Wanka präsentiert ihr 5-Milliarden-Programm für Digitale Bildung – GEW: „Eine Hausnummer, mit der sich in den Schulen arbeiten lässt“

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BERLIN. Die rund 40.000 Schulen in Deutschland sollen in den nächsten fünf Jahren mit einem Fünf-Milliarden-Euro-Programm für Digitale Bildung fit gemacht werden – umgerechet also ein Durchschittsbetrag von 125.000 Euro pro Schule. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) stellte am Mittwoch in Berlin ihre Pläne für einen «Digitalpakt» mit den Ländern vor, um «Grundschulen, weiterführende allgemeinbildende Schulen und Berufsschulen mit digitaler Ausstattung wie Breitbandanbindung, W-LAN und Geräten zu versorgen». Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV), begrüßte die Initiative als „deutliches und überfälliges Signal“. Auch die GEW zeigte sich erfreut.

Bald geht's los: Die digitale Revolution erreicht die Schulen in Deutschland. Foto: Lucélia Ribeiro / flickr (CC BY-SA 2.0)
Bald geht’s los: Die digitale Revolution erreicht die Schulen in Deutschland. Foto:
Lucélia Ribeiro / flickr (CC BY-SA 2.0)

Der Titel des von Wanka vorgestellten Programms lautet: „DigitalPakt#D“. Die für Schulpolitik eigentlich zuständigen Länder sollen sich im Gegenzug für die fünf Milliarden Euro vom Bund „verpflichten, die entsprechenden pädagogischen Konzepte, die Aus- und Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern sowie gemeinsame technische Standards umzusetzen“.

„Zu guter Bildung im 21. Jahrhundert gehören IT-Kenntnisse und der souveräne Umgang mit der Technik und den Risiken digitaler Kommunikation ebenso wie das Lernen mittels der vielen neuen Möglichkeiten digitaler Medien“, erklärte Wanka. „Deutschland muss diese Chancen viel stärker nutzen als bisher. Wir müssen bei der digitaler Bildung einen großen Sprung nach vorn machen.“ Die Ministerin verwies auf Studien, wonach Deutschland sowohl bei Computer-Kompetenzen der Schüler als auch bei der IT-Ausstattung von Schulen «nicht an der Spitze» liege. Der Bund sehe sich daher als Schrittmacher.

Wanka betonte, dass es dem Bund um sehr konkrete Vereinbarungen gehe. «Technik ist kein Selbstzweck, das Lernen mit digitalen Medien muss einen Mehrwert haben. Ohne pädagogische Konzepte ist es rausgeschmissenes Geld.» Über einen entsprechenden Pakt wolle sie schon in Kürze mit den Ländern sprechen, ehe das Digitalisierungsprogramm für die Schulen nach der Bundestagswahl 2017 in Koalitionsverhandlungen eingebracht werden könne. «Je weiter wir bis dahin kommen, desto besser.»

Wanka geht davon aus, den Milliarden-Beitrag des Bundes absichern zu können. Grundlage für eine rasche Vereinbarung sei der Artikel 91c des Grundgesetzes, sagte die Ministerin mit Blick auf das «Kooperationsverbot» von Bund und Ländern im Schulbereich. Der Passus ermögliche die Zusammenarbeit im Bereich Informationstechnik, eine Grundgesetzänderung sei also nicht notwendig.

„Den Vorstoß, Schulen mit digitalen Geräten auszustatten, kann ich grundsätzlich nur begrüßen“, erklärte BLLV-Präsidentin Fleischmann. „Wenn bis zum Jahr 2021 fünf Milliarden Euro für die digitale Ausstattung von Schulen in Hand genommen werden, ist das ein deutliches, wenn auch überfälliges Signal in die richtige Richtung. Computer und WLAN gehören an alle Schulen“, sagte sie.

Fleischmann unterstrich: „Aus meiner Sicht braucht digitale Bildung ein ganzheitliches Konzept, das weit über die Einzelschule hinausgeht. Dazu gehören auch Reformen in der Lehrerbildung. Das heißt: Kompetenzerwerb während des Studiums, ein vertiefter Ausbau im Referendariat und ein stetiges Programm in der Lehrerfortbildung und Weiterbildung. Dennoch muss allen klar sein, dass nicht alle Kompetenzen in den Lehrer, in die Lehrerin hineingepackt werden können. Sie brauchen Unterstützung von IT-Experten an der Schule vor Ort.“

„Erster Schritt in die richtige Richtung“

Als einen „ersten Schritt in die richtige Richtung“ bezeichnete die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den „DigitalPakt#D“. GEW-Vorsitzende Marlis Tepe machte allerdings auch deutlich, dass dieser Pakt nur einen Teil der Infrastrukturmodernisierung an den Schulen des Landes abdecke. „Die Schulen brauchen dringend den Anschluss an das digitale Zeitalter. Aber was nützt uns die Breitbandverbindung, wenn der Putz von den Decken und Wänden der Klassenzimmer bröckelt“, sagte Tepe.

Der Sanierungsstau betrage bundesweit rund 34 Milliarden Euro. Dieser könne nur durch eine gemeinsame finanzielle Anstrengung von Bund und Ländern mit einem Zehn-Jahres-Programm aufgelöst werden. Für einen dauerhaften und nachhaltigen Beitrag des Bundes an der Bildungsfinanzierung müsse weiterhin das Kooperationsverbot aufgehoben werden.

„Fünf Milliarden Euro für das Zukunftsprojekt ‚Digitale Bildung‘ ist eine Hausnummer, mit der die Schulen vor Ort etwas anfangen können. Allerdings muss sichergestellt sein, dass die Gelder auch tatsächlich in den Schulen ankommen und Insellösungen vermieden werden“, betonte die GEW-Chefin. Sie wies ferner darauf hin, dass parallel ein Qualifizierungsprogramm für die Lehrkräfte aufgelegt und Module zum Thema „Digitale Bildung“ in die Ausbildung der Lehrkräfte aufgenommen werden müssten.

SPD und Grüne: verhalten positiv

Die von SPD und Grünen geführten Länder-Kultusministerien reagierten verhalten positiv und mahnten Nachbesserungen an. So forderte der Hamburger Bildungssenator Ties Rabe (SPD) «eine langfristige und nachhaltige Strategie» von Bund und Ländern. Rabe sagte: «Es ist gut, dass endlich Bewegung in diese wichtige Sache kommt. Das darf aber keine Eintagsfliege sein, sonst stehen in zehn Jahren überall veraltete und ungenutzte Computer herum.»

Die nordrhein-westfälische Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) erklärte: «Es ist gut, dass der Bund seine gesamtstaatliche Verantwortung für die Bildung erkennt.» Sie sehe «das Angebot nun als ersten Schritt, dem hoffentlich noch weitere folgen – zum Beispiel Bundesinvestitionen in den Ganztag, in die Schulsozialarbeit oder in multiprofessionelle Teams bei der Inklusion».

Die SPD setzt neben der Digitalisierung auf eine Gesamtstrategie, die beispielsweise die Sanierung maroder Schulgebäude einschließt. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Hubertus Heil sagte über Wankas Vorschlag: «Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.» Es reiche aber nicht aus, Schulen nur digