DÜSSELDORF. Wie in kaum einem anderen vergleichbaren Land entscheidet in Deutschland die soziale Herkunft über den Bildungserfolg – und zwar zunehmend. Darauf verweist eine nun veröffentlichte Expertise der Wübben-Stiftung Bildung. Hinzu kommen strukturelle Faktoren, die zur Benachteiligung beitragen. Bietet das zweigliedrige Schulsystem eine Lösung? Bemühungen in diese Richtung wären „positiv zu bewerten“, schreiben die Autor:innen.
Die Bildungschancen von Schüler:innen aus sozial benachteiligten Familien sind in Deutschland über die gesamte Bildungsbiografie in vielfacher Hinsicht eingeschränkt. Seit dem Jahr 2000 hat sich der Einfluss der sozialen Herkunft auf den Bildungserfolg sogar teilweise noch verstärkt. Das geht aus der Expertise „Woher und Wohin 2024“ der Wübben-Stiftung Bildung hervor. Erstellt hat sie ein Forschungsteam der Universität Osnabrück, der Universität Duisburg-Essen, der Ruhr-Universität-Bochum und der Technischen Universität Dortmund auf Basis zentraler Befunde zahlreicher Schulleistungsstudien.
Neben den Ergebnissen von
- PISA (Programme for International Student Assessment),
- TIMSS (Trends in International Mathematics and Science Study) und
- IGLU (Internationale GrundschulLeseUntersuchung) über
- ICILS (International Computer and Information Literacy Study) und
- ICCS (International Civic and Citizenship Education Study) bis hin zum
- IQB-Bildungstrend
berücksichtigten die Wissenschaftler:innen auch die Daten des nationalen Bildungsberichts und des NEPS-Panels. Im Fokus standen dabei fünf Kompetenzbereiche: Lesen, Mathematik, Naturwissenschaften, computer- und informationsbezogene Kompetenzen sowie politisches Wissen.
Einfluss der sozialen Herkunft hat sich „teilweise sogar noch verstärkt“
„Wir haben bereits vor zehn Jahren für die Wübben-Stiftung Bildung eine Expertise zum Zusammenhang von sozialer Herkunft und schulischer Bildungsbenachteiligung mit Blick auf die unterschiedlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler erstellt“, erklärt Isabell van Ackeren-Mindl, Professorin für Bildungssystem- und Schulentwicklungsforschung an der Universität Duisburg-Essen und Mitautorin der Expertise. „Die neue systematische Überblicksarbeit zeigt auf einer noch breiteren Studienlage, dass sich dieser Zusammenhang seither nicht verringert, teilweise sogar noch verstärkt hat.“
Dieser Befund gilt beispielsweise für den Kompetenzbereich Lesen: „Die herkunftsbedingten Unterschiede in der Lesekompetenz waren in der Primarstufe noch nie so stark ausgeprägt und sind im internationalen Vergleich besonders hoch“, heißt es in der Expertise. Die Lesekompetenz von Grundschulkindern aus sozial benachteiligten Familien liegt demnach durchschnittlich ein Lernjahr hinter der von Kindern aus privilegierteren Familien – unabhängig von der zu Hause gesprochenen Sprache. Am Ende der Pflichtschulzeit beträgt der durchschnittliche Rückstand sogar zwei Lernjahre. Besonders betroffen sind dann – neben Jugendlichen aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status – jene, bei denen zu Hause eine andere Sprache als Deutsch gesprochen wird.
Die Kompetenzniveaus unterscheiden sich zum Teil gravierend
Ebenfalls im internationalen Vergleich überdurchschnittlich stark ausgeprägt sind die Unterschiede in den naturwissenschaftlichen Kompetenzen der Grundschüler:innen aus sozial benachteiligten und privilegierteren Familien. Diese „entsprechen im Durchschnitt etwa einem Lernjahr“. In der Sekundarstufe liegen die Kompetenzunterschiede immer noch „etwas über dem internationalen Durchschnitt“. Je nach Fach umfassen sie allerdings zwei bis drei Lernjahre. Am ausgeprägtesten zeigen sie sich im Bereich Biologie, gefolgt von Physik und Chemie. Die Leistungsunterschiede zwischen Schüler:innen mit deutscher und Schüler:innen mit anderer Familiensprache beträgt „am Ende der Pflichtschulzeit nahezu ein Lernjahr“.
Im Bereich Mathematik betragen die Leistungsunterschiede in der Grundschule zwischen sozial benachteiligten und privilegierteren Kindern „rund ein Lernjahr“. Sie sind laut Expertise „über die Zeit relativ stabil geblieben“. „Die herkunftsbedingten Unterschiede in den Mathematikleistungen in der Sekundarstufe sind deutlich, liegen aber im internationalen Durchschnitt“, so die Autor:innen. Allerdings sei der erhebliche Anstieg an leistungsschwachen Schüler:innen besorgniserregend. Verpassten 2012 am Ende der Pflichtschulzeit nur 17,7 Prozent die Mindeststandards, waren es zehn Jahre später bereits knapp 30 Prozent.
Auch strukturelle Faktoren sorgen für Benachteiligungen
Herkunftsbedingte Differenzen zeigen sich auch bei den computer- und informationsbezogenen Kompetenzen sowie im politischen Wissen von Jugendlichen. Fast die Hälfte der Schüler:innen „mit niedrigem kulturellen Kapital“ erreicht nicht die Kompetenzen, die für digitale Teilhabe erforderlich sind. Bei denjenigen mit Zuwanderungsgeschichte lassen sich die Leistungsunterschiede „bei den computer- und informationsbezogenen Kompetenzen vor allem durch die (nicht-deutsche) Familiensprache“ erklären. Mit Blick auf das politische Wissen bestehen „erhebliche herkunftsbedingte Unterschiede, die sich seit dem Jahr 2016 auch nicht verringert haben“. Zusätzlich verstärken Schulen mit einem erhöhten Anteil sozial benachteiligter Jugendlicher diese Ungleichheiten, da sie seltener „formale und nonformale politische Lerngelegenheiten bieten“.
