KMK-Präsidentin sagt noch zehn Jahre Lehrermangel voraus („mindestens“) – GEW: Studium verbessern!

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BERLIN. Die neue Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Astrid-Sabine Busse (SPD), rechnet damit, dass Deutschland noch lange mit dem Problem des Lehrkräftemangels zu kämpfen haben wird. «Ich denke wir werden noch mindestens zehn Jahre damit zu tun haben», sagte die SPD-Politikerin und Berliner Bildungssenatorin.  Die GEW ruft Busse dazu auf, bei den Anstrengungen zur Behebung des Lehrkräftemangels die Bedingungen des Lehramtsstudiums stärker in den Blick zu nehmen.

„Prognosen sind schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen“, so lautet ein Bonmot. Das gilt wohl auch für die KMK, die sich vom Lehrkräftemangel hat überraschen lassen. Foto: Shutterstock

Es gebe kein Berufsfeld, wo man nicht einen Fachkräftemangel habe. Es handele sich um ein demografisches Problem, sagte Busse, die zum Jahreswechsel turnusgemäß die Präsidentschaft der KMK übernommen hatte. Sie erklärte das mit gesunkenen Geburtenzahlen in bestimmten Jahren – nach der Jahrtausendwende kam es zu einem deutlichen Rückgang – und damit, dass frühere geburtenstarke Jahrgänge nun langsam in den Ruhestand gingen. «Dadurch ergeben sich große Lücken.» Zuvor hatte Busse im Interview mit dem Informationsdienst «Bildung.Table» gesagt, in zehn Jahren sei die Talsohle durchschritten und es gehe wieder aufwärts.

Aktuell steigt der Bedarf an Lehrkräften weiter an. Es werden nach einem Tiefpunkt vor etwa zehn Jahren wieder mehr Kinder geboren, dazu kommen Schülerinnen und Schüler durch Zuwanderung. Aber bis sich das Mehr an heutigen Schülern in wieder mehr Fachkräften niederschlägt, «das dauert», sagte Busse. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission, ein bei der KMK angesiedeltes Beratergremium aus 16 Bildungsforschern, arbeitet derzeit außerdem an Empfehlungen für eine Verbesserung der Lehrkräfte-Situation. Diese sollen in diesem Jahr vorgelegt werden (News4teachers berichtete).

Die GEW nimmt unterdessen die Bedingungen des Lehramtsstudiums kritisch in den Blick. Beispiel Berlin: Die bisherige Zielzahl von 2.000 Absolvent*innen mit dem Master of Education reicht nach Angaben der Gewerkschaft nicht aus, um den prognostizierten Bedarf an Lehrkräften abzudecken. Aktuell stehen nur rund 1.000 voll ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung. Rund 60 Prozent der neu eingestellten Lehrkräfte haben keine oder keine vollständige Lehramtsausbildung. „Berlin braucht jährlich 3.000 Lehramtsabsolvent*innen“, betonte die Vorsitzende der Berliner GEW, Martina Regulin. „Damit dies gelingt, müssen die Berliner Universitäten für die Lehrkräftebildung besser ausgestattet werden. Die jetzt anstehenden Verhandlungen über die neuen Hochschulverträge müssen den Rahmen dafür schaffen“.

„Lehramtsstudierende brauchen auch in den fachwissenschaftlichen Grundlagen einen besonderen Fokus auf die spätere Vermittlung der Inhalte“

In der aktuellen Debatte um den Lehrkräftemangel werden nach Auffassung der Gewerkschaft wesentliche Aspekte außer Acht gelassen. Die GEW schlägt Bildungssenatorin Busse für Berlin folgende Maßnahmen vor, um die Anzahl der Lehramtsabsolvierenden zu erhöhen:

Dringend notwendig sei eine Ausbildungsoffensive für die Lehrkräftebildung, die durch eine Taskforce aller Beteiligten gesteuert und engmaschig begleitet wird. „Dazu müssen neben den beiden Senatsverwaltungen für Bildung und Wissenschaft und den Hochschulleitungen unbedingt auch Vertreter*innen der Studierenden und Lehramtsanwärter*innen, der sog. zweiten und dritten Phase (Vorbereitungsdienst und Weiterbildung) sowie der zuständigen Gewerkschaft einbezogen werden.“

