Lehrermangel: Ministerium streicht bei der Förderung, um Assistenzstellen zu finanzieren

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POTSDAM. Eine vom Brandenburger Bildungsministerium erstellte vorläufige Bedarfsermittlung der Lehrkräfte für das kommende Schuljahr sorgt bei Schulen und Eltern für Unruhe. Aus einer Aufstellung, über die die Schulen am vergangenen Donnerstag informiert wurden, gehe hervor, dass das Bildungsressort flächendeckende Kürzungen im Bereich der Stundenbudgets an den Schulen plane, sagte die Sprecherin des Landeselternrats, Ulrike Mauersberger. Ministerin Britta Ernst (SPD) ließ die Kritik zurückweisen.

Simsalabim. Foto: Shutterstock

Mauersberger zufolge sollen Lehrerwochenstunden in einigen Bereichen gekürzt werden, etwa beim flexiblen Lernen, beim Förderunterricht und dem jahrgangsübergreifenden Flex-Unterricht in Klasse 1 und 2. Diese Rückmeldung sei aus den Schulen des Landes gekommen. Eine entsprechende Tabelle zur Aufstellung der Bedarfe liegt der dpa vor. «Wir haben extreme Lerndefizite, vor allem im Grundschulbereich. Eine Kürzung ist nicht der richtige Weg», warnte Mauersberger. Die Minderung des Bedarfs der Schulen ist ihrer Beobachtung nach mittlerweile ein schleichender Prozess.

Im kommenden Schuljahr werden an Brandenburgs Schulen rund 1800 neue Lehrkräfte gebraucht. Weil so viele ausgebildete Pädagogen nicht zu finden sind, sollen die vorhandenen Lehrkräfte möglichst länger oder bei Teilzeitarbeit mehr unterrichten. Zudem sollen Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben und der besonderen Unterstützung von Schülern entlastet werden. Deshalb sollen bis zu 200 Planstellen für Lehrkräfte für Schulassistenzen und Schulsozialarbeit in Anspruch genommen werden. «Man nimmt Lehrerwochenstunden, um etwas zu finanzieren, was aus dem Haushalt anders hervorgehen muss», kritisierte die Landeselternratssprecherin.

Die Linke-Fraktion nannte die Bedarfsrechnung des Ministeriums einen «schlechten Überraschungscoup». Die parallel in Aussicht gestellten Assistenzstellen seien nur Beruhigungspillen, um die eigentliche Lehrkräfteabsenkung in der Öffentlichkeit zu verkaufen, erklärte die bildungspolitische Sprecherin Kathrin Dannenberg. Die Fraktion hatte deshalb eine Sondersitzung des Bildungsausschusses gefordert. Ministerin Ernst solle für Aufklärung sorgen, hieß es.

Die ließ die Kritik an der Kürzung von Lehrer-Stunden bei zusätzlichen Angeboten zurückweisen. Das Ministerium wolle die Unterrichtsverpflichtung nicht erhöhen und nicht grundsätzlich in die Stundentafel eingreifen, sondern Lehrkräfte von Organisations- und Verwaltungsaufgaben entlasten und gezielter im Unterricht einsetzen, teilte Ministeriumssprecherin Ulrike Grönefeld mit.

Die tatsächliche Stellenzuweisung erfolge erst nach der Bedarfsermittlung. Ziel sei, rund 200 Planstellen für Lehrkräfte für Schulassistenten und Schulsozialarbeit in Anspruch zu nehmen. Dafür seien Spielräume bei der Bedarfsplanung genutzt worden. Die Sprecherin verwies darauf, dass es sich um weniger als ein Prozent der Gesamtstellenzahl handle. News4teachers / mit Material der dpa

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Land-Ei
1 Jahr zuvor

Nur 1%, so so. Nichts weiter also. Außer, dass es für die Erst- und Zweitklässler*innen dann nur noch 4 anstatt 6 Teilungsstunden in der Woche geben soll. 4 Stunden, um neue Lerninhalte einzuführen, denn bei den restlichen Stunden ist individuelles, selbstgesteuertes Lernen gefragt, aufgrund der immensen Heterogenität der Gesamtklasse inkl. Kindern mit sonderpädagog. Förderbedarf, DaZ-Kindern etc., und nur einer Lehrkraft, denn die Poolstunden zur Doppelsteckung sollen ja ebenfalls gekürzt werden.
Alles gar kein Problem. Und eine jahrgangsgemischte Klasse mit 25 Kindern plus x ist auch kein Ding, mach ich alles! Aber soll mir dann keiner nach der 4. Klasse plötzlich sagen, die Grundlagen seien ja gar nicht gesichert.
Man kann gar nicht so viel essen, wie man kotzen möchte.

