“Auf den letzten Metern”: Bund und Länder einigen sich über Digitalpakt

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BERLIN. Die Länder haben sich mit dem Bund auf eine Fortsetzung des Digitalpakts geeinigt, der an Schulen eine moderne IT-Infrastruktur gewährleisten soll. Zwar muss die neue Bundesregierung zustimmen. Sie müsste sich aber über prominente Vertreter ihrer eigenen Parteien hinwegsetzen.

Hat in wenigen Wochen zustande gebracht, was seine Amtsvorgängerin Bettina Stark-Watzinger in zwei Jahren nicht hinbekommen hat: Kurzzeit-Bildungsminister Cem Özdemir (Grüne). Foto: Shutterstock / Jürgen Nowak

Nach jahrelangem Ringen haben Bund und Länder eine Einigung auf eine Fortsetzung des sogenannten Digitalpakts 2.0 verkündet. Demnach sollen Bund und Länder in den kommenden sechs Jahren jeweils 2,5 Milliarden Euro in die Ausstattung der Schulen mit Laptops und moderner IT-Infrastruktur investieren, wie Bundesbildungsminister Cem Özdemir (Grüne) am Freitag bei einer Pressekonferenz mit Ländervertretern in Berlin erklärte. Die nur unter großen Mühen erzielte Einigung war unter anderem deshalb möglich, weil sie eine deutliche finanzielle Entlastung der Länder vorsieht: Einen Großteil der Mittel, die sie beisteuern müssten, etwa zwei Milliarden Euro, dürfen sie demnach mit bereits geplanten Maßnahmen verrechnen.

«Wir müssen unsere Schulen auf eine Welt vorbereiten, die digital geprägt ist», sagte Özdemir. Das werde die Zukunft der Kinder im Land maßgeblich prägen. Deshalb werde auch die Qualifizierung von Lehrkräften mit dem neuen Digitalpakt eine wichtige Rolle spielen.

«Durchbruch auf den letzten Metern»

Özdemir betonte, dass es ein «Durchbruch auf den letzten Metern» sei – auch wenn die Zukunft der Einigung von Entscheidungen einer künftigen Bundesregierung abhängen werde, wie der Übergangsminister ebenfalls einräumte. Die nun getroffene Vereinbarung entfaltet zunächst keine Bindungswirkung, da sie auch unter dem Vorbehalt künftiger Haushaltsbeschlüsse steht. Zugleich betonte Özdemir seine Zuversicht: «Keine künftige Bundesregierung wird an der Einigung vorbeikommen.» Kein Wunder: Wer immer diese bilden wird – er müsste sich über prominente Vertreter seiner eigenen Partei hinwegsetzen.

CDU-Politikerin Prien will sich für künftige Umsetzung einsetzen

Auch die CDU-Politikerin und Bildungsministerin von Schleswig-Holstein, Karin Prien, äußerte Hoffnung, dass die kommende Bundesregierung, möglicherweise unter Führung von CDU-Chef Friedrich Merz, sich für die Umsetzung der Einigung einsetzen wird. Sie selbst werde im Führungskreis der Union entsprechende Gespräche führen, kündigte sie an. Zugleich kritisierte Prien, dass der Beitrag des Bundes von 2,5 Milliarden Euro zu niedrig sei. Sie und andere Länderkollegen hätten sich deutlich mehr gewünscht.

Monatelang hatten Bund und Länder um die Vereinbarung gerungen. Unter der früheren FDP-Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger waren die mittlerweile seit zwei Jahren andauernden Verhandlungen über das Vorhaben aus dem Ampel-Koalitionsvertrag ins Stocken geraten.

Mehrere Milliarden in den vergangenen Jahren investiert

Auch Stark-Watzingers Vorschlag sah vor, dass der Bund die Länder ab dem neuen Jahr bis 2030 mit insgesamt 2,5 Milliarden Euro unterstützt, wenn diese den gleichen Anteil in die weitere Digitalisierung ihrer Einrichtungen investieren. Gegen diese 50:50-Aufteilung gab es aus den Ländern großen Widerstand. Mit der jetzigen Einigung wurde die hälftige Aufteilung zugunsten der Länder deutlich entschärft.

Beim ersten Digitalpakt Schule, der im Mai dieses Jahres auslief, hatte sich der Bund seit 2019 mit 6,5 Milliarden Euro beteiligt und 90 Prozent der Ausgaben für die Digitalisierung in den Schulen wie Laptops und digitale Tafeln getragen. Länder und Kommunen mussten nur zehn Prozent übernehmen.

Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) bezeichnete die Einigung auf einen Digitalpakt 2.0 als wichtiges Signal insbesondere für die Schulträger. «Heute ist ein guter Tag für die Schullandschaft in Deutschland, für die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte», betonte Hubig. Die Hartnäckigkeit der Länder habe sich ausgezahlt.