Wichtiges Ziel müsse sein, die hohe Schwundquote im Bachelorstudium zu verringern, um am Ende deutlich mehr Absolventinnen und Absolventen mit dem Master of Education zu erreichen. „Sinnvoll wäre ein Abschluss-Mentoring oder ein Beratungsangebot, wenn Studierende durch eine Modulprüfung gefallen sind. Eine enorme Unterstützung könnte ein Abschlussstipendium für die letzten ein oder zwei Semester sein, damit die Studierenden sich auf den Abschluss konzentrieren können.“

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Generell bestehe das Problem, dass es im lehramtsbezogenen Bachelorstudium keine ausgeprägte Lehramtsidentität gebe und die Gruppe der Studierenden mit dem Abschlussziel Lehramt in den Fächern mehr oder weniger „untergeht“. „Das Augenmerk der Universitäten muss stärker auf die Lehramtsstudiengänge gelenkt werden. Lehramtsstudierende brauchen auch in den fachwissenschaftlichen Grundlagen einen besonderen Fokus auf die spätere Vermittlung der Inhalte“, so heißt es.

Weiter meint die Gewerkschaft: „Ein erhebliches Problem ist die Finanzierung des Lebensunterhalts während des Praxissemesters, weil in dieser Zeit kaum eine studienbegleitende Erwerbstätigkeit möglich ist. Dafür braucht es dringend Lösungen, z. B. in Form eines Stipendienprogramms. Um mehr Absolvent*innen für das anschließende Referendariat in Berlin zu binden und aus anderen Bundesländern zu gewinnen, sind gezielte Maßnahmen des Landes Berlin zur Unterstützung bei der Wohnungssuche und der Kinderbetreuung sinnvoll und hilfreich. Darüber hinaus sollte Berlin einen Sonderzuschlag zu den Referendariatsbezügen von 500 Euro pro Monat einführen.“

„Damit bleibt kaum Zeit für eine kontinuierliche und intensive Betreuung der Studierenden – auch während des Praxissemesters“

Für eine bessere Betreuung der Lehramtsabsolvierenden brauche es eine dauerhafte hauptberufliche Personalausstattung. Besonders kritisch sei, dass beim hauptberuflichen wissenschaftlichen Personal der Aufwuchs in der Lehrkräftebildung neben Professuren fast ausschließlich durch Personal mit einer sehr hohen Lehrverpflichtung (sogenannte Hochdeputatsstellen) erfolge. „Damit bleibt kaum Zeit für eine kontinuierliche und intensive Betreuung der Studierenden – auch während des Praxissemesters. In den Hochschulverträgen ab 2024 muss der Ausbau der Lehrkräftebildung finanziell und dauerhaft abgesichert werden. Neben der verbesserten Personalausstattung sind weitere Investitionen zur Verbesserung der Raumsituation dringend notwendig.“

Die in allen Universitäten eingerichteten Q-Master-Studiengänge of Education müssten weiter ausgebaut werden. Das Grundproblem sei die Finanzierung. Es ist dringend notwendig, dass der Berliner Senat Lehrkräfte im Q-Masterstudium durch die Gewährung von Anrechnungsstunden unterstützte und damit auch für andere Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung Anreize zur Aufnahme eines Q-Masters schaffe. „Gleiches muss für Lehrkräfte mit internationalen Lehramtsabschlüssen gelten, die im Anerkennungsverfahren ergänzende Studienleistungen erwerben müssen.“

Mit den Verhandlungen der neuen Hochschulverträge sei jetzt die Zeit, Verbesserungen anzugehen. In den neuen Hochschulverträgen ab 2024 müsse die Zahl der Studienplätze erhöht werden – mit den entsprechenden personellen und räumlichen Kapazitäten. Angesichts der in der neuen Bevölkerungsprognose von September 2022 nach oben korrigierten Entwicklung der Zahl der Schülerinnen und Schüler müsse auch die Lehrkräftebedarfsprognose so schnell wie möglich aktualisiert werden, um noch Eingang in die Hochschulvertragsverhandlungen nehmen zu können. News4teachers / mit Material der dpa

