Nach Silvester-Ausschreitungen: VDR-Chef Böhm fordert mehr Rückendeckung auch für Lehrkräfte

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BERLIN.  „Wer Rettungskräfte, Polizistinnen und Polizisten, Verwaltungsbeamte oder Lehrkräfte bewusst attackiert, begeht eine Straftat und greift unser demokratisches Staatswesen direkt an. Das ist durch nichts zu entschuldigen und muss mit der vollen Härte des Rechtsstaates geahndet werden“, bewertet Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Deutschen Realschullehrerverbandes die aktuellen Diskussionen nach den Ausschreitungen in der Silvesternacht. Zu lange sei in Brennpunkten weggeschaut worden.

Macht Druck: Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des VDR. Foto: Marco Urban / VDR

Die Fakten belegten, dass die Angriffe auf die staatliche Infrastruktur und die Beschäftigten zunähmen und das müsse mit aller Konsequenz eines demokratischen Staates unterbunden und geahndet werden – sagt Böhm. Zu lange seien falsche Rücksichten genommen worden. Über Jahre hinweg sei in Brennpunktbereichen weggeschaut, vertuscht oder schöngeredet worden – auf dem Rücken der Beschäftigten, die die öffentliche Sicherheit, Gesundheit, Bildung und Verwaltung unter schwierigsten Bedingungen sicherstellen.

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„Gerade auch in den Schulen und Bildungseinrichtungen fehlen oft klare Regelungen, die Rückendeckung der politisch Verantwortlichen oder das konsequente Handeln nach diesen Angriffen. Es geht um die Akzeptanz der Grundlagen, der Regeln unserer Gesellschaft. In einem demokratischen und freiheitlichen Staatswesen kann es kein Sonderrechtssystem oder Raum für Interpretationen des geltenden Rechts für Minderheiten oder einzelne Gruppen geben – unabhängig von der Herkunft, der Religionszugehörigkeit oder dem sozialen Status“, so Böhm. News4teachers

Nach Silvester-Krawallen: Deutscher Lehrerverband fordert Höchstquoten für Migrantenkinder an Schulen

 

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Realist
1 Jahr zuvor

Schön geträumt, Herr Böhm.

Aber die Realität wird so aussehen, dass die Anforderungen an die Schulen als „letzte Orte gesamtgesellschaftlicher Integration“ aufgrund der Vorkommnisse weiter steigen werden: Die Politik wird noch mehr politische Bildung, noch mehr „Erziehung“, noch mehr Integration, noch mehr Rücksichtnahme auf individuelle Dispositionen, noch mehr Sozialarbeit (parallel zum Unterricht), noch mehr Ganztag, noch mehr … fordern.

Eine Spiel, dass Schule nicht gewinnen kann, bis das System endgültig daran zerbricht. Mehr Ressourcen wird es für die „bestbezahlten Lehrkräfte der Welt“ (sinngemäß Schleicher, der scheinbar nicht weiß, was Lehrkräfte in der Schweiz, in Luxemburg, einigen Bundesstaaten der USA und an anderen Orten verdienen) nicht geben, es fehlen die Fachkräfte und der politische Wille dafür. Stattdessen wird man den Beruf deprofessionalisieren (Holter (duales „Studium“, jetzt auch VBE („mehr Seiteneinsteiger“)), um überhaupt noch jemanden zu finden, der sich das antut: Intelligenter Studienanfänger: „Lehramt? Ich bin doch nicht blöd!“

Carsten60
1 Jahr zuvor

„Zu lange seien falsche Rücksichten genommen worden“ … „weggeschaut — vertuscht — schöngeredet“
Da spricht Herr Böhm wohl aus Erfahrung …
Bleibt die Frage, welche politischen Interessen hinter den falschen Rücksichten sowie dem Schönreden standen. Hat da jemand eine Idee? Ganz von alleine kann das doch einfach nicht geschehen sein. Es gab immer Leute, die gewarnt haben, aber man hat sie nicht ernst genommen.

kanndochnichtwahrsein
1 Jahr zuvor

Gewarnt wurde ohne Ende aus Lehrerkreisen.
Selbst unsere offiziellen Vertreter – die „Gewerkschaften“ haben sich daran aber nicht wirklich beteiligt.
Die übrige Bevölkerung fand (findet) seit Jahrzehnten, Lehrer seien faul, überbezahlt, nicht ausgelastet. In dieses Horn haben nicht nur einschlägige Medien getutet, auch Politiker fanden das „cool“, sich derart zu äußern.
Dass Schüler uns, inzwischen aber auch ihre Eltern, nicht mehr ernst nehmen, kommt nicht von ungefähr.
Das Szenario von Silvester war keine Überraschung, hat sich lange abgezeichnet und im Kleinen vorbereitet. In den Schulen geschieht täglich Ähnliches, nur waren wir in den Augen der Bevölkerung noch nie die Helden wie die Kollegen mit der Feurwehrspritze. Letztere hätten keinen Nachwuchs, wenn Schulen niemanden mehr auf solche und andere wichtige Aufgaben vorbereiten können, selbst das wurde/wird geflissentlich übersehen und fällt dem Sparwahn zum Opfer.

