
Das sächsische Kultusministerium, geführt vom Christdemokraten Conrad Clemens, sieht keinen Bedarf für ein Mindestalter bei der Nutzung sozialer Medien, wie es in Australien eingeführt wurde. «Nur mit einer umfassenden Kompetenzentwicklung können Kinder und Jugendliche souverän mit den Gegebenheiten umgehen lernen», teilte das Ministerium auf Anfrage mit. Verbote oder Altersgrenzen würden allenfalls nur in einzelnen Bereichen, kurzfristig und nur aus erwachsener Perspektive Abhilfe schaffen.
«Pädagogischer Ansatz» statt Altersgrenzen: Die Eltern sollen es regeln
Statt strikter Vorgaben plädiert das Ministerium für einen pädagogischen Ansatz: «Das bedeutet auch, sich dem Thema in der Schulgemeinschaft oder dem Klassenverbund zu widmen und zum Beispiel gemeinsam Regeln zu finden.»
Australien hatte im November 2024 per Gesetz ein Mindestalter von 16 Jahren für die Nutzung sozialer Medien auf den Weg gebracht. Die Plattformen sollten ein Jahr bekommen, um die neue Altersbeschränkung umzusetzen. Falls sie keine angemessenen Maßnahmen ergreifen, drohen saftige Strafen. Thüringens Bildungsminister Christian Tischner (CDU) hatte als erster Politiker in Deutschland seine Sympathie für die Maßnahme öffentlich geäußert (News4teachers berichtete).
«Ich finde das gut», sagte Tischner in Erfurt. Aus seiner Sicht wäre das ein gutes Thema für die Kultusministerkonferenz. Es gebe Mobbing in sozialen Netzwerken und die psychischen Auswirkungen seien für Kinder und Jugendliche groß, Kontrolle dagegen sei schwierig, sagte Tischner. «Anstand und Respekt werden leider nicht so sehr gepflegt in sozialen Medien.» Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg schloss sich an. «Ich persönlich finde eine Altersgrenze von 14 Jahren für die Nutzung von Social Media sehr zielführend», sagte die Grünen-Politikerin unlängst (News4teachers berichtete auch darüber).
Jetzt kommt das doppelte Veto aus Sachsen: Denn auch auch die sächsische Staatskanzlei lehnt eine solche Regelung ab. Besonders bei älteren Jugendlichen mit gefestigten Mediengewohnheiten sei die Durchsetzbarkeit fraglich. «Die Länder sind hier einen anderen Weg gegangen», erklärte ein Sprecher. Statt eines Mindestalters setze die Politik auf eine Reform des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags. Künftig sollen Eltern eine einheitliche Altersfreigabe für alle Apps auf dem Smartphone ihrer Kinder festlegen können.
Altersprüfung nach Vorbild des Online-Bankings?
Das australische Gesetz sorgt international für Diskussionen. Auch in Frankreich wird über eine Altersgrenze diskutiert. Experten warnen jedoch vor den Risiken eines pauschalen Schutzes: Eine übermäßige Regulierung könne Kinder unselbstständig, ängstlich und weniger widerstandsfähig machen.
«Kinder entwickeln sich unterschiedlich, auch unterschiedlich schnell», betont der Professor für Kommunikationsmanagement an der Universität Leipzig, Christian Hoffmann. Das Problem einer generellen Altersgrenze sei, dass sie für manche zu hoch, für andere zu tief angesetzt sein dürfte. «Würde also eine gesetzliche Altersgrenze wirklich greifen, dürfte das für manche Jugendliche auf eine eher schädliche Weise in die Mediensozialisation eingreifen.»
Stattdessen könnte Hoffmann sich eine Verifizierungsmethode ähnlich wie beim Online-Banking vorstellen: «Das erfordert letztlich die Prüfung eines amtlichen Identitätsausweises.» Allerdings seien Social-Media-Anmeldungen weitaus zahlreicher als Kontoeröffnungen. Dennoch könnte dies ein lukratives Geschäftsfeld für Anbieter entsprechender Identifikationslösungen werden. News4teachers / mit Material der dpa
Kommentar: Warum es wenig bringen wird, Kindern soziale Medien zu verbieten
“Nur mit einer umfassenden Kompetenzentwicklung können Kinder und Jugendliche souverän mit den Gegebenheiten umgehen lernen»,
Das könnte man ausdehnen: Pornos, Alkohol, Rauchen…. Altersgrenzen schaffen doch nur kurzfristig und aus Erwachsenensicht Abhilfe….wie Sie schon Herr Minister.
Naja, dass es mit mit der “Kompetenzerziehung” aktuell nicht klappt, sehen doch wohl jetzt alle. Und ich als unterrichtender Lehrer in Sachsen sehen es jeden Tag. Ich würde den australischen Weg gehen wollen, vielleicht ist es effektiv?
Also no Borders no Nation?
Statt strikter Vorgaben plädiert das Ministerium für einen pädagogischen Ansatz: «Das bedeutet auch, sich dem Thema in der Schulgemeinschaft oder dem Klassenverbund zu widmen und zum Beispiel gemeinsam Regeln zu finden.»
Die Nutzung von Smartphones und die Auswahl der auf ihnen installierten Apps sind gerade bei Jüngeren Sache der Erziehungsberechtigten. Gerne rede ich mit meiner Klasse allgemein über die Gefahren von social media oder das Suchtpotential digitaler Endgeräte.
Das bedeutet aber nicht, dass ich konkrete Regeln für die SuS festlege, wann und wie sie die von den Eltern gesponserten Geräte nutzen, oder SuS wegen ihres Verhaltens online in der Schule sanktioniere. Ist nicht mein Bier.
Und noch was:
Auch in Frankreich wird über eine Altersgrenze diskutiert. Experten warnen jedoch vor den Risiken eines pauschalen Schutzes: Eine übermäßige Regulierung könne Kinder unselbstständig, ängstlich und weniger widerstandsfähig machen.
Diese Konsequenzen sind nicht Folge einer Altersgrenze für social media, sondern wohl eher Folgen der Nutzung.
Wer den ganzen Tag am Handy hängt und auf den sozialen Medien sein Wohlbefinden von der Beurteilung anderer abhängig macht, der scheint mir anfälliger für Ängstlichkeit und mangelndem Selbstvertrauen zu sein als Jugendliche, die sich dort nicht aufhalten.