Warum die Hochschulverträge für die Bekämpfung des Lehkräftemangels so wichtig sind: Die Inititiative „Schule muss anders“ und die GEW Berlin laden am 24. Januar um 18 Uhr gemeinsam zu einem öffentlichen Town-Hall-Meeting mit den wissenschaftspolitischen Sprecherinnen und Sprechern von SPD, Grünen  und Linken sowie der Staatssekretärin für Wissenschaft und dem Staatssekretär für Bildung. Außerdem zugesagt hat der Vizepräsident für Lehre und Studium der Humboldt Universität. Mehr Infos gibt es hier.

Mehr Abordnungen, weniger Teilzeit, (noch!) keine Mehrarbeit: Wie Feller dem Lehrermangel begegnen will

 

 

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35 Kommentare
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Ron
1 Jahr zuvor

Machen wir uns nichts vor: Der Lehrermangel wird Jahrzehnte andauern. Und letztendlich ist er ja auch ein durchaus gewollter ökonomischer Faktor. Geld für ausreichend Lehrer steht doch gar nicht zur Verfügung.

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

… und so kann man den Beruf deprofessionalisieren und kostengünstig gering qualifiziertes Personal in die Klassen stellen.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Palim

Es wird outgesourced – Schule wird immer mehr zum Wirtschaftsunternehmen, obwohl sie gar keins ist und auch nicht sein kann.

Marielle
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Das Geld wird ausgegeben, aber nur für wenige.

Louise
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Ich bin frisch fertig ausgebildete Lehrkraft und kämpfe gerade darum, überhaupt eine Stelle zu finden. Schulen antworten teils nicht einmal, wenn man sie persönlich anschreibt. Im Bewerberportal war ich zwei Monate eine Karteileiche.
Ich zweifle den Lehrermangel mittlerweile in Teilen an. Ich denke, diese Diskussion wird auch gezielt dafür genutzt, um die Einstellung von gering qual. Personal zu rechtfertigen. Meine Konkurrenz besteht derzeit aus Seiteneinsteigern und Studierenden.

Georg
1 Jahr zuvor

Für mich ist klar, warum es „nur“ zehn Jahre Lehrermangel gibt: Nach den Vorausberechnungen wird es dann wieder so wenige Kinder geben, dass die aktuell vorhandene Lehrerzahl ausreicht. Mit anderen Worten braucht man jetzt nicht so viele neue Lehrerstudienplätze an den Hochschulen einzurichten, weil die ohnehin erst in (fast) zehn Jahren mit dem Referendariat durch sind.

Carsten60
1 Jahr zuvor

Typisch GEW: Man nennt die Zahl der Lehramts-Absolventen, ohne die entsprechende Zahl der Studienplätze auch nur anzudeuten. Und jetzt müssen auch Lehramtsstudenten schon „betreut“ und vermutlich auch „gefördert“ werden, weil sie sonst das schwierige Studium nicht bewältigen können. Gerade im Grundschullehramt gibt es die „Lehramtsidentität“ mit speziellen Lehrveranstaltungen, die oben im Artikel abgestritten wird. Studienabbrecher gab es immer schon, dafür gibt es viele individuelle Gründe, die lassen sich nicht einfach mit Geld abschaffen.
Niemand fragt, ob die Lehramtsstudenten nicht systematisch durch gewisse Hiobsbotschaften aus den Schulen abgeschreckt werden. Und so wie offiziell postuliert stellt sich wohl kaum eine Abiturientin ihren Beruf vor (Sozialpädagogin für unerzogene (teils aggressive) Jugendliche und nebenbei Lernbegleiterin, die eine individuelle Lernsoftware sozusagen „ergänzt“ und ständig Förderpläne schreiben muss). Dann lieber ein ruhigeres Fahrwasser anstreben: Rette sich, wer kann.

