Azubi-Report: Zufriedenheit mit Berufsschulen sinkt, Klagen über Überstunden nehmen zu

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DÜSSELDORF. Der DGB-Ausbildungsreport geht einmal im Jahr der Frage nach, wo den Auszubildenden der Schuh drückt. Diesmal sind es die vielen Überstunden. Kritisiert wird von vielen auch die Qualität des Berufsschul-Unterrichts.

Immerhin: 70 Prozent der Auszubildenden sind mit ihrer Ausbildung zufrieden. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Die Auszubildenden klagen so häufig wie noch nie über regelmäßige Überstunden. 40 Prozent gaben beim neuen DGB-Ausbildungsreport an, regelmäßig Überstunden machen zu müssen. Dies sei ein neuer Höchstwert, berichtete der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Düsseldorf. Zehn Prozent berichteten, keinen Ausgleich für die Überstunden zu erhalten.

Der DGB hat für seinen neuen Report gut 2000 Auszubildende aus Nordrhein-Westfalen in den 23 meistfrequentierten Ausbildungsberufen befragt. Einen neuen Höchstwert erzielte dabei auch der abwesende Ausbilder: Fast zehn Prozent (9,7) der Befragten gaben an, dass an ihrer Ausbildungsstelle kein Ausbilder vorhanden ist – auch das sei ein Höchstwert. Dennoch: 70 Prozent der Azubis sind mit ihrer Ausbildung zufrieden.

KEIN PLAN: Trotz der grundsätzlichen Zufriedenheit, so die DGB-Landesvorsitzende Anja Weber, gebe es zum Teil erhebliche Mängel. So liege bei 40 Prozent der befragten Azubis kein betrieblicher Ausbildungsplan vor. Diese Azubis hätten damit keine Möglichkeit zu überprüfen, ob ihnen alle Inhalte vermittelt werden, die zum Erreichen des Ausbil­dungsziels notwendig sind.

AUSBILDUNGSFERN: Fast 17 Prozent gaben an, immer oder häufig mit ausbildungsfernen Arbeiten beauftragt zu werden. Vor zwei Jahren waren es nur knapp zwölf Prozent. «Es sind immer wieder dieselben Berufe, bei denen wir erhebliche Defizite feststellen», sagte Andreas Jansen, Abteilungsleiter Jugend beim DGB NRW.

FLOP: Am unteren Ende der Bewertungsskala rangierten die Ausbildungen zum Verkäufer, zu medizinischen Fachangestellten, Anlagenmechanikern, Malern und Lackierern, Hotelfachkräften und Friseuren. «Gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel müssen die Arbeitgeber jetzt handeln und die Ausbildungsbedingungen in den betroffenen Berufen deutlich verbessern», sagt Jansen.

TOP: Die besten Noten erteilten angehende Mechatroniker, Industriemechaniker, Tischler, Bankkaufleute, Fachinformatiker und Gärtner. Der Schlüssel liege bei guten Ausbildern: Je qualifizierter die Ausbilder, desto geringer die Abbruchquoten.

BERUFSSCHULE: Es scheint paradox. 2022, also während der Corona-Pandemie, war die Zufriedenheit mit dem Berufsschulunterricht am höchsten (59,4 Prozent), seitdem ist sie rückläufig und hat mit 52,5 Prozent den zweitniedrigsten Wert seit 2012 erreicht. Kritisiert wird vor allem die fachliche Qualität des Unterrichts – die von etwa der Hälfte der Berufsschülerinnen und Berufsschüler als nur “befriedigend” oder schlechter beurteilt wird (während die fachliche Qualität der Ausbildung im Betrieb von zwei Dritteln als “gut” oder “sehr gut” beurteilt wird). Die vergleichsweise schlechte Beurteilung der Berufsschulen hänge vor allem mit der personellen und materiellen Ausstattung zusammen, heißt es. 