Es zeichnen sich noch viele andere Szenarien für die Schulen und in Folge für die Gesellschaft ab. Wenn der Damm einmal gebrochen ist, wird diese Entwicklung noch schneller ablaufen als wir bisher befürchten.
Außerdem hat sich das Tempo der „Krisen“ in der Gesellschaft vervielfacht.
Auch das ist ein Aspekt, der systematisch im Hinblick auf Schule, Jugendliche und den Zusammenhalt der Gesellschaft ignoriert wird; jegliches Handeln wird verweigert.
Ich sehe noch viele weitere sich bereits seit langem abzeichnende Entwicklungen, die uns vermutlich eher früher als später auf die Füße fallen werden – wenn nicht ganz bald mal die Stimmen von der Basis, aus den Kitas und Schulen, gehört werden.
Betriebe und Schulen sollen sich auf Krisen vorbereiten, Ablaufpläne aufstellen, Informationen sammeln. Jedes Unternehmen arbeitet so, sammelt gezielt Infos über gefahrträchtige Entwicklungen, arbeitet präventiv…
Nur die Politik muss das nicht?
Die heutigen Entscheider sind in ein paar Jahren nicht mehr zur Verantwortung zu ziehen, anders als ein Firmenchef oder ein Lehrer, der weiß, dass er seine heutigen Schüler in 10 Jahren mit deren Kindern wiedersehen wird…
Ja, man hat schon ziemlich bittere, resignierte Gedanken, wenn man die Entwicklung hat kommen sehen.
Und auch heute noch gibt es keine zentrale Mailadresse, an die Lehrer Beobachtungen oder Befürchtungen oder Vorschläge schicken düfren/sollen, um auf Fehlentwicklungen präventiv reagieren zu können.
Es soll sich dann aber bitte auch hinterher niemand beschweren und schon gar nicht den in den letzten drei Jahren vielgehörten Satz absondern „Das hat man ja nicht ahnen können“… doch, konnte man… Pandemie wie Kriege… Klimakrise wie Flüchtlingsbewegungen… Energiekrise wie Versorgungsengpässe!!!

Ein Land muss sich entscheiden, wo es Prioritäten setzt!

Realist
1 Jahr zuvor

„Ein Land muss sich entscheiden, wo es Prioritäten setzt!“

Die wurden doch schon gesetzt: „Doppelwumms“ und „Sondervermögen BW“, leider kein Geld mehr da für was anderes. Das müssen auch „Weltenretter“ einsehen…

Schattenläufer
1 Jahr zuvor

Wie sagt man in der Klimaforschung so schön, es gibt Kipp-Punkte ab wann Entwicklungen richtig schlimm werden und nicht mehr umkehrbar sind.

Mich beschleicht das Gefühl, dass wir uns auch in der gesellschaftlichen Entwicklung solch einem Kipp-Punkt nähern.

Wir bräuchten jetzt dringend Konsequenzen gegen die Täter und einen „Wiederaufbau“ des Bildungswesens. Ansonsten werden sich die Bürger und leider die Politik auch noch sehr wundern.

Stromdoktor
1 Jahr zuvor

Vergleichen Sie sich mit den 1,4 Millionen ehrenamtlichen oder mit den 40.000 Berufsfeuerwehrleuten, wenn Sie von „Kollegen“ sprechen?

Solche Vergleiche kann ich aus Elternperspektive nicht ernst nehmen, wenn Sie sich einen „Heldenstatus“ wünschen.

Ihre Arbeit verdient mehr Respekt, mehr Anerkennung, mehr gesellschaftliche Unterstützung, eine bessere Bezahlung und mehr individuellen Schutz – keine Frage.

Vergleiche mit dem millionenfachen ehrenamtlichen Engagement aus und in der Bevölkerung sind aus meiner Sicht aber nicht angemessen. Insbesondere da Akademiker hier nach meiner Wahrnehmung in der Ausübung unterrepräsentiert sind und noch Luft nach oben hätten.

https://www.wissen.de/die-feuerwehr-zahlen