Französisch-Unterricht: Rechnungshof prüft Anspruch – und Wirklichkeit

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SAARBRÜCKEN. Wird das Saarland den Zielen bei der Frankreichstrategie gerecht? Das nahm der Rechnungshof mit Blick auf den Spracherwerb unter die Lupe. Auch Kollegen aus der Region Grand Est prüften.

Das Saarland will Brücke zu Frankreich sein. Illustration: Shutterstock

Erstmals haben ein französischer und ein deutscher Rechnungshof eine gemeinsame Prüfung durchgeführt. Dafür widmeten sich die Behörden in Saarbrücken und Metz einem für die Region wichtigen Thema: dem Lernen der Sprache des Nachbarn im Saarland und der Region Grand Est.

Der Rechnungshof des Saarlandes fordert die Landesregierung auf, bei der Neuausrichtung der Frankreichstrategie und ihrer Sprachförderung einen «streng wirtschaftlichen Ansatz» zu verfolgen. «Das bedeutet, dass die knappen öffentlichen Ressourcen dort eingesetzt werden müssen, wo sie den in Bezug auf das angestrebte Ziel größten Effekt versprechen», heißt es in dem Bericht, den Rechnungshof-Präsidentin Annette Groh mit ihrem Amtskollegen aus der Region Grand Est, Christophe Strassel, vorstellte.

Ergebnis: Auf beiden Seiten der Grenze seien keine Zuwächse bei der Zahl der Schüler festzustellen, die die Nachbarsprache lernen. «Ein besorgniserregendes Ereignis», sagte Strassel. In Grand Est sei die Zahl um 7,4 Prozent zwischen 2019 und 2023 gesunken, frankreichweit sogar um 13,7 Prozent.

Erfolgskontrolle nicht möglich

Groh und Strassel fordern die zuständigen Gebietskörperschaften auf, für die Zukunft konkrete Ziele zu definieren, «damit Erfolgskontrollen ermöglicht und Fortschritte sichtbar werden». Sie seien zudem dringend erforderlich, um einen wirtschaftlichen Ressourceneinsatz planen zu können und damit auch vor einer Verschwendung von Steuergeldern zu schützen.

Das Saarland, das sich als Bücke zwischen Deutschland und Frankreich versteht, hatte 2015 die Frankreichstrategie eingeführt, um die wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Beziehungen zum Nachbarn zu stärken.

150 Prozent mehr Geld für bilinguale Ausrichtung der Kitas

Wie viel Geld das Land für die Förderung des Französisch-Lernens aufwende, ließe sich nicht beziffern, so Groh auf Anfrage. Die einzige Zahl im Prüfbericht bezieht sich auf die 503 Kindertagesstätten, von denen mittlerweile 52 Prozent bilingual aufgestellt seien. Die dafür vorgesehenen Haushaltsmittel seien seit Einführung der Frankreichstrategie um 150 Prozent auf 1,4 Millionen Euro gestiegen. «Das ist sehr viel», kommentierte sie. Das Bildungsministerium solle daher überprüfen, «ob die gestiegenen Haushaltsansätze nicht sogar einen noch beschleunigteren Aufwuchs von bilingualen Kindertagesstätten hätten ermöglichen können und daraus Schlüsse für die Zukunft ziehen».

Mit dem verpflichtenden Französischunterricht ab der dritten Klasse und den Angeboten ab der ersten Klasse genieße das Land tatsächlich «nahezu ein Alleinstellungsmerkmal» unter den Bundesländern, so die Präsidentin. Dementsprechend liege es mit einem Anteil von 51,2 Prozent französischlernender Schüler weit vor den anderen.

«Das unterstreicht den Anspruch des Landes, eine besondere Rolle im Verhältnis von Deutschland und Frankreich zu spielen», sagte Groh. Allerdings lasse sich nicht prognostizieren, ob und in welchem Umfang das Land eines seiner Kernziele, die französische Sprache bis 2043 als zweite Verkehrssprache zu etablieren, erreichen werde.

Die Landesregierung teile nach Angaben des Rechnungshofes die Anregungen in großen Teilen. Sie habe in Aussicht gestellt, Instrumente einzuführen, die Ziele definieren und eine Erfolgskontrolle ermöglichten. News4teachers / mit Material der dpa

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8 Kommentare
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Gelbe Tulpe
1 Monat zuvor

Spanisch ist einfacher, daher ziehen sowohl deutsche Schüler zunehmend Spanisch vor. Und französische wählen schon länger lieber Spanisch als Deutsch.

Daniela Becker
1 Monat zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Spanisch ist nicht einfacher als Französisch. Spanisch ist nur in den ersten Wochen aufgrund der Aussprache einfacher. Die Grammatik ist in einigen Fällen komplexer als die des Französischen!