Quelle: DGB-Ausbildungsreport

ANGEBOT: Mit fast 109.000 abgeschlossenen Ausbildungsverträgen lag die Zahl um 0,3 Prozent unter dem Niveau von 2023. Das Vor-Pandemie-Niveau sei noch nicht wieder erreicht. Zugleich bleibe ein Fünftel der jungen Menschen in NRW ohne Berufsausbildung, obwohl fast jede zehnte Ausbildungsstelle 2023 unbesetzt blieb. Nur noch 21 Prozent der NRW-Betriebe bildeten überhaupt aus.

ABBRUCH: Fast 30 Prozent der Auszubildenden brechen ihre Ausbildung ab. 85 Prozent der Befragten, die eine Ausbildung abgebrochen haben, wechselten den Ausbildungsberuf. 15 Prozent gaben an, die gleiche Ausbildung in einem anderen Betrieb fortzusetzen. News4teachers / mit Material der dpa

DGB-Report: Viele Azubis fühlen sich schlecht auf die Digitalisierung vorbereitet

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Realist
19 Tage zuvor

Die vergleichsweise schlechte Beurteilung der Berufsschulen hänge vor allem mit der personellen und materiellen Ausstattung zusammen, heißt es.”

Wenn man sieht wie einige Unternehmen ausgestattet sind und dann das mit den abgewrackten, baufälligen Schulen mit einen Inventar aus dem letzten Jahrhundert vergleicht, und z.B. den Personalschlüssel einer betrieblichen IT-Abteilung den paar Entlastungsstunden für die IT-Lehrkraft in der Schule gegenüberstellt, ist diese Schlussfolgerung kaum überraschend.

Testerin
18 Tage zuvor
Antwortet  Realist

Oh ja. Ich kann mich dran erinnern, dass die einzigen, funktionierenden Toiletten meiner Berufsschule sich im Erdgeschoss befanden. Drei Mal dürft ihr raten in welchem Stockwerk ich unterrichtet wurde. Im obersten Stockwerk.

Da waren schon mal zehn Minuten Unterricht weg, wenn man die Stufen runter und wieder rauf musste, weil man aufs WC musste.

Frust
18 Tage zuvor

Mir stellt sich auch die Frage, inwieweit diese Unzufriedenheiten mit der Schule in Zusammenhang stehen mit dem Ende des elterlichen Helicopterings bzw. den Möglichkeiten dazu.

Auch die speziellen Probleme bei Berufen im medizinischen Bereich, Hotel, Verkauf, Friseur, in denen man direkt in Kontakt mit unangenehmen Kunden, Patienten oder Gästen steht und deren Launen und Sonderwünschen ausgeliefert und zur gefälligen, alsbaldigen Lösung und Bereinugung derselben aufgefordert ist, geben mir zu denken.

Da können wohl Mama und Papa nicht mehr auf der Matte stehen und mit dem Anwalt drohen oder ein “Also, die Probleme hat er/sie ja nur mit Ihnen!” raushauen oder die Lehrkraft mal direkt fragen, ob sie denn in ihrem Beruf richtig sei bzw. Parallelen zum eigenen herstellen: “Wenn ich mit meinen Kunden…”

FrankDr
17 Tage zuvor

LOL. Man erwartet 3 Jahre Abitur, 3 Jahre Bachelor, 2 Jahre Master, mindestens 0,5 Jahre Berufspraktikum was bei den meisten mehrere Jahre dauert), 1,5 Jahre Referendariat.
Dann wundert man sich, dass man nicht für jedes Gebiet im Berufsschulwesen jemanden findet, der sich das für – jährlich durch Sockelbeträge abgewertetes A13 antut.

