Warum Grundschüler, die über Gefühle sprechen, ihren Wortschatz vergrößern

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KASSEL. Ein neues, an der Universität Kassel gestartetes Forschungs­projekt untersucht, wie es gelingen kann, sprachförderliche Maßnahmen als wesentlichen Bestandteil des Deutschunter­richts und der Nachmittagsbetreuung in der Grundschule zu stärken. Das Sprechen über Gefühle wird dabei in den Vordergrund gerückt.

Wer über seine Gefühle sprechen möchte, benötigt ein vergleichsweise hohes Maß an Sprachkompetenz. Foto: Shutterstock

Ziel des Forschungsprojekts „Fühlen – Denken – Sprechen in der Grundschule“ ist die Entwicklung und Evaluation von Trainingsmaterialien zu alltagsintegrierter Sprachförderung für Grundschullehrerinnen und -lehrern sowie Fachkräften in der Nachmittagsbetreuung.

Das Besondere dabei: Die inhaltsorientierte Sprachförderung fokussiert das Sprechen über Gefühle – was eine besondere Herausforderung insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit Deutsch als Zweitsprache darstellt, da es sich bei Gefühlen um etwas Nicht-Gegenständliches handelt. „Verschiedene Lernanlässe im Deutschunterricht und in der Nachmittagsbetreuung können dafür genutzt werden, beispielsweise das gemeinsame Sprechen über ein Buch, zu dem alle Schülerinnen und Schüler, wie sich die Heldin fühlt, aber auch das Schreiben von eigenen Geschichten“, so heißt es in der Projektbeschreibung.

Verschiedene Sprachlehrstrategien könnten dabei helfen, das sprachliche Können der Kinder auszubauen. „Lehrkräfte und Betreuungspersonal agieren als sprachliches Vorbild und gehen in diesem Rahmen auf die sprachlichen Äußerungen der Kinder ein, indem sie diese wiederholen und die Kinder durch Fragen anregen, sich selbst zu äußern. Dabei präsentieren die Erwachsenen den Kindern sprachliche Strukturen in einem bedeutungsvollen Kontext, so dass es gelingen soll, dass die Kinder die präsentierten Strukturen in den eigenen Sprachschatz übernehmen.“

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich die sprachlichen Kompetenzen der Kinder signifikant verbessert haben“

Projektleiterin Miriam Langlotz, Professorin für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur/Schwerpunkt Grundschule, hebt hervor: „Für das Sprechen über Gefühle und Gedanken bedarf es eines besonderen Wortschatzes sowie besonderer grammatischer Konstruktionen wie ,Ich fühle mich…‘ oder ,Ich denke, dass…‘. Wenn Vermutungen über Gefühle anderer geäußert und verschiedene Perspektiven eingenommen werden, werden hierbei sprachliche Vorläuferfähigkeiten für bildungssprachliches Handeln aufgebaut.“ Das gemeinsame Sprechen über Gefühle soll außerdem den Klassenverband stärken und Konfliktlösung unterstützen.

Erste Erfolge zeigten sich bereits im Vorgängerprojekt „Fühlen – Denken – Sprechen – alltagsintegrierte Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen“. Maria von Salisch, Professorin für Entwicklungspsychologie an der Universität Lüneburg, war als Projektleiterin daran beteiligt und initiierte auch das Folgeprojekt. Sie fasst zusammen: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich die sprachlichen Kompetenzen der Kinder signifikant verbessert haben, etwa beim Satzverständnis, der morphologischen Regelbildung und dem Satzgedächtnis. Diese Bereiche sind gerade für die Bildungssprache sehr wichtig“.

Das Forschungsprojekt wird in Kooperation mit den Universitäten Lüneburg und Braunschweig durchgeführt und im Rahmen der Ausschreibung „Sprachliche Bildung in der Einwanderungsgesellschaft“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im sechsstelligen Bereich gefördert. Aktuell sucht die Universität Kassel Modellschulen, die bei dem Projekt mitmachen. Interessierte können sich gerne an m.langlotzuni@uni-kassel.de wenden. News4teachers

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5 Kommentare
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Ron
1 Jahr zuvor

Literaturunterricht tut traditionell genau das gleiche. Am Beispiel der literarischen Protagonisten werden Situationen besprochen, in Inneren Monologen, Wortfeldgruppen, Szenischem Spiel, Standbildern oder Diskussionen Gefühle und Standpunkte der Figuren nacherlebt, erörtert, in der Perspektive gewendet usw.
Muss man nur Zeit für haben bei den vielen super Sonderprojekten, die ja derzeit so viel wichtiger sind.

Geor
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Und zwar klassische Literatur mit ihrem viel breiteren Wortschatz, nicht die neumodische.

Angelika Mauel
1 Jahr zuvor

Welche finanzierte Studie im „sozialen Bereich“ kommt schon zum Ergebnis, dass das Reden über Gefühle schnell dazu führt, dass Kinder erst mal lernen, welche Antworten ihnen entlockt werden sollen? Im Kindergarten fängt es an mit diesen hochgelobten „Trainings.“ Vot allem Jungen sind genervt, wissen aber, was gesagt werden muss, damit ein Gesprächskreis nicht unnötig in die Länge gezogen wird. Bevor Summen im sechststelligen Bereich ausgegeben werden, sollte diejenigen, die so etwas durchwinken mal eigene Kinder fragen, was sie von Förderprogrammen halten.

Wenn nach dem Einsatz von „Trainingsmaterialien“ am Ende etwas Gutes rauskommt, stellt sich mir die Frage, ob Lehrer und Erzieher nicht auch aus Eigeninitiative Erfolge hätte erreichen können. Und wie sehr Materialien abgeändert oder kreativ stark umgestaltet werden, das sollte auch mal publik gemacht werden.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Ich finde die Aufgabe doof, dumm, dämlich, öde, stupide, geradewegs ermattend und durchweg redundant.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor

Wenn ich mit den Kiddys über Tomaten spreche, erweitert sich der Wortschatz auch ….