Koalitionsvertrag auf dem Prüfstand: „Gut gemeint, aber zu vage“

0

BERLIN. Der neue Koalitionsvertrag der Bundesregierung verspricht Verbesserungen für das Bildungssystem – doch Lehrer- und Bildungsverbände bleiben skeptisch. Zwischen Lob für wichtige Ansätze und Kritik an vagen Formulierungen wird deutlich: Ohne verbindliche Maßnahmen und ausreichendes Personal drohen viele Vorhaben bloße Absichtserklärungen zu bleiben.

Lehrer- und Bildungsverbände suchen im Koalitionsvertrag vergeblich nach konkreten Maßnahmen. Symbolfoto: Shutterstock/New Africa

Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wird von Bildungs- und Lehrerverbänden mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Während durchaus positive Ansätze hervorgehoben werden (Digitalpakt 2.0, Sanierung von Schulgebäuden, Stärkung des Bildungsföderalismus), gibt es auch viel Kritik.

Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des VBE, stellt beispielsweise in einer Pressemitteilung fest: „Egal ob Sprachförderung, Startchancen oder Ganztag: Alle Ideen sind auf Sand gebaut, wenn die Frage nach zusätzlichem Personal nicht beantwortet wird. Hierzu bleibt der Koalitionsvertrag hinter unseren Erwartungen zurück und lässt neue und innovative Ideen vermissen.“ Weiter heißt es in der Mitteilung: „Ohne Lösungen für den eklatanten Personalmangel bleibt Qualität in der Bildung eine Wunschvorstellung.“

Die Rechnung geht nicht auf

Der Deutsche Philologenverband (DPhV) bezeichnet viele der im Koalitionsvertrag vorgestellten Maßnahmen als „noch zu unspezifisch und zu undifferenziert“. So begrüße der DPhV die geplante verpflichtende Teilnahme aller Vierjährigen an einer Diagnostik ihres Sprach- und Entwicklungsstandes. „Doch ohne verbindliche Fördermaßnahmen für die Stärkung der Schulfähigkeit der Kinder bleibt diese Maßnahme unvollständig“, so die Bundesvorsitzende Susanne Lin-Klitzing. Hier brauche es eine stärkere Verpflichtung und Unterstützung durch den Bund, um sowohl Diagnostik als vor allem auch gezielte Fördermaßnahmen in den Ländern zu etablieren.

Insgesamt wünsche man sich eine gemeinsame Weiterentwicklung der vorgestellten Maßnahmen. Das gelte laut Lin-Klitzing beispielsweise für die Investitionen in Schulgebäude. „Für die Schulbausanierung werden mindestens 60 Milliarden Euro gebraucht und der Digitalpakt muss von circa 5 Milliarden Euro auf circa 6,5 Milliarden Euro aufgestockt werden, weil hier die Beteiligung des Bundes im bisherigen Entwurf auf 50 Prozent geschrumpft worden war. Da die Länder aber bereits verplantes Geld einrechnen können, würde mit der jetzigen Fassung weniger `frisches Geld´ investiert werden“, rechnet Lin-Klitzing vor.

Forderung: Konkrete Schritte statt Absichtserklärungen

Zu viele offenen Fragen merkt auch die Landeselternschaft integrierter Schulen in NRW (LEiS-NRW) an. Aus ihrer Sicht sind viele Versprechen gut gemeint, jedoch „in der Umsetzung zu vage, nicht ausreichend finanziert oder ohne klare Strategie“. In der Pressemitteilung der LEiS-NRW heißt es deswegen auch: „NRW braucht konkrete Maßnahmen, keine neuen Überschriften.“ Die angekündigte Weiterentwicklung des „Startchancen-Programms“ greife zu kurz, zudem dürften multiprofessionelle Teams nicht von Projektmitteln abhängen, sondern müssten in den Schulalltag integriert und dauerhaft finanziert werden.

„Was wir brauchen, sind keine neuen Absichtserklärungen, sondern konkrete Schritte für mehr Bildungsgerechtigkeit, moderne Schulgebäude und eine verlässliche Lernumgebung für alle Kinder in NRW“, so das Fazit der LEiS-NRW. News4teachers

Wer braucht schon ein Bundesbildungsministerium? Der Koalitionsvertrag lässt hoffen

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

0 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments