Gespräche zwischen Bund und Ländern stocken – Digitalisierung der Schulen pausiert

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BERLIN. Etliche Milliarden Euro sind in den vergangenen Jahren in die Digitalisierung in Schulen geflossen. Jetzt stockt die Förderung – und mit ihr die weitere Digitalisierung der Schulen. Die Länder werden ungeduldig.

Derzeit geht wenig voran (Symbolbild). Foto: Shutterstock

Immer noch schwelt der Streit zwischen Bund und Ländern über das Geld für die weitere Digitalisierung an Schulen. «Wir sind jetzt an dem Punkt, dass mit dem Haushaltsentwurf des Bundes leider immer noch keine Klarheit besteht, wie der nächste Digitalpakt aussieht», sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Saarlands Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD), am Mittwoch in Saarbrücken. Die Länder seien mittlerweile «ausgesprochen ungeduldig.» Man habe am 2. September eine Sondersitzung der KMK einberufen, um auch darüber zu beraten, wie der neue Digitalpakt mit dem Bund zu Ende verhandelt werden könne.

Seit Monaten dringen die Länder beim Bund auf Klarheit über die Finanzierung der geplanten Neuauflage des milliardenschweren Förderprogramms. Die KMK fordert vom Bund, ab 2025 jährlich mindestens 1,3 Milliarden Euro zur Finanzierung und Weiterentwicklung der digitalen Infrastruktur bereitzustellen. Bei dem ersten Digitalpakt, der im Mai auslief, hatte der Bund 90 Prozent der Ausgaben für die Digitalisierung in Schulen wie Laptops und digitale Tafeln finanziert. Die restlichen zehn Prozent hatten Länder und Kommunen getragen. Künftig will der Bund eine 50/50-Finanzierung. Das überfordere die Länder, sagte Streichert-Clivot.

«Uns wäre sehr daran gelegen, wenn zum neuen Jahr, also zum Januar 2025, ein verlässliches Ergebnis da ist, mit dem man starten kann», sagte die KMK-Präsidentin. «Ich glaube, der Bund kann es sich nicht leisten, aus diesem Programm auszutreten.» Die Digitalisierung spiegele die «gesamte Lebensrealität alle Menschen» wider und müsse Bestand haben in den Ländern. «Deswegen bin ich nach wie vor zuversichtlich.» Allerdings hätten bisherige Gespräche und Briefwechsel mit der Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) nicht dazu geführt, «dass wir mit Blick auf die finanzielle Lage des Digitalpakt 2.0 Entwarnung geben können von der Länderseite», sagte Streichert-Clivot.

Die Unklarheit, wie die Finanzierung weitergehe, führe in den Ländern zu Verzögerungen wichtiger Entscheidungen. «Ich glaube, es gibt kein nachhaltigeres Programm, das in der Lage ist, bestehende Strukturen, die es in den Ländern gibt, zu stärken», sagte die Ministerin. Am ersten Digitalpakt hatte sich der Bund seit 2019 mit 6,5 Milliarden Euro beteiligt.

Trotz der unklaren weiteren Unterstützung durch den Bund bleibt die Digitalisierung der Schulen ein Schwerpunkt der saarländischen Landesregierung. «Schüler sollen die Schule selbstbestimmt verlassen können. Dazu müssen Sie sich auch in der digitalen Welt selbstbestimmt bewegen können», so Streichert-Clivot. In den vergangenen Jahren seien an saarländischen Schulen 100.000 mobile Endgeräte angeschafft worden. «Ich finde, das ist eine Zahl, die lässt sich sehen», sagte sie. Das Saarland sei das Bundesland, das einen flächendeckenden Rollout dieser Geräte sichergestellt habe – ab der dritten Klasse.

