Opposition fordert von Kretschmann, G9 wieder einzuführen – erfolglos

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In der langen Debatte über eine flächendeckende Rückkehr zum Gymnasium in neun Jahren zeigt sich die grün-schwarze Koalition zwar weiter gesprächsbereit. Vor allem die Grünen wollen aber gegen den Willen der Opposition weiter am achtjährigen Modell festhalten. Die CDU ist gesprächsbereit, folgt aber dem Koalitionspartner. Die Regierungsparteien lehnten es daher am Mittwoch im Landtag weiter ab, G9 an allen Gymnasien anzubieten.

Nö: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: Staatsministerium Baden-Württemberg

Nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Andreas Stoch werden die Rufe nach Wahlfreiheit im Gymnasium aber immer lauter. Die Landesregierung rede sich heraus und suche nach Vorwänden, um G9 nicht ausweiten zu müssen. Aus pädagogischer Sicht sei die Einführung von G8 ein Fehler gewesen, den Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) korrigieren müsse. Der hatte allerdings schon vor zwei Wochen erklärt, er sei ein «entschiedener Gegner der Wiedereinführung von G9».

Die FDP warf den Grünen vor, sich als einzige Fraktion dem Wunsch der meisten Schüler und Eltern zu widersetzen. Die Grünen hielten an G8 fest, damit die allgemeinbildenden Gymnasien möglichst unattraktiv erschienen und sich mehr gymnasiale Kinder für die Gemeinschaftsschule entschieden, sagte der FDP-Bildungsexperte Timm Kern. Es sei unverständlich, dass die CDU-Fraktion «eine solche grüne, ideologische Bildungspolitik» akzeptiere. Kern forderte, G9 in der Regelform an jedem Gymnasium einzuführen.

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Rückendeckung bekommen die Grünen aus der Wirtschaft. Die Forderungen nach einer Rückkehr zu G9 führten in die Irre, sagte Stefan Küpper von den Unternehmern Baden-Württemberg (UBW). «Es ist nicht erkennbar, wie dadurch ein substanzieller Beitrag zur Lösung auch nur einer der aktuellen bildungspolitischen Herausforderungen geleistet werden kann.» Vielmehr würden für G9 zusätzliche Ressourcen zu Lasten anderer Projekte benötigt.

Hingegen zeigte sich die CDU offen für eine Rückkehr zu G9. Man sehe den Veränderungswunsch bei der Aufstellung der Gymnasien, sagte Bildungsexperte Alexander Becker. Es sei aber im Koalitionsvertrag vereinbart worden, die Strukturen an den Schulen in dieser Legislaturperiode nicht zu ändern. News4teachers / mit Material der dpa

Volksantrag bringt Kretschmann in die Defensive: Debatte um G9 voll entbrannt

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14 Kommentare
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Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Gfort

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor

G9 wurde – so habe ich gehört – schon mal erfolgreich praktiziert.

Konterkariert von den Schülern, die eben mit 17 keinen Doktortitel anstreben, weil sie nicht alleine in die Bibliothek dürfen – wegen potentiell vorhandener jugendgefährdender Schriften und weil Mama keine Zeit hat, sie zum Vortrag zu fahren.

G8 erzeugt keine 22jährigen Doktoranden mit 10 Jahren Berufsexpertise.

Melissentee
1 Jahr zuvor

Man blicke bitte ins Saarland wo G9 wieder eingeführt wurde:
– die zweite Fremdsprache kommt weiterhin in Kl 6 ( kein Druck raus für die Kinder)
– trotz Ankündigung ist die Wochenstundenzahl in SEK I nicht verringert
– Anzahl der Stunden in De, Ma, En verringert wg 2. Fremdsprache. Sinnvoll bei den Defiziten?
– Einführung eines zusätzlichen Faches Informatik, das aber ohne Stundenzuwachs realisiert werden soll —> wo speckt man ab?
– freier Elternwille, was Kl 5 zum Wiederholungsjahr für den Grundschulstoff macht. So selbst beim Sohn erlebt.

Ich erlebe Eltern, die G9 nur wollen, weil ihre Kinder möglichst leicht durchs Abi flutschen sollen, ihnen das Gesamtschulklientel aber nicht genehm ist. Und damit das Kind all seine Hobbys machen kann. Wer früher ein 1er Abi wollte musste sich auf den Hosenboden setzen. Entweder war man gut, sodass man ohne viel Lernen alle Hobbys weiterführen konnte oder man musste eben was sein lassen.
Aber heute werden Kinder wg freien Elternwillen aufs Gymnasium geschickt, die dann heillos überfordert sind. Stress und Stressempfinden sind zwei Paar Schuhe.

Und: Ich sehe, wie lächerlich die Leistungsanforderungen inzwischen sind. Der Stress kommt oft nicht wegen der Stoffmenge, sondern oft wegen mangelnder Koordination. Warum muss man 3 Hauptfacharbeiten und 2 Nebenfachtests in 1 Woche packen? Das packt ein gestresstes Kind mit Klavier, Leichtathletik, Nachhilfe, Schwimmen und Freunde besuchen wirklich nicht ohne Abstriche.

