KIEL. Gerüchte um eine geplante Verkürzung des Vorbereitungsdienstes in Schleswig-Holstein auf zwölf Monate kursieren seit Monaten und verdichten sich zunehmend – berichtet der Bundesarbeitskreis (bak) Lehrerbildung. Er sollte es wissen: In dem Verband sind Lehrerausbilderinnen und -ausbilder organisiert. Und die sprechen sich deutlich gegen solche Erwägungen aus. Befürchtet wird offenbar ein Dammbruch.
“Der Bildungserfolg der Lernenden hängt ganz wesentlich von der Qualität der Lehrkräfte ab. Deren beruflichen Fähigkeiten, ihre Haltungen und Motivationen entscheiden darüber, welche Lern- und Bildungserfahrungen ihre Schüler:innen machen”, so schreibt der Verband in einer Stellungnahme. “Diese Kompetenzen, Haltungen und Motivationen entwickeln Lehrkräfte in erster Linie im Studium und Referendariat! Eine weitere Verkürzung des Vorbereitungsdienstes würde daher vor allem zu Lasten der Schüler:innen und der nachfolgenden Generationen gehen.”
Im Gegensatz zur ersten (Studium) und zur dritten Phase (Fortbildung) hebe sich der Vorbereitungsdienst durch seine spezifische Reflexionskultur und Theorie-Praxis-Verzahnung ab, die keine andere Phase in dieser Weise leisten könne. “Nur in dieser Phase üben Lehrkräfte den beständigen Wechsel von Aktion und Reflexion sowie das theoriegeleitete Nachdenken über das eigene Tun im Rahmen einer professionellen Lerngemeinschaft. Die Ausbildung didaktischer und pädagogischer Kompetenzen angehender Lehrkräfte gelten als stärkste Prädiktoren für den Lernerfolg von Schüler:innen”, heißt es in dem Papier.
“Aus guten Gründen hatte der Vorbereitungsdienst über lange Zeit eine Dauer von 24 Monaten”
Das Referendariat sei die einzige Phase, die sich explizit und ausschließlich der für den Beruf einer Lehrkraft essentiellen Praxiserprobung und deren Reflexion widmet. “Dieses reflexive Erfahrungslernen braucht aber Zeit. Aus guten Gründen hatte der Vorbereitungsdienst über lange Zeit eine Dauer von 24 Monaten. Zeitdruck und Verdichtung auf allen Ebenen empfinden die Beteiligten schon im 18-monatigen Vorbereitungsdienst als kontraproduktiv für die eigentlich intendierten Ziele. Ein derart verdichtetes Referendariat ist nach Aussagen vieler Auszubildenden eher ein Überlebenskampf als eine Aneignungs- und Integrationsphase im Professionalisierungsprozess.”
Für eine Beibehaltung einer längeren Ausbildungsdauer sprechen laut bak die Erfahrungen in Sachsen: Dieses Bundesland hatte bereits 2015 den Vorbereitungsdienst auf zwölf Monate verkürzt und ist 2017 wieder zu einer Dauer von 18 Monaten zurückgekehrt – “weil sich die Verkürzung als Fehlentscheidung herausgestellt hat. Auch Berlin hatte schon von 2009 bis 2012 einen 12-monatigen Vorbereitungsdienst für Lehrämter an Sekundarschulen und hat diesen aufgrund verheerender Evaluationsergebnisse wieder dem 18-monatigen Vorbereitungsdienst für das Gymnasiallehramt angeglichen”. Kosteneinsparungen und die Not der Kultusministerinnen und Kultusminister, freie Lehrerstellen besetzen zu können, sind der Hintergrund von Bestrebungen, das Referendariat zu verkürzen.
Neben dem Kompetenzaufbau sei auch die persönliche Haltung ein wesentlicher Faktor für die Professionalisierung und den Lehrerfolg von Lehrkräften, meint nun der bak. Die Entwicklung von professionellen Haltungen benötige nicht nur gute Ausbilder:innen, sondern auch hinreichend Zeit. “Angesichts der zunehmenden Herausforderungen in unserer Lebenswelt brauchen wir stabile und gereifte Persönlichkeiten als Lehrkräfte. Dies zu erreichen braucht eine angemessene Zeit der Erprobung in bewertungsfreien Räumen.”
Der bak Lehrerbildung plädiert für einen 24-monatigen Vorbereitungsdienst mit anschließender Berufseingangsphase und eine bessere Verzahnung aller drei Ausbildungsphasen. Um eine hinreichende und angemessene Qualifizierung der angehenden Lehrkräfte sicherstellen zu können, sei daher die Beibehaltung eines mindestens 18-monatigen Vorbereitungsdienstes in Schleswig-Holstein zwingend. News4teachers
Die üblichen Verklärungen des Refs…
Abschaffen wäre auch ‘ne Alternative.