„Doch es sind nicht nur Herkunftsmerkmale, die diese vielfältigen Benachteiligungen hervorrufen, sondern auch strukturelle Faktoren“, erklärt Matthias Forell, Vertretungsprofessor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Inklusion an der Universität Osnabrück und ebenfalls Autor der Expertise. „Beispielsweise sind diese Schülerinnen und Schüler beim Zugang zum Gymnasium stark benachteiligt. Gleichzeitig geht der Besuch von nicht-gymnasialen Schulformen am Ende der Pflichtschulzeit mit Lernrückständen von drei bis vier Schuljahren einher.“
Handlungsoptionen, um den Einfluss sozialer Herkunft abzumildern
Um die Situation zu verbessern, ist es laut der Expertise unter anderem entscheidend, die sozial benachteiligten Schülerinnen und Schüler besonders in den Blick zu nehmen. „An Schulen im Brennpunkt und damit den Startchancen-Schulen lernen besonders viele dieser Schülerinnen und Schüler. Es ist daher zentral, dass das Startchancen-Programm in den Ländern zielgerichtet umgesetzt wird, damit es wirklich bei den Schülerinnen und Schülern ankommt“, sagt Markus Warnke, Geschäftsführer der Wübben Stiftung Bildung.
Neben dieser Unterstützung für Schulen in herausfordernden Lagen haben die Wissenschaftler:innen zudem neun weitere Handlungsoptionen aus den zusammengeführten Studien abgeleitet. Um den Einfluss der sozialen Herkunft abzumildern, braucht es demnach
- langfristig angelegte, evidenzbasierte und aufeinander abgestimmte Maßnahmen aller Akteur:innen, deren Wirkung auch kontrolliert wird.
- Maßnahmen gegen schulisches Versagen, wie vorschulische Frühförderung, gezielte Sprachförderung und Programme, die nachträglich einen Schulabschluss ermöglichen.
- schulische Förderung, die nicht nur auf das fachliche Wissen der Schüler:innen zielt, sondern auch auf Aspekte, „die ebenfalls bedeutsam für das schulische Lernen sind“. Dazu gehören „motivationale und interessensbezogene Orientierungen, Überzeugungen und Einstellungen“ sowie Selbstkonzept und Selbstregulation.
- umfängliche und verbindliche Fortbildungen für Lehrkräfte, die sie in die Lage versetzen, „zielgerichtete Diagnostik und Förderung der Basiskompetenzen“ zu realisieren.
- eine „Förderung von computer- und informationsbezogenen (Basis)Kompetenzen in allen Phasen der Lehrkräftebildung“, mit dem Ziel, in der Schule „die herkunftsbedingten Unterschiede im Zugang zu und in der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie zu vermindern“.
- die Förderung politischer (Basis)Kompetenzen (vor allem) an nichtgymnasialen Schulformen.
- multiprofessionelle Kooperation, um die Verantwortung für die schulische Bildung zu teilen. Dabei sollten der Expertise zufolge neben den Fachkräften des schulischen Ganztags auch außerschulische Akteur:innen einbezogen werden, sowohl aus dem sozialen Umfeld als auch aus der Bildungsforschung, Bildungspolitik und Zivilgesellschaft.
- eine sozialraumorientierte Schulentwicklung, die Familien bei Bedarf Unterstützung bietet wie „Einzelfallberatung an Bildungsübergängen“.
Abschließend verweist die Expertise zudem auf einen Schulstrukturenvergleich der OECD aus dem Jahr 2010. Demnach sind „Schulsysteme leistungsfähiger und gerechter [..], die allen Schülerinnen und Schülern im gleichen Setting individuelle Bildungswege ermöglichen“. Die Autor:innen kommen daher zu dem Schluss, dass ein inklusives Schulsystem, das stärker auf Zweigliedrigkeit sowie Schulformen mit mehreren Bildungsgängen setzt, „positiv zu bewerten“ wäre. News4teachers
Alles richtig, alles seit Jahren bzw. Jahrzehnten bekannt. Was passiert in der Realität?
Kürzungen in Berlin kommendes Jahr im Bereich Bildung, Jugend und Familien: 350 Millionen Euro.
Es wiederholt sich permanent: Studien zeigen, dass…, Bildungsverbände fordern, dass, Eltern fordern, dass…
und politischerseits geschieht viel, viel zu wenig bzw. wird das bisschen, was da ist, noch gestrichen.
„im gleichen Setting individuelle Bildungswege ermöglichen“
Aus meiner Sicht liegt in diesem Teilsatz der Kern: Das Ermöglichen von individuellen Bildungswegen, gerne im gleichen Setting. Solange man sich allein durch das Angleichen des Settings Erfolg verspricht, ignoriert man den zusätzlichen Bedarf an Ressourcen, der für eine Individualisierung, sprich engere Betreuung, Unterstützung, Beratung, Begleitung, … nötig ist.
Ja, man sehe sich an, was denn von 2012 bis 2024 in der Bildungslandschaft so passiert ist … Welche Veränderungen es auch immer waren, sie scheinen sich nicht positiv ausgewirkt zu haben.
Paradebeispiel BW: Seit der Ära Kretschmann mit Gemeinschaftsschulen und Streichung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung geht die Qualität der Bildung nur noch abwärts. BW war vorher immer mit bei der Spitzengruppe, inzwischen im unteren Mittelfeld angekommen. Noch mehr davon? Nein danke!!
Schulen in BW zeigen es, neue Lernräume für Projektarbeit, KI Anwendungen, tablets und co.
Der Lehrer? kann zuhause bleiben und schaltet sich online zu.
Aufsichten reichen.
Quatsch. Oder Sarkasmus?
Ganz gleich, ob man persönlich ein ein-, zwei- oder dreigliedriges Schulsystem präferiert, hochinteressant, wer sich in Baden-Württemberg für ein zweigliedriges Schulsystem ausspricht:
Die GEW und die Grünen, weil so muss man sich so weder mit den bildungs- und besitzbürgerlichen Elternteilen auseinandersetzen (das Gymnasium kann weiter abschulen) noch den eigenen Traum einer “Gemeinschaftschule” aufgeben.
Gegen Werkreal- und Realschulen sowie gegenüber Beruflichen Schulen traut man sich vorzugehen, während man vor der Gymnasial- und Privatschullobby kuscht – oder sich diese Einrichtungen für die eigenen Kinder und Enkel bewahren möchte.
