
Im Dauerstreit zwischen Senat und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) über kleinere Klassen und bessere Arbeitsbedingungen an Schulen zeichnet sich Entspannung ab. Die GEW kündigte nach einem Gespräch mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) an, vorerst auf weitere Warnstreiks zu verzichten.
«Das Gespräch mit dem Regierenden Bürgermeister hat positive Signale gesendet», so Berlins GEW-Vorsitzender Gökhan Akgün. Dabei sei vereinbart worden, mit Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) Gespräche über Entlastungsmöglichkeiten für Lehrkräfte zu führen.
GEW sieht den Senat am Zug
«Das ist ein Schritt, den wir erstmal weiterverfolgen wollen», erklärte Akgün. «Jetzt ist der Senat am Zug. Und klar ist: Wenn keine spürbare Entlastung kommt, werden wir erneut handeln.» Der Sprecher der Bildungsverwaltung, Martin Klesmann, sagte dazu: «Wir stehen zu Gesprächen bereit.»
Die GEW fordert seit Jahren einen sogenannten Tarifvertrag Gesundheitsschutz, der kleinere Klassen und andere Maßnahmen zur Entlastung für Beschäftigte umfasst. Immer wieder organisierte die Gewerkschaft Warnstreiks, um Druck zu machen.
Beim Senat ist sie damit bisher nicht durchgedrungen. Er vertritt den Standpunkt, Berlin könne nicht über solche tarifvertraglichen Festlegungen verhandeln, weil das Land Mitglied der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) sei. Berlin könne hier keinen Alleingang machen, die TdL müsse über solche Vorhaben entscheiden.
Konflikt war zuletzt eskaliert
Für kleinere Klassen wären außerdem mehr Lehrkräfte nötig – in Berlin herrscht aber bereits jetzt Lehrkräftemangel. Zu den Ursachen dafür gehört auch, dass viele Beschäftigte an Schulen sich überlastet fühlen.
Der Konflikt mit verhärteten Fronten war erst im Mai eskaliert, als die GEW einen dreitägigen Warnstreik während der Abiturprüfungen und Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss organisierte. Günther-Wünsch hielt der Gewerkschaft vor, der Zeitpunkt lasse «ein notwendiges Maß an Verantwortungsbewusstsein und Sensibilität vermissen» (News4teachers berichtete).
Die GEW wies das mit dem Hinweis zurück, verantwortungslos sei nicht der Streik, sondern die Verweigerungshaltung der Bildungsverwaltung. Sie kündigte damals an, über weitere Eskalationsschritte beraten zu wollen. News4teachers / mit Material der dpa
Beteiligung immer schwächer: GEW mobilisiert nur noch 2.000 Schulbeschäftigte zum Warnstreik
Als letztens hier darüber diskutiert wurde, dass infolge Arbeitszeiterfassung das Stundensoll der Lehrer gesenkt werden soll (was ich richtig fände), hieß es von Diskutanten, “mir doch egal, wie das dann umgesetzt wird / nicht mein Problem”. Das könnte man ja dann auch bei kleineren Klassen sagen, oder?
Es gäbe auch andere Entlastungsmöglichkeiten. Berlin möge sich an Brandenburg orientieren: Das hat die 5 Teilbereiche in Deutsch auf dem Zeugnis wieder zugunsten einer Gesamtnote Deutsch für die Klassen 3 und 4 abgeschafft. Da nun die Einführung des Lesebands meist zulasten des Deutschunterrichts erfolgt (und das nicht benotet werden darf), wäre eine Reduzierung/Zusammenfassung oder gar Abschaffung der 5 Teilbereiche dringend erforderlich. Es ist einfach nicht mehr legal zu schaffen. Man muss tricksen!
Es wäre bzgl. “Gesundheitsschutz” eine unbedingt dringend erforderliche Maßnahme, dass Lehrer in ihren Pausen auch wirklich Pause machen könnten (ja, könnten, wenn sie wollten) und nicht Aufsicht haben, also doch keine Pause. Das ist arbeitsrechtlich eigentlich ein Unding. Die Pausen sollten die Erzieher an den Schulen übernehmen oder andere (Unterrichtshelfer?).
Das dritte Wichtige wäre, die Zahl der Klassenarbeiten wieder zu reduzieren. 1 pro Halbjahr reicht völlig. Daneben meinetwegen mindestens 2 schriftliche Kurzkontrollen. Die Reduzierung der obligatorischen Klassenarbeiten entlastet auch besonders die Schulleitungen, denn die müssen sich ja alle Klassenarbeiten ansehen. Es ist ja ein Irrglaube, die Leistungen würden besser, wenn man mehr Klassenarbeiten schreibt. Regelmäßigkeit ist wichtig, nicht Häufigkeit großer Gesamtkontrollen (Klassenarbeiten). Öfter mal eine Kurzkontrolle, das wirkt!!! Vor allem sollten in den Fächern, die nun neuerdings gar nicht mehr wichtig sind für das Übergangszeugnis zum Gymnasium, wieder keine Klassenarbeiten mehr geschrieben werden müssen. Die Kinder, die nach der 4. Klasse ans Gymnasium wechseln, schreiben auch keine Klassenarbeiten im Sachunterricht (statt GeWi oder NaWi). Da reicht es doch auch in Deutsch, Mathe, Englisch.
