Wiederbelebung als Pflichtstoff in die Lehrpläne – wer soll’s vermitteln? Unklar

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HANNOVER. Wiederbelebungstraining als Pflichtstoff für Schülerinnen und Schüler: Das fordern SPD, CDU und Grüne in Niedersachsen gemeinsam. Auch ein regelmäßiger Aktionsmonat wird gefordert. Wer das Thema inhaltlich schultern soll (die Lehrkräfte?) bleibt unklar: Hilfsorganisationen bieten den Schulen Unterstützung an.

“Es stellt sich die Frage der Umsetzung.” Foto: Shutterstock

Alle Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen sollen künftig lernen, wie man einen Herz-Kreislauf-Stillstand erkennt und Maßnahmen zur Wiederbelebung ergreift. Das sieht ein gemeinsamer Antrag der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen sowie der oppositionellen CDU vor.

Der Wiederbelebungsunterricht soll demnach fester Bestandteil der Lehrpläne werden. Die Landesregierung solle dazu die Kerncurricula Biologie und Naturwissenschaften der Sekundarstufe I überarbeiten, fordern die Fraktionen. Die Sekundarstufe I umfasst die Jahrgänge 5 bis 10. Die Regierung solle zudem praxisorientierte Unterrichts- und Informationsmaterialien zur Verfügung stellen.

Aktionsmonat zur Wiederbelebung

Zusätzlich soll es mit Unterstützung externer Hilfsorganisationen regelmäßig einen Aktionsmonat zur Wiederbelebung geben. In diesem Jahr waren erstmals «Wochen der Wiederbelebung» mit dem Motto «Schule rettet Herzen» durchgeführt worden.

SPD, Grüne und CDU begründen ihr Vorhaben damit, dass die Ausbildung in Wiederbelebung essenziell sei, um die Überlebensrate bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zu erhöhen. Durch die Integration von Wiederbelebungsinhalten in den Schulunterricht könnten die Schülerinnen und Schüler die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass in Notfallsituationen rechtzeitig und kompetent gehandelt wird, heißt es in dem Antrag.

Hilfsorganisationen begrüßen Antrag

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und die Johanniter in Niedersachsen fordern schon seit Jahren, dass Wiederbelebung in den Lehrplan aufgenommen wird. Beide Hilfsorganisationen begrüßen nun den Antrag. «Wir freuen uns, dass die Wichtigkeit wie auch die Chancen dieses Themas Anerkennung finden und hierbei fraktionsübergreifend Konsens besteht», sagte Hannes Wendler aus dem Landesvorstand der Johanniter.

Aus langjähriger Erfahrung wisse man, «dass Kinder einmal erlernte Erste-Hilfe-Maßnahmen noch Jahre später umsetzen können und so zu selbstbewussten Ersthelfern werden». Angesichts des akuten Lehrkräftemangels stelle sich jedoch die Frage der Umsetzung, sagte Wendler. «Hier bietet sich ein starker Schulterschluss mit den Hilfsorganisationen an.» Diese verfügten über das nötige Equipment und Know-how.

Auch das DRK stehe zur Verfügung, um mit fachlicher und didaktischer Expertise bei der Umsetzung zu unterstützen. «Wer bereits als Kind und Jugendlicher Erste Hilfe und die Wiederbelebung lernt, hat weniger Scheu und wendet sie viel selbstverständlicher im Notfall an», erklärte der Referatsleiter für den Bereich Erste Hilfe im DRK-Landesverband, Jörg Zacharias. Er fügte hinzu: «Es trägt auf alle Fälle dazu bei, dass viel mehr Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand überleben.»

«Hier geht es um Leben und Tod»

Grundsätzlich könne man Menschen jeden Alters an die Erste Hilfe heranführen, schon im Kindergartenalter sei dies auf kindgerechte Weise möglich. Beim DRK in Niedersachsen gibt es nach eigenen Angaben rund 650 Ausbilder im Bereich der Ersten Hilfe.

Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zähle jede Sekunde. «Hier geht es um Leben und Tod oder die Vermeidung schwerer Schädigungen durch die fehlende Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff», hieß es vom DRK. Daher solle in diesen Fällen sofort mit der Herzdruckmassage begonnen und diese bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes nicht unterbrochen werden. News4teachers / mit Material der dpa

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8 Kommentare
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SB HS Lehrer
26 Tage zuvor

Maximal 90min Schulung – dann kann das jeder unterrichten. Wo das jetzt das Problem sein soll keine Ahnung. In einigen Bundesländern ist das übrigens schon Teil des Lehrplans.