Vielleicht ist das in anderen Bundesländern auch so?
Es gibt viele Orte in NRW, wo das jetzt schon so ist. Haupt- und Realschulen wurden geschlossen oder in Gesamtschulen umgewandelt. Die Folge: Die Eltern schicken Ihre Kinder natürlich vermehrt aufs Gymansium.
Es gibt also in Wirklichkeit Gymnasien und Restschulen. Die Gesamtschulen füllen Ihre Oberstufen in den anderen Gebieten übrigens sehr gerne mit Realschülern, das klappt dann leider nicht mehr. Aber gut, mit Vollgas an die Wand. Oder: GEW – Nee.
Sie unterschlagen die (integrierten) Sekundarschulen, die an den Standorten gegründet worden sind, an denen eine dauerhafte Vierzügigkeit nicht gewährleistet ist und die keine GOSt haben und deshalb auf die Kooperation mit einer GE, einem GY oder einem BK angewiesen sind.. Die SekS treten in vielen Gemeinden an die Stelle von HS und RS. Daneben gibt es noch die Gemeinschaftsschulen als kooperative Schulform, die von der CDU/FDP unter Sommer noch geplant und von Löhrmann als Schulversuch zugelassen worden sind. Ob die aber noch vorhanden sind oder in der Zwischenzeit in SekS umgewandelt worden sind, entzieht sich meiner Kenntnis.
In SH gibt es nur noch Gymnasien und GemS (diese mit oder ohne Oberstufe).
Das große Problem ist, dass unsere BiMi Null Annung davon hat, was an GemS vor sich geht.
Ihre Entscheidungen sind immer so, als gäbe es nur Gymnasien in SH. Das ist natürlich wenig hilfreich für GemS, weil hier die Herausforderungen ungleich größer sind.
LK dort haben z.B. ein größeres Deputat (27 statt 25,5 Std.), obwohl in einigen Fächern komplett binnendifferenziert (mit Inklusion also auf vier Niveaus) gearbeitet wird. (Nein die I-Materialien erstellen NICHT die Förderschulkolleg*innen in SH).
Gerade werden sechs Stunden in der Sek I gestrichen, was gerade für die GemS übel ist, da schwächere S*S ja mehr brauchen. Hauptsache ist für Frau P. aber, dass alle Kids (also auch die I-Kids) vier Stunden Informatik in der Sek I “genießen”.
@Achin: Frau P. gehört der CDU an und ist nunmehr 7,5 Jahre im Amt.
In meinem Bundesland besuchen mehr SuS das Gymnasium als die Oberschule. Wir haben die ehemaligen Hauptschüler längst am Gym, und die werden auch nicht abgeschult (nur in sehr seltenen Fällen), sondern irgendwie bis zur zehnten Klasse mitgezogen.
Nach Ihrer Aussage gehörten die Eltern von all unseren SuS zum Bildungsbürgertum – schön wär’s. Wir haben eine ganz normal heterogen zusammengesetzte Elterschaft, genau wie eine ganz normal heterogen zusammengesetzte Schülerschaft. Wir orientieren uns schon lange am unteren Mittelmaß, was die Leistungsanforderungen betrifft, mal ganz realistisch gesprochen.
Das deckt sich auch mit meiner persönlichen Wahrnehmung. In der Klasse (8) meiner Tochter (Gym.) geht die Schere sehr weit auseinander: viele sehr/gute SuS, viele schlechte/sehr schlechte SuS und die Mitte dünn besetzt. Wenn es heute Zeugnisse gäbe, würde laut KL 6 von 26 ( ehem. 32) sitzen bleiben. Dadurch sind die LuL immer wieder genötigt, weiter zu wiederholen, was bei den guten SuS zu Langeweile führt. In dieser Klasse gab es viele SuS ohne gymn. Empfehlung (NRW), was sich von Jahr zu Jahr bemerkbarer macht.
Herzlichen Dank an die drei Kollegen für die föderalen Hintergründe!
Ob eingliedrig, zweigliedrig oder dreigliedrig ist völlig egal, solange weiter den nichtgymnasialen Bildungsgängen/Schulformen die benötigten Ressourcen verweigert werden.
Rein statistisch waren im laut destatis.de die jährlichen Ausgaben pro Schüler/in an integrierten Gesamtschulen im Bundesschnitt deutlich höher als an Gymnasien.
Könnte u.a. daran liegen, dass die IGS grundsätzlich im gebundenen Ganztag arbeiten. VZ-Kräfte bekommen auch mehr Entgelt als TZ-Kräfte, damit auch Sie das verstehen können.
Nach meinen Informationen wäre die Wochenstundenanzahl z.B. in NRW an Gymnasien mit 188h in SEK 1 und 102 h in SEk 2 gleich hoch wie an der IGS. . Kann aber gut sein, dass neben den Kosten für die Unterrichtsstunden an der IGS noch andere Personalkosten anfallen, die es am Gym nicht gibt. Ich kenne den Schultyp IGS ja nicht näher. Da dürften wohl Lehrkräfte aus NRW, die beide Schultypen kennen, mehr zu wissen.
Schuljahr 2023/2024
https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/Statistik/Dokumentationen/Wochenpflichtstunden_der_SchuelerInnen_2023.pdf
An GE dauert die SekI sechs Jahre, in denen die SuS zwischen 32 und 34 Wochenstunden im Unterricht sind (Soll-Stundentafel). An den GY liegt die mittlere Wochenstundenzahl in der SekI bei maximal 32 und diese ist hier in NRW auf fünf Jahre angelegt, da die 10. Jahrgangsstufe als Einführungsphase zur GOSt zählt.
Also durchschnittlich 33 mal 6 an der GE zu 32 mal 5 am GY.
Ich kann mich als Laie nur auf die KMK-Stundentafeln stützen, da ich wie gesagt kein Insiderwissen habe. Demnach wären es an der IGS 188 h in SEK 1 , ebenso wie am Gym oder an der RS. Ob diese Stundentafeln stimmen, weiß ich natürlich nicht.
Nunja an Gesamtschulen brauchen wir halt Sonderpädagoge und Inklusionsassistenzen. Zumindest in NRW verweigern sich Gymnasien der Inklusion und haben diese Kosten daher nicht.