An meiner Schule möchten die Abteilungsleiter von jeder Klassenarbeit die Aufgaben mit Erwartungshorizont, den Notenspiegel sowie eine gute, mittlere und schlechte Arbeit haben. Das ist weit weg von “alle anschauen”, zumal fachlich meist von den Inhalten keine Ahnung haben können.
Kurz gesagt: Noch schlimmer. Also wäre die vorgeschlagene Reduzierung doch eine echte Entlastung für Lehrkräfte und Leitungen!
Alle Arbeiten ansehen??? Vielleicht bei Quer- oder Seiteneinsteigern. Für grundständig ausgebildete Lehrer würde unser ÖPR das niemals dulden. Aber anscheinend gibt es andere Schulleitungen, die viel Zeit haben.
Sandkatze schrieb von den Klassenarbeiten. In Berlin ist das so.
Stimmt.
Also bei uns sieht die Schulleitung keinerlei Klassenarbeiten, es sei denn, sie muss wiederholt werden…und im Sachunterricht gibt es auch Klassenarbeiten.
Vielleicht muss sie, aber sie macht es nicht. Für welches Bundesland sprechen Sie?
Und schon verliert das Tigerchen wieder einen seiner letzten noch verbliebenen Zähnchen…
Na ja, die GEW ist doch schon seit Jahren eher Zahnarzthelfer als Tiger …
Gab’s da nicht mal eine Ministerin, die ihrerseits die Giftzähne herauszuholen drohte?
Angesichts der Tatsache, dass von den noch rund 8000 Lehrern in Berlin, die streiken dürfen, gerade mal 10-20% mitmachen, bleibt der GEW gar nichts anderes übrig. Sie könnte auch mit 8000 streikbereiten Lehrern noch gehörig Druck machen. Wenn die Streikbereitschaft hoch wäre. Ich verstehe aber, dass sie es nicht ist. Warum soll man für die Beamten-Lehrer auf die Straße gehen und die Beamten-Lehrer machen für ihre angestellten Kollegen keinen Finger krumm, damit die einen besseren Nachteilsausgleich bekommen, dass sie nicht verbeamtet sind. Das juckt die doch nicht die Bohne, aber meckern tun sie, wenn die Tarifabschlüsse mager ausfallen. Und verzichten tun sie nie auf die Gehaltserhöhungen, egal, wie wenig es angeblich ist, gehen aber brav zur Arbeit und reden die Streiks noch schlecht. So sieht’s nämlich aus.
Leider schreiben Lehrer/innen maximal bissige Kommentare. Das ist dann aber auch schon alles.
Das ist auch wahr.
Sie können fest davon ausgehen, dass die herausfordernde Schülerschaft noch herausfordernder wird, weil der Anteil nicht herausfordernder Kinder aufgrund der demographischen Entwicklung abnimmt.
Auch wenn nun auch in Berlin die meisten Lehrer verbeamtet sind, gibt es noch tausende nicht-verbeamtete Lehrer. Die können den Laden ganz gehörig durcheinander bringen. Sie sind das einzige Druckmittel, das die GEW noch hat. Aber ein wirksames, denn die dürfen streiken.
Kleinere Klassen bedeuten mehr Klassen und damit auch mehr Lehrkräfte. Wenn diese aber Mangelware sind, wie sollen dann Druckmittel helfen, mehr Lehrkräfte zu beschaffen?
Hätte sich die GEW in der Vergangenheit mehr um die Interessen der Schaffenden an der Basis gekümmert, statt ihre Berufung darin zu sehen, traumtänzerische Reformvorschläge zu Lasten ihrer Mitglieder zu unterstützen, wäre der Beruf von Lehrern und Erziehern weniger unattraktiv geworden.
Am großen Rad der Politik zu drehen und sich damit zu profilieren, ist nicht ihre Aufgabe als Gewerkschaft. Sehr wohl sind es jedoch die Sorgen der Pädagogen, ihre zunehmenden Ängste, Ohnmachtserlebnisse und Einschränkungen der Befugnisse, gegen die sie hätte vorgehen müssen. Ebenso hätte sie sich um mehr Rückhalt und Beistand von den Vorgesetzten (sprich: Schulbehörden) kümmern müssen, die sich bei Rechtsstreitigkeiten mit immer mehr aggressiven Eltern lieber in die Büsche schlagen als die Verteidigung ihrer Untergebenen zu übernehmen.
Die GEW ist Meisterin in populären Forderungen nach außen, nach innen aber – dort, wo sich ihre Mitglieder abstrampeln – ist sie nicht selten kontraproduktiv.
(OT: Oha, läuft die obrige Illustration nicht unter kultureller Aneignung? Und was sagt die Drogenpräventionsstelle dazu?)