Heideblume
1 Jahr zuvor
Antwortet  Land-Ei

Angeblich regelt classroom management alles. Kinder lernen dann ganz von selbst und Heterogenität ist gaaaar kein Problem. Schöne neue Welt.

gehtsnoch
1 Jahr zuvor

Brandenburg hatte im SJ 2021/22 benannt 22.368 umfasst als voll- und teilzeitbeschäftigte sowie stundenweise beschäftigte Lehrkräfte. Nach Medienberichten davon 27 % in Teilzeit

19.460 Vollzeit (x 25 Std. Deputat = 486.500 UE/Woche)
und 5.908 Teilzeit (x 14 Std. Deputat = 82.712 UE/Woche)

Fehllehrkräfte angenommen mit 1.800 (x 25 Std. Deputat = 37.500 UE/Woche) = BEDARFGSERMITTLUNGSWERT

Kürzung im Stundenbudget (zumindest für SuS) 1 Std. /Woche kompensiert mit 200 angedachten und bisher nicht besetzten Stellen als dann Assistenzkräfte (200 x 25UE = 5.000 UE/Woche und Abdeckung von 13,3 % der UE-Bedarfsabdeckung) darf jeder Betroffene selbst darüber sinnieren, wie diese ERNSTe Berechnung der LuL-Entlastungen zum Ziel führen wird.

Würden 1.800 Assistenzkräfte zusätzlich eingestellt, dann wäre vielleicht eine Umverteilung 1:1 logisch oder kommt dies nicht realitätsnäher ein wenig wie Taschenspielertrickserei vor, wo im Mittelalter die Menschen mit großen Augen auf Jahrmärkten vor diesen Zauberkünstlern oder Gauklern standen?

Alla
1 Jahr zuvor
Antwortet  gehtsnoch

Die meisten TeilzeitLK arbeiten zwischen 20 und 24 Stunden. (GS)

Walter
1 Jahr zuvor
Antwortet  Alla

„Arbeitszeit“ wird als Grundlage einer Berechnung bei Unterricht herangezogen?
Zumindest haben Sie mit 20 bis 24 die 60 und mehr wöchentlich widerlegt.

Alla
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter

Deputat-Stunden sind gemeint, s. @gehtsnoch.
Sie sind wohl keine LK?

Walter
1 Jahr zuvor
Antwortet  Alla

Scheinbar den Nerv getroffen!?
Also „Arbeit“ und „arbeiten“ ist ja reine Definitionssache und als TZ 20 bis 24 Stunden – wie Sie meinen seien Deputat Stunden – da kann man auch direkt VZ ohne Abzüge anwesend sein.

Last edited 1 Jahr zuvor by Walter
Land-Ei
1 Jahr zuvor
Antwortet  gehtsnoch

Vollzeit sind in BRB an der GS 27 Stunden. Macht die Rechnung aber ja nicht weniger schlimm.

Micky
1 Jahr zuvor

Soso, ausgebildete Pädagogen sind nicht zu finden. Dafür hören wir doch erstaunlich oft von arbeitslosen oder in Kettenverträgen festhängenden Junglehrern, auch mit Mangelfächern und Prädikatsexamen. Langjährig erfahrene Lehrer aus unserem Umfeld berichten, dass auch in Zeiten der angeblichen „Lehrerschwemme“ die Personaldecke an ihren Schulen ausgesprochen dünn geblieben sei.

Abba kamma ja jezz nix machn, ne, Arbeitsverdichtung und Billigpersonal sind alternativlos in der (selbst herbeigeführten) „Krise“. Oder hat jemand etwa einen besseren Vorschlag? Nun aber hurtig Fakten schaffen und Lehrerstellen dauerhaft abbauen!