Nordrhein-Westfalens Kitas haben wegen Personalmangels deutlich häufiger ihre Kinderbetreuung einschränken müssen als sonst üblich. Wie aus einem Schreiben des Familienministeriums an den Landtag hervorgeht, haben die Kitas im September rund 3600 Meldungen an die Jugendämter gemacht, weil sie ihr Angebot einschränken mussten. Im Vorjahresmonat waren es rund 1200 Meldungen weniger gewesen. In NRW gibt es den Angaben zufolge rund 10.700 Kindertageseinrichtungen.
Der aktuelle September-Wert ist auch deshalb überraschend hoch, weil dieser Monat nicht zu der klassischen Erkältungszeit zählt, die im Herbst und Winter folgt. Im Februar 2024 waren es mit rund 3300 sogar weniger Meldungen gewesen als unlängst im September.
Bei den Meldungen an die Jugendämter im September ging es knapp 1700 Mal um die Reduzierung der Betreuungszeit. Die Eltern mussten ihre Kinder also früher abholen als sonst üblich, damit die Kita ihren Betrieb auch mit wenigen Erzieherinnen und Erziehern aufrechterhalten konnte. Gut 2000 Mal meldeten Kitas eine Teil- oder Gruppenschließung – dann musste ein Teil der Kinder in anderen Gruppen betreut werden als sonst üblich. In 62 Meldungen ging es um die vorübergehende Schließung der kompletten Kita.
Kritik von der SPD
Der familienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Dennis Maelzer, reagierte besorgt auf die Zahlen. «Die Lage in den Kitas spitzt sich immer weiter zu», sagte der Oppositionspolitiker und warf Familienministerin Josefine Paul (Grüne) Untätigkeit vor.
«Wenn selbst im Sommer-Monat September die Kitas derart betroffen sind, dann können nicht nur Erkrankungen die Ursache dafür sein», so der Sozialdemokrat. «Dann liegt es vor allem daran, dass die Träger finanziell auf dem letzten Loch pfeifen und sich nicht mehr anders zu helfen wissen, als das Personal massiv herunterzufahren.» Die SPD setzt sich im Nachtragshaushalt 2024 für ein «Kita-Rettungsprogramm» über 180 Millionen Euro ein.
Ministerium weist Kritik zurück
Als Reaktion auf die SPD-Kritik sagte eine Sprecherin des Familienministeriums, dass die Landesregierung auch in herausfordernden finanziellen Zeiten einen Fokus auf Kinder und Jugendliche lege. «Hier sparen wir nicht.»
Sie wies auf den Fachkräftemangel hin, der das System der frühkindlichen Bildung unter Druck setze. «Wenn Personal fehlt oder erkrankt ist, müssen die Kitas vor Ort teilweise schnelle Lösungen finden und Eltern unter Umständen spontan umplanen.»
Diese Entwicklung hat sich in den vergangenen Jahren verschärft. Dem setze das Ministerium «mit erheblichen Vereinfachungen der Personalverordnung kurzfristig etwas entgegen», so die Ministeriumssprecherin. «Denn wir wissen, wie herausfordernd die Situation für alle Kita-Beteiligten ist.» News4teachers / mit Material der dpa
«Dann liegt es vor allem daran, dass die Träger finanziell auf dem letzten Loch pfeifen und sich nicht mehr anders zu helfen wissen, als das Personal massiv herunterzufahren.»
Wo hat schon mal eine Erzieherin von Seiten der Kitaleitung zu hören bekommen “Egal wie viel Leute gerade fehlen, du baust jetzt Überstunden ab, denn der Träger muss “das Personal massiv herunterfahren”? (Bitte melden, wenn es schon so weit gekommen ist!)
Kann es sein, dass bundesweit immer mehr Kitafachkräfte ganz normal zu Hause bleiben, wenn sie krank sind? (Das wäre nicht die schlechteste Nachricht.)
Auch als eine von vielen möglichen Ursachen könnte im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie untersucht werden, inwieweit sich Kitafachkräfte nach einer Coronainfektion und/oder nach der Coronaimpfung nicht mehr so fit fühlen wie vorher. Wie viele leiden an schweren oder milderen Formen von Long Covid? Darüber bekommt man einiges von Kolleginnen zu hören. Seltener erfahrt man von langwierigen Nachwirkungen der Impfung, die es auch gegeben hat.
Inwieweit haben Tinnitus und Bandscheibenprobleme aufgrund erhöhter Belastungen und/oder des höheren Altersdurchschnitts der Fachkräfte zugenommen? – Es gehört eine ganzte Menge auf den Prüfstand!
Mir kommt das Versprechen eines Kitarettungsprogramms in Höhe von über 180 Millionen wie ein Ablenkungsmanöver vor.