Stattdessen nehmen fast nur noch Quereinsteiger, die nochmals niedriger eingestellt werden.
Unseren Deutschunterricht hier wird von einer Fitnesskauffrau (einzige Qualifikation) durchgeführt. Ansonsten hätte es ausfallen müssen. Kann man sich nicht ausdenken. Referendare gibt’s quasi nicht mehr.
Wir kriegen selbst in der Pflege (egal ob Kranken – oder Altenpflege) nur noch Absagen, dass es sich für die nicht mehr lohnt. Gleiches bei Metalltechnik, IT, etc.
Aber hey… Lehrer ist doch ein top bezahlter Halbtagsjob. Solange bis die Leute ernsthaft nachrechnen und nachdenken, ob sie das machen

dickebank
17 Tage zuvor
Antwortet  FrankDr

Ginge die Schulpflicht nicht bis zum Schuljahresende, in dem der Schulpflichtige das 18. Lebensjahr erreicht, die Berufsschulen könnten aufgelöst bzw. in die bestehenden GY und GE integriert werden.

DienstnachVorschrift
17 Tage zuvor
Antwortet  FrankDr

Und ich als ausgebildete Deutschlehrkraft (WiWi/Deutsch) werde deshalb fast ausschließlich im Deutschunterricht eingesetzt und habe deshalb 17+ Klassen jedes Jahr. Meinetwegen kann der Deutschunterricht ausfallen bzw. der wird ausfallen, wenn ich nicht mehr da bin. Die unverhältnismäßig hohe Arbeitsbelastung werde ich nicht mehr länger tolerieren.

Testerin
17 Tage zuvor
Antwortet  FrankDr

Mein Deutschunterricht in der Berufsschule war sinnlos und Platzhalterunterricht.

Man hatte da rein gar nichts gelernt, man saß nur da und den SuS hat es nicht die Bohne interessiert, was der Deutschlehrer gemacht hatte, weil wir Sachen gemacht haben, die absolut unbrauchbar waren, bspw. Fragen zu einem Film beantworten, anstelle wie man eine Bewerbung, Kündigung, etc. schreibt.

DienstnachVorschrift
16 Tage zuvor
Antwortet  Testerin

Natürlich kann man auch anderen Deutschunterricht machen, das heißt: bei Verwaltungsfachangestellten Verwaltungsakte schreiben lassen, bei Industriekaufleuten Anfragen, Angebote und Bestellungen. Ansonsten Kommunikation (Kunden, Kollegen Vorgesetzte), Protokolle, wissenschaftliches Arbeiten, berufsspezifische Präsentationen, Lebenslauf/Anschreiben etc. Die Vorbereitung dafür ist aber für die Lehrkraft sehr zeitintensiv, da man Deutsch mit fachlichen Inhalten verknüpfen muss.
Wenn das nicht möglich ist, dann sollte tatsächlich der Deutschunterricht ausfallen, vor allem bei Ausbildungsgängen mit vielen Abiturienten. Leider ist das nicht möglich.

GBS-Mensch
17 Tage zuvor

Ist doch wieder erstaunlich, dass man bei einen Bericht über eine Erhebung unter Auszubildenden, nichts anderes in der Birne hat, als das eigene Lamento ins Schaufenster zu stellen.

Das schaffen auch nur Lehrer.

Realist
17 Tage zuvor
Antwortet  GBS-Mensch

Kontext nicht verstanden?

Die Azubis kritisieren den Berufsschulunterricht wegen der “personellen und materiellen Ausstattung”. Wir sind hier in einem Lehrerforum und in keinem Forum für Ausbildungsbetriebe.

Die Kollegen weisen zu Recht darauf hin, dass für die miese Personal- und Sachausstattung die Länder bzw. die Kommunen verantwortlich sind: Wer Peanuts anbietet, muss sich nicht wundern, wenn er nur noch die bekommt, die nicht schon auf höhere Bäume verschwunden sind.

Lehrkräfte sind nicht für den Personalmangel oder die teilweise aus der Zeit gefallene Ausstattung und den Zustand der Schulen verantwortlich. Es ist auch nicht deren Aufgabe, sich eins oder mehrere Beine auszureißen um diese offensichtlichen Mängel zu kompensieren. Wenn der Gesetzgeber die “schwarze Null” unbedingt will und die Landesregierungen dann (oft) zuerst an der Bildung sparen, dann sind die Zustäne so, wie sie sind, gewollt und kein Kollege braucht ein schlechtes Gewissen zu haben!

