Neue Hattie-Studie: Lernleistungen von Kindern in der Pandemie eingebrochen – weltweit

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AUGSBURG. Die Hattie-Studie ist seit mehr als einem Jahrzehnt in der internationalen Bildungsforschung ein zentrales Projekt. Nun wurde die Studie fortgeschrieben – und zeigt: Wegen Corona liegt in der Bildung vieles im Argen. In Deutschland aber wohl nicht nur wegen Corona.

Gilt als „Harry Potter der empirischen Bildungsforschung“: John Hattie, Professor für Erziehungswissenschaften und Direktor des Education Research Institute an der University of Melbourne. Foto: idunius / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Die Schulschließungen in Pandemiezeiten führten nach Angaben des Ordinarius für Schulpädagogik der Augsburger Universität zu deutlichen Einbrüchen in den Lernleistungen. «Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben alle Lernenden getroffen», sagte Professor Klaus Zierer aufgrund der neusten Ergebnisse der renommierten Hattie-Studie.

Besonders Kindern aus benachteiligten Elternhäusern sei bis zu einem Schuljahr verloren gegangen. Gerade beim Lesen, Schreiben und Rechnen habe der Leistungsstand von Kindern und Jugendlichen abgenommen – vielerorts stieg die Quote der Lernenden mit nur rudimentären Kenntnissen.

Zierer arbeitet seit Jahren mit dem neuseeländischen Bildungsforscher Prof. John Hattie zusammen. Hattie hatte vor mehr als einem Jahrzehnt mit seiner Studie «Visible Learning» für weltweite Aufmerksamkeit gesorgt. Diese Untersuchung wird seitdem oftmals für neue pädagogische Ansätze herangezogen und von Hattie und Zierer durch Auswertung weiterer Untersuchungen fortgeschrieben. (Hier geht es zu einem großen News4teachers-Interview mit John Hattie und Klaus Zierer.)

Für die jüngste Studie seien nun mehr als 2100 Meta-Analysen aus aller Welt – also Studien, die andere Studien zusammenfassen – ausgewertet worden, erläuterte Zierer. Damit gingen mittlerweile rund 190.000 Einzelstudien, die auf die Lernleistungen von 400 Millionen Schülerinnen und Schüler zurückgreifen, in die aktuelle Studie ein.

Ein Mehr an PISA hält der Schulpädagoge nicht für zielführend. «Nicht zuletzt die PISA-Reformen haben uns in die aktuelle Lage manövriert», meinte Zierer mit Blick auf Befunde, nach denen die Leistungen deutscher (Grund-)Schüler in den vergangenen zehn Jahren deutlich nachgelassen haben. Es brauche nicht mehr Tests und Evaluationen, sondern mehr Bildung. Bei dem Programm für internationale Schülerbewertung (Programme for International Student Assessment – PISA) treten im Drei-Jahres-Rhythmus weltweit Hunderttausende 15-Jährige an. Ziel ist es, herauszufinden, wie die Kompetenzen der stichprobenartig ausgewählten Schülerinnen und Schüler in den Bereichen Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften gegen Ende ihrer Pflichtschulzeit sind.

Kinder und Jugendliche lernen laut Zierer zu viele Kompetenzen nur oberflächlich oder werden sie später nie brauchen. Nötig sei eine umfassende Lehrplanreform. Dabei sollten Fächer wie Musik, Kunst und Sport gestärkt und Deutsch und Mathematik entrümpelt werden – zugleich sei auch die Digitalisierung nicht das Maß aller Dinge. Der Professor betonte: «Es ist und bleibt die Verantwortung der älteren Generation, die beste Bildung für die jüngere Generation zu ermöglichen.» News4teachers / mit Material der dpa

Prof. Klaus Zierer kommt im aktuellen News4teachers-Podcast ausführlich zu Wort:

Schulschwatz – der Bildungstalk: Sind die Grundschulen schuld am Leistungsabsturz? Vom Zerrbild der „Kuschelpädagogik“

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38 Kommentare
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Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

„Mehr PISA nicht zielführend.
nicht mehr Tests und Evaluationen, sondern mehr Bildung.
Digitalisierung nicht das Maß aller Dinge“

Sage ich auch. Könnte man für mich einen Lehrstuhl dazustellen?

Und wir schließen mit den Worten: Hätt i, tät i, könnt i.