Bellabolli
1 Jahr zuvor
Antwortet  Melissentee

…das Eltern das „Gesamtschulklientel“ nicht „genehm“ ist, kann ich inzwischen schon nachvollziehen. Eltern und Schüler haben nur noch die Wahl zwischen sehr hohem Leistungsniveau (G8) und einem weit nach unten angepassten Niveau auf den „Restschulen“.

Die Mitte fehlt.

Wie würden Sie da entscheiden?

Tom
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bellabolli

Bestimmte Eltern möchten ihre Kinder nun unbedingt vom „Gesamtschulklientel“ getrennt wissen? Ich rate diesen Eltern an, ihre Kinder auf private Gymnasien zu schicken. Gern recherchieren nach Salem, Louisenlund, Schloss Torgelow etc. Aber beachten sollten diese Eltern, dass sie hier etwas tiefer in die Tasche greifen dürfen, um den Besuch zu finanzieren… Immer das beste und einfachste Abitur wollen diese Eltern, und natürlich sehr gern auf Kosten des Steuerzahlers, der seine Kinder wiederum gefälligst auf eine Gesamtschule zu platzieren hat…

Last edited 1 Jahr zuvor by Tom
Ich muss da mal was loswerden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Melissentee

Ja, ist halt schlecht umgesetzt. Man kann G9 aber auch gut umsetzen.

Mo3
1 Jahr zuvor

In NRW bündelte sich der Stress bei G8 laut unserem Schuleiter vor allem in der 9. Klasse. Am Ganztag hat sich durch die Rückkehr zu G9 nichts geändert. Und in Zeiten des Lehrermangels wird G9 an irgendeiner Stelle bestimmt andere Löcher reißen. Also ist vielleicht die bessere Lösung – auch im Sinne aller Schüler (und Lehrer), die Praktiker G8 weiterentwickeln zu lassen statt noch mehr Lehrerbedarf durch G9 zu schaffen.

Ich muss da mal was loswerden
1 Jahr zuvor

Wenn die Regierung nicht auf G9 wechseln will, wird´s halt Zeit für einen Regierungswechsel…

Tom
1 Jahr zuvor

Warum?

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Tom

… weil die Grünen zum Beispiel das Bildungssystem von BaWü ruiniert haben. Das hat allerdings nichts mit G8 oder G9 zu tun.

SekII-Lehrer
1 Jahr zuvor

Und wer soll die zusätzliche Jahrgangsstufe unterrichten…?

Pälzer
1 Jahr zuvor
Antwortet  SekII-Lehrer

Lehrer, die man neu einstellen muss. Ja, das ist schwierig, aber es gab schon mal G9.

Achin
1 Jahr zuvor

Ein Problem in Baden-Württemberg ist zudem, dass die beiden lautstärksten Vertreter in bildungspolitischen Debatten, der Philologenverband auf der einen und der sog. „Gemeinschaftsschulverein“ auf der anderen Seite, ideologische und bisweilen unnötig zugespitzte Pressemitteilungen raushauen.

Stimmen, die mit Bedacht gewählte Reformansätze auf der Grundlage der Realität an den Schulen in den Diskurs einbringen, werden so zu häufig überhört.

Maggi
1 Jahr zuvor

Es wäre schön, wenn man sich auch in der Politik mal reflektieren und sich eingestehen würde, dass die meisten Reformen der letzten Jahre gescheitert sind.
G8 existiert nur auf Wunsch der Wirtschaft, damit die Abiturienten oder Absolventen der Hochschulen möglichst jung sind. Die Politik hofft auf frühere Steuereinnahmen. Dass die SuS deshalb weniger Freizeit haben und schlechter ausgebildet sind ist irrelevant.
Abschaffung der verbindlichen Schulempfehlung ist auch so eine sinnlose Aktion, so werden die Kinder aufs Gymnasium geschickt und sind überfordert und frustriert, da die Noten oft schlecht sind.
AV-Klassen sollen total durchlässig sein, sind es aber in der Praxis nicht, da der Lerninhalt zu sehr differiert.

Leistungskurse würden abgeschafft, damit sie jetzt unter anderem Namen und in reduzierter Zahl wieder eingeführt werden.
Btw die SuS müssen gerade ja zwischen Deutsch oder Mathematik im gehobenen Niveau wählen. Oft machen sie dann das, in dem sie die besseren Noten haben, aber gerne machen sie das Fach trotzdem nicht. Es ist die reinste Qual und die SuS kämpfen meistens nur gegen den Unterkurs an und gehen eben nicht ihrer Leidenschaft nach.

Das sind nur einige Beispiele für die tollen Neuerungen in BW.

Die Frage bleibt aber