Im Vergleich zu Gymnasien hier unterrichten wir schon in Klasse 5 auch nachmittags, was mehr Stunden ausmacht. Meine 9. Klasse hat zurzeit 37 Stunden pro Woche, alles Unterricht.
Gibt es diese Personalausgaben in NRW denn nur an Gesamtschulen, aber nicht z.B. an Hauptschulen?
In Brandenburg bräuchten wir Sonderpädagogen (Inklusionsassistenzen = Schulbegleitung? Die wird aus nem anderen Topf bezahlt) genauso am Gym, bekommen sie aber nicht. Ergo ist der Gymnasialbesuch billiger, da die Inklusionskinder die ihnen eigentlich zustehende Unterstützung einfach nicht erhalten. Macht die Klassenlehrkraft nebenbei, denkt man sich im Kultusministerium vermutlich.
Auch wenn das Folgende die (mittlerweile) üblichen (unsachlichen) Reaktionen der ü.V. ‘provozieren’ wird:
Soziale Herkunft als Einflussfaktor meint in den Teilstudien ja regelmäßig lediglich sozioökonomischen Status (unterschiedlichst definiert btw), subsumiert das familiäre Vermögen als Surrogat anderer Einflussfaktoren:
Mehr Vermögen korreliert i.d.R. wohl auch mit anderen Faktoren, die den Bildungserfolg positiv beeinflussen, z.B. den Möglichkeiten diverse (private) Nachhilfen resp. Förderprogramme zu finanzieren, den eigenen Kindern (auch spontan) Bücher(!) zu kaufen, Kindern eigene Rückzugsräume (ein eigenes Zimmer) und Freiheiten (z.B. nicht die jüngeren Geschwister wie ein Elternteil ganztägig erziehen müssen, weil die ‘alleinerziehende’ Mutter – besonders armutsgefährdet – arbeiten muss) zu bieten, in einem förderlichem Milieu situiert zu sein, kognitiv-intellektuell (und sozial) förderliche Hobbies, Freizeitaktivitäten und Co. zu ermöglichen, und auch spezifische Erwartungshaltungen und Erziehungsstile der Eltern (Stichwort: Zirkelthese der Sozialisation) etc.
Stattdessen immer nur nach dem Vermögen zu gucken, statt gleich diese Faktoren direkt zu kontrollieren, das ist natürlich sozialwissenschatlich absolut unterkomplex. Vieles davon ist auch mit geringerem sozioökonomischen Status möglich, dabei geht es um immerfamiliären Ressourceneinsatz (ich komme btw aus einer Arbeiterfamilie).
Diesbzgl., i.V.m. der genetischen Bedingtheit von Intelligenz und dem Umstand, dass hierzulande eine allg. (kostenlose) Schulpflicht herrscht, Qualifikation, Selektion und Allokation über Leistungen in der Schule, welche hinreichend mit den dort allg. verfügbaren Mitteln und Materialien erfolgen kann (d.h. Leistungserfolg liegt nicht hinter einer Schranke, wie dem Erwerb teurer Spezialliteratur mit zusätzlichen Inhalten, ohne die Leistungsziele nicht erbringbar wären o.ä.), verpuffen auch diese unsäglichen Gerechtigkeitsdiskurse.
Der Vorwurf der Ungerechtigkeit bedarf eines Adressaten, der eine (vermeintl.) Ungerechtigkeit herstellt u./o. fördert. Der Staat und die Schulen speziell fallen hier aber raus, es bleibt eine ungleiche Verteilung von Ressourcen als Ursache, individuelle Lebenentscheidungen der Erziehungsberechtigten und kognitiv-intellektuelle Kapazitätslimits, die bereits derart mittels allerlei Konzessionen nivelliert werden sollten, dass sie z.T. die Leistungsgerechtigkeit negativ beeinflussen.
Wie eine Zweigliedrigkeit des Systems das aöles (bei gleicher kognitiv-imtellektueller Kapazität der jeweiligen Schüler) nivellieren können soll, bleibt fraglich.
… zumal die Gesamtkosten nicht höher werden dürfen als sie es jetzt schon sind.
Das die Zweitgliedrigkeit so gehypt wird, verstehe ich auch nicht. Überall sonst wird mehr Diversität gefordert. Dieser Logik nach: Mehrgliedrigkeit! Je mehr Schultypen, desto besser!
Das wäre dann in letzter Konsequenz der Heimunterricht mit Privatlehrer. Dabei übersehen Sie allerdings einen wesentlichen Aspekt, mit dem in Deutschland die Schulpflicht begründet wird: soziales Lernen.
Urteil von 2006: “Die allgemeine Schulpflicht dient als geeignetes und erforderliches Instrument dem legitimen Ziel der Durchsetzung des staatlichen Erziehungsauftrags. Dieser Auftrag richtet sich nicht nur auf die Vermittlung von Wissen und die Erziehung zu einer selbstverantwortlichen Persönlichkeit. Er richtet sich auch auf die Heranbildung verantwortlicher Staatsbürger, die gleichberechtigt und verantwortungsbewusst an den demokratischen Prozessen in einer pluralistischen Gesellschaft teilhaben. Soziale Kompetenz im Umgang auch mit Andersdenkenden, gelebte Toleranz, Durchsetzungsvermögen und Selbstbehauptung einer von der Mehrheit abweichenden Überzeugung können effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft und den in ihr vertretenen unterschiedlichen Auffassungen nicht nur gelegentlich stattfinden, sondern Teil einer mit dem regelmäßigen Schulbesuch verbundenen Alltagserfahrung sind.” Quelle: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2006/05/rk20060531_2bvr169304.html
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Wie kommen Sie von: „Mehrgliedrigkeit! Je mehr Schultypen, desto besser!“
auf
„Das wäre dann in letzter Konsequenz der Heimunterricht mit Privatlehrer.“?
Davon abgesehen, dass es für besondere Fälle genau das schon gibt (z.B. online-Schule als Wiedereingliederungshilfe), verstehe ich nicht, inwiefern Sie die Forderung nach mehr Schultypen (bzgl. der Gliedrigkeit) mit der Forderung nach Einzel-Heimunterricht gleichsetzen wollen.