Das würde die Unterrichtsqualität tatsächlich verbessern und viel Geld sparen.
Das würde die alteingesessenen Fachleiter wieder zum praktischen Unterrichten zwingen und die Posten für die Seminarleiter obsolet machen. Folglich wird das nicht passieren.
^ genau das. So funktionieren lock-in-betroffene Systeme ohne Bezug der Führung zur Basisarbeit.
Genau- im Grunde braucht es (dann) auch nur noch Quereinsteiger oder andere Laien.
Mir hat noch nemand schlüssig erklären können, was der große Gewinn des Referendariats sein soll. Was soll jmd. nach dem Referendariat können, was ein examinierter Lehramtsstudent mit entsprechendem Studienabschluss oder jeder äquivalente Magister-, Diplom-, Masterabsolvent der entsprechenden Disziplinen nicht können soll? Man lernt im Referendariat keine Raketenwissenschaft, sondern vornehmlich Dinge, die man auch rasch on the fly im Berusalltag lernen können sollte. Ein Quereinsteiger ist nicht kapazitätenbindender als ein Referendar.
Change my mind.
“Change my mind.” – Nö, stimmt schon.
Man kann es verkürzen, indem man die wissenschaftlich-pädagogischen Inhalte ins Studium überträgt inklusive ernsthaftes Praktikum von 6 Monaten an der Schule, da ist der Druck dann nicht so groß und man kann schon eine gewisse Routine erwerben und entscheiden, ob der Beruf wirklich zu einem passt. Die Referendarzeit direkt nach dem Studium war fast ein Schock, und wenn man dann noch an schlechte Seminarlehrer kam, waren 2 Jahre oft vergeudete Zeit. Ich habe aus meiner Ref. Zeit kaum etwas gebrauchen können, nur der eigenverantwortliche Unterricht hat mich vorangebracht. Die Lehrproben waren hoffnungslos realitätsfern. Da müsste sich viel ändern.
Dito,. Von meinen Mentoren und auch dem sehr engagierten Rektor konnte ich mir viel abgucken, aber die Seminare waren verlorene Zeit. Und die Lehrproben unrealistisch. Freilich gab es damals noch Lehrerschwemme, weshalb die Notengebung auch äußerst streng war und eine Note schlechter als 1,5 in die Arbeitslosigkeit mündete.
Mich würde interessieren, ob die heutigen Junglehrer da weniger Druck haben und sich mehr ausprobieren können.( Wünschen tu ich es ihnen)
Genauso ist das. Aber die Universitäten werden das schon verhindern, dann müsste man sich ja an der Praxis orientiern und könnte nicht mehr in Utopien schwelgen…
Das Ref kann man in Brandenburg bereits auf neun Monate verkürzen. Und mit der hier praktizierten Variante, jeden, der irgendeine Berufsausbildung hat (richtig gelesen, es ist noch nicht mal ein Bachelorabschluss mehr nötig – „berufsbegleitend“ gibt es ein paar Stunden „pädagogische Grundqualifizierung), auf die Kinder loszulassen, ist es für mich völlig unverständlich , warum sich irgendwer hier noch dem Stress eines Lehramtsstudiums mit Ref, egal wie lange, unterzieht.
Ich finde zwei Jahre Ref auch sinnvoll: ein Jahr, in welchem man ganz viel begleitet ausprobieren und auch versemmeln kann, und ein Jahr, in dem man dann die Kniffe und Feinheiten des Lehrerhandwerks verinnerlicht.
Wieso nicht? Dann würden die Lehrerausbilder vielleicht mal effizienter ausbilden.
Wie genau geht dieses „effizientere Ausbilden“?
Wenn mir ein Fachleiter bei der Nachbesprechung erzählt, die Referendare müssen ein “fünf Gänge Sterne-Menü” kochen können und so wird das auch bewertet, dann bekomme ich halt einen Anfall.
Wie wäre es mit “gesunder Hausmannskost”? Nein, das ist nicht der Sinn des Referendariats, wurde ich belehrt. Jeder muss mindestens drei Didaktiken gelesen haben, um verleichen zu können … bla bla bla … und tausend Methodiken müssen gezeigt werden, die gar nicht zu unserer Schülerschaft passen, aber egal, das ist halt so!
Als Praktiker muss ich mich da leider übergeben. Ich habe das dann, mit Rücksicht auf den Referendar, der solchen Menschen ausgeliefert ist, nicht auf die Spitze getrieben.
Voll logisch. Wir verkürzen die Schulzeit von 10 auf 8 Jahre. Dann würden die Lehrer vielleicht mal effizienter unterrichten.
So in etwa?
