Künftig lockerer in den Lehrerberuf? Verbände warnen: „Kein Wettbewerb nach unten!“

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BERLIN. Der Deutsche Philologenverband und die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) warnen in einer gemeinsamen Erklärung ausdrücklich davor, wegen des akuten Lehrkräftemangels in Deutschland den Seiten- und Quereinstieg ins Lehramt an den Schulen künftig geringer zu qualifizieren und das Niveau der grundständigen Lehrkräftebildung abzusenken. Die beiden Verbände appellieren an Berlins Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD), die gerade die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz (KMK) übernommen hat, anders gerichteten Überlegungen klar eine Absage zu erteilen.

Druck rausnehmen bei der Lehrerausbildung? Bloß nicht, sagen Philologen und Hochschulrektorenkonferenz. Foto: Shutterstock

„Wir brauchen bei der schulischen Qualität keinen Wettbewerb nach unten. Wir erwarten, dass sich Senatorin Busse als KMK-Präsidentin für die länderübergreifende Sicherung der bestehenden Qualifizierungsstandards im Bereich des Lehramts einsetzt“, erklärt die Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Prof. Susanne Lin-Klitzing.

In mehreren Bundesländern würden derzeit Gesetzentwürfe vorbereitet, die für Seiten- und Quereinsteigende im Kontext der entsprechenden Besoldungsgruppen lediglich einen Bachelorabschluss als akademische Endqualifikation für Lehrkräfte an Schulen vorsehen – statt wie bisher Master oder Staatsexamen (News4teachers berichtete). „Wer als Lehrkraft das Abitur abnimmt, braucht einen Masterabschluss bzw. das Staatsexamen als akademische Voraussetzung“, so Lin-Klitzing. „Bei Seiten- und Quereinsteigern in den Schuldienst die gebotenen Qualitätsansprüche zu verringern, schadet Schülerinnen und Schülern! Wir erwarten, dass die Kultusministerkonferenz diese Niveauabsenkung für die Lehrkräftebildung nicht zulässt.“

Der Deutsche Philologenverband und die Hochschulrektorenkonferenz fordern die KMK auf, die von ihr selbst festgelegten Mindestanforderungen nicht aufzugeben und keine Entwertung des Masterabschlusses und des Zweifächerstudiums für das schulische Lehramt zuzulassen.

„Der Rückfall von einem Zwei-Fach- auf ein Ein-Fachstudium für das Lehramt ist ein Rückschritt“

„Jede Phase der Lehrkräftebildung hat ihre spezifische Funktion“, betont HRK-Präsident Prof. Dr. Peter-André Alt. „So findet die wissenschaftsbasierte Grundlegung professioneller Kompetenzen und deren erste reflektierte Anwendung ebenso an der Hochschule statt wie die wissenschaftlich fundierte Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften. In einer Zeit, in der zudem Interdisziplinarität und der Umgang mit unterschiedlichen Fachkulturen im Studium zum Alltag geworden sind, ist der Rückfall von einem Zwei-Fach- auf ein Ein-Fachstudium für das Lehramt ein Rückschritt“, so Alt weiter.

Eine qualitätsgesicherte, akademische Lehrkräftebildung mit hohem wissenschaftlichem Anspruch für alle Lehrkräfte sei für die Herausforderungen des schulischen Bildungsauftrags unerlässlich – unabhängig davon, welcher Einstieg in die Profession des Lehrers oder der Lehrerin jeweils gewählt wird. Die HRK hat sich diesbezüglich bereits 2020 zu den Qualitätsparametern eines Seiten- und Quereinstiegs in das Lehramt geäußert.

HRK und Deutscher Philologenverband sind sich einig: Quer- und Seiteneinsteigende an den Schulen benötigen eine anspruchsvolle, wissenschaftsorientierte und pädagogische Nachqualifikation an lehrerbildenden Universitäten und Hochschulen. Fachwissenschaft und Fachdidaktik für zwei kombinierbare Unterrichtsfächer müssen dabei auf konsekutivem Masterniveau miteinander verzahnt werden und sich ein angemessenes Referendariat zur Expertise-Entwicklung anschließen. Dies kann für Quer- und Seiteneinsteigende modular und den Unterricht begleitend erfolgen. Die Kultusministerkonferenz muss hier nach Auffassung der beiden Verbände unbedingt ihre Verantwortung für eine hohe Bildungsqualität und Bildungsgerechtigkeit wahrnehmen.

Der VBE hatte sich ähnlich positioniert (hier nachzulesen). News4teachers

KMK-Präsidentin sagt noch zehn Jahre Lehrermangel voraus („mindestens“) – GEW: Studium verbessern!

 

 

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31 Kommentare
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Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor

Einfachlehrer reicht völlig, es gibt ja schließlich auch kaum Zweifachprofessoren. Und mit einem Fach kann man sogar Bundeskanzler oder -präsident werden.

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Ich tippe darauf, dass die Politik den „Ein-Fach-Lehrer“ überspringt und gleich zum „Null-Fach-Lehrer“ übergeht…

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Gewonnen! Hat Frau Ernst bereits verkündet, siehe mein Post weiter unten.

Pit2020
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

@Gelbe Tulpe

„Und mit einem Fach kann man sogar Bundeskanzler oder -präsident werden.“

… Bundeskanzler oder -präsident werden.
Oder Astronaut.
Zumindest auf dem Kinderkarussel … 🙂

Realist
1 Jahr zuvor

„Wer als Lehrkraft das Abitur abnimmt, braucht einen Masterabschluss bzw. das Staatsexamen als akademische Voraussetzung“, so Lin-Klitzing.

Ist doch klar, wie das demnächst laufen wird: Die neuen Lehrkräfte mit ihrem „Dualen Studium“, also dieser etwas besseren Ausbildung, unterrichten dann in den Mittelstufenklassen. Die (noch vorhandenen) Gymnasiallehrkräfte mit Master bzw. Staatsexamen werden dann nur noch in der Oberstufe eingesetzt und durfen dann demnächst mit 28 Wochenstunden (wenn man schon die Besoldung angleicht, dann natürlich auch die Stundenzahl…) jedes Jahr drei Abiturkurse korrigieren, nachdem Sie in den beiden Jahrgängen davor (11. und 12. Klasse) die Defizite aus der Mittelstufe mit individualisierten Lehrplänen aufgearbeitet haben… wer noch keinen Burnout hatte, der holt sich dann garantiert einen…

Grundschullehrer
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

So ähnlich ist es im Grundschulbereich doch auch. Die Quereinsteiger unterrichten die Klassen 3 und 4. Während die grundständigen Lehrerinnen nur noch erste und zweite Klassen unterrichten „dürfen“.

Mika
1 Jahr zuvor

Es geht doch schon garnicht mehr um das Ein-Fach-Studium! Brandenburg hat beschlossen, dass jeder Bachelor-Absolvent egal welcher Fachrichtung nach vier Wochen Grundqualifizierung vor der Klasse als Lehrkraft arbeiten kann. 13 Monate im Schuldient überleben und eine insgesamt zweimonatige weitere berufsbegleitende Ausbildung später wird er dann verbeamtet und dauerhaft in den Schuldienst übernommen. Frau Ernst hat dazu mitgeteilt, dass ihr die Zustimmung der KMK relativ egal ist, da Bildung und Verbeamtung Ländersache sind.
https://www.tagesspiegel.de/lehrkrafte-ohne-master-potsdam-pfeift-auf-zustimmung-der-lander-9183825.html

Last edited 1 Jahr zuvor by Mika
Bla
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Clever. Erst Ködern und dann gleich verbeamten.
Man sollte vielleicht auch politisch in betracht ziehen, dass man Musterschulen einrichtet, wo man die Berufseinsteiger hinschickt. Später nach der Verbeamtung schickt man sie dann weiter (an Brennpunkte). Ist doch eine gute Möglichkeit?

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bla

Musterschulen, wo es frisch aussieht und gut riecht und einem ein Lächeln entgegnet wird … denn da weiß man, warum man lächelt.