Rund 53 Prozent aller eingesetzten Lerninhalte würden an den Schulen inzwischen digital genutzt (mit Unterschieden bei Schularten). Und im vergangenen Schuljahr sei Informatik als Pflichtfach ab Klasse 7 eingeführt worden. Im neuen Schuljahr solle als weiterer Schritt eine einheitliche digitale Schulverwaltung eingeführt werden, sagte die Ministerin. Dadurch werde auch untereinander die Kommunikation verbessert. Dieses Projekt setze aber voraus, dass die Länder im Streit mit dem Bund über die Neuauflage des Digitalpakts vorankämen. News4teachers / mit Material der dpa

Anteil zusammengestrichen, Auslaufen angekündigt: Der Bund will sich aus dem Digitalpakt herausschleichen

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14 Kommentare
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RainerZufall
1 Monat zuvor

Oweh, die Kultusministerien in Sachsen und Thüringen haben jetzt bestimmt Panik. Wie sollen sie sich erklären, dass sie bei den Wahlen für die aubleibende Digitalisierung nicht vom Wahlvolk angestraft zu werden? (augenroll)

Der Zauberlehrling
1 Monat zuvor

Die Ampelregierung ist eine Hampelmannregierung und – wenn man es nüchtern und sachlich betrachtet – am Ende ihrer Tage angelangt.

13 Monate noch bis zur nächsten Bundestagswahl – maximal. Aber auch ein Bundeswahlleiter braucht etwas Vorlaufzeit, also ganz so schnell wird es auch nichts.

Die Vertrauensfrage wäre vom Bundeskanzler zu stellen, falls er es nicht vergessen hat.

Machen wir uns nichts vor, aus dem Digitalpakt 2.0 wird nichts mehr.

Wir schaffen das auch so.

Grüße ins Saarland – behandelt die 100.000 Geräte gut, dann halten sie länger.

Rüdiger Vehrenkamp
1 Monat zuvor

Digitalisierung ist ein Marathon und kein Sprint. Ähnlich wie bei der Anschaffung eines Autos, ist es nicht mit der bloßen einmaligen Anschaffung getan. Das Fahrzeug muss regelmäßig gewartet werden, es muss mal in die Werkstatt, es braucht Ersatzteile…

Die ersten angeschafften Tablets sind so langsam bereits am Ende: Der Akku ächzt und die neuesten Apps laufen nicht mehr. Natürlich müssen dann neue Geräte her. Wenn man Digitalisierung vollumfänglich durchführen wollen würde, bräuchte jeder Schüler im Laufe seiner Schulzeit zwei bis drei Tablets mit den jeweils passenden Apps: Eines für die Grundschule, eines bis zum Haupt- oder Realschulabschluss und eines für die Oberstufe bzw. Berufsschule.

Ich möchte nun keine Diskussion aufmachen, ob Grundschüler schon regelmäßig mit einem Tablet arbeiten sollten, ich wollte nur aufzeigen, dass es nicht mit einmaligen Anschaffungen getan ist und Gelder für Digitalisierung kontinuierlich fließen müssen. Es bringt nichts, wenn ein Abiturient nach acht, neun Jahren am Gymnasium sein verranztes iPad im Anschluss an einen neuen Fünftklässer weiterreicht.

Dafür brauchts natürlich mal wieder davon, was man doch zu gerne an Schule, Bildung und sozialer Arbeit einspart: Geld.

uesdW
1 Monat zuvor

Nun ja, mit ca. 34.000 Schulen, ca. 900000 Lehrkräften und ca. 11,2 Millionen Schülern ist das nicht nur ein finanzieller Brocken, sondern auch ein logistischer Brocken. Vielleicht nicht alles auf einmal, aber zumindestens rollierend.
Neben der Anschaffung kommt dann noch die entsprechende Betreuung der Geräte und Netze dazu. Software … noch gar nicht dazu gedacht.

Ja, das Geld ist wichtig, aber die Umsetzung der Digitalisierung ist sehr viel komplexer.

Rüdiger Vehrenkamp
1 Monat zuvor
Antwortet  uesdW

Natürlich haben Sie recht. Aber entweder möchte man Digitalisierung oder man möchte sie nicht. Halbgare Lösungen werden dem Anspruch nicht gerecht, das trifft allerdings auf viele schulische Themen zu. Bei der Inklusion verfährt man ja ähnlich.

H. F.
1 Monat zuvor

Die Digitalisierung der Schulen wird von der falschen Seite angegangen, nämlich von der Hardwareseite. Hunderttausende Endgerät schaffen vor allem eines: neue Probleme und mehr Arbeit, der Nutzen für die Schüler ist gering. Da das nötige Personal für die Administration fehlt, ist das immer zum Scheitern verurteilt, egal wie viel Geld reingepumpt wird.

