Vom (fast) normalen Teenager zur Nachwuchsforscher-Hoffnung: „Jugend forscht“-Sieger Hähne

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MÜNCHEN. Jonathan Hähne war ein – fast – normaler Schüler. Klar, der heutige Physik-Student hatte hervorragende Noten und ein großes Interesse an den Naturwissenschaften, was wohl als eher ungewöhnlich gelten mag. Aber er wirkte gerne in der Theatergruppe seiner Schule mit, hatte viele Freunde, spielte gerne am Computer und vertrat mit Leidenschaft im Debattierclub seine Positionen. Ein lebhafter, intelligenter Teenager eben. Etwas unterschied Jonathan Hähne allerdings dann doch von den Allermeisten seiner Altersgenossen: Er wurde aufgrund seines MINT-Talents im schleswig-holsteinischen Internat Louisenlund besonders gefördert – mit dem Ergebnis, dass er im vergangenen Jahr beim Wettbewerb „Jugend forscht“ gewann und nun zu den großen Nachwuchsforscher-Hoffnungen in Deutschland gehört.

Vom „Känguru der Mathematik“ zur Nachwuchsforscher-Hoffnung: „Jugend forscht“-Gewinner Jonathan Hähne. Foto: Stiftung Louisenlund

Plus-MINT heißt das Programm, das Jonathan Hähne durchlief. Darin haben sich sechs Internate zusammengeschlossen, um – ähnlich der Talentförderung im Fußball – in den Naturwissenschaften und in Mathematik besonders begabten Kindern und Jugendlichen eine Spitzenförderung angedeihen zu lassen. Hähne hat dem Projekt viel zu verdanken. „Ohne plus-MINT wäre ich nie zu ‚Jugend forscht‘ gekommen“, sagt er. „Ich hätte auch niemals ein Praktikum an der Uni Kiel machen und im Rahmen eines Juniorstudiums dort Vorlesungen besuchen können“, so zählt er auf. Und auch über das Fachliche hinaus war und ist das Programm für ihn lebensprägend: „Ich hätte meinen guten Freund, mit dem ich jetzt in München zusammenwohne und mit dem ich an ‚Jugend forscht‘ teilgenommen habe, nie getroffen.“

Plus-MINT

Plus-MINT – das Internats-Förderprogramm für Top-Talente – startet in die neue Runde. Schülerinnen und Schüler der 8. oder 9. Klasse eines Gymnasiums, die sich für sich Naturwissenschaften und Technik begeistern, können sich ab sofort bis zum 20. Februar 2022 zum Einstieg in das Schuljahr 2022/23 online bewerben.

Mädchen und Jungen, die in das plus-MINT aufgenommen werden, können wählen, an welchem der sechs beteiligten Internate in Deutschland sie ihre besonderen Fähigkeiten weiterentwickeln möchten – darunter die Schule Birklehof.

Eine Förderung mit dem Schüler-Bafög ist möglich, sodass die Kosten kein Hinderungsgrund für die Teilnahme sind. Plus-MINT umfasst ein spezielles Förderprogramm sowie eigene Forschungsprojekte, die Möglichkeit zum Frühstudium und zu Unternehmenspraktika. Weitere Informationen: www.plus-mint.de

Über das plus-MINT-Programm an der Schule Birklehof informiert www.birklehof.de/plus-mint

Ursprünglich stammt Jonathan Hähne aus der Nähe von Itzehoe. In der achten Klasse nahm er an „Känguru der Mathematik“ teil, an einem Wettbewerb also, der jedes Jahr international an Schulen durchgeführt wird. Hähne hatte daran Freude, er schnitt gut ab – und landete plötzlich im Auswahlverfahren für das plus-MINT Programm. Der Verein zur MINT-Talentförderung e. V. (zu den Gründungsmitgliedern gehören die Siemens Stiftung, der VDI Verein Deutscher Ingenieure, die TÜV SÜD Stiftung, die Gisela und Erwin Sick Stiftung und der Verband der Familienunternehmer) hatte bundesweit Lehrkräfte der achten Klassen angeschrieben und das Programm in einem Flyer vorgestellt. Der sollte von Lehrkräften an begabte Schülerinnen und Schüler weitergegeben werden – was Hähnes Klassenlehrerin dann auch prompt erledigte.

Hähne durchlief das dreistufige Auswahlverfahren erfolgreich. Er wechselte im Sommer 2016 zur neunten Klasse ans plus-MINT Internat Louisenlund. „Es ist natürlich ein großer Schritt, in dem Alter weit weg in ein Internat zu ziehen und seine Freunde aus der Heimat zu verlassen“, sagt der junge Mann etwas nachdenklich.

