei noch nicht, keine individuelle Lernentwicklung, keine Förderpläne, keine schuleigenen Arbeitspläne, keine protokollierte Schullaufbahnempfehlung. Maßgeblich war damals das Kerncurriculum, das sich auch nicht ständig änderte. Ich hatte viel Spaß daran, schöne Unterrichtseinheiten zu erarbeiten und durchzuführen, und ich hatte auch die Zeit dazu. Mein Unterricht ist durch die ganze Dokumentationspflicht sicher nicht besser geworden. Ich habe Kolleginnen erlebt, die Stunden reduziert haben, um ihren Ansprüchen an guten Unterricht gerecht zu werden, und im Prinzip trotzdem weiter voll gearbeitet haben. Ich persönlich bin bei meiner vollen Stelle geblieben (ist ja schlecht genug bezahlt) und habe mich damit abgefunden, dass die Dokumentationspflichten zulasten meiner Unterrichtsvorbereitung und somit auch meiner Unterrichtsqualität gehen.

Lehrer_X
1 Jahr zuvor

In Frankreich gibt es sowas schon. Man kann ja wenigstens versuchen, sowas zu adaptieren. Am Ende auch wieder fraglich, weil Prozesse meist nicht 1:1 übernommen werden können, aber um überhaupt wieder Luft und Lust für gute Unterrichtsvorbereitung zu machen, wäre es besser als der Ist-Zustand.

Toleranz
1 Jahr zuvor

Wir haben eine halbe Schulassistentin, Verkäuferin mit einer leichten Legasthenie!
Wurde uns vom Schulträger zugeteilt.

Sie kann etwas kopieren, laminieren, Dinge richtig ordentlich ausschneiden und – mit Hilfe – Zeugniskopien abheften, Pflaster und Kühlpads verteilen, die Kühlpads einsammeln und wieder in den Kühlschrank legen, eine Klasse auf dem Schulhof beaufsichtigen, die Spülmaschine ein- und ausräumen und Kaffee sowie Tee kochen.
Sie liebt Instagram und folgt vielen Influencern, was natürlich viel Zeit kostet, die sie am Handy verbringen muss um nichts zu verpassen.
Sie ist ein Sonnenschein, immer gut gelaunt und freut sich, wenn sie mit in einer (Grundschul-)Klasse sitzen darf, weil sie „so viel Interessantes“ lernt. Sachunterricht und Mathe mag sie besonders gern, Deutsch findet sie eher anstrengend.

Sie kann gut mit Kindern umgehen und wird deshalb gern dazu eingesetzt, neben „verhaltensoriginellen“ Kindern zu sitzen, die sie mit ihrer Lernbegeisterung zumindest ein wenig anstecken kann (wenn Instagram nicht dazwischen funkt).
Wir lieben sie wirklich, freuen uns auch über ihre Fortschritte im Bereich Schreiben, Lesen und Kopfrechnen und setzen sie so gut ein wie es geht.

yorum Yap
1 Jahr zuvor

Ich stimme der Aussage mit zu viel Bürokratie zu, aber beim guten Unterricht frage ich mich, was denn genau damit gemeint ist. Das ist ja wahrscheinlich nicht in aller Augen das Gleiche. Ich finde, es wird zu viel „gespielt“ und zu wenig geübt. Da wird Stationsarbeit gemacht, bei der sich die Kinder aussuchen, welche Aufgaben sie lösen, aber letztlich schreiben sie doch nur voneinander ab wie immer, wenn keiner aufpasst. Ich kenne eine Lehrerin, die hat zweimal auf diese Weise das Thema Bundesländer geübt und sich dann darüber mokiert, dass die Kinder sie im Test immer noch nicht richtig schrieben. Da war sie dann „knallhart“ und hat Punkte abgezogen, aber eigentlich hat sie einfach nur zu wenig und auf die falsche Weise geübt. Beim Ausmalen der Bundesländer auf einem Arbeitsblatt übt man nicht die Schreibweise.

Katinka
1 Jahr zuvor

Ich kann das nur bestätigen. Ständig irgendwelche Mails oder Zettel im Fach mit To Dos (z.B. „Elternteil xyz zurückrufen zwecks Sprechstundentermin“ – obwohl der Elternteil sich einfach online einbuchen könnte, es aber nicht macht) und am allerschlimmsten finde ich den Papierkrieg aufgrund der Krankmeldungen und Entschuldigungen. Das machen wir alles noch mit Zetteln und es ist unglaublich unübersichtlich und zeitaufwändig und m. E. völlig überflüssig (in der Form)!

GriasDi
1 Jahr zuvor

Selbst wenn alle Bürokratie abgeschafft würde: es sind einfach zu viele Unterrichtsstunden,die Deutschlands LehrerInnen abzuleiten haben und das auch noch in zwei Fächern. In den meisten anderen Ländern unterrichtet eine LehrerIn nur 1 Fach, hat also halb so viel vorzubereiten.