Nur ein Beispiel: Eine mir bekannte Erzieherin ( jedes Jahr geimpft ) hatte bisher dreimal Covid..Sie nimmt gerade alles an Erkrankungen mit, was es gibt, auch Noro und co. Sie sagte mir auch, dass man gerade bei den Kleinen einfach nicht distanziert arbeiten kann, sie kuscheln, wollen auf den Schoß, wollen getröstet werden, was auch alles legitime Bedürfnisse sind. Sie liebt ihren Beruf, und die Situation in der Kita ist arbeitsmäßig gut, nette Kolleginnen etc. Also es ist kein Burnout, sondern tatsächlich etwas, was wohl ihr Immunsystem betrifft. Und ihren Kolleginnen geht es ähnlich.
Luftfilter und co wurden allerdings nicht probiert.
Was mich ärgert: Aufgrund der Erhebungen der AOK ist bekannt, wie es um die spezifischen Belastungen durch Corona bei Kitafachkräften aussieht. https://www.aok.de/pp/nordost/pm/erzieherinnen-und-erzieher-spaetfolgen-covid-19/ ErzieherInnen konnten sich nicht so gut wie Pflegefachkräfte vor Infektionen schützen. Es gab ja sogar Träger, die ihnen das Tragen von Masken verboten haben!!! https://www.news4teachers.de/2023/04/aok-analyse-long-covid-betrifft-erzieherinnen-und-erzieher-am-staerksten/
Aber von den Politikern, die die Kitas retten wollen, wird die Belastung der ErzieherInnen gar nicht erwähnt! Die Misere soll darauf zurückzuführen sein, dass die Träger “auf dem letzten Loch pfeifen würden”. – Aber in Wirklichkeit sind es Erzieherinnen, die das Gefühl haben, auf dem letzten Loch zu pfeifen!!! Und deshalb stehen Fragen im Raum:
Wie viele Kitafachkräfte haben Post Covid gehabt?
Wie viele leiden noch an Long Covid?
Und wie viele haben den Eindruck, dass eine oder mehrere der Impfungen gegen Corona ihnen mehr als nur ein bisschen geschadet haben könnten?
Wenn Erzieherinnen in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich stark von Spätfolgen betroffen waren, stellt sich die Frage nach dem Impfstatus, nach der Größe der Gruppe und nach allem, was sonst noch bedeutsam gewesen sein könnte. – Einiges ist immerhin schon bekannt:
https://www.aok.de/pp/nordost/pm/erzieherinnen-und-erzieher-spaetfolgen-covid-19/
Das Personal in den Kitas wird auf Verschleiss gefahren. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass die Kolleg*innen irgendwann nicht mehr können.
Stimmt. Und deshalb warnen mittlerweile Kolleginnen davor, in den Beruf zurückzukehren. “Du änderst am Personalmangel jetzt sowieso nichts.” – “Hier riecht es irgendwie immer nach Krankheit” (mehrgruppe Kita mit viel zu wenig Platz drinnen und draußen). “Tu es dir bloß nicht an!”
Mit dem “Kitarettungsprogramm” könnten Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden. Sie werden dringend gebraucht, denn ohne ein absolutes Minimum an Fachkräften, kann es keine legale Betreuung geben.
Wie lange die Fachkräfte aus europäischen Ländern oder von anderen Kontinenten dann aushalten und wie gut es im Alltag klappt, wird sich dann zeigen. I
Dammbruch in Bremen?
https://www.news4teachers.de/2024/11/kita-gruppen-ohne-fachkraft-senatorin-koennen-uns-kein-paedagogisches-personal-backen/
Wenn es dazu käme, dass nun auch offiziell und scheinbar legal Ungelernte Kitagruppen allein betreuen dürften, dann ist das über die Grenzen Bremens hinaus ein fatales Signal. Offensichtlich ist es auch nicht möglich, in anderern Ländern genügend Fachkräfte für hiesige Krippen und Kitas zu finden. Damit kein Missverständnis entseht: Ich habe nichs gegen Kolleginnen aus anderen Ländern. Allerdings stelle ich es mir sehr anstrengend vor, Kleinkinder in einer Sprache, die ich nicht wie meine Muttersprache beherrsche, zu verstehen. (Füt die Jugendarbeit kann ich es mir besser vorstellen als für Krippen und Kitas unter den derzeitigen Bedingungen.)
Je mehr Migrantinnen als Fachkräfte nach kurzer Zeit wieder kündigen, um so höher die Wahrscheinlichkeit, dass auch anderswo von Erzieherinnen bundesweit verlangt wird, dass sie zulassen, dass Gruppen ohne Fachkräfte betreut werden und eine von ihnen die Oberaufsicht und Verantwortung trägt.
Spoiler: #CovidIsNotOver
Hätten wir noch die nichtpharmazeutischen Tools zur Prävention, wie Co2 Ampeln und Luftfilter sowie ‘Selbsttests’ vor dem Betreten der KiTas (und auch Schule, der Arbeit, etc.), wäre der Krankenstand nicht so extrem hoch. Dafür bedarf es aber Mut zum Realismus.