Mit freundlichen Grüßen
Lehrer, DRK Mitglied, EH Ausbilder, Löwen Retten Leben Instructor….

A. M.
25 Tage zuvor

Wiederbelebungstraining als Pflichtstoff? – Ist das der Tribut an eine Gesellschaft in der es in Zukunft immer mehr Ältere geben wird?

Warum setzt man nicht auf Freiwilligkeit? Wie will man so einen Zwang begründen?

Es gibt Großfamilien – mit Hochaltrigen! – wo noch nie jemand in die Lage gekommen ist, einen anderen Menschen wiederzubeleben. Und es gibt Hochaltrige, die wissen, dass sie nicht wiederbelebt werden möchten.

Realistin
25 Tage zuvor

das geht an einem Vormittag per Digitalunterricht.

A. M.
25 Tage zuvor
Antwortet  Realistin

Ginge es dann nicht ebensogut daheim?

Mika
25 Tage zuvor
Antwortet  Realistin

Klar, virtuelles Drücken auf virtuelle Brustkörbe. Im Ernstfall suchste dann vermutlich ne Maus und klickst mit der auf dem echten Brustkorb rum.
Ab und zu Denken wäre ganz hilfreich: so schaden Sie Ihrer Forderung eher als dass Sie jemanden davon überzeugen.

A. M.
25 Tage zuvor
Antwortet  Mika

Oh je, muss man wirklich jeden Beitrag als Ironie kennzeichen?
Bei Anliegen, zu denen eine überwältigende Mehrheit spontan Zustimmung signalisiert – nach dem Motto “kann ja nicht schaden, gute Idee, hätte man schon längst einführen können” haben Gegenargumente es schwer.

Schade ist, dass die verdammt lange Betreungszeit dazu geführt hat, dass heutige Schüler einfach weniger freie Zeit haben, um sich freiwillig für ein Engagement zu entscheiden. “Jugendfeuerwehr” – gab es in vielen Dörfern mal… Selbst beim DRK oder den Maltesern mitmachen? – Wann denn?
Wenn ich mir vorstelle, ich müsste als Jugendliche im Kreis mit anderen auf so ein Plastikmodell gucken, weiß ich, dass mich ein anderer Unterricht mehr angesprochen hätte. Menschen sollen gerettet werden – aber normale Mitmenschlichkeit kommt zu kurz. Auf einem der verlinkten Bilder sieht man Hände in blauen Plastikhandschuhen auf den Brustkorb des Plastiktorsos drücken. (Projekte gegen unnnötigen Plastikverbrauch machenschon seit Jahren “”- aber dann soll bereitwillig der Absatz der Übungsmodelle aus Plastik gesteigert werden. (Weichplastik dünstet Schadstoffe aus) )

Es wäre wirklich schön, wenn die Hemmungen, erste Hilfe zu leisten durch Fachwissen überwunden würden. Aber manches Hintergrundwissen über die Wirksamkeit und die Folgen von erster Hilfe würde ich jüngeren Schülern weder vorenthalten noch vermitteln wollen. Und es muss wirklich nicht alles in der Schulzeit gelernt werden. Stichwort: Lebenslanges Lernen!

A. M.
25 Tage zuvor
Antwortet  A. M.

Sorry, muss etwas korrigieren: (Projekte gegen unnnötigen Plastikverbrauch machen schon seit Jahren “Schule”- aber dann soll bereitwillig der Absatz der Übungsmodelle aus Plastik gesteigert werden. (Weichplastik dünstet Schadstoffe aus.)

A. M.
25 Tage zuvor

Da fast alle immer noch den PKW-Führerschein machen, könnte vielleicht eine gründlichere Schulung älterer Jugendlicher oder junger Erwachsener vor dem Ablegen der Führerscheinprüfung ausreichen.
Zwang sollte wirklich das letzte Mittel sein. Sonst wenden sich noch mehr Gruppen mit ehrenwerten Anliegen an die Politik, auf dass die Schulen noch mehr Programm anzubieten haben.