Man sollte einfach mal jene Berufe und Studiengänge nennen, die keinerlei Nachwuchssorgen haben, sondern wo sich die Leute geradezu drängeln. Mit der Bezahlung scheint das nicht allzu eng zu korrelieren. Studierte Journalisten können kaum mehr mit einem festen Beschäftigungsverhältnis bei guter Bezahlung (etwa A13) rechnen, weil die Zeitungen sparen müssen, Kunstgeschichte ist ein bei Mädchen sehr beliebtes Studienfach, die Berufsaussichten sind aber mager. Ingenieurfächer versprechen ein gutes Einkommen und sind dennoch unbeliebt, speziell bei Mädchen. All das könnte die GEW wohl wissen.

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Fürchten wir den Moment, wo junge Menschen objektiv ihre Berufe selektieren.

AlexB
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Und typisch für Sie und Ihre Kommentare ist das wiederholte GEW-Bashing.Versuchen Sie doch einfach mal, auf die im Artikel nicht genannten Problemfelder hinzuweisen, ohne die GEW als Schuldige hinzustellen. Letzteres ist nämlich völlig kontraproduktiv – wenn diejenigen, die als einheitliches Ziel eine Verbesserung der Lage haben, sich untereinander bekriegen.

Faktensammler
1 Jahr zuvor
Antwortet  AlexB

AlexB schrieb: „Versuchen Sie doch einfach mal, auf die im Artikel nicht genannten Problemfelder hinzuweisen, ohne die GEW als Schuldige hinzustellen.“

Es gilt, Verantwortlichkeiten klar zu benennen. Und klargeworden ist (inzwischen auch vielen GEW-Mitgliedern), dass die GEW nicht das tut, was ihre Aufgabe wäre: die Interessen der Lehrkräfte vertreten.

Stattdessen macht sie seit vielen Jahren rot-grüne Bildungsp o l i t i k der Marke „Eine Schule für alle“/“Einheitslehrer für alle“/“Inklusion auf Teufel komm raus“.

Die GEW ist mitverantwortlich für nahezu alles, was sie jetzt beklagt. Und ihre Mitglieder merken das (endlich), wie nicht zuletzt auch die zunehmend kritischen Statements hier im Forum deutlich machen.

Honigkuchenpferd
1 Jahr zuvor
Antwortet  Faktensammler

In diesem Falle stimme ich zu.

Honigkuchenpferd
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Richtig. Ich denke in die gleiche Richtung! (mein Kommentar eben)

SIE: „Niemand fragt, ob die Lehramtsstudenten nicht systematisch durch gewisse Hiobsbotschaften aus den Schulen abgeschreckt werden.“

ICH: Vor rund 20 Jahren waren diese Hiobsbotschaften, dass man als ausgebildeter Lehrer kaum eine Chance habe, eine Anstellung zu finden. Man musste unbedingt bereit sein, eine Tingeltangeltour durch verschiedene Schularten und jahrelange Befristungen auf sich zu nehmen, um irgendwann einmal eine frei werdende Stelle zu ergattern.

Heute sind es wohl eher Hiobsbotschaften von gewalttätigen Kindern und Jugendlichen in den Klassen, von erschreckenden, heimlich aufgenommenen Unterrichtsszenen, von fordernden und mit Anwälten drohenden Eltern und ihnen ohnmächtig gegenüberstehenden Lehrern ohne Rückhalt bei Vorgesetzten, die vor allem nur keinen medienwirksamen Skandal wollen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Honigkuchenpferd
Canishine
1 Jahr zuvor

«Ich denke wir werden noch mindestens zehn Jahre damit zu tun haben»
Also: Einfach abwarten und Tee trinken …

Andre Hog
1 Jahr zuvor
Antwortet  Canishine

Ey Leute, wat soll die Hektik…ham doch Zeit ohne Ende…getz ma langsam…un nu warten wer ma ab…kann so schlimm nich werdn, wa?

Un geder, der wat anders sacht is n Miesepeter. Also wat soll dat Gewiggel mitte Studis….nu mach ma kein Stress…find sich wohl jemand, der sich inne Schule stellt un de Blagen bekuckt.

Mehr braucht et nich! Feddich!!

Maggi
1 Jahr zuvor

Komisch, seitdem die Studierenden mehrfach in das Praxissemester müssen, sinkt die Zahl der Referendare. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Nein – sowas kann nicht sein, denn die Schulen und der Lehrberuf ist der absolute Traum.
Das Studium ist vermutlich das geringste Problem. Aber keine gesellschaftlich Anerkennung, marode Schulen, schlechte Ausstattung und jede Menge Aufgaben, die halt zum Kerngeschäft dazu kommen, könnten etwas abschrecken.
Die GEW sollte hier dringend handeln und diese Missstände bekämpfen.