Letztlich halte ich die praktische Erfahrung, die man im Referendariat sammelt, im Sinne eine vollständige Ausbildung für notwendig. Dass man sie auch schon während des Studium bei entsprechender Umgestaltung sammeln kann, mag allerdings eine Alternative sein. Ob man dabei auf Fachanteile verzichten sollte, ist dann die nächste Frage.
Die Motivation, Geld zu sparen oder schneller Lehrer „auszubilden“, ist, wie alle ähnlich motivierten Entscheidungen, eine, die nach hinten losgehen kann, ohne dass nachher jemand genau weiß, woher der Schuss ins eigene Knie gekommen ist (oder man überhaupt realisiert, dass man sich ins Knie geschossen hat).
Das Referendariat muss man so oder so umgestalten.
Ganz ehrlich …wer tut sich das denn noch an? Und wozu?
Sinnvoll sind viele Seminare nur bedingt. Oft – so Leid es mir tut – vergeudete Zeit.
Ich habe das anders erfahren, deshalb sehe ich das nicht so pessimistisch.
Geht mir genauso.
Aber Sie sind doch nicht taub und blind, oder? Ich meine, nur weil es vereinzelt Lehrer gibt, bei denen der Vorbereitungsdienst nicht grauenhaft verlaufen ist, müssen diese doch mitbekommen haben, was so um sie herum auf der Welt passiert. Man unterhält sich doch auch mit Kollegen im Lehrerzimmer oder ließt in Foren. Meine Kollegen berichten entweder ständig über die “schlimmste Zeit ihres Lebens” oder verweigern Gespräche darüber mit der Aussage, man sei bis heute traumatisiert und wolle nicht mehr darüber reden (“ich habe jeden Tag geweint”).
Erinnert mich etwas an die Aussage des Kaisers: “Ich habe in Katar keinen einzigen Sklaven gesehen”.
Na dann ist ja alles gut.
Meine Erfahrungen beschränken sich nicht nur auf mein selbst Erlebtes, sondern auch auf die in meinem Freundeskreis und natürlich meiner Kollegen und Referendare an unserer Schule. Zudem kenne ich auch Fachleiter. Daraus ergibt sich mein Bild des Referendariats. Dort ist es zwar anstrengend und wegen der Prüfungssituationen auch für viele unangenehm und stressig, einige jammern, aber Traumatisierungen habe ich noch nicht erlebt. Wenn Ihre Erfahrungen da andere sind, bedauere ich das, sie decken sich jedoch nicht mit meinen. Ich habe bisher, wahrnehmungsbeschränkt wie ich nunmal bin, tatsächlich keine Sklaven gesehen.
Über die vermittelte „zeitgemäße“ Didaktik und Pädagogik kann man streiten (, das tue ich auch häufiger), dennoch kann (und muss) man sich damit konstruktiv auseinandersetzen, eben um zu lernen, was sinnvoll, anwendbar, übertragbar, entwicklungsfähig ist.
Und natürlich gibt es immer zweifelhaftes Verhalten von Personen, Strukturen, Inhalte und Organisationsformen, die man ändern müsste, aber die Grundidee des begleiteten Unterrichtens, in Theorie und Praxis, halte ich für sinnvoll.
Die Grundidee ist auch in Ordnung und (kann) sinnvoll (sein).
Jedoch kenne ich sehr viele Beispiele, wo das Referendariat einfach nur fragwürdig ist.
Klar, ich kenne auch andere. Zudem kenne ich ebenfalls Seminarleitungen und kann durchaus sagen, dass es sehr gute und sehr schlechte Semiarleitungen gibt. Leider ist Zweiteres nicht so selten, wie “es sein sollte”.
Über die “Qualifizierung” der Seminarleitungen kann man natürlich auch diskutieren und dies durchaus kritisch sehen.
Ich kenne halt eben auch andere “Systeme” von Ausbildungen und durch meinen persönlichen Vergleich gehe ich definitiv in Richtung “das Referendariat ist in vielen Fällen Müll”.
Von mir aus kann das Referendariat auch auf 48 Monate erhöht werden, solange ich dann nicht mit popeligen 1.500 € brutto nachhause gehe. Wie überlebt man damit überhaupt?
Wie als Student vorher auch. Ein Zimmer, Fahrrad, wenig zu essen….
Ja gut, dann “arbeite” ich aber auch wie ein Student 😀
Ich in meinem Fall kriege im Moment mit A7 etwas mehr als doppelt soviel. Wie auch immer das funktionieren mag. Aber Leistung erwartet man für so einen Hungerlohn dann besser nicht von mir
Folge der Spur des Geldes und des Mangels.
