Seit über 40 Jahren haben unzählige Schüler in den USA und in vielen anderen Ländern ihre ersten Computer-Erfahrungen mit einem Apple-Computer gesammelt. Schon der Apple II verdankte seinen Siegeslauf Ende der 70er Jahre der hohen Nachfrage aus den Bildungseinrichtungen. Danach eroberte der Mac die Computerräume der Universitäten und High Schools. Und ab 2010 räumte das iPad an Schulen und Unis ab.
Apple will nun mit einem verbesserten Modell seines iPad-Tablets stärker in Schulen Fuß fassen. Das Gerät unterstützt jetzt auch den Apple-Stift, der bisher nur mit den teureren Pro-Modellen funktionierte, kündigte der Konzern am Dienstag in Chicago an.
Die neue iPad-Version wird in Deutschland ab 349 Euro verkauft und ist damit 50 Euro günstiger als das bisher günstigste iPad. Für Bildungseinrichtungen setzte Apple einen Preis von 335,58 Euro fest. In den USA bleibt der Startpreis bei 329 Dollar für Verbraucher und 299 Dollar für Schulen.
Zudem gibt es neue Software, über die Lehrer mit ihren Klassen digital arbeiten können. Die App «Schoolwork» ist dazu da, um zum Beispiel Lernmaterial und digitale Hausaufgaben zu verteilen und den Lernfortschritt zu kontrollieren. Mit dem Stift können dann Anmerkungen oder Zeichnungen in Texten und Bildern platziert werden. Für Lehrer gibt es zudem die App «Classroom» für Mac-Computer, mit der sie die Arbeit in der Klasse koordinieren können. Über die Software-Schnittstelle «ClassKit» können Entwickler ihre Programme einbinden. Für kreative Aufgaben stellt Apple Musik- und Videobearbeitungs-Programme bereit.
Kostendruck der Schulen spielt eine Rolle
Für Schulen lässt Apple auch erstmals einen einfachen Profil-Wechsel auf den iPads zu – es reicht nur, Benutzername und Passwort einzugeben. Normalerweise sind iPhones und iPads fest an ein Apple-Nutzerprofil gebunden. Das kostenlose Speichervolumen auf Apples iCloud-Servern für Schüler wurde von bisher 5 Gigabyte auf 200 Gigabyte erhöht.
Die Kombination aus Stift und Apples schnellem A10-Prozessor soll auch Augmented-Reality-Anwendungen wie zum Beispiel das virtuelle Sezieren eines Froschs auf dem Bildschirm erlauben. Apple-Manager Greg Joswiak betonte, dass solche Anwendungen mit anderen in Schulen gängigen Computer-Geräten nicht möglich seien. Im für Apple wichtigen US-Markt hat inzwischen Google mit seinen günstigen Chromebook-Laptops und kostenlosen Web-Anwendungen für E-Mail oder Textverarbeitung die Führung übernommen. Nach Berechnung der Marktforschungsfirma FutureSource Consulting machen Chromebooks im dritten Quartal 2017 rund 60 Prozent der in US-Schulen eingeführten Computer aus. Apples iPads kamen demnach auf zwölf Prozent. Damit habe sich ihr Marktanteil seit 2014 halbiert.
Bei den Kaufentscheidungen spiele auch der Kostendruck in den Schulen eine große Rolle. Der 99 Dollar bzw. Euro teure Stift gehört beim iPad nicht zum Lieferumfang dazu. Für Bildungseinrichtungen kostet er in Deutschland 89,25 Euro.
Google vs Apple
In den vergangenen drei Jahren riss die Erfolgsserie von Apple im Bildungsmarkt jäh ab. Zumindest im wichtigen US-Markt konnte Google mit seinen günstigen Chromebook-Laptops und kostenlosen Web-Anwendungen für E-Mail oder Textverarbeitung die Pole Position klar erobern. So machten Chromebooks im dritten Quartal 2017 nach den Berechnungen der Marktforschungsfirma FutureSource rund 60 Prozent der in US-Schulen eingeführten Computer aus. Apples iPads kamen demnach nur noch auf zwölf Prozent.
Der Siegeslauf der Chromebooks wurde auch nicht durch Datenschutz-Vorwürfe aufgehalten, die 2015 Schlagzeilen machten. Die US-Bürgerrechtsorganisation EFF hatte damals Google vorgeworfen, Schüler und Studenten systematisch auszuspionieren. Der Internetkonzern habe über die Chromebooks persönliche Daten der Schüler und Studenten gespeichert.
Erfasst wurde der EFF zufolge auch, nach welchen Begriffen die Schüler gesucht haben, welche Ergebnisse sie sich angeschaut haben, welche YouTube-Videos aufgerufen und welche Passwörter gespeichert wurden. Eine Erlaubnis zum Speichern der Daten habe Google weder von den Eltern noch von den Schülern eingeholt. Google wies die Vorwürfe EFF strikt zurück – änderte aber gleichzeitig die Geschäftsbedingungen. Die Angelegenheit geriet dann auch schnell wieder in Vergessenheit.
Apple erinnerte beim jüngsten Event in Chicago aber wieder an diesen Vorfall, auch wenn der Name Google auf der Bühne kein einziges Mal offen ausgesprochen wurde. Beim neuen iPad blieben wie bei allen Apple-Geräten die Daten strikt vertraulich, versprach Apple-Managerin Susan Prescott in Chicago. «Das ist uns sehr wichtig. Während Lehrer die Fortschritte ihrer Schüler beobachten können, bleiben wir außen vor – und andere auch. Für alles, was wir bei Apple unternehmen, ist der Schutz der Privatsphäre unabdingbar.» Das gelte nicht nur für Schüler und Lehrer, sondern für jeden, der ein Apple-Produkt verwende. «In diesem Punkt sind wir sehr leidenschaftlich.»
Datenschutz-Versprechen reicht nicht aus
Hinter den Kulissen wurden manche Apple-Manager noch deutlicher. Kostenfreie Angebote wie die Google Cloud seien auf den ersten Blick kaum zu schlagen. Doch langsam setze sich auch in den USA die Erkenntnis durch, dass man diese Dienste dann eben mit seinen Daten bezahle. Auch die jüngste Affäre um den Missbrauch von Facebook-Profilinformationen trage zum Sinneswandel bei.
Gleichzeitig ahnt das Apple-Management aber auch, dass alleine ein Datenschutz-Versprechen nicht ausreicht, um verlorengegangenen Boden wieder gutzumachen. Deshalb stellten die zahlreichen Präsentatoren in der Aula der renommierten Lane Tech High-School eine Anwendung nach der anderen vor, die in einem Browserfenster eines Chromebooks nicht laufen kann – Zeitlupen-Aufnahmen zur Analyse von Sport-Übungen zum Beispiel oder eine Augmented-Reality-Anwendung, mit der man einen Frosch virtuell sezieren kann. Anwendungen im digitalen Klassenzimmer seien halt nicht nur Textdokumente, Tabellen und Präsentationen.
Im Kampf um die Vormachtstellung im Klassenzimmer setzt Apple auch auf die Kontakte zu den Lehrern. Neben verschiedenen Apps und Diensten, die die technische Verwaltung der Geräte einfacher machen, will Apple den Lehrern auch Inhalte zur Verfügung stellen, die diese in der Schule einsetzen können. Nach der erfolgreichen Kampagne «Everyone Can Code» (Jeder kann programmieren) führt Apple nun ein Angebot «Everyone Can Create» ein. Dort werden Lehrern die Ressourcen bereitgestellt, um den Unterricht etwa mit Musikaufnahmen, Zeichnungen oder Videos kreativ zu ergänzen. Gleichzeitig gibt Apple Lehrern die Möglichkeit, den Umgang mit digitalen Medien zu erlernen oder zu vertiefen.
Apple-Chef Tim Cook erinnerte in seiner Ansprache an das Credo von Firmen-Mitbegründer Steve Jobs, der das Unternehmen am Berührungspunkt zwischen Technologie und «liberal arts» verortet hatte. «Unser Platz an der Schnittstelle von Technologie und freier Kunst ermöglicht es uns, leistungsfähige Produkte und Werkzeuge zu entwickeln, die das Lernen und die Kreativität fördern», sagte Cook. Ob diese Strategie ausreicht, um im Bildungsmarkt wieder erfolgreich zu sein, werden die nächsten Geschäftsquartale zeigen. dpa