Doppel A15
1 Jahr zuvor

Lehrkräftemangel ist also gleichzusetzen mit dem Fachkräftemangel in allen anderen Branchen. Ein rein biographisches Problem. Aha.
Dann müssen wir uns nicht mehr wundern- und die KMK- Jungs und Mädels können ihre nichts tuenden Hände weiter in Unschuld waschen.

Doppel A15
1 Jahr zuvor

Gemeint war natürlich „demographisches Problem“.

Palim
1 Jahr zuvor

Es werden nach einem Tiefpunkt vor etwa zehn Jahren wieder mehr Kinder geboren,“
Man hat das Elterngeld eingeführt, damit es mehr Kinder gibt und tut nun wieder einmal überrascht, dass das gelungen ist.
Richtig, die ersten Kinder sind jetzt etwa 10 Jahre alt, also bereits am Ende der Grundschulzeit und gelangen nun in die weiterführenden Schulen.

Der Lehrkräftemangel bestand aber schon vor 10 Jahren.
Lehrkräfte haben die Unterversorgung schon über 10 Jahre aufgefangen, dazu weitere Aufgaben, die zusätzlich in die Schulen gegeben wurden.

Man hätte längst gegensteuern müssen.

Die bisherigen Maßnahmen reichten nicht aus, gering Qualifizierte zur Aufsicht, Bachelor-Absolvierende für die Vertretung, Erhöhung des eigenverantwortlichen Unterrichts im Referendariat, Quereinsteigende, gibt es schon seit Jahren.

An den Schulen selbst merkt man vor allem, dass das Pensum weiter erhöht wird, auch wenn das Personal fehlt und man intern Lösungen finden muss.
Gleichzeitig werden Entlastungen in den Wind geschrieben, weil man nicht genug Lehrkräfte hat.

Die Arbeitszeitstudie in NDS ist von 2015, auch da konnte man sehen, dass Lehrkräfte zu viel arbeiten, quer durch die Schulformen.
Die Ergebnisse wurden anerkannt, aber auch da wurde abgeriegelt und verschoben: Wenn Lehrkräfte fehlen kann man angeblich keine Entlastungen gewähren.
Man nimmt also wissentlich die Überlastung der Lehrkräfte in Kauf und weiß um die unbezahlte Mehrarbeit seit vielen Jahren.
Hier läuft die Überstundenuhr der NDS. Lehrkräfte seit 2017 auf Basis der Ergebnisse der Arbeitszeitstudie.

Könnte das ein Grund sein, warum viele junge Menschen lieber einen anderen Beruf ergreifen, weil sie die Aussichtslosigkeit erkennen?

Es braucht eine Verpflichtung dazu, die Arbeitszeit von Lehrkräften zu erheben, gerade weil die Länder keine Abhilfe schaffen, sondern meinen, durch 10-jähriges Warten würde sich die Lage verbessern.
Die Verbesserung der Bedingungen, besserer Arbeitsschutz müssten sofort umgesetzt werden.

Lehrkräfte müssen weiterhin vollumfänglich ausgebildet werden, dafür benötigen vor allem auch Lehrkräfte Entlastung, da sie die Aufgabe in den Schulen tragen müssen.
Die Schulen, die das stemmen, sollten dafür einen Stunden-Bonus erhalten, da sie die missliche Lage ausgleichen, die das Land verantworten muss.
Schulen, die in einem Jahr unterversorgt sind, sollten im Jahr darauf in gleicher Weise überversorgt werden, um die Mehrarbeit ausgleichen zu können.
Eine Vertretungsreserve durch voll ausgebildete Lehrkräfte gehört ins System, sodass mindestens der durchschnittliche Ausfall durch Krankheit, Schwangerschaft/Elternzeit, Todesfälle entsprechend der Altersstruktur berücksichtigt wird.