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
PaPo
1 Jahr zuvor

Bereits Kunczik & Zipfel (2004: 169 f.) resümierten zeitlos Metaanalysen, „dass schlechte und methodisch problematische Studien in ihrer Aussagekraft nicht dadurch besser werden, dass man sie in eine Meta-Analyse einbezieht. […] Das Gesamtergebnis mag bestimmte Schlussfolgerungen über den Forschungsstand zum untersuchten Thema suggerieren,
viele Artefakte bzw. unzutreffende Befunde addieren sich deshalb aber noch lange nicht zu
einem zutreffenden Ergebnis.“ Metanalysen von Metaanalysen machen die Problematik nicht besser, im Gegenteil.

Eines der (vielen) Probleme der einschlägigen Studien von J. Hattie war leider eine oftmals unkritisch-affirmative Inkorporation von Studien bzw. Metaanalysen in seine eigene Metaanalyse, ohne hier bei Ersteren analytisch zu würdigen, ob die entsprechenden Studien designtechnisch und mit Blick auf deren Ergebnisse die behaupteten Effekte überhaupt tatsächlich demonstrieren konnten und ohne bei Metaanalysen bspw. Differenzierungen in deren interne Studienauswahlen/-differenzierungen, z.B. nach methodisch-technisch unterschiedlichen Qoalitätsstandards/-niveaus (so dass sich bspw. kulminierende Ergebnisse für best practices-Studien im Vergleich zu den kulminierten raw data-Ergebnisen o.ä. darstellen ließe) zu verlangen. Entsprechend findet sich diese Problematik auch in seiner eigenen Forschung, inkl. des Problems, Studien miteinander zu vergleichen, die von ihrer Ausrichtung und Methodik her nicht wirklich vergleichbar sind.

Entsprechend würde ich auch diese Ergebnisse hier nur unter Vorbehalt genießen wollen (bis ich selbst mal einen Blick in die einschlägige Studie werfen konnte).

Ich habe nie verstanden, warum J. Hattie gerade bei deutschen Pädagogen und selbst in den erziehungswissenschaftlichen Seminaren (ob an der Uni m Lehramtsstudium oder den Studienseminaren im Referendariat) so populär ist… kann ich nur als dringendes indiz werten, doch bitte (wie ich es seit Langem fordere) Methoden udn Tehcniken empirischer (Sozial-)Forschung endlich i.S.e. Studium generale (für Akademiker) allgemeinverbindlich zu machen.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

OK… Beiträge zwischen den Korrekturen zu tippen ist wohl nicht zum Wohle meiner Orthographie. ^^

Vierblättriges Kleeblatt
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

… und klingt außerdem ziemlich verquast und abgehoben. Bitte etwas mehr „Bodenhaftung“.

Wavelet
1 Jahr zuvor

Also bitte, was ist denn an dem Beitrag abgehoben?

PaPo
1 Jahr zuvor

Auch weil das binnen Wochenfrist bereits das zweite Mal ist, dass sich bei N4T jmd. über meinen Duktus beschwert (nicht, dass mir das neu wäre): Sorry, aber wenn Ihnen dies bereits „verquast und abgehoben“ erscheint, muss ich Sie enttäuschen: Noch(!) einfacher wird es nicht. Mithin sind diese ewigen Zwischenrufe, bitte das Niveau zu reduzieren, m.M.n. nicht nur nicht produktiv, sondern ärgerlich, insb. hier und bei einem Thema wie diesem: Die in diesem Fall vornehmlich an ein akademisches, mit den empirischer Forschung hinreichend versiertes Publikum adressierte, profunde methodisch-technische und interpretatorische Kritik wissenschaftlicher Studien erfordert m.E. ein gewisses (auch sprachliches) Niveau, will ich nicht damit beginnen, universitäre Einführungsveranstaltungen zu den Methoden und Techniken empirischer (Sozial-)Forschung als ceterum censeo meiner diesbzgl. Ausführungen ein jedes Mal möglichst allgemeinverständlich – und damit grenzenlos ausufernd – zu rezitieren. Das mag Ihnen jetzt arrogant scheinen, hat aber vornehmlich etwas mit (sprachlicher; mir ggü. auch zeitlicher) Ökonomie und der Wiederverwertbarkeit meiner Äußerungen auch im eigtl. akademischen Kontext zu tun. Was wäre denn, wenn ich tiefer in die materie wollte und über Effekstärkemaße, Standardabweichungen, Bonferroni-Korrekturen und Co. hätte schreiben wollen? Danke. 🙂