Schulen und Bildung in der digitalen Welt hätten sich seit 2019 rasant verändert, sagte Hubig. «Die heutige Erklärung von Bund und Ländern ist ein Bekenntnis zur Zusammenarbeit und dazu, dass die Digitalisierung der Bildungslandschaft fortschreiten muss und eine Daueraufgabe bleibt.» News4teachers / mit Material der dpa

Durchbruch! Özdemir und die Länder einigen sich auf Eckpunkte zum Digitalpakt 2.0 – Stark-Watzinger schimpft aus dem Hintergrund

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Spirale
1 Monat zuvor

“Einen Großteil der Mittel, die sie beisteuern müssten, etwa zwei Milliarden Euro, dürfen sie demnach mit bereits geplanten Maßnahmen verrechnen.”

Alles klar, also sind es nicht mal “echte” 5 Milliarden.

Wie gesagt, Wahlkampfmanöver. Nun muss man deshalb nicht nicht die Grünen wählen, aber ein fader Beigeschmack bleibt bei diesem “Durchbruch” (der keiner aus diversen Gründen ist), man fühlt sich an die Kompromisse der Ampel erinnert.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Spirale

Dieses “Wahlkampfmanöver” brachte in kürzester Zeit mehr zustande als die jahrelange Arbeit der FDP an dieser Stelle.

Ob größere Summen von der nächsten Regierung am Ende beschlossen würden, ist ja auch nicht sicher (Schuldenbremse).

Das beste aus der aktuellen Situation gemacht, würde ich sage

Barbara
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

„Die nun getroffene Vereinbarung entfaltet zunächst keine Bindungswirkung, da sie auch unter dem Vorbehalt künftiger Haushaltsbeschlüsse steht.“

Ich sehe da keinen Grund zum Jubeln. Wo ist die Situation besser als unter Frau Stark-Watzinger?

uesdW
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Größere Summen sind Wunschdenken.

Tur Tur
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Vor dem Hintergrund, dass die getroffene Vereinbarung zunächst keine Bindungswirkung entfaltet, weil sie unter dem Vorbehalt künftiger Haushaltsbeschlüsse steht, kann man hier nur von einem Scheinriesen sprechen. 

gehtsnoch
1 Monat zuvor
Antwortet  Spirale

Zwei Jahre ergebnislose Verhandlungen durch FDP-Ministerin … und dann Ministerwechsel und in nur wenigen Wochen schon eine Einigung durch Verhandlungserfolg. Manch´ einer scheint auch nie zufrieden zum Wohle leuchtender Kinderaugen …

Barbara
1 Monat zuvor
Antwortet  gehtsnoch

Warum die Kinderaugen bei Schul-IT leuchten, verstehe ich nicht. Insbesondere, vor dem Hintergrund, dass viele Schulgebäude marode sind. Vielleicht würden die Kinderaugen leuchten, wenn der Investitionsstau von über 40 Mrd. Euro angegangen würde. Die 2,5 Mrd. Euro des Digitalpakts 2.0 sind da nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

uesdW
1 Monat zuvor
Antwortet  gehtsnoch

Ja es bewegt sich was. Der Bund gibt nach (den Betrag hätten sie zuvor auch gegeben), die Länder verrechnen das mit mit Maßnahmen, die sie sowiso durchgeführt hätten (ja keine wesentlichen Mehrbelastung).
Dazu kommt der Wahlkampf, bei dem sich keiner hinstellen und sagen wird, nene wir machen nichts für die Bildung.
Und zu guter Letzt: Wir legen dass jetzt mal so fest, ob es die zukünftige Regierung dann umsetzt, werden wir sehen.

Sie können das gerne als Verhandlungserfolg sehen, aber die Rahmenbedingungen sind letztendlich andere gewesen.
Was letztendlich für leuchtende Kinderaugen umgesetzt wird, werden wir sehen. Und ab wann, wird auch noch die Frage sein, weil sich kein Bundesland bewegen wird, solange die Finanzmittel auch von der neuen Regierung freigegeben wird.

Gudrun
1 Monat zuvor
Antwortet  gehtsnoch

2,5 Milliarden Euro für einen Digitalpakt 2.0 obwohl es an Schulen seit Jahren einen Sanierungsstau von mittlerweile über 40 Milliarden Euro gibt. Das ist ungefähr so, wie wenn man einem Kind eine Fahrradklingel schenkt, obwohl es sich ein ganzes Fahrrad gewünscht hat. Da leuchtet wirklich kein Kinderauge …

Canishine
1 Monat zuvor
Antwortet  Spirale

Es ist besser als nichts, aber in der typischen Headline-Kommunikation wird die Einschränkung leider kaum transparent, wie z.B. auch bei Lohnabschlüssen: „5,5% mehr Gehalt“, die Laufzeit findet man häufig im Kleingedruckten.

Tur Tur
1 Monat zuvor
Antwortet  Canishine

So lange die Vereinbarung keine Bindungswirkung entfaltet, weil sie unter dem Vorbehalt künftiger Haushaltsbeschlüsse steht, ist das leider nicht besser als nichts.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor

“Wer immer diese bilden wird – er müsste sich über prominente Vertreter seiner eigenen Partei hinwegsetzen.”

… ein Hoch auf den Föderalismus? =/