Nach Corona weiß ich eins genau: die wenigsten SuS wollen Heimunterricht.
Wie viele Schultypen dürfen es denn sein? Drei? Fünf? Elf Millionen?
Oder, mal andersherum, eine Schulform, die sich ihrerseits individuell auf Schülerinnen und Schüler einstellt? Sorry, “je mehr Schultypen, desto besser” halten wir für eine absurde Forderung.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Für diese geforderte Individualität bräuchte es wesentlich mehr Personal, das auf jede Form dieser Individualität zugeschnitten und spezialisiert ist. In homogeneren Gruppen kann eine einzige Lehrperson doch viel besser auf den Einzelnen eingehen, als wenn sie eine riesige Spannbreite abdecken soll.
Wenn ich mir die Beschreibung der Gemeinschaftsschulen auf der Seite des KM-BW so durchlese, bekäme man als Laie zuerst den Eindruck, dass dort eigentlich paradiesische Zustände herrschen müssten, wenn das tatsächlich alles so wäre wie beschrieben. Das wären dann leistungsorientierte Schulen in denen Lehrkräfte mit vielfältigen Methoden und Coaching auf die einzelnen Schülerinnen und Schüler eingehen; wo starke und Schwache gegenseitig voneinander profitieren, wo alle Schüler*innen individuell gefördert würden und auf dem für sie jeweils bestmöglichen Niveau lernen könnten. Spätestens wenn man dann aber liest, dass als Beleg die “hervorragenden Ergebnisse” aus Skandinavien bei der Pisa-Studie genannt werden, wird man den Text nicht mehr ernst nehmen. .
https://www.phv-bw.de/pressemitteilung-des-phv-bw-zu-den-ergebnissen-von-vera-8/
Einfach mal die Fakten, die Testergebnisse des IBBW dargestellt.
Katastrophal!
Ich bin durchaus für eine ergebnisoffene Diskussion ” Schulpflicht versus Bildungspflicht”
Es ist durch nichts bewiesen, dass Kinder aus Ländern nur mit Bildungspflicht ( Österreich, Portugal) irgendwie unsozialer sind als deutsche Kinder.
Ich fände es zumindest besser, wenn es zumindest in jeder Großstadt die Auswahl zw. verschiedenen Schulen mit unterschiedlichen Lehr-/Lernkonzepten gäbe. Momentan ist die Auswahl an z.B. weiterführenden Montessorischulen oder SOL- Schule – egal, ob als Gym. oder Gesamtschule, sehr mau. Wer sein Kind nicht in die veraltete Schulmaschinerie schicken möchte, findet max. Waldorfschulen und die wäre für mich persönlich nicht auswählbar. Also muss mein Kind, auch wenn ich es gerne anders hätte, durch dieses veraltete System.
Es wird also Zeit für mehr Konzeptvielfalt.
Als Laie bin ich nun etwas verwirrt. Ich glaube mal gelesen zu haben, dass laut Hattie das Schulsystem gar nicht enstscheidend sein soll, sondern die Qualtät des Unterrichts. Dann gibt es ja noch ein Bundesland mit gegliedertem Schulsystem wie Bayern wo die Schüler nicht nur deutlich besser abschneiden als die in Bundesländern mit zweigliedrigen Systemen, sondern auch besser als z.B. NOR, ISL, SWE, FIN etc. mit Gesamtschulsystem. Auch der Abstand zwischen Schülern mit und ohne Migrationshintergrund war in Bayern deutlich niedriger als der Bundesschnitt oder der in Skandinavien. Ob das in der Studie wohl berücksichtigt wurde?
“Dann gibt es ja noch ein Bundesland mit gegliedertem Schulsystem wie Bayern wo die Schüler nicht nur deutlich besser abschneiden als die in Bundesländern mit zweigliedrigen Systemen…”
Das ist so nicht korrekt. In den Bundesländervergleichen liegt Sachsen (zweigliedrig) stets vorne. Und das Bundesland, das sich in den vergangenen Jahren in Bundesländervergleichen am weitesten nach oben gearbeitet hat, ist Hamburg – zweigliedrig. Gerne hier nachlesen: https://www.news4teachers.de/2024/08/bildungsmonitor-hamburg-in-der-champions-league-berlin-verlaesst-die-abstiegsraenge/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Das dürfte dann wohl eine individuelle Sicht von “vorne liegen sein” Bei IQB-2022 Bereich Deutsch Lesen Rang 1 = Sachsen, Orthografie Rang 1 = Bayern, Zuhören Rang 1 = Bayern , Bereich Englisch Lesen Rang 1 Bayern, Hörverstehen Rang 2 Bayern. Schulqualität beim Bildungsmonitor Bayern -12,7 Pkt, aber wenigstens noch geringster Rückgang aller BL, Sachsen -20,7 PKT, Bildungsarmut Bayern -6,6 PKt, Sachsen -15,5 PKt. Nach oben gearbeitet ist auch Auslegungssache. Bei Schulqualität und Bildungsarmut dürfte “weniger stark abgerutscht” als andere BL wohl auch zutreffen.
Dass Hamburg gut abschneidet, liegt meiner Meinung nach nicht an der Zweigliedrigkeit, sondern daran, dass sie aufs richtige Pferd setzen – Sprachstandstests, verpflichtende Sprachförderung, Leseförderung etc. Die Siegerländer haben unterschiedliche Schulsystem und schneiden in unterschedlichen Bereichen gut ab – sei es GT-Betrieb, Schulabbrecherquoten, Unterschiede bei Migranten usw, dass man das sicher nicht aufs Schulsystem runterbrechen kann. BW ist in den letzten 10 Jahren so deutlich abgerutscht, dass man jetzt trefflich diskutieren kann, ob es an der Abschaffung der GS-Empfehlung, an zu vielen Migranten oder was auch immer liegt. Ich glaube, dass es grundfalsch wäre, jetzt aus ideologischen Gründen (rot-grün lässt grüßen) massenweise Geld in den Umbau des Schulsystems zu investieren, anstatt es dort auszugeben, wo es vermutlich am meisten bringt – nämlich für Sprachförderung, mehr Ressourcen und GT für Brennpunktschulen!