Digo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Das ist der Trend und so wird es auch kommen…
Lehramt wird abgeschafft oder nur für hohe Positionen angefordert. Unterrichten vor der Klasse werden Bachelor oder Master aus unterschiedlichen Fächern.
Fragt denn jemand hier im Umfeld die jungen Erwachsenen ob sie am Lehrerberuf interessiert sind? Wer möchte fünf Jahre studieren (wenn es glatt läuft) und dann fast zwei Jahre „REF“ (wenn direkt eine Stelle gefunden ist und das für 1,5k€) für einen Beruf ohne große Aufstiegsmöglichkeit in Klassen die auseinander fallen für kein Spitzengehalt?
Straßenbaumeister verdienen mit Zuschlägen STK. 3 4000€ netto 🙂
Seiteneinsteiger in der Wirtschaft ohne Ausbildung verdienen momentan einen Einstiegsgehalt von 2500€ netto.
Rechnen kann jeder für sich..

Faktensammler
1 Jahr zuvor
Antwortet  Digo

Digo schrieb: „Straßenbaumeister verdienen mit Zuschlägen STK. 3 4000€ netto
Seiteneinsteiger in der Wirtschaft ohne Ausbildung verdienen momentan einen Einstiegsgehalt von 2500€ netto“

…und ein Bandarbeiter bei VW in Wolfsburg, der nach Haustarif bezahlt wird, bekommt in etwa dasselbe ausbezahlt wie ein nds. Studienrat mit A 13.

Se Länd
1 Jahr zuvor
Antwortet  Faktensammler

Aha und wo findet man solche Zahlen? Ich finde da eher die angegebenen Gehälter als Bruttoangaben bei verschiedenen Gehaltsportalen.

Se Länd
1 Jahr zuvor
Antwortet  Se Länd

Jetzt kommen rote Daumen anstelle von Quellen, super. Das war eine ernstgemeinte Frage.

Dirk Meier
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Danke für den interessanten Artikel.

Besonders interessant finde ich, dass ein Bachelor-Lehrer ohne Referendariat A12 bekommt, wenn der Bachelor einen Schulfachbezug besitzt. In Zeiten des Mangels kann man diesen Schulfachbezug vermutlich immer irgendwie konstruieren.

Aus welchem Grund sollen andere Lehrkräfte noch den Lehramts-Master machen und dann unterhalb des Mindestlohn-Niveaus im Referendariat arbeiten? Am Ende gibt es dann noch eine alles-oder-nichts-Prüfung und man ist ggf. nochmal ein paar Wochen/Monate arbeitslos oder muss an einen neuen Wohnort umziehen, bevor man richtig starten darf. Danach ist man an der Schule für alles verantwortlich, weil man ja „richtiger Lehrer“ ist.

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dirk Meier

Völlig korrekt: mit dem Quereinsteiger-Bachelor steige ich nach 3 Jahren Uni mit A12 ein, Lehramststudium +Ref dann nach 6 Jahren ( in BB gibt es seit einigen Jahren das Schmalspur-Ref mit einjähriger Dauer). Das jetzt noch irgendwer das grundständige Lehramtsstudium absolviert, kann ich mir nicht vorstellen: unflexiblere Ausbildung im Hinblick auf spätere Berufe, längere Dauer, höhere Anforderungen, heftige Alles-oder-Nichts-Prüfungen am Ende. Wozu?

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass eine Bildungsamtsfrau oder ein Bildungsamtsmann trotz gleicher Aufgaben, ggf. aber ohne Prüfungsberechtigung, auch mit A12 oder A13 besoldet wird. Andererseits kann auch das das Ziel sein.

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Bachelor mit Schulfachbezug (z.B. Lebensmitteltechnologe = Chemie) bekommt A12 – steht im Artikel. Und letztlich sorgen die Gewerkschaften dann dafür, dass alle Beamten dasselbe bekommen, Ausbildung egal. Nur die Angestellten bleiben die Dummen.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Top, Konzeption für die nächsten zehn Jahre steht. Das ging ja einfach.

Schattenläufer
1 Jahr zuvor

Am Ende wird es auf das Folgende
heraus laufen:

Wer das Wechselgeld bei Einkauf nachrechnen kann- Mathe
Die Überschrift der Tageszeitung reicht für Deutsch
Wer den Inhalt der gestrigen Nachrichten kennt, Politik
Wer mindestens zwei Kinder und einen Dackel hat- Bio
Wer irgendwann man die Treppe herunter gefallen ist – Physik
Wer das Vaterunser und mindestens ein Kirchenlied kann – Religion
Eine überstandene Alkoholvergiftung reicht für Chemie.