Kristine
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Schachtelsätze und die Verwendung möglichst vieler Fremdwörter sind für mich kein Zeichen von Niveau. Es ist sehr wohl möglich auch komplizierte Sachverhalte so zu formulieren, dass die Leute nicht gleich weiterscrollen.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Kristine

Okay, wir wollen also keine inhaltlichen Diskussionen mehr führen, sondern – aus welchen Gründen auch immer -, eine über meinen Duktus? Obwohl ich bereits anmerkte, dass dieser „vornehmlich etwas mit (sprachlicher; mir ggü. auch zeitlicher) Ökonomie und der Wiederverwertbarkeit meiner Äußerungen auch im eigtl. akademischen Kontext zu tun“ hat und für ein meinerseits adressiertes, „akademisches, mit den empirischer Forschung hinreichend versiertes Publikum“ verständlich sein, allen Beteiligten Redundanzen ersparen sollte? Okay…

Spoiler

Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass die Schwelle dessen, was Menschen als „Fremdwörter“ identifiziert wissen wollen, extrem unterschiedlich ausgeprägt ist. Welche „Fremdwörter“ meinen Sie bitte? Etwa „resümierten“, „Metaanalysen“ (bzw. „Meta-Analyse“), „suggerieren“, „Artefakte“, „addieren“, „affirmative“, „Inkorporation“, Differenzierungen“, „kulminierende“, „best practices„, „raw data„, „empirischer“, „Studium generale“ oder etwas gänzlich anderes? Wo ist Ihre Schwelle? Ich setze die Kenntnis dieser Begrifflichkeiten hier(!) voraus, die beiden englischen Begriffe sollte man sich zudem mit Minimalkenntnissen in Englisch ggf. erschließen können.

… und dieser Vorwurf der „Schachtelsätze“ – mach einer reagiert bereits auf ein oder zwei Hypotxen allergisch. Als ob mein Ausgangabeitrag da bereits zu viel des Guten sein soll.

Im Übrigen ist es ermüdend, allenthalben von anonymer Seite Formulierungen wie „die Verwendung möglichst vieler Fremdwörter“ zu lesen, als bemühte ich mich um die Befriedigung eines einschlägigen Fetisches, Geltungssucht oder einem anderen verqueren Anliegen. Können Sie sich vorstellen, dass ich mich nicht großartig bemühen muss, so zu schreiben, sondern dies mühelos kann, dies meine Art ist?

Aber ja, es ist auch eine Form von Gatekeeping:
Man muss sich schon etwas konzentrierter mit dem Text auseinandersetzen, sprachlich und inhaltlich (soviel zum Niveau). Die das nicht können u./o. wollen, sollen halt „weiterscrollen“, ist mir gar lieber, spart Arbeit (s.o.).

P.S. @Redaktion:
Der Spamfilter reagiert mittlerweile bereits, wenn ich nach dem Absenden einer Nachricht einmalig(!) eine Korrektur vornehme. 🙁

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Kristine

Sagen Sie das auch Bildungs-wissenschaftlern und Politikern mit ihrer „Substantivitis“? Was früher mal „Intelligenz“ oder „Begabung“ hieß, heißt in PISA-Berichten inzwischen „kognitive Kompetenzen“. Aber diese Berichte soll das Volk ja wohl auch nicht lesen …

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Das Wort „Intelligenz“ ist aber aus dem PISA-Sprachgebrauch gestrichen, das heißt jetzt „kognitive Kompetenzen“ (ganz genau natürlich nicht, das geht nicht). Schauen Sie einfach rein! Und die Berichte sind so formuliert, dass das Volk sie nicht liest. Zu lang — zu kompliziert. Haben Sie denn schon mal einen gelesen? Man sagt ganz allgemein, Journalisten lesen die nicht, weil sie einfach keine Zeit dafür haben. 🙂

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Woher wissen Sie das? Es geht bei PISA um vieles NICHT, was dennoch erwähnt wird. Aber überlegen Sie mal: Beim ersten PISA-Test wurden deutsche Schüler allerhand gefragt, was nie in der Schule dran war und was die folglich nie gelernt hatten. Ist es nicht klar, dass dann Intelligenz ganz entscheidend ist, um die Fragen dennoch zu beantworten? Tatsächlich haben manche Leute behauptet, PISA sei ein heimlicher Intelligenztest, wenngleich nicht als solcher konzipiert.
Gerade finde ich bei Google die Formulierung: „Allgemein bezeichnet Intelligenz die kognitive/geistige Leistungsfähigkeit sowie die Denk- und Leistungsfähigkeit von Menschen.“ Sowas sehr ähnliches wird bei PISA getestet, denn irgendwelches auswendig gelerntes Wissen wird gerade NICHT getestet. Daher: Kompetenz statt Wissen, das „Markenzeichen“ von PISA.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Kristine