Um den Lehrkräften wenigstens im Ansatz Entlastung zu bieten, braucht es weiteres Personal in den Schulen, das viele Aufgaben übernehmen könnte und Lehrkräfte unterstützt, damit deren Pensum reduziert wird.

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Palim

An den Schulen selbst merkt man vor allem, dass das Pensum weiter erhöht wird“

Genau. Und egal wo man hinguckt, die „freie“ Wirtschaft sucht händeringend ebenfalls qualifiziertes Personal. Mittlerweile hängen sogar überall Plakate herum, in denen Homeoffice, 35-Stundenwoche, Vier-Tage-Woche (insbesondere im Handwerk) usw. angeboten wird. Da merkt auch der idealistischste Lehramtsstudent, dass er mit der Aussicht auf eine 48 Stunden-Woche, Dauerbashing durch Medien und Politik, Sündenbockrolle für jedes gesellschaftliche Problem und miserabler Gehaltentwicklung danke Verdi nur noch verar… wird und sagt sich irgendwann:

„Lehramt? Ich bin doch nicht blöd!“

Aleidis, von edlem Wesen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

„Mittlerweile hängen sogar überall Plakate herum, in denen Homeoffice, 35-Stundenwoche, Vier-Tage-Woche (insbesondere im Handwerk) usw. angeboten wird.“

Bitte teilen Sie uns noch das Gehalt mit und ob es da auch Ferien gibt.

Bitte dann auch mit Quelle und nicht nur Hörensagen!

Last edited 1 Jahr zuvor by Aleidis, von edlem Wesen
Dirk Meier
1 Jahr zuvor

Ich war kürzlich in einem Discouter. Dieser sucht ungelernte Kassierer und bietet 14 EUR/Stunde an, was im Monat 2500 EUR/brutto entsprechen. Dieses Einkommen verdient man mit 40 Stunden pro Woche und ohne irgendeine Ausbildung. Urlaub waren glaube ich 30 Tage, die man zu beliebigen Zeiten nehmen darf, damit man günstig verreisen kann.

Wenn ich meinen tatsächlichen Stundenlohn als Lehrkraft ausrechne, liege ich da nicht weit drüber. Die bessere Kranken- und Altersabsicherung ist noch ein Unterschied, aber die jahrelange Ausbildung und die damit verbundene spezialisierte Tätigkeit rechnet sich dennoch immer weniger. Mein Nettoeinkommen wurde in den letzten fünf Jahren um ca. 10 % erhöht. Der Mindestlohn ist alleine letztes Jahr um 25 % gestiegen, nachdem er auch vorher immer schön erhöht wurde.

Aleidis, von edlem Wesen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dirk Meier

Wissen Sie, was man von brutto 2500 Euro monatlich netto behält? Je nach Steuerklasse dürften es um die 1500 Euro sein. Da lebt man heutzutage plus/minus 0 im Monat.

Wollen Sie sagen, Sie haben als Lehrer kaum mehr?

Bla
1 Jahr zuvor

Mit Plakaten kann ich nicht dienen. Falls Sie andere Quellen aber auch akzeptieren:
Bspw.:
https://www.lto.de/recht/kanzleien-unternehmen/k/anwaltsberuf-arbeitszeit-36-stunden-woche-volles-gehalt-kanzlei-rose-partner/

Das kann man im übrigen auch generell gerne mal Googlen … 35 Stunden, 4 Tage Woche, (Homeoffice) … Da kommt schon einiges.

Edit: Außer das zählt als Plakat
https://mpn-leipzig.de/jobs/
Optisch würde es machbar sein, dass das irgendwo zumindest als Werbeplakat rumhängt.

Last edited 1 Jahr zuvor by Bla
Aleidis, von edlem Wesen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bla

Was soll ich zu diesen „Quellen“ sagen?

Bei 1. ist es die eine erste bundesweite Kanzlei, die eine 36-Stunden-Woche einführt bei vollem Lohnausgleich. Ich sitze als Lehrerin nicht 36 Stunden auf Arbeit. Sondern 28. Meine Vorbereitungszeit ist nach vielen Jahren immer geringer geworden. In den Ferien mache ich fast nichts für die Schule. Wer Teilzeit arbeitet, kann bei entsprechender Stundenzahl auch bei uns eine 4-Tage-Woche haben.

