MÜNCHEN. Die Verbände schlagen Alarm, der Kultusminister beruhigt: Die Lehrersituation bleibt auch im neuen Schuljahr das beherrschende Thema. Entscheidend werden die ersten Unterrichtswochen.
Wenn am kommenden Dienstag für 1,6 Millionen Buben und Mädchen wieder die Schule beginnt, ist nach Angaben des Ministeriums die Unterrichtsversorgung in Bayern gesichert. «Es wird vor jeder Klasse ein Lehrer stehen», sagte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) am Donnerstag in München. Er widersprach damit der Darstellung, es gebe in den bayerischen Schulen einen akuten Personalmangel. «Da entsteht ein falscher Eindruck», meinte Piazolo. Wie bereits angekündigt seien zum Schuljahresbeginn 1000 neue Stellen geschaffen worden.
Besonders groß ist der Bedarf derzeit an Grund-, Mittel- und Förderschulen. Hier wurden besonders viele Lehrer neu eingestellt. Im Koalitionsvertrag hatten sich CSU und Freie Wähler darauf geeinigt, bis 2023 rund 5000 zusätzliche Stellen zu schaffen.
“Die Lehrerversorgung ist absolut auf Kante genäht”
Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) erklärte dagegen, der Personalmangel werde sich über das Schuljahr hinweg immer weiter verschärfen – beispielsweise durch Schwangerschaften oder längere Erkrankungen. BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann wirft dem Kultusministerium vor, derzeit nur das absolut notwendige Pflichtprogramm zu fahren. «Die Lehrerversorgung ist absolut auf Kante genäht». Um Personal zu sparen, seien die Schulleiter schon jetzt angehalten, Wahlkurse zu streichen oder Klassen im Förderunterricht möglichst nicht zu halbieren. «Das ist bescheiden und armselig”, sagte Fleischmann im Gespräch. «Es geht jetzt darum, die Bildungsqualität in Bayern zu erhalten.»
Dafür brauche es an den Schulen deutlich mehr Lehrer. Die Aufgaben hätten in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Digitalisierung, Inklusion, Integration, individuelle Förderung: «Das ist mittlerweile alles Pflicht», erklärte Fleischmann. Doch ein Lehrer könne das allein in der Klasse nicht stemmen. Von daher sei sie froh, dass Piazolo auf der Pressekonferenz nicht noch zusätzlich Initiativen präsentiert hat.
GEW spricht gar von “Vertuschung” in Sachen Lehrermangel
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wirft dem Ministerium derweil «Vertuschung» vor. Die veröffentlichten Zahlen würden nicht die reale Situation an den Schulen widerspiegeln. Aussagekräftige Daten würden wie ein «Staatsgeheimnis» behandelt, kritisiert Gewerkschaftssekretär Bernhard Baudler. «Dem Ministerium täte eine Transparenzoffensive gut».
Die GEW widerspricht der Darstellung Piazolos, wonach die neuen Stellen ausschließlich mit qualifiziertem Personal besetzt würden. Es gebe immer wieder Fälle, wo kaum ausgebildete Quereinsteiger oder gar Studenten unterrichten, erklärte Baudler. Der Lehrermangel habe mittlerweile «dramatische Ausmaße» erreicht, hieß es in einer Mitteilung. Das System drohe an die Wand zu fahren.
Derweil bleibt an den Schulen die Digitalisierung ein Dauerbrenner. In Bayern steht rund eine Milliarde Euro zur Verfügung, um die Gebäude mit schnellem Internet, Tablets und digitalen Tafeln, sogenannten Whiteboards, auszustatten. Im neuen Schuljahr startet außerdem eine digitale Fortbildungsoffensive. Dabei geht es um fünf Online-Kurse, die alle Lehrer in Bayern absolvieren sollen. «Wir lassen die Schulen keinesfalls allein», betonte Piazolo.
Bis zum Beginn der Sommerferien musste jede Schule ein Medienkonzept erarbeiten. Aktuell werden die Wünsche bei den Sachaufwandsträgern, also den Landkreisen und Städten, gebündelt. Erst dann kann bestellt werden.
Schüler sollen mehr über Umwelt- und Klimafragen lernen
Darüber hinaus sollen die Schüler in Bayern mehr über Umwelt- und Klimafragen lernen – beispielsweise durch Projektwochen, spezielle Wahlkurse, Besuche auf Bauernhöfen oder Waldspaziergänge. «Es geht um eine Sensibilisierung von der Grundschule bis zum Gymnasium», sagte Piazolo.
Damit reagiert der Kultusminister auch auf die Tausenden Schüler, die sich in den vergangenen Monaten an den Protesten der Fridays-For-Future-Bewegung beteiligt hatten. BLLV-Präsidentin Fleischmann warnte jedoch davor, den Schulen noch mehr Aufgaben aufzuladen. Man dürfe den Druck nicht noch weiter erhöhen. Von Moritz Baumann, dpa
Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.
Auch in Ba-Wü herrscht eklatanter Lehrermangel, trotzdem hat man (im Wissen, das andere Bundesländer früher starten und somit Junglehrer abwerben) die Referendare nach Beendigung in die Sommerferien-Arbeitslosigkeit entlassen. Das nenne ich eine Milchmädchenrechnung, wenn jetzt Stunden eventuell gestrichen werden müssen oder wegen mangelnder KV spätestens ab November wieder Klassen aufgeteilt werden müssen oder eine Lehrkraft zwei Klassen betreut. Langfristig kostet der Bildungsausfall den Staat mehr.
Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst – also Referendare und Lehramtsanwärter (m/w/d) – sind auf Zeit verbeamtet. Für die Zeit des Vorbereitungsdienstes sind sie de jure einem Studienseminar (ZfsL) zugewiesen, von dem sie im Rahmen ihrer schulfachlichen Ausbildung an eine Schule im Zuständigkeitsbereich des Studiensseminares mit einer festgelegten Stundenanzahl abgeordnet werden.
Das Beamtenverhältnis auf Zeit endet mit dem Datum der bestandnen bzw. entgültig nicht bestandenen Prüfung zum zweiten Staatsexamen oder am Ende der vorher festgelegten Dauer – in NRW nach 18 Monaten.
Das Beamtenverhältnis auf Widerruf beruht dann auf einer erneuten Ernennung bzw. für Angestellte auf einem neuen Arbeitsvertrag. Der Übergang vom Vorbereitungsdienst in den Schuldienst als Lehrer (m/w/d) ist kein fortgestztes Dienst-/Arbeitsverhältnis. Das ist im Schuldinest nicht anders geregelt als in anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung (Juristen, Ingenieure etc.) auch.