Lange Schachtelsätze waren auch ein Grund dafür, dass die wackeren, sozialistisch und marxistisch eingestellten Studenten in und kurz nach der Studentenbewegung 1968 nicht in der Lage waren, das „Kapital“ von Karl Marx wirklich im Original zu lesen. Die sind reihenweise daran gescheitert. 🙂
Karl Marx befleißigte sich nämlich einer Gelehrtensprache. In der Schule war er besonders gut in Latein.

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Sehr einverstanden mit dem Inhalt der meisten Ihrer Posts mag ich zur Form jedoch sagen: die Kunst insbesondere des Lehrers ist es, komplexe Sachverhalte einfach darzustellen.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Das war(!) die massiv vereinfachte Darstellung. 😉
… ohne wissenschaftliche Detailerläuterungen etc.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Danke 😉

Ich_bin_neu_hier
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

„die Kunst insbesondere des Lehrers ist es, komplexe Sachverhalte einfach darzustellen“ – Ja: für Schüler – aber auch für Kolleginnen und Kollegen…?

Fräulein Rottenmeier
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ich_bin_neu_hier

Ich mag es, wenn auch mal jemand etwas anspruchsvoller formuliert. Klar, kann man das nicht einfach wegkonsumieren, vlt muss man sich auch gerade hinsetzen und konzentrierter lesen, aber letztlich fördern diese Texte auch meine sprachlichen Kompetenzen.
Man muss auch nicht alles auf Grundschulniveau runterbrechen, damit man ja von jedermann bzw frau verstanden wird.

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ich_bin_neu_hier

Für fachfremde Kollegen auf jeden Fall! Ich z.B. habe nicht Latein gelernt. Mag jeder so formulieren wie er mag; wenn Texte jedoch zum Teil nur mit mehrmaligem Lesen und Nachschlagen verwendeter Fremdwörter verständlich sind, erschwert dies die Lesbarkeit und erzeugt Frust beim Leser, da der Inhalt eben Mühe beim Erschließen bereitet. Bei Fachtexten okay, in einem Forum für jedermann meiner Ansicht nach überzogen.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Alles eine Frage des Wortschatzes, egal ob man Latein gelernt hat oder nicht. Das wort „Familie“ kommt auch aus dem Lateinischen. Allgemeinbildung besteht aus einem großen (aktiven wie passiven) Wortschatz. Andererseits wird ja manchmal bestritten, dass sowas wie „Allgemeinbildung“ heute noch Sinn macht, wo doch Google viel mehr weiß. Aber — wie Sie ja auch sagen — man kann nicht jedes Wort erst googeln.
Als Lösungsmöglichkeit bliebe immer noch die „einfache Sprache“. Wahrscheinlich gibt es bald digitale Übersetzungs-automaten dafür, die dann auf den Rat von „Experten“ industrie-naher Stiftungen hin auch in Kita und Grundschule eingesetzt werden. 🙂

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

ergibt – etwas e r g i b t Sinn (oder auch nicht) 😉

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ich_bin_neu_hier

Ja. Wir lesen das in unserer Erholungszeit.

Da darf ruhig mal etwas leicht zu lesen und zu verstehen sein. 😉

Ich_bin_neu_hier
1 Jahr zuvor

Nennt sich Wissenschaft. Benutzt definierte Fachbegriffe.

DerechteNorden
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Interessanter sind doch die Schlussfolgerungen, die Hattie tätigt. Und die finde ich persönlich nachvollziehbar.
Worauf Sie offensichtlich anspielen wollen, ist die Tatsache, dass Politiker*innen aus den Ergebnissen seiner Metastudien ganz andere Schlüsse gezogen haben. Man denke nur an deren Fazit, dass es keinen echten Unterschied mache, ob eine Lerngruppe größer oder kleiner ist. Was von Hattie selbst dann kommentiert werden musste.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerechteNorden

Tatsächlich kritisiere ich auch die Studien als solche aufgrund ihrer evidenten Defizite. Aber ja, das gesellschaftpolitisch gravierendere Problem ist dann das, was aus mittels Instrumentalisierung dieser Studien geschieht. Dies kommt hinzu. Dass das Gros der Poltiker hierzulande, die sich dann immer wieder auf diese Studien bezogen haben, um (aktionistisch, symbol-)politisch aktiv zu werden oder eben politische Aktivität zu verweigern (wie in Ihrem Beispiel der Lerngruppengrößen), die Studien i.d.R. gar nicht selbst gelesen haben (dafür haben sie ja ihr Personal), geschweige denn verstanden haben, ist ja keine Frage.