Man darf gespannt sein.

Bei der KMK ist es ja bekannterweise so, dass man die Latte der Erwartung so tief legen kann wie man will. Die KMK kann immer noch eine Stufe tiefer anhalten.

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  Schattenläufer

Findet den Weg zur Schule -Erdkunde

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

… der ist doch im Navi von Mamas Kinderpanzer gespeichert. – Watt soll so unnützes Wissen?

Se Länd
1 Jahr zuvor

Man könnte noch den Meistertitel mit dem Bachelor gleichstellen, dann ist die nächste Tür auch schon auf. *holt schonmal die Tüte Popcorn*

Andre Hog
1 Jahr zuvor
Antwortet  Se Länd

Ich sag’s doch – Anforderungslimbo!!
Das wird uns alle retten – oder??

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  Se Länd

Meistertitel? Den würde ich eh schon höher als den Bachelor ansiedeln. Nee, die nächste Stufe im Ausbildungslimbo ist „war ein Jahr an der Uni/Hochschule eingeschrieben“, gefolgt von „hat eine Ausbildung, egal welche“, bis wir bei „Klasse 10 erfolgreich abgeschlossen“ sind. Bildung hat in D keinen Wert mehr.

Se Länd
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika
Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

„Was nichts kostet, ist nichts wert.“
Schlauer Spruch.

Trinkflasche
1 Jahr zuvor

Was ist denn eigentlich, wenn der Einfachlehrer von einem Bundesland in ein anderes wechsel will, in dem weiterhin ein Master gefordert wird? Die Mobilität ist damit doch eingeschränkt.

Was passiert, wenn ein Bundesland Einfachlehrer mit A10 eingruppiert, ein anderes aber mit A11? Oder gar A12?

Wie ist das im Laufbahnrecht? Dürfen Einfachlehrer sich beispielsweise auf Aufstiegsstellen bewerben? Oder gibt es besondere Hürden?

Darf eigentlich ein Bachelor-Germanist auch Deutsch-Lehrer werden? Oder nur Mangelfächer? Gibt es also eine Strategie?

Ich muss ganz mich ganz ehrlich fragen, wie solche Bundesländer wie Brandenburg dann noch Master-Absolventen bekommen wollen. Spätestens wenn Brandenburg beispielsweise das Laufbahnrecht dahingehend ändert, dass ein Einfachlehrer mit A12 sich auf A13 bzw. A14 als Aufstiegsamt bewerben darf müsste ein Masteravsolvent entweder als Einstiegsamt A14 oder sogar A15 bekommen. Andernfalls wird hier das Prinzip des abstandsgebotes untergraben (ungleiche Ausbildung, aber gleiche bezahlung) und ich bin mir nicht sicher, ob dagegen nicht sogar geklagt werden könnte.

Last edited 1 Jahr zuvor by Trinkflasche
Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  Trinkflasche

Liebe Trinkflasche, nicht nur ein Deutsch – Bachelor darf in BB Deutschlehrer werden, sondern JEDER Bachelor darf ALLES und ALLE unterrichten. Hat dieser einen Abschluss mit Schulfachbezug, winkt A 12, ansonsten A12. Der Wechsel in ein anderes Bundesland wird aktuell aufgrund der unterschiedlichen Ansprüche an die Qualifikation der LK nicht möglich sein – das will BB ja auch garnicht: die Lehrer sollen ja im Land bleiben.

GriasDi
1 Jahr zuvor

Ich bin auch dafür, dass der Meisterzwang in Handwerksbetrieben fällt. Genauso sollte so was auch in medizinischen Berufen gemacht werden. Lang gediente SanitäterInnen sollte auch operieren dürfen.

Henrike Vogel
1 Jahr zuvor

Alle, die hier zu Recht von ganz realistisch bis satirisch ihre Kritik äußern, sind herzlich eingeladen, meine Petition gegen Brandenburgs Bachelor-Seiteneinsteiger-Reform zu unterzeichnen und (enorm wichtig!) zu teilen. Wir müssen unsere Kräfte bündeln, um dem Einhalt zu gebieten.

https://www.change.org/Lehrermangel_Aus-der-Not-keine-Notlösung-machen

Ines
1 Jahr zuvor

Schade, das darauf keiner eingeht ….