Deutscher Schulleiterkongress – Was Schulleiter von einem gestandenen Kapitän lernen: „Tadle nur, wenn du helfen willst“

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DÜSSELDORF. Kriegt man Lehrer von Bord, die schlechten Unterricht machen? Können Schulleiter etwas von einem Kapitän lernen? Der Deutsche Schulleiterkongress gibt Antworten auf ungewöhnliche Fragen.

Mehr als 2000 Schulleiter aus ganz Deutschland sind in diesem Jahr wieder zum Deutschen Schulleiterkongress nach Düsseldorf gekommen. Foto: Wolters Kluwer
Schulleiter aus ganz Deutschland kommen auf dem Deutschen Schulleiterkongress in Düsseldorf zusammen. Foto: Wolters Kluwer

Auf einem Schiff im tosenden Ozean ist gute Führung überlebenswichtig. Deswegen ist Kapitän Klaus Heinrich Block genau der richtige Referent für den Deutschen Schulleiterkongress. Wegen ungewöhnlicher Tipps gestandener Praktiker aus ganz anderen Berufen pilgern jedes Jahr über 2000 Schulleiter zu dem Kongress, der am Freitag in Düsseldorf offiziell eröffnet wurde.

Block ist ein Kapitän wie aus dem Bilderbuch: Silberhaar, stahlblaue Augen, groß, feste Stimme mit unverwechselbarem Hamburger Dialekt. Anhand von Videos mit wogenden Schiffen in aufgepeitschter See, sinkenden Pötten, von Frachthaken herunterklatschenden Jachten und wegbrechenden Containern erklärt er den gespannt lauschenden Pädagogen, wie dramatisch Führungsfehler sein können. Viele Führungsprinzipien, die der 63-jährige Frachtschiffkapitän auf hoher See gelernt hat, hält er für übertragbar auf das Schulleben. «Ein erfahrener Kapitän beobachtet und hört zu und schreitet nur ein, wenn etwas schiefzugehen droht», schreibt er den Schulleitern ins Stammbuch. «Sie müssen sich da nicht profilieren.»

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Nachdenklich Gesichter rufen auch Empfehlungen hervor wie: «Nutze die Kontrolle als Chance zum Lob. Tadle nur, wenn du helfen willst. Wenn Du hilfst, kann mehr geleistet werden und beide gewinnen.» Zweck der Führung sei schließlich Motivation. Der schlimmste Fehler: «Wenn Leute vorgeführt werden – vor allem aus anderen Kulturkreisen – ist das ein unverzeihlicher Gesichtsverlust.» Bei der filmischen Reise durch Kapitän Blocks Meereswelt und dem Anblick von 18 Meter hohen Wellenwänden, die auf den Betrachter zurollen, entfährt einem Lehrer: «Da arbeite ich doch lieber an der Schule.»

Dieses grundsätzliche Wohlgefühl spiegelt eine repräsentative Befragung wider, die der Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben hatte. Demnach sagten über 90 Prozent der in mehreren Bundesländern befragten Lehrer, sie machten ihre Arbeit gerne. Dasselbe Meinungsbild habe eine – wenngleich nicht repräsentative – Befragung der Kongressteilnehmer ergeben, berichtete VBE-Chef Udo Beckmann.

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Zu den dennoch beklagten Missständen gehöre ein sehr ernsthaftes Problem: Lehrer seien in den Schulen zunehmend mit chronisch kranken Kindern und der Bitte von Eltern konfrontiert, während des Schultages Medikamente zu verabreichen. Dies habe unter anderem mit der wachsenden Zahl oft schlecht versorgter Migrantenkinder und behinderter Kinder in Regelschulen zu tun. «Lehrer begeben sich damit in eine rechtliche Grauzone», warnt Beckmann. Gemeinsam mit dem Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte fordert der VBE eine Gesundheitsfachkraft für jede Schule. In Hessen und Brandenburg liefen bereits Modellprojekte.

Gesundheit ist auch das Kongressthema des Arztes und TV-Moderators Eckart von Hirschhausen sowie des Mediziners Prof. Dietrich Grönemeyer. Grönemeyer plädiert dafür, Gesundheitsunterricht schon in Grundschulen einzuführen. Auch für Hirschhausen ist Bildung der Schlüssel für ein gesundes Leben. Hier seien deswegen auch Lehrer gefragt. «Schulen sind Lebenswelten, wo Menschen erreicht werden können.» Immerhin lägen selbst im reichen Deutschland zehn Jahre zwischen der Lebenerwartung eines wohlhabenden und eines armen Menschen, unterstreicht er.

Mancher Schulleiter grübelte, wie er das neu erworbene Wissen zuhause anwenden kann. Ganz direkt fragt etwa eine Schulmanagerin Kapitän Block: «Was mache ich denn mit Lehrern, über die es ständig Beschwerden gibt und die schlechten Unterricht machen? Man kann sie ja nicht von Bord schmeißen.» Dafür hat der Seebär eine einfache Antwort parat: «Besser ein Schwein wird geschlachtet als dass eine ganze Herde krank wird.» Wer nicht zur Arbeit zu motivieren sei, müsse entlassen werden.

Den sturmerprobten Schiffslenker schrecken ganz andere Dinge: «Ich war einmal bei einer Elternratssitzung. Danach habe ich zu meiner Frau gesagt: Da gehe ich nie wieder hin.» Von Bettina Grönewald, dpa

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alexander
6 Jahre zuvor

… das mit dem Schwein habe ich verstanden. Zusatzfrage an Käptn Block: Was machen Sie dann mit einem schlechten Schulleiter?…

Küstenfuchs
6 Jahre zuvor

Aus meiner Sicht ist dieser ganze Kongress eine Witzveranstaltung. Captain Blaubär hätte auch keine sinnfreiere Antwort gegeben und der Schulleiter ist dann Hein Blöd.
In anderen Worten: Und was macht der Schulleiter mit einem verbeamteten schlechten Lehrer?

sofawolf
6 Jahre zuvor

Den Spruch finde ich gut: „Tadle nur, wenn du helfen willst!“

Im Prinzip mache ich das auch so: Ich kritisiere, solange ich Hoffnung habe, dass man etwas ändern kann. Wenn ich diese Hoffnung verloren habe, kritisiere ich auch nicht mehr.

sofawolf
6 Jahre zuvor

ZITAT: „Den sturmerprobten Schiffslenker schrecken ganz andere Dinge: «Ich war einmal bei einer Elternratssitzung. Danach habe ich zu meiner Frau gesagt: Da gehe ich nie wieder hin.“

Und warum?

Bernhard Färber
6 Jahre zuvor

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift des Deutschen Philologenverbands ist zum Deutschen Schulleiterkongress eine nette Glosse mit dem Titel „Warum das Schwein geschlachtet werden muss“
erschienen. Findet sich auch im Internet unter der Rubrik „Auf ein Wort“:

https://www.profil-dphv.de/auf-ein-wort/