Die Unterrichtszeit und der Schulstoff reichten nicht aus, um für den talentierten Jugendlichen dauerhaft interessant zu bleiben

Und trotzdem: Er hatte sich über das Angebot des plus-MINT Programms sehr gefreut, da er sich an seinem Heimatgymnasium oft nicht richtig gefordert fühlte. Es gab dort zwar ein sogenanntes Enrichmentprogramm für talentierte Schüler, aber dabei handelte es sich lediglich um eine Doppelstunde ein bis zwei Mal pro Woche, in der an MINT-Projekten gearbeitet wurde. Aber die Unterrichtszeit und der Schulstoff reichten nicht aus, um für den talentierten Jugendlichen dauerhaft interessant zu bleiben. Hähnes Mathematik- und Physiklehrer hatte ihn für die MINT-Fächer begeistert. Er war es auch, der Jonathan schließlich dazu ermutigte, am plus-MINT Programm teilzunehmen und auf das Internat Louisenlund zu wechseln. Dort traf er auf Gleichgesinnte, mit denen er sich auf dem gleichen Niveau austauschen konnte und die sich für die gleichen Dinge interessierten.

Hähne lebte sich im Internat gut ein und genoss nach eigenem Bekunden die tolle Klassengemeinschaft. Die Schülerinnen und Schüler des plus-MINT Programms in Louisenlund sind in einer Spezialklasse zusammengefasst, in der den MINT-Fächern mehr Unterrichtszeit gewidmet wird. In Kleingruppen werden bereits Forschungsprojekte realisiert. Die MINT-Fächer werden auf überdurchschnittlich hohem Niveau unterrichtet. Es gibt auch einige Schülerinnen und Schüler, die in der Oberstufe ein Juniorstudium beginnen. So auch Jonathan Hähne an der Universität Kiel.

Aber auch die Freizeit kommt auf den plus-MINT Internaten nicht zu kurz. Im Internat Louisenlund gibt es sogenannte Gilden, die außerunterrichtliche Angebote bereithalten, ob Segeln, Fußball oder Kickboxen sowie künstlerische Angebote wie die Theatergruppe. Das Theaterspielen hat Jonathan Hähne sehr viel Freude bereitet. Jedes Jahr gab es eine große Theateraufführung. Die Gruppe wurde von zwei Lehrkräften des Internats geleitet. Viel Spaß gemacht hat Jonathan Hähne auch der englischsprachige Debattierclub. Im Internat waren Schülerinnen und Schüler aus aller Welt, sodass der Debattierclub auf Englisch gut angenommen wurde. Ziel des plus-MINT Programms ist es nicht nur, die Schüler*innen auf hohem Niveau zu unterrichten, sondern auch ihre sozialen Kompetenzen zu fördern.

Im Internat leben alle Schülerinnen und Schüler in Hausgemeinschaften zusammen. Jedes Haus wird von Hauseltern betreut, also Lehrerinnen und Lehrern, die sich um die jeweilige Hausgemeinschaft kümmern. Die Wohngemeinschaften sind durchmischt, sodass sich die plus-MINT Teilnehmer auf die gesamte Internatsgemeinschaft verteilen. „Das Programm öffnet ganz verschiedene Türen. Zum einen lernt man viele Gleichgesinnte kennen, zum anderen hat man Zugang zu Juniorstudien, Wettbewerben wie ‚Jugend forscht‘ oder durch Praktika zu Unternehmen, die im Bereich Chemie oder MINT tätig sind“, sagt Jonathan Hähne.

Er belegte im vergangenen Jahr bei „Jugend forscht“ auf Bundesebene den ersten Platz in der Kategorie „Mathematik/Informatik“. Er hatte die Jury mit einem Verfahren überzeugt, wie sich digitale Bilder in Kinofilmen und Videospielen verbessern lassen. Nun studiert Jonathan Hähne Physik an der TU München. Nina Odenius / Agentur für Bildungsjournalismus

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2 Kommentare
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Georg
2 Jahre zuvor

Die Lehrpläne sollten sich eigentlich an den besten der Schulform orientieren, nicht an den meisten oder den schlechtesten. Leider passiert insbesondere an den Gymnasien viel zu oft oder gar praktisch nur letzteres.

Lehrer mit Seele
2 Jahre zuvor

Von meiner Seite her herzlichen Glückwunsch und höchste Anerkennung deiner Leistungen. Es ist nicht immer leicht, wenn die Interessen so vom mainstream abweichen, erst Recht nicht in der Pubertät. Ich kann dir dafür nur meinen höchsten und aufrichtigsten Respekt aussprechen.