SCHWERIN. Der Gesundheitszustand von Lehrern in Mecklenburg-Vorpommern ist besorgniserregend. Sie haben fast doppelt so viele Krankentage wie andere Berufsgruppen. Die Lehrergewerkschaft GEW sieht eine eindeutige Ursache: Die Pädagogen sind physisch und psychisch überlastet.
Lehrer in Mecklenburg-Vorpommern sind überdurchschnittlich lange krank. Ihr Gesundheitszustand hat sich in den vergangenen drei Schuljahren deutlich verschlechtert, wie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mitteilte. Im Durchschnitt war ein Lehrer im Schuljahr 2010/11 demnach 30,3 Tage krank – etwa doppelt so lange wie die Versicherten von Betriebskrankenkassen (14,8) oder der AOK (17,6 Tage). 2008/09 seien es noch 21,5 Tage gewesen, sagte die GEW-Landesvorsitzende Annett Lindner. Als Ursache sieht sie die hohe Arbeitsbelastung: Bis zu 50 Stunden arbeite ein Lehrer pro Woche.
Die Zahl der Pflichtstunden ist laut Lindner seit 2004/05 in Gymnasien, Berufsschulen und Gesamtschulen um zwei Stunden auf 27, in Grundschulen auf 27,5 Stunden erhöht worden, ohne finanziellen Ausgleich. Damit liegt das Land bundesweit an der Spitze. Hinzu kämen immer mehr außerunterrichtliche Aufgaben durch die sogenannte selbstständige Schule und die Integration behinderter Schüler. «Aber es wurde nirgends etwas weggenommen», monierte Lindner. Die Lehrertätigkeit ist nach Einschätzung der GEW physisch belastend – an den Schulen sei es laut, es fehlten Erholungsmöglichkeiten und sogar eigene Arbeitsplätze. Häufig nähmen Lehrer die Arbeit mit nach Hause. Viele Lehrer könnten nicht mehr abschalten, sie seien auch psychisch überlastet.
Die Krankentage ziehen laut Lindner viele Probleme nach sich. Die Kosten für Vertretungen seien im vergangenen Schuljahr um 20 Prozent oder 1,6 Millionen Euro gestiegen. Viele Stunden seien einfach ausgefallen.
Die Gewerkschaft fordert jetzt von der Landesregierung ein Konzept zur Verbesserung der Lehrergesundheit sowie zur Personalentwicklung. «In den vergangenen Jahren ging es immer nur ums Sparen», sagte Lindner. Allein mit den zwei zusätzlichen Pflichtstunden seien pro Schuljahr 19 Millionen Euro eingespart worden. Jetzt müsse es darum gehen, den Lehrerberuf für junge Leute wieder attraktiv zu machen, die Gesundheit der jetzigen Lehrer zu fördern und Älteren zu ermöglichen, sozialverträglich auch vor Erreichen des Rentenalters auszuscheiden.
Bis zum Jahr 2020 müssen laut GEW 400 bis 600 Lehrer jährlich neu eingestellt werden. Derzeit seien es 80 bis 90. Von den rund 12 000 Lehrern im Land seien nur 524 unter 40 Jahre alt. dpa
(19.6.2012)
Zum Bericht: “Probleme mit Stimme und Rücken sind häufigste Lehrerleiden”