Bei 2. sind es Stellenangebote für Maurer, Putzer, Polierer… Ich sehe keine Gehaltsangaben.

Ich frage nach Gehalt und Ferien.

Alex
1 Jahr zuvor

„Auf Arbeit“ sitze ich auch „nur“ 28 Stunden. Liegt aber daran, dass mein Arbeitgeber keinen adäquaten Arbeitsplatz für die sonstigen zu erledigenden Aufgaben bereit stellt. Aber dass Sie hier die ewig gleiche Leier vom faulen, überbezahlten und quasi nur Ferien habendem Lehrer singen, kennt man ja schon.

Realist
1 Jahr zuvor

„Bitte dann auch mit Quelle und nicht nur Hörensagen!“

Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, weiß, was dank des demographischen Fachkräftemangels mittlerweile verdient werden kann, insbesondere für studierte Fachkräfte.

Wer sich allerdings als „Weltretter“ hinter Schulmauern verschanzt und sich einredet, dass er oder sie einen besonders „angesehenen“ und „gut bezahlten“ Job ausübt, dem ist aktuell auch nicht mehr zu helfen. Die jungen Leute von heute(sic!) sind aber nicht mehr so naiv… vor vierzig Jahren waren z.B. (Gymnasial-)Lehrkräfte und Anwälte vom Verdienst her durchaus vergleichbar und ähnlich angesehen, davon sind wir mittlerweile meilenweit entfernt. Einige sind in dieser „guten, alten Zeit“ aber offensichtlich steckengeblieben…

Aleidis, von edlem Wesen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Das ist eine Quatschantwort. Sie versuchen, sie ohne jegliche Fakten einfach dadurch zu rechtfertigen, dass, wer „Ahnung hat, zustimmt“ und wer „keine Ahnung hat, nicht zustimmt“. Aber es gibt keinerlei Fakten, Belege… es ist alles Meinung. Die Eine. Ihre nämlich.

Verdienst Gymnasiallehrer: in Berlin zuletzt rund 5600 brutto bei Neueinstellung im Angestelltenverhältnis

Verdienst Anwalt:
Laut gehaltsvergleich.com startet eine Volljuristin mit einem Einstiegsgehalt von durchschnittlich 3.785 Euro brutto monatlich (Stand Oktober 2021). Wer direkt nach dem Jurastudium für einen großen Konzern oder eine Großkanzlei arbeitet, kann laut des Portals mit Glück sogar das Doppelte verdienen.“

Honigkuchenpferd
1 Jahr zuvor
Antwortet  Palim

Das Elterngeld hat aber kaum zu einer höheren Geburtenrate geführt. Wir haben vor allem mehr Kinder durch die Zuwanderung von außen, einen riesigen Schub gab es bekanntlich 2015.

Es wurde auch schon seit 10 Jahren gegengesteuert, aber es wurde falsch gegengesteuert. Länder, die verbeamten, haben Ländern, die nicht verbeamten, die Lehrer abgeworben statt Ausbildungskapazitäten zu erhöhen.

Berlin hat seit 2013 allen neueingestellten Lehrern die damals höchste Erfahrungsstufe gegeben, wir konnten jetzt, wo es durch die Wiederverbeamtung abgeschafft wurde, lesen, dass das bis zu 1600,-Euro mehr ausmachte! Hat aber auch nichts gebracht. Denn es lag ja nie am Geld/Gehalt.

Erst jetzt, ganz zuletzt, kämpft die GEW maßgeblich für bessere Arbeitsbedingungen an den Schulen, z.B. kleinere Klassen, geringere Stundenverpflichtung etc. Vor Jahren hieß es hier noch bei solchen Forderungen, dafür dürfe man nicht streiken. Nun hat sich das Streiken durch die Wiederverbeamtung aber eh bald erledigt.

Die GEW und die Politik haben aufs falsche Pferd gesetzt, aber sie sind auch falsch beraten worden.

Andre Hog
1 Jahr zuvor
Antwortet  Palim

Für Bielefeld ist bereits jetzt klar, dass bereits im Jahr 2026 die Plätze an den weiterführenden Schulen nicht reichen werden. Und…was denkt ihr, wird dann hier gemacht werden??

