WIESBADEN. Ein früherer Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit für Kinder mit Zuwanderungsgeschichte kann ihre Chance auf Bildungserfolg erhöhen. Das geht aus einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) hervor. Hinsichtlich der Chancenungerechtigkeit in Deutschland erkennt das BiB ungenutzte Potenziale.
Mütter mit Zuwanderungsgeschichte sind in Deutschland eine bedeutende Gruppe der Bevölkerung und der Gesellschaft. Mehr als jede vierte Mutter mit minderjährigen Kindern ist nach Deutschland zugewandert. Ihr Anteil an allen Müttern mit minderjährigen Kindern ist in den vergangenen zehn Jahren von 23 auf 29 Prozent gestiegen, heißt es im aktuellen Studienbericht des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB). Unter der Leitung von Bildungs-, Familien- und Bevölkerungsökonomin Katharina Spieß, Direktorin des BiB, analysierte ein Team aus Wissenschaftler:innen seit 2022 verschiedene bestehende Datensätze, um die Lebenswelt zugewanderter Mütter näher zu beleuchten. Ein Schwerpunkt bildete dabei die Frage, inwiefern sie ihre Kinder schulisch unterstützen.
Positiver Einfluss der Staatsangehörigkeit
Eines der zentralen Ergebnisse der Studie: Mütter mit Zuwanderungsgeschichte, deren Kinder seit Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, unterstützen ihre Kinder intensiver in schulischen Belangen als Mütter mit Kindern ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Die Studie verweist darauf, dass die bereits seit Geburt besessene Staatsangehörigkeit die Bildungsförderung und den langfristigen schulischen Erfolg dieser Kinder positiv beeinflusst. Demnach steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kinder ihre Schullaufbahn mit dem Abitur abschließen um sechs Prozent im Vergleich zum allgemeinen Durchschnitt.
Für diesen Teil der Studie fokussierten die Wissenschaftlerinnen die Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1999. Seitdem ist es möglich, dass ein Kind zugewanderter Eltern unter bestimmten Voraussetzungen die Staatsangehörigkeit bereits ab Geburt erhält. Sie verglichen unterschiedliche Gruppen:
- Kinder, die im Jahr vor der Reform geboren sind, mit Kindern, die im Jahr nach der Reform geboren wurden, sowie
- Kinder, deren Eltern nach Deutschland zugewandert sind, mit Kindern, deren Eltern beide in Deutschland geboren sind.
Diese Vorgehensweise ermöglichte es ihnen, den bloßen Effekt der Änderung in der Staatsangehörigkeit zu isolieren.
Dabei zeigte sich, dass sich die Reform von 1999 auch positiv auf den Schulerfolg älterer Geschwister auswirkt – unabhängig von deren eigener Staatsangehörigkeit: Denn die Mütter unterstützen nicht nur die Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit mehr und häufiger, sondern auch deren ältere Geschwister. Längerfristig wirkt sich das auf ihre Schulabschlüsse aus. Ihre Wahrscheinlichkeit, das Abitur zu erreichen, steigt laut Studienbericht um fünf Prozent im Vergleich zum Mittelwert.
Erkenntnisse „nicht nur für die Politik wertvoll“
Vor dem Hintergrund der Studie spricht das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung von ungenutzten Potenzialen. Mit Blick auf die dokumentierten Unterschiede im Bildungserfolg von Kindern mit und ohne Zuwanderungsgeschichte sieht das BiB die Möglichkeit, „das Bildungspotenzial der nächsten Generation stärker“ auszuschöpfen.
„Die Studie zeigt deutlich, dass wir Mütter mit Zuwanderungsgeschichte stärker unterstützen müssen“, sagt Johannes Hauenstein, Vorstand der Stiftung Ravensburger Verlag, die das Forschungsprojekt finanziell unterstützt hat. Die Erkenntnisse rund um ihre Rolle in der schulischen Förderung seien nicht nur für die Politik wertvoll, sondern auch für viele gesellschaftliche Akteure, die sich für Bildung, Integration und soziale Teilhabe engagieren. News4teachers
Woran kann man Schülern heutzutage eigentlich die Staatsbürgerschaft ansehen? Ich kann das nicht. Sogar der Name sagt ja heutzutage nichts mehr aus, weil oft genug Vornamen aus der Herkunftsregion der Eltern oder Großeltern ausgesucht oder bewusst vermieden werden.
Beispielsweise hatte ich mal Schülerinnen mit einem westlichen ersten Vornamen, einem ostasiatischen zweiten Vornamen und einem ebenfalls ostasiatischen Nachnamen. Nach wie vor kann man ihnen ihre ostasiatische Herkunft ansehen, jedoch spätestens nach einer Hochzeit mit Ablegen des Nachnamens ist in den Personalien jeglicher Migrationshintergrund verschwunden.
Umgekehrt gibt es reichlich Jugendliche mit deutschem Pass, die mit Deutschland abgesehen davon nichts verbindet, also weder Aussehen, Vorname, Nachname, Sozialisation, Kultur usw.
Exakt NULL Schüler mit Pass aus Mittelerde haben Abitur!
Schwere Diskriminierung entdeckt!