Sonst wären ihnen diese evidenten Probleme aufgefallen und hätten sie auch ungeachtet dessen nicht versucht die Studienergebnisse in der Art und Weise zu extrapolieren, wie es geschehen ist, sie unzulässigerweise 1:1 auf Deutschland zu applizieren etc. (und falls sie sie doch verstanden haben und dann trotzdem derart instrumentalisiert haben, ist deren integrität restlos erloschen). Große Teile der dt. Presse haben ja das gleiche Problem, da werden Studien und deren vermeintl Ergebnisse wohl regelmäßig eher Anhand von Abstracts, Pressemitteilungen und Co. extrahiert, statt kritisch gewürdigt (ich erwarte aber auch nicht außerhalb der Fachpresse eine derart tiefe Auseinandersetzung mit der Materie). Und auch viele Kollegen, Pädagogen insg. sind ja auf diese Studien total abgegangen (ich kommentierte es in meinem AUsgangsbeitrag)… ist dann vielleicht auch der Teil, der einem Manfred Spitzer und 20 Jahre vorr diesem einem Neil Postman laudierte (was nciht heißt, dass J. Hattie auch so niveaulos wäre und Pseudowissenschaft verbreite, das will ich in keinem Fall so verstanden wissen, lediglich kollegial auf die Probleme seiner Studien hinweisen). Darum ist Aufklärungsarbeit auch so wichtig.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Warum Hattie in Deutschland so populär ist?

Ich befürchte, dass u.a. seine Aussage, die Lerngruppengröße spiele keine Rolle, den KuMis gut gefällt.

Ron
1 Jahr zuvor

Vom ständigen Wiegen wird die Sau nicht fett. Wir brauchen nicht immer neue Gutachter, sondern Schaffer. Dafür braucht es Recourcen und weniger Gaffer bzw. Klugschei…

Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor

Na ja, durch ein Wirtschafts-, Ingenieurs- oder Informatikstudium fällt man aber durch zu wenig und zu schlechten Matheunterricht. Musik und Sport spielen da weniger eine Rolle.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Na ja, aufgrund des Schulunterrichts fällt niemand durch solche Studiengänge, es sei denn Sie zählen lehrplanbedingt zu einfachen Unterricht und damit die Vortäuschung doch nicht vorhandener Eignung dazu.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Jedenfalls sind Musik, Kunst und Sport Studienfächer mit einer rigiden Aufnahmeprüfung, alle anderen haben „nur“ einen mehr oder weniger harten/weichen NC.
Übrigens: jede(r) möge mal die Gehälter von (normalen) Orchester-musikern und Opernsängern googeln (keine internationalen Stars). Ich war schockiert, dass die offenbar unter A12 liegen, obwohl die Ausbildung und der Job an sich hochkompliziert sind und zudem echtes Talent erfordern, das nicht annähernd jede(r) hat. Auch ist das Berufsrisiko hoch: eine Hals- oder Lungenkrankheit kann eine Sängerkarriere beenden, der Verlust eines einzigen Fingers oder Rheuma in den Händen eine Laufbahn als Musiker.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor

Ach was!

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Mein Downvotie ist wieder aktiv! 😉

Ich hatte mir schon Sorgen gemacht.

Schön, dass Sie gesund (aus dem Urlaub?) zurück sind!

Ich bin erleichtert.

Carsten60
1 Jahr zuvor

„Nötig sei eine umfassende Lehrplanreform. Dabei sollten Fächer wie Musik, Kunst und Sport gestärkt und Deutsch und Mathematik entrümpelt werden.“
Das ist die neue Einstellung dazu. Jeder fordert was anderes. Gleichzeitig predigt man mehr Bildung. Sport gilt somit per se als Bildung. Die Grundschultests haben aber Defizite genau bei Deutsch und Mathematik festgestellt.
Pikanterweise sind Musik, Kunst und Sport nun mal Fächer, bei denen es noch am meisten auf das individuelle Talent ankommt, da ist nicht alles erlernbar. Und nicht jeder Erwachsene braucht diese drei Fächer später im Leben. Deutschkenntnisse dagegen braucht jeder, der in Deutschland
lebt. Ich fürchte, die Schulreformer werden noch alles „an die Wand fahren“. Aber Verantwortung wird niemand übernehmen, das ist ja jetzt schon bei den „PISA-Reformen“ (steht so im Artikel) der Fall. So wie man bei der Schulverwaltung in Berlin die „organisierte Unzuständigkeit“ hat, so haben wir insgesamt eine „organisierte Verantwortungslosigkeit“: niemand will mal zugeben, dass die von ihm angeregten Reformen gescheitert sind.