Gelbe Tulpe
1 Monat zuvor
Antwortet  Daniela Becker

Ich kann beide Sprachen, und Spanisch finde ich etwas einacher, da einfachere Konstruktion der Fragen, weniger Akzente, Perfekt ohne ser und einfachere Stellung der Objektpronomen. Etwas schwierig fand ich höchstens, wann man para und wann man por verwendet.

vhh
1 Monat zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Nach meiner Wahrnehmung (fern im Osten von NRW) unterrichten fast alle Spanischkollegen eine Sprache, ebenfalls fast alle Französischkolleginnen eine Kultur. Das hat Vor- und Nachteile, aber der Anspruch, möglichst schnell die eigene Liebe zu dieser Kultur zu vermitteln, führt bei vielen Schülern zu Überforderung und fehlerzentriertem Unterricht von Beginn an. Ich höre zu Französisch ‘schlimm, wie sie mal wieder diese wunderbare Sprache behandeln’, geht es um Spanisch, heißt das eher ‘jedes Jahr die gleichen Fehler’. Nur eigene Erfahrungen, kein Anspruch auf Allgemeingültigkeit, es gibt aber auch eine Französischkollegin, die das selbst so sieht.

Pädagogin vom Dienst
1 Monat zuvor

Spanisch ist wirklich nicht einfacher, das kann ich als Fachleiterin Romanische Sprachen bestätigen.
Französisch schafft es aber leider immer noch, Kinder und deren Kindeskinder nachhaltig zu vergraulen (“Die ganzen ‘Striche’! Die stummen Endungen! Kein Mensch kann sich merken, wie sich das ausspricht!”). Französisch als Herrschaftswissen gedacht?
Wenn ich aber erst einmal einen systematischen lautlichen Vorkurs mache, heißen in den ersten Wochen in den Beispielen alle Kids halt Amélie, Léa und René und sitzen im Café. Das schleift sich super ein und meine Kids sagen nach kurzer Zeit: “‘Éléphant’ schreibt sich 2x mit ‘Café accent’, das hört man doch.”
Die Angèle und der Noël kommen dann erst sukzessive dazu, wegen der Ähnlichkeitshemmung.
Was Eltern und Kinder dazu bringt, die französische Sprache neu zu bewerten, ist zum einen die Tatsache, das es den Konjunktiv (Conditionnel und Condicional) sowie all die anderen Zeiten natürlich in beiden romanischen Sprachen gibt. Zum anderen zieht das Argument mit dem Wortschatz:
“Ich bringe dir jetzt drei französische Wörter bei: ‘une carotte, un ananas, un citron'”. Verstehst du sie?” – “Jaaa!” – “Jetzt sage ich dir diese Wörter mal auf Spanisch: ‘una zanahoria, una piña, un limón'”. – Große Augen auf Seiten des Kindes und der Eltern, das hat schon manche Unschlüssige überzeugt. Deutschland und Frankreich sind halt Nachbarländer, wir haben uns gegenseitig ganz viele Wörter geschenkt!
Spanisch hat übrigens auch ganz viele “Striche”, sogar, um zwischen den Zeiten zu unterscheiden: hablo – ich spreche, habló – er sprach, spätestens dann sind die, die nicht lernen wollen, auch raus. Von den zwei Verben für “sein” im Spanischen (“ser” vs. “estar”, im Französischen nur “être”), müssen wir dann gar nicht erst reden.
Wer Deutsch ja schon kann (und Englisch: a table – une table, aber una mesa), ist für Französisch besser aufgestellt, Türkischkenntnisse helfen übrigen auch (une pochette, vergl. poşet etc ).
Also, lasst uns einen modernen kindgerechten Französischunterricht anbieten, dann klappt’s auch mit den Nachbarn.

Gelbe Tulpe
1 Monat zuvor

Das Französische hat vier Akzente, Spanisch nur einen, außerdem haben nicht so viele spanische Wörter Akzente. Französisch hat aus deutscher Sicht einige falsche Freunde wie etwa Pomme.

Meinen Sie eigentlich den Konjunktiv oder den Subjonctif? Letzerer ist es doch eigentlich, der Schwierigkeiten bereiten. Den gibt es aber zugegeben in beiden Sprachen.

Das mit dem lautlichen Vorkurs hört sich ganz vernünftig an. Dieser dürfte das Lernen von Französisch in der Tat erleichtern.

hierundda
1 Monat zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

@Gelbe Tulpe
Wieviele Subjuntivo-Formen werden denn in Spanisch aktiv genutzt? Wie viele in Französisch? In welchen Strukturen? Von welchen (sehr oft unregelmäßigen) Verbzeiten leiten sich diese in Spanisch denn ab?
Accents als zentrale Schwierigkeit des Französischen, naja. Schüler haben da schon andere Probleme.
Was hinter der “einfachen” Tilde steckt, lernen die SuS ja gar nicht, das ist nämlich nicht so trivial (Stichwort llanas, estrújulas,… in Verbindung mit diphtongos etc.)
Pädgogin vom Dienst hat aus meiner Sicht da schon Recht.

@all
Kopfschütteln nötigt mir ab, dass unter einem solchen Beitrag, der von der Prüfung des Rechnungshofs berichtet, die massive Einschränkungen des Faches nach sich ziehen kann, die Konkurrenz Französisch-Spanisch aufgemacht wird, anstatt soldarisch in der 2. Fremdsprache und/oder der Romania zu sein.

Pädagogin vom Dienst
1 Monat zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Ich meinte Konjunktiv (und mit den “anderen Zeiten” auch den Subjobctif/Subjuntivo, das ist aber nicht allen ein Begriff.
Das mit dem Vorkurs hab ich vor 100 Jahren im Ref. gelernt.