Es werden noch Prognosen entgegen genommen…Lösungen für dieses planerische Problem sind nicht absehbar…außer natürlich den Klassenteiler umfänglich hochzusetzen…mit der Begründung „das war ja so nicht absehbar“.

Pit2020
1 Jahr zuvor
Antwortet  Andre Hog

@Andre Hog

Da wirst du wohl noch einige Stühle brauchen?!
Hilfe naht:
https://www.youtube.com/watch?v=VdX27DXtlAw

Meine Güte!!! – Geht das auch

  • schneller?
  • vor allem billiger?

Ja sichi, Alda!
https://www.youtube.com/watch?v=WO6GdLY2cr0

Sorry, man kann/muss (Bitte selber passend auswählen.) das Elend nur noch wegflachsen … 🙂

Erzieherin
1 Jahr zuvor

Hopplahopp ist weder der Lehrkräfte- noch der Erziehermangel zu beheben.
Gerade deshalb wäre es umso wichtiger, all die Aufgaben, die mit der unmittelbaren Arbeit mit den Kindern kaum noch etwas zu tun haben, anders zu verteilen.Gerade LK müssen so viel „Kram“ erledigen, der mit Unterricht herzlich wenig zu tun hat – an dieser Stelle würde eine deutliche Verbesserung der Bedingungen Entlastung schaffen und damit für stabilere Gesundheit sorgen.
Träumen darf man ja mal.

Honigkuchenpferd
1 Jahr zuvor

Es ist nicht logisch, dass eine Verbesserung des Studiums zur Beseitigung des Lehrermangels führe, also das Studium „schuld“ am Lehrermangel sei. Warum gab es dann früher zeitweise zu viele Lehrer, dass viele gar keine Anstellung fanden und etwas anderes machen mussten?

Alle möglichen Berufe haben Nachwuchsmangel. Sie alle für sich attraktiver zu machen, nimmt ja automatisch immer den anderen die Interessenten weg. Man müsste untersuchen, was wollen junge Menschen heutzutage machen. Wo gibt es also zu viele Interessenten und wie kann man die für andere Berufe begeistern, mindestens warum nicht für andere Berufe?

Dass alle einfach gerne mehr verdienen möchten, ist klar, aber kann nicht die Lösung sein. Wenn dann alle (!) mehr verdienen, ist ja dieser Effekt auch wieder weg. Der Abstand zwischen den Berufen bleibt ja in der Regel erhalten: ein Altenpfleger wird nie mehr verdienen als ein Lehrer (sonst werden ja alle Altenpfleger und keiner Lehrer)…….. 😉 Es sind diese „Insellösungen“, die uns nicht weiter bringen!

Ich glaube, wir brauchen ganz, ganz andere Ideen und Lösungen als das bisher Vorgeschlagene und vorneweg genauere Untersuchungen, woran es wirklich liegt.

Last edited 1 Jahr zuvor by Honigkuchenpferd
Riesenzwerg
1 Jahr zuvor

„Es gebe kein Berufsfeld, wo man nicht einen Fachkräftemangel habe. Es handele sich um ein demografisches Problem,“ sagte Busse.

Da ist wohl jemand auf dem Interpretations-Holzweg.

Unsere Schülys haben keine Chance auf einen Ausbildungsplatz, da sie nicht ausbildungsfähig sind.

Wir haben so viele, die eine theoriereduzierte Ausbildung machen (müssen), da es einfach nicht zu einer anspruchsvollen Fachausbildung reicht.

Schülys sind seit Jahren genug da. Aber die stecken in irgendwelchen Maßnahmen und Therapien und – leider – in ihren tw. sehr kaputten Familien.

Nein, ich habe keinen Kamm genommen und niemanden geschoren… 😉 So sieht es bei uns aus.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

10 Jahre, gut gewählte Zeitspanne. Bis dahin erkennt niemand mehr Parallelen zu dem, was man heute noch als Bildung und Schule ansieht.

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
Schattenläufer
1 Jahr zuvor

Also wie immer bei der KMK Spieglein, Spieglein an der Wand…

Das reicht als Datengrundlage.