DerechteNorden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Das widerspricht sich nicht. In Deutsch und Mathe sollte man vielleicht andere Schwerpunkte setzen.
Ich habe gerade eine Geschichtsarbeit in der Mittelstufe korrigiert und die Aussagen der Kids nur sehr schwer nachvollziehen können, weil nicht nur Rechtschreibung und Zeichensetzung unter aller Kanone waren, sondern auch der Ausdruck. Und da machte es keinen Unterschied, ob die einen Migrationshintergrund haben oder nicht. Ganz offensichtlich müssen die in Deutsch kaum noch regelmäßig längere Texte schreiben.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerechteNorden

Nicht nur „Rechtschreibung und Zeichensetzung […], […] Ausdruck“ etc., sondern i.w.S. die Grammatik per se (Deklinationen, Konjugationen, Verbformen, Tempusformen, Syntax, Kohäsion, Kohärenz, Semantik etc.) ist mittlerweile insg. bei der Mehrheit der Schüler – über alle Schulformen, Altersklassen und quasi alle soziodemographischen Hintergründe u.ä. hinweg – flächendeckend unerträglich. Und natürlich: Wo die Textproduktion derart defizitär ist, dass man sich nicht mehr verständlich artikulieren kann, stimmen i.d.R. auch die Textrezeptionskompetenzen nicht. Was ich da z.B. am Gymnasium täglich erlebe, wäre vor 15 bis 20 Jahren nicht ansatzweise denkbar gewesen.

Spoiler

Aber meine Texte verstehen viele Ewachsene ja auch nicht… vielleicht besteht das Problem also doch shcon länger. 😉

… und vom Schriftbild fangen wir erst gar nicht an, für ein Gros der eingereichten Texte bräuchte ich mittlerweile professionelle Dechiffrierer (und damit konfrontiert, können die Schüler später selbst auch nciht mehr entziffern, was sie geschrieben haben), auf jeden Fall aber Schmerzensgeld in enormer Höhe.

GS in SH
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Dabei hat der Bereich Grammatik in der GS in den letzten 15-20 Jahren viel mehr Gewicht erhalten! Von „Nomen sicher erkennen“ und „Sätze umstellen können“ zu der korrekten Benennung von 5 Wortarten, Benennung von Satzgliedern (Subjekt, Prädikat, Dativ- und Akkusativobjekt, adverbialen Bestimmungen…), der Kenntnis der Fälle und Tempora von Verben inkl. der korrekten Benennung….

Auch der Bereich „kreative“ Textproduktion (Elfchen, Stufengedichte, Avenidagedichte…) ist umfangreicher geworden.

Allerdings sind die Schriftnoten abgeschafft worden, aber Noten führen ja auch nur zur Traumatisierung der SuS.

Im Bereich Rechtschreiben wird auch viel mehr auf die Kenntnis und Anwendung von Regeln gesetzt, da ja nur wenig Zeit zum Üben bleibt, so ohne Hausaufgaben….

Auch im Bereich Lesen werden viel mehr Textsorten als früher eingesetzt (Diagramme, Fahrpläne, Listen…).

Es wird also schon vieles an die (inklusiven, integrativen) GS weitergegeben, warum beklagen sich die weiterführenden Schulen?
Aber ja! Die Viertklässler beherrschen immer weniger, obwohl viel mehr SuS anschließend das Gymnasium besuchen!
Vielleicht sollte man die Hirnentwicklungsforschung wieder mehr beteiligen?

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  GS in SH

Das mag für die letzten 15-20 Jahre tatsächlich stimmen.

Ich kann mich noch gut an meinen Grammatik-Unterricht erinnern. Da steckte deutlich mehr dahinter. (Lang, lang und richtig lang ist das her.)

Aber: Erst mit dem Lateinunterricht haben die meisten von uns das verstanden.

(Nds, vier Jahre GS, dann zwei Jahre Orientierungsstufe, anschließend Gym)