Womöglich hat es schlicht auch damit zu tun, dass sich Ressourcen in einem zweigliedrigen System besser bündeln lassen als in einem vielgliedrigen – “G9-Umstellung: Allein der Ausbau der Schulgebäude kostet eine halbe Milliarde Euro”. Quelle: https://www.news4teachers.de/2024/08/g9-umstellung-allein-der-ausbau-der-schulgebaeude-kostet-eine-halbe-milliarde-euro/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Wenn es nur am Geld läge, müsste Berlin mit seinem zweigliedrigen System an der Spitze liegen. Berlin hat mit 39 Mrd. Landeshaushalt auf 3,9 Mio Einwohner pro Kopf ja deutlich mehr Haushaltsmittel als die anderen Bundesländer außer HH (BY ca 74 Mrd./13,3 Mio EW , BW ca. 64 Mrd. / 11,1 Mio EW) und investiert pro Schüler/in auch mehr Geld als anderen Bundesländer, auch mehr als Hamburg oder Bayern.
In die Berliner Bildungsausgaben gehen freier ÖPNV, gebührenfreie Kita und Gratis-Mittagessen für Schülerinnen und Schüler ein. Dass solche Sozialausgaben die Bildungsleistungen nicht verbessern, ist eigentlich klar. Gerne hier nachlesen: https://www.news4teachers.de/2024/04/gratis-essen-in-schulen-und-gebuehrenfreie-kitas-aber-hinten-bei-leistungsvergleichen-spd-streitet-ueber-bildungsausgaben/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Wie soll man das verstehen? Werden in Berlin tatsächlich die Kosten für die KiTas zu den Bildungsausgaben pro Schüler/in an den verschieden Schulformen addiert? Sind die erstatteten Schülerbeförderungskosten pro Schüler/in in Berlin höher als im Flächenland Bayern?
Ich denke schon, dass die Möglichkeit, unabhängig vom Einkommen der Eltern ein Mittagessen zu bekommen, direkt mit der Bildungsleistung zu tun hat. Schon mal mit knurrendem Magen versucht, was zu lernen?
Und ja, ich finde es gerecht, dass ALLEN Kindern diese Möglichkeit zukommt, auch denen von besser situierten Kindern. Das grenzt nämlich niemanden aus.
Vielleicht wäre vielgliedrig mit verschiedenen Schwerpunkten besser,wenn auch teurer?
Wer sagt denn, dass es das Zielführendeste ist, möglichst viele Kinder in sehr großen Gruppen den ganzen Tag zusammen zu halten?
In Sachsen wird innerhalb der “zweiten Säule” intern sehr deutlich differenziert! Da sind G- und M-Niveau-Schüler getrennt, so dass eigentlich eine (mindestens) Dreigliedrigkeit gefahren wird.
// Hinzu kommen strukturelle Faktoren, die zur Benachteiligung beitragen. //
Ja, z.B. die moderne Didaktik in unseren Grundschulen. Es ist zwar schön, dass die Kinder dort jetzt auf dem Smartboard Checker Tobi im Unterricht gucken können und total selbstbestimmt in “Lernzeiten” Aufgaben lösen sollen, aber Lesen/Schreiben/Rechnen müssen sie nun zuhause lernen. Da sind Akademiker natürlich klar im Vorteil.
Selbiges bei der Pädagogik in den KiTas. Im offenen Konzept bei höchster Selbstbestimmung der Kinder, lassen sich Defizite aus den Elternhäusern eben schlechter kompensieren, als in festen Gruppen mit gemeinsamem Programm.
Mich wundern diese Ergebnisse überhaupt nicht. Die Lehrer/Erzieher können übrigens nichts dafür, sie sind ebenso Opfer dieses Zeitgeistes.
Nichts gg. Checker Tobi und Co. – der hat / die haben mir bei der ein oder anderen Vertretungsstunde in der 5. und 6. Klasse ausgeholfen.;-)
Eigentlich ist es so gedacht, dass die starken und selbständigen an Wochenplänen arbeiten, damit man für die anderen mehr Zeit hat. Das setzt aber genügend von der ersten Sorte voraus.
Ja, ziemlich genau diesen “Unterricht” erlebt mein “Starker” (nach früheren Maßstäben wohl eher Durchschnitt) in der Grundschule und langweilt sich dabei fürchterlich bzw. schiebt eine ruhige Kugel. Vor dem Hintergrund wundert mich auch die zunehmende Schere zwischen den Geschlechtern nicht mehr, denn die Jungs sind oft weniger strebsam und haben weniger inneren Antrieb ihre “Aufgaben” selbstständig zu lösen.
Die Kinder müssen zu viel selbstständig und ohne Kontrolle der Ergebnisse arbeiten, die Lehrerin als Lernbegleiter “coacht” maßgeblich die schwachen Schüler. Es findet wenig Unterricht im Dialog zwischen Schülern und Lehrerin statt, der die Aufmerksamkeit fordert und auch mal Ruhe in den Klassenraum bringt. Es entsteht kaum ein richtiger Klassenverband, da jedes Kind woanders steht. Zu allem Überfluss sind die Aufgaben nicht fordernd. Bilder zu gelesenen Texten malen in Deutsch und Rechenausmalbilder in Mathe hängen meinem Sohn zum Hals raus. Es wird viel zu wenig Schreiben und Rechnen geübt.
In meinen Augen hindern wir mit dieser Form von Unterricht sehr viele Kinder an der Entfaltung ihrer Potenziale, und das mit voller Absicht! Für uns Eltern ist das sehr schlimm anzusehen und mit zusammen über 70 Stunden Wochenarbeitszeit können wir das nicht kompensieren. Wir wissen nicht, was wir tun sollen, wir wünschen uns doch nur eine Schulbildung, wie wir sie selbst in den 90ern und 2000ern noch erleben durften?!
Falls Sie aus BW sind, wäre dieser Volksantrag vielleicht das Richtige, um an einer der mittleren Schulen (Realschule aka. Restschule) wieder etwas mehr Niveau hineinzubringen:
https://www.rlv-bw.de/
https://www.rlv-bw.de/files/tao/img/Volksantrag2024/Volksantrag_Formblatt.pdf
Das ist doch aber alles ganz, ganz toll – sagen Bildungswissenschaftler und Politiker von SPD und den Grünen.
