Nach Tirade gegen Flüchtlinge: Ministerium bestellt Chef des Philologenverbandes Sachsen-Anhalt ein – Kollegen distanzieren sich

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MAGDEBURG. Nach dem heftig kritisierten Text des Philologenverbandes Sachsen-Anhalt zu Flüchtlingen muss Verbandschef Jürgen Mannke im Kultusministerium Rede und Antwort stehen. „Wir suchen das Gespräch mit Herrn Mannke“, sagte Ministeriumssprecher Martin Hanusch am Montag. Öffentliche Distanzierungen kamen von der GEW Sachsen-Anhalt – und von den Philologenverbänden Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Die Redaktion von News4teachers hatte erwogen, den Text zum besseren Verständnis der Debatte zu dokumentieren. Sie verzichtet aber darauf, um dieser von Vorurteilen und unbelegten Behauptungen gespickten Tirade nicht noch zusätzlich ein Forum zu bieten.

Ausschnitt aus dem umstrittenen Editorial. Screenshot
Ausschnitt aus dem umstrittenen Editorial. Screenshot

 

Inzwischen entschuldigen sich die Verfasser auf der Internetseite des Verbandes. „Die Wortwahl einiger Passagen sehe ich im Nachhinein als unglücklich und missverständlich gewählt“, schrieb Mannke. Sowohl er als auch Vize-Chefin Iris Seltmann-Kuke erklärten, sie hätten keinesfalls Menschen anderer Religion und Kultur beleidigen wollen. In der Verbandszeitschrift hatten Mannke und Seltmann-Kuke von einer «Immigranteninvasion» geschrieben und gefragt, wie junge Mädchen vor muslimischen Männern gewarnt werden könnten. Im Philologenverband sind hauptsächlich Gymnasiallehrer organisiert.
Der Text hatte große Empörung ausgelöst. Am Montag kritisierte auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Äußerungen.

Mit völligem Unverständnis und Bestürzung habe der Landesvorstand der GEW Sachsen-Anhalt reagiert, heißt es in einer Pressemitteilung. „Diese veröffentlichte Meinung von führenden Vertretern eines Lehrerverbandes ist eine Schande für Lehrerinnen und Lehrer und zieht das Ansehen eines ganzen Berufsstandes in den Schmutz. Gerade derzeit gehen die Pädagogen unter sehr schwierigen Bedingungen oft aufopferungsvoll an ihre Leistungsgrenzen.“

Weiter heißt es: „Die Vorstellung, Mitglieder des Philologenverbandes würden als Lehrkräfte oder Schulleiter diese Meinungen unter ihren Schülerinnen und Schülern verbreiten und ihren absurden Vorurteilen auch noch Taten folgen lassen, muss auch die Schulbehörden auf den Plan rufen. Denn von Beschäftigten im öffentlichen Dienst sollte man in jedem Fall eine sachliche, objektive und demokratische Haltung zu politischen und gesellschaftlichen Prozessen erwarten können.“

Die Erklärung von heute. Screenshot
Die Erklärung von heute. Screenshot

Auch aus den eigenen Reihen des Philologenverbandes kamen entsetzte Reaktionen – so vom Philologenverband Schleswig-Holstein. Dessen Vorsitzender Helmut Siegmon gab zu Protokoll: „Mit Entschiedenheit distanzieren wir uns von den unsäglichen Aussagen zu den muslimischen Flüchtlingen in der Verbandszeitschrift des Landesverbandes der Philologen in Sachsen-Anhalt. Unser Leitbild ist geprägt durch das humanistische Bildungsideal, das jegliche Hetze zutiefst verabscheut.“

Auch der Vorsitzendes des Philologenverbands Niedersachsen, Horst Audritz, distanzierte sich – und äußerte in einer Pressemitteilung „Betroffenheit und Befremden“. Audritz: „Derartige Äußerungen sind für eine sachbezogene und differenzierte Diskussion in keiner Weise geeignet.“ Das gelte insbesondere für die verallgemeinernden Ausführungen zu angeblichen Belästigungen junger Mädchen durch männliche Flüchtlinge, die der Philologenverband Niedersachsen als pauschale und nicht belegte Diskriminierung entschieden ablehne.
Audritz forderte eine rationale, vorurteilsfreie und differenzierte Diskussion sowohl über Chancen und Möglichkeiten für unsere Gesellschaft als auch über Sorgen und Probleme, wie sie sich allenthalben zeigten. „Vage Befürchtungen und unbestimmte Ängste, Verallgemeinerungen und Vorurteile, Aussagen ohne konkreten Sachbezug und Beleg haben aber in einer solchen Debatte absolut keinen Platz; sie stiften nur Verwirrung und tragen zur Klärung nichts bei“, betonte Audritz. News4teachers

Zum Bericht: Empörung überschwappt Philologenverband Sachsen-Anhalt

 

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