Na warte, wenn das der Sauron hört…
Die Studie bezieht sich, wenn ich es richtig verstanden habe, eher auf die Motivation von Schülern und deren Eltern, sich anzustrengen. Inhaltlich wäre es logisch, dass sich ein Immigrant mehr ins Zeug legt im neuen Vaterland als ein bloßer Migrant. Aber in der Praxis konnte ich an der Staatsbürgerschaft keinen Unterschied festmachen, eher an Schichtenzugehörigkeit und Nationalität der Eltern und – es klingt komisch, aber war so – an der jeweiligen Konkurrenz unter den Nationen.
Richtig. Die ungleichen Verteilungen der unterschiedlichen Nationalitäten auf die unabhängig davon auch noch zu definierenden Bevölkerungsschichten (z.B. nach Einkommenshöhe, Einkommensart, höchstem Bildungsabschluss der Personen selbst oder der Eltern) sind die eigentliche Ursache für die in der Studie beobachtete Korrelation, wobei man die Nationalitäten noch genauer aufschlüsseln müsste, wenn man es denn wollte. Danach kann man dann ergebnisoffen untersuchen, wieso sich unterschiedliche Nationalitäten so ungleich auf die Bevölkerungsschichten verteilen.
Tun sie das? Oder hat es schlicht mit den Startbedingungen zu tun: Ob jemand als Flüchtling ohne Vermögen oder als Repräsentant eines Konzerns nach Deutschland kommt, macht schon einen Unterschied. Zu unterstellen, es gäbe faulere und fleißigere/dümmere und schlauere Nationalitäten, wäre jedenfalls purer Rassismus.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Es gibt Nationen, in deren Kultur Bildung ein hoher Wert ist. Deutschland liegt da auch eher im Mittelfeld, finde ich. Eine Austauschlehrerin aus Taiwan war etwas schockiert, als ihr Schüler in Diskussionen sagten, dass sie ihre Schule nicht sehr mögen. Schon eine solche Aussage ist in vom Konfuzianismus geprägten Ländern undenkbar.
Ich glaube, sich mit den Hintergründen zu beschäftigen, Philosophie von anderen Kulturen und Anthropologie zu kennen, ist kein Rassismus.
“Gedankengebäude, die Kultur nicht als ‘historisch bedingt’ und nicht als veränderbar betrachten und in denen Vorstellungen von Kultur ‘in einem solchen Maße verdinglicht und essentialisiert werden’, dass Kultur ‘zum funktionalen Äquivalent des Rassenbegriffs wird’, werden als kultureller Rassismus bezeichnet.” Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Rassismus_ohne_Rassen
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Das kann man auch ergebnisoffen untersuchen.
Sie wollen “ergbnisoffen” untersuchen lassen, ob an Rassismus vielleicht doch etwas dran ist? Sorry, krank.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Ich bin regelmäßig wieder überrascht, dass die allermeisten Kinder, die wir jedes Jahr einschulen einen deutschen Pass besitzen (wobei die doppelte Staatsbürgerschaft vorherrscht). Überrascht deshalb, weil es überhaupt nichts darüber aussagt, ob die Kinder deutsch sprechen….meiner Erfahrung nach korreliert das nämlich im Gegensatz zum Artikel nicht unbedingt. Wir haben zu viele Kinder, die hier geboren wurden und einen deutschen Pass besitzen, die wenig oder gar kein Deutsch sprechen….
Verwirren Sie die “Forschenden” bitte nicht mit Fakten aus der Praxis. Solange noch keine Folgestudien beantragt, durchgeführt, ausgewertet und evaluiert wurden, sind Ihre Beobachtungen zudem allerhöchstens “EInzelfälle”.
Sie weisen zwar auf einen wichtigen Punkt hin, der nach einem Verwechseln von Korrelation (“Deutscher Pass”) und Kausalität (“Beherrschen der deutschen Sprache”) klingt, aber ohne die genannten Folgstudien ist auch das nur Spekualtion.
Zudem: Ein deutscher Pass ist schneller vergeben als die deutsche Sprache erlernt. Und wenn das dem Bildungserfolg dient, sollten wir schnell handeln, oder?
Mit der Passausgabe könnte auch ein Abitur angehängt sein, eine Büroklammer passt genau auf die Dicke von Plastikkarte plus DINA4-Papier – und die messbare Bildungsförderung wäre echt massiv!
Zumal sich die benachteiligt fühlenden Pässe mal fragen müssten, inwiefern die Passinhaber für die gefühlte Benachteiligung mitverantwortlich sind. Es gibt ja auch reichlich nichtdeutsche oder sogar nichteuropäische Pässe, die sich nicht benachteiligt fühlen.
Also zunächst einmal die Evaluation abwarten, bevor die Folgestudie starten kann.
Steile These -aber OK, wenn‘s die Ergebnisse hergeben. Obwohl, wenn die Abiturquote der älteren Geschwister um 5% steigt, wie in der Studie genannt, also z.B von 30% auf 31,5%. – ist das wirklich ein signifikantes Ergebnis? Oder kann das nicht auch auf die übliche Variabilität und generell ansteigende Abiturquoten zurückgehen? Ich bin da nicht überzeugt.