GBS-Mensch
17 Tage zuvor
Antwortet  Realist

Das ist einer von acht Punkten und ich lese auch nicht, dass seitens der Auszubildenden ein Vorwurf ggü. Lehrkräften bzgl. der Ausstattung getätigt wird.

Was ich allerdings lese ist Schüler- und Elternbasching im Beitrag von”Frust”. Neben den anderen üblichen Jammerplatten.

447
17 Tage zuvor
Antwortet  GBS-Mensch

Die entsprechenden Schulen sind Bewerbungen gegenüber sehr offen…
…Neue gesucht, wenn es so easy ist.

GBS-Mensch
17 Tage zuvor
Antwortet  447

Ich habe mich dazu gar nicht geäußert. Geäußert habe ich mich dazu, dass die Kommentare hier wenig bis gar nichts mit dem Inhalt des Beitragszu tun haben.

447
16 Tage zuvor
Antwortet  GBS-Mensch

Ach so,mein Fehler.

Sporack
13 Tage zuvor

Im Text heißt es, man wäre zu Corona-Zeiten zufriedener gewesen.

Wenn ich mir ansehe, dass nach der Klasse 10 hier nochmal eine Stunde früher das Dorf verlassen werden muss:
Zur Sek1 Abfahrt des Bus zum 7:10 (8 Uhr Schulbeginn)
Zum Berufskolleg Abfahrt des Bus um 6:05 (8 Uhr Unterrichtsbeginn)
Mit PKW 20 Minuten Dauer.
Sehe ich auch hinreichend Potential für unausgeglichenes Lernerleben…

Beim Tag der offenen Tür konnte man sich mit dortigen Schülern unterhalten,
ich fass es nicht:
Schüler aus Köln, Bonn, Leverkusen usw …

Berufliche Ausbildung gerade von Minderjährigen hat meiner Meinung nach
am elterlichen Wohnort zu geschehen. Wird aber nicht angeboten.

Das Hochschulen und Universitäten Erwachsene quer durch die Welt anziehen oder abstoßen, ist das eine.

Aber Minderjährige “zu zentralisieren”, weil Schulen-Firmen und Ausbildungs sowie Lehrpersonal fehlt, ist deutlich der falsche Ansatz.

Machen wir uns ehrlich:
a) Es werden Fachkräfte gesucht
b) Man will oder kann sie nicht selber ausbilden
c) Man will aber kann die Ausbildungsstätte nicht erreichen

Folgerung/Forderung:

  • Schulpflicht am Wohnort von 6. bis 19. Lebensjahr.
  • Schulische Spezialisierung ab dem 16. Lebensjahr:

“wissenschaftlich” oder “handwerklich” oder “musisch-künstlerisch”
Danach:

  • “soziales Jahr” gefolgt von
  • anderen Praktika in Betrieben (ein Jahr)

Danach

  • Wissenschaftliche Ausbildung : (6 Jahre Studium bis “Master-Äquivlent”)
  • betriebliche (handwerkliche) Ausbildung (6 Jahre bis “Meister-Äquivalent”)
  • musisch-künstlerische wissenschaftlich-handwerkliche Ausbildung : 6 Jahre

Eröffnung der Promotionsmöglichkeit für Meister und Master in beliebigen Richtungen von beliebigen Bildungswegen. Gesetzliche Regelung, dass
100% der bezahlten Arbeitszeit für die Promotion aufzuwenden ist.

Best Case:
Berufseintritt ohne Kinder und ohne Promotion
18 + 2 + 6 = 26 Jahre
Berufseintritt nach Kindererziehungs- und Schulbegleitungsjahren:
18 + 2 + 6 + 18 = 44 Jahre

Bezahlte Freistellung von der Arbeit
zur Kinder-Erziehung bzw. Pflege der eigenen Eltern.