Das Referendariat habe ich noch in 24 Monaten durchlaufen und das war gut so. Man hat einfach mehr Zeit, reinzukommen, auszuprobiern und sich zu finden. Dass so manche Veranstaltung von Fachdidaktikern ziemlich sinnlos war – ist halt so. Pflichtprogramm, das absolviert werden muss.
Die Verkürzung auf 18 Monate sparte am Beginn des Referendariats, an der Zeit des Ausprobierens, den Hineinfindens, des Sich-Orientierens. Keine gute Idee. Dafür wurde in Baden-Württemberg die schriftliche Arbeit zum zweiten Staatsexamen mehr oder minder ersetzt durch irgendeine Dokumentation. Auch eine Idee, diese habe ich aber nicht mehr richtig mitbekommen.
Warum überhaupt noch ein Referendariat? Ein “Volkssturm” aus Volkslehrern könnte doch helfen. Rudimentär ausgebildet und anschließend verheizt ohne Gnade.
Das System ist am A…. und wird auch in Kiel nicht auf diese Tour gerettet werden können. Man nimmt den Junglehrern die Möglichkeit, am Modell “erfahrener Kollege vor Ort” zu lernen. Besser man streicht so manche Seminarveranstaltung.
Wertschätzung sieht anders aus.
In SH, wo der Abischnitt am niedrigsten ist, müssen schleunigst die alten Säcke durch junge, kompetente Kolleg*innenden ersetzt werden. Dann klappt es auch wieder mit den Noten.
Meine Erfahrung: schon fachlich ziemlich überforderte Referendare (und die werden immer jünger) stoßen auf pädagogisch nie geahnte Herausforderungen. Dann landet man eben schon mit 30 im Burnout. Die Zahl der Abbrecher wird steigen.
Sinnvoller wäre es, die Ausbilder in die Schulen zu versetzen und an ihre Stelle Praktiker aus der Schule. Wer sitzt denn im Ministerium oder im iqsh? Traumtänzer, die in der Schule gescheitert sind und nun ihre geballte Kompetenz an den armen Referendaren und den Lehrplänen auslassen. Wenn ich mir anschaue, wer da sitzt und wie viele – gruselig. Der Fisch stinkt wie immer vom Kopfe.
SH kapiert es ja normalerweise zuletzt, vielleicht wollten die einmal aus dem Schema raus.
Als einer aus den Reihen der mutmaßlichen Traumtänzer/-innen würde ich da gerne in den tieferen Austausch gehen.
In meinem näheren Teamumfeld habe ich bisher jedenfalls keine “Gescheiterten” ausmachen können, sondern Menschen, die für ihre Aufgabe brennen (und jederzeit wieder an Schule zurückgehen würden).
Dass Ihre Sicht davon abweicht, finde ich spannend und möchte gerne mehr über Ihre Erfahrungen wissen.
Also: Ich freue mich auf den Austausch!
Ich fand den 1,5-jährigen Vorbereitungsdienst so schon sinnvoll, wenn auch weniger wegen der Seminare: Das Pädagogik-Seminar fand ich sehr verkopft und es hat mich auf die Arbeit an einer Gesamtschule kaum vorbereitet. Bei den Fachseminaren hing es sehr vom Betreuer ab, die waren aber in Ordnung.
Die klassischen Unterrichtsbesuche fand ich oft einfach wenig hilfreich. Andere Referendare aus anderen Fächern erzählten da fast Horror-Geschichten, wo willkürlich kritisiert wurde, zwei Seminarleite zwei völlig entgegengesetzte Eindrücke hatten usw.
Wirklich gut fand ich die Möglichkeiten, an der Schule bei erfahreren Lehrkräften zu hospitieren und gemeinsam mit ihnen Unterricht zu planen. Das ist m.E. der wesentliche Punkt: Selbst vor Klassen ausprobieren zu können, mit erfahreren Kolleg*innen im Hintergrund, die gemeinsam mit einem reflektieren.
In anderen Berufen wird man auch normal bezahlt, trotzdem eingearbeitet und hat zu Beginn zwar schon Verantwortung, aber noch immer Unterstützung im Hintergrund. Die Frage wäre doch, ob man nicht das Referendariat kürzen könnte und dennoch den “neuen” KuKs bspw. im ersten Jahr eine erfahrene Lehrkraft als Mentor zur Verfügung stellt.
Wird aber vermultich aus Kostengründen nicht passieren.
Wer MINT auf Lehramt fertig studiert hat braucht heute nicht Lehrer zu werden. Die Wirtschaft wirbt fleißig ab. Kein Wunder, denn als Referendar bekommt man nur die Hälfte des ohnehin nicht konkurrenzfähigen Lohns.
Wenn es die Verantwortlichen mit dem Argument der Qualität der Lehre ernst meinen, dann gerne 24 Monate Referendariat. Dann spricht aber auch nichts gegen volle Bezüge von Anfang an.