Das ist doch aber alles ganz, ganz schlecht – sagen Union und AfD und der Zauberer Petrosilius Zwackelmann. Geht es ein bisschen substanzieller (und ohne diese verstörende Wissenschaftsfeindlichkeit)?
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Meinen Kindern hilft diese Politisierung des Themas leider gar nicht.
Die monierte Wissenschaftsfeindlichkeit könnte daher rühren, dass die moderne Didaktik in der Realität sichtbar scheitert. Der Kaiser ist nackt. Im Zweifel glaube ich lieber meinen eigenen Erfahrungen und den Schilderung befreundeter Eltern und Lehrer, statt der hundertsten Studie, die die Segnungen des selbstorganisierten Lernens preist.
Übrigens bin ich selbst in der Forschungslandschaft tätig und habe genug Einblick in diesen Betrieb.
“Die monierte Wissenschaftsfeindlichkeit könnte daher rühren, dass die moderne Didaktik in der Realität sichtbar scheitert.”
Tut sie das? Oder behaupten Wissenschaftsfeinde, dass Wissenschaft scheitert – damit sie ihre Voodoo-Lehren ungestört weiterverbreiten können? Wir sind tagtäglich in der Bildungslandschaft tätig und haben genug Einblicke, um zu sehen, wie viele Ideologen dort unterwegs sind, die lieber im Trüben fischen als sich wissenschaftlicher Überprüfung zu stellen.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Meinen Sie die Verfechter der Waldorfpädagogik?
Hier ein aktueller Artikel, der mir sehr aus dem Herzen spricht.
Wir verlinken nicht auf Seiten ohne Impressum. Herzliche Grüße Die Redaktion
Btw die IGS in NRW ist nur auf Drängen der bürgerlichen Parteien weit vor der Gründung der Grünen ins Leben gerufen worden, um die KOOP-Schulen zu verhindern.
Das ist “Inklusion made im Länd”: Die Schwachen fördern, die Starken links liegen lassen…
Nix gegen Förderung der schwachen Schüler, aber auch die Schnelldenker haben Rechte – die aber konsequent im Einheitsbrei ignoriert werden.Soll ja keiner besser sein als der andere, das ist das Ideal grüner Bildungsgerechtigkeit!
Kein Vorwurf an die Lehrkräfte: Alle Schüler gleich zu berücksichtigen, das ist einfach nicht zu schaffen.
Nach meiner zweigliedringen Erfahrung aus Sachsen kommt es zu einem zweifelhaftem Ergebnis: Ein Gymnasium mit Problemen-die dann mach unten abgegeben werden-und eine Hauptschule plus. Wer das will?
Haben viele Bundesländer, so zum Beispiel Brandenburg und Berlin, längst, auch wenn die nichtgymnasiale Schulform nicht Hauptschule heißt. Und während vorher ca. 20% der SuS die Hauptschule besucht haben, sind es jetzt (in Brandenburg) ca. 40-45%, welche die Oberschule (oder Gesamtschule, ist im Prinzip eine Oberschule, welche an manchen dieser Schulen die Möglichkeit bietet, das Abitur in 13 Jahren abzulegen) besuchen. Die Oberschulen sind vom Niveau her die neuen Hauptschulen, aber personell und strukturell deutlich schlechter ausgestattet als diese, und können den Bedürfnissen dieser SuS kaum gerecht werden. Dadurch sinkt das Niveau des Unterrichts und damit die Zukunftschancen dieser Kinder noch weiter.
Ich persönlich wünschte mir im Interesse der Kinder die Dreigliedrigkeit zurück.
In der Schule wird bis Leistungsniveau Note 4-3 unterrichtet, höchst. natürlich profitieren dabei nur die Nachwuchs von Lehrern, wenigstens einer in der Familie, oder, die die sich Nachhilfe leisten können. Sie können dann diese Spanne zwischen den 3 und 1 nachholen. Die anderen nicht.
Wie soll ein Kind eines Deutschlehrers an einer weiterführenden Schule in Mathe aufholen können? Ich selbst könnte meinem Kind bei Gedichtinterpretationen überhaupt nicht helfen.
Das wundert mich jetzt tatsächlich. Ich kann es, obwohl ich nie mir diesen Schulsystem zu tun hatte, bis ich selbst die Kinder bekommen habe, die jetzt Schulkinder sind. Und ich bin keine geschulte Lehrerin. Wir haben auch Gedichtinterpretationen in der Schule damals durchgeführt, zwar auf einer andere Sprache, aber der Sinn blieb derselbe.Ich erinnere mich noch gut daran, obwohl ich schon über 50 bin.
Allgemeinwissen haben Sie doch in der Schule erworben, oder?
Meinen Sie, ein Deutschlehrer beherrscht 25 Jahre nach der eigenen Schulzeit eine Kurvendiskussion auf Leistungskursniveau? Meinen Sie, ich als Mathelehrer hab irgendeine Peilung von Oberstufenchemie? Und nein, ich beherrsche auch nicht mehr, wie man Gedichte interpretiert, das liegt bei mir ca. 40 Jahre zurück.
Es kann nicht jeder eine bayrische Monika sein, die alles beherrscht.
@Mika
Warum fällt mir jetzt spontan ausgerechnet Loriot’s Jodeldiplom ein? 😉
Weil ich da was für die Ewigkeit habe?
Ich muss nicht alles können. Aber ich kann mein Kind zu Struktur anhalten und ihm zeigen, wo es welche Informationen findet und wie es sinnvoll lernt. Ich wundere mich eigentlich ständig, dass “Lernen lernen” gar kein Schwerpunkt in Schulen ist. Ich selbst habe kostenpflichtige Kurse über das Thema in privaten Nachhilfeinstituten gegeben.Die Kurse gab es zweigeteilt für Eltern und für Schüler. Die Nachfrage war groß, auch von Eltern, die nicht Kunden waren.
Richtig konsequent wäre doch dann ein eingliedriges Schulsystem, so ehrlich will sich aber keiner machen. Zweigliedrigkeit bedeutet einzig die Unterscheidung zwischen Gymnasium und Resteschule. Das Verwässern der Schularten hat zumindest in Baden-Württemberg in den Jahren seit erstmalig grün-roter Regierungsübernahme zu einem nachweisbaren Leistungsabfall seitens der Schüler geführt. Und hier sei die Frage erlaubt, ob hinter der ein oder anderen Expertise nicht doch eher Ideologie steckt.
“Richtig konsequent wäre doch dann ein eingliedriges Schulsystem, so ehrlich will sich aber keiner machen.”
Warum? Modell Hamburg ist konsequent: ein Schulsystem, das besonders leistungsfähige Schülerinnen und Schüler über das Gymnasium in acht Jahren zum Abitur führt – und eine integrierte Schulform daneben vorhält, in denen alle Abschlüsse bis hin zum Abitur nach neun Jahren angeboten werden. Wer an dieser Konsequenz rüttelt, das sind Eltern – gerne hier nachlesen: https://www.news4teachers.de/2024/10/initiative-fuer-g9-an-gymnasien-gescheitert-schulbehoerde-organisationschaos-vermieden/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Berlin, Brandenburg, Bremen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Saarland, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen hätten m.W. auch zweigliedrige Modelle.
Wichtig ist allerdings, dass “Resteschulen” gut genug ausgestattet werden (Heterogenität erfordert viele Ressourcen) und Gymnasien G8 praktizieren müssen, damit Zweigliedrigkeit auch wirklich funktioniert.
In SH schicken seit der Rückkehr zu G9 wieder mehr Eltern Kinder mit weniger Kapazitäten ans Gymnasium. Wenn viele von diesen Kids dann zu uns an die GemS querversetzt werden, kann man sich nur wundern. Was haben diese Eltern ihren Kindern angetan?!
Möglich gemacht hat das allerdings die Politik. Das Mittel der Wahl ist jetzt, dass die Gymnasien weniger Kinder aufnehmen dürfen. Da zählt dann aber nicht, ob die Kids wirklich fürs Gymnasium geeignet sind, sondern andere Faktoren. Einzugsbereich, Geschwisterkind … Wie dämlich ist das denn?!
Und fragen Sie mal die Lehrkräfte dort, was sie davon halten…
Konsequent ja, aber wenn man sich z.B. die PISA-Ergebnisse von Ländern mit solchen eingliedrigen Systemen wie z.B. NOR, ISL, SWE, DK, FIN genauer anschaut, gäben die nicht unbedingt Anlass zu großer Hoffnung.
Ich gebe Ihnen darin recht, dass das in BaWü kompletter Murks ist.
Allerdings gibt es dort doch gar keine Zweigliedrigkeit, sondern alle möglichen Schulformen nebeneinander.
Zweigliedrigkeit funktioniert nur, wenn das Gymnasium G8 praktiziert und IGS/GemS G9. Zudem müssen integrative Systeme viel besser ausgestattet werden aufgrund der Heterogenität, und nicht schlechter als Gymnasien. Das Lehrpersonal darf obendrein nicht diskriminiert werden, wie es z:b. in SH der Fall ist.
Ich wäre eher für eine verstärktere Ausdifferenzierung des Schulsystems mit konsequenter Allokation durch objektive Testungen. Ein zweigliedriges System läuft auf “oben” und “unten” bzw. “diese und jene” hinaus, da ist ja eine Gemeinschaftsschule noch besser.
Sobald dort aber die zwangsläufige Außendifferenzierung durchgeführt wird, gibt es auch ein “diese und jene”.
Nicht unbedingt, wenn man an GemS/IGS/xyzS G9 anbietet (an Gymnasium aber nur G8) und diese Schulen angemessen ausstattet, anstatt sie als Sparmodelle laufen zu lassen, dann kann man das verhindern.
Das dreigliedringes System ist genauso oben und unten. Schon in den Grundschulen geht die Angst um, nicht auf das Gymnasium zu kommen oder noch schlimmer, eine Hauptschulempfehlung zu bekommen
Die Zweigliedrigkeit und die auf lange Sicht sogar das ungegliedrte Schulsystem sind ohnehin unvermeidbar.
Schon bei den Hauptschulen haben die Eltern mit den Füßen abgestimmt.
Dasselbe Muster wird sich jeweils bei der “untersten” Schulform wiederholen bis es nur noch Gesamtschulen und Gymnasien gibt. Am Ende wird auch die Gesamtschule an Akzeptanz bei den Eltern verlieren.
Dann machen wir es in Deutschland so wie überall auf der Welt.
Es ist ja ohnehin ein Märchen, dass das gegliederte Schulsystem zu besseren Leistungen führen würde. Wenn das so wäre, müssten wir ja bei PISA ganz oben stehen. In Wirklicheit stehen aber Länder mit einem ungegliederten Schulsystem ganz oben.
Wobei weder das eine noch das andere in seiner Wirkung überschätzt werden sollte. Laut Hattie haben schulorgansiatorische Maßnahmen nur einen sehr kleinen bis gar keinen Effekt.
Das mit den PISA-Rängen wäre für mich kein Argument. Bei PISA 2022 stehen z.B. deutlich mehr Länder mit eingliedrigen Schulsystemen wie u.a. NOR und ISL hinter DE als vor DE. Wenn man die Stichprobenzusammensetzung genauer betrachtet, lägen z.B. auch FIN/SWE/DK schlechter als DE. Dort werden ja wesentlich mehr “low-performer” vorab aus den Stichproben aussortiert, dafür ist in deren Stichproben der Anteil aus der sozialen Schicht der “high-perfomer” bis zu 90% höher als in DE, was den geringen Vorsprung bei den Durchschnittswerten überkompensieren würde. Ob man wissenschaftliche Studien als “Märchen” bezeichnen möchte oder nicht, dürfte auch individuell verschieden sein.
https://www.news4teachers.de/2021/03/studie-gegliedertes-schulsystem-staerkt-die-bildungsgerechtigkeit/
Selbst die PISA-Macher sagen: Aus PISA ergibt sich keine Präferenz für ein bestimmtes System mit bestimmten Schulformen.
Seine wir doch ehrlich egal, welches System so lange es nicht mit entsprechenden Ressourcen und Finanzierung ausgestattet ist, ist es Wurscht.