Was braucht es wirklich?

  1. Lehrer mit guten (administrierten!) Laptops
  2. Schulen mit Netzwerk und Hardware (z.B, Beamer, bisher Mangel!)
  3. Administratoren!
  4. Landes- oder bundesweit einheitliche Softwaresysteme, die fernwartbar sind

Bevor das nicht geklärt ist, braucht man an Schülerendgeräte nicht zu denken. Abgesehen davon ist die Screentime der Kinder eh zu hoch. In 10 Jahren schwappt diese Erkenntnis dann von Skandinavien — die ja bereits am Abrüsten sind — auch zu uns.

jpw
1 Monat zuvor
Antwortet  H. F.

Adminitratoren!!!

Die engagierten IT-affinen Lehrkräfte aus der Zeit der Jahrtausendwende haben in meinem Erfahrungsbereich so viele Demütigungen hinnehmen müssen, dass man auf diese nicht mehr zählen kann. Zumal sie sich auch dem Rentenalter nähern ..,
Die IT-Ausstattung von Schulen sollte von den Trägern beauftragt durch Profis administriert werden – ganz genau so wie es für die IT von Ämtern erfolgt. In der Praxis reichen in einer Großstadt (Sachsen) die hierfür eingestellten Kräfte kaum für eine einstellige Anzahl von Schulen, sollen aber für >100 Schulen tätig sein. Da nutzt auch die inflationäre Anschaffung immer weiterer IT in den Schulen nichts. Ohne echte Admins wird das nichts!

ginn92
1 Monat zuvor
Antwortet  jpw

Ich hatte H.F.`s Kommentar als ein Plädoyer für echte Administration durch Profis verstanden. Das Engagement der bisherigen IT Lehrkräfte in allen ehren.

Realist
1 Monat zuvor
Antwortet  jpw

Die Cleveren unter den “engagierten Lehrkräften” haben die “Pofessionalisierung der schulischen IT durch externe Kräfte” natürlich genutzt, um sich aus dem ganzen M… herauszuziehen…

Hysterican
1 Monat zuvor

“Ich glaube, der Bund kann es sich nicht leisten, aus diesem Programm auszutreten.”
🙂 🙂 🙂
Der Bundeshhaushalt 2025 hat aktuell eine Deckungslücke von 12 Milliarden Euro … und ist – unter weh und ach – erst mal verabschiedet worden.

Auf die 1,3 Milliarden kommt es da jetzt auch nicht mehr an, oder was??

Realist
1 Monat zuvor
Antwortet  Hysterican

Wenn der Arbeitgeber keine Digitalisierung finanziert (und es kann der einzelnen Lehrkräft völlig egal sein, woher das Geld kommt: Bund, Land, Kommune), dann gibt es eben keine Digitalisierung.

Im Finanzamt oder in der Bank bringt auch kein Beschäftigter einen privaten Laptop oder einen privaten Mobilfunknetz-Router mit, damit die Kunden zufrieden sind.

Dann gibt’s wieder Tafel und Kreide. Blöd nur, wenn man die schon rausgeschmissen hat in Erwartung der neuen interaktiven Tafeln. Aber dann wird halt diktiert und vorgelesen…

ginn92
1 Monat zuvor
Antwortet  Realist

Exakt so sieht es aus und eigentlich müsste das bei vielen Dingen leider eine “das wird nicht bezahlt kann also nicht geleistet werden” Haltung sein. Auch wenn es allen Lehrkräften zu wieder ist.

OMG
1 Monat zuvor

Puhhh. Glueck muss man haben. Bei uns ist erst der Internetanschluss als einzige Maßnahme umgesetzt worden . Das digitale Kernumfeld war unserem Schulträger noch nicht möglich umzusetzen. Dann haben wir ja noch die Chance aufzuholen

Hans Malz
1 Monat zuvor
Antwortet  OMG

Wieso aufholen? Einfach auf dem jetzigen Stand bleiben, die anderen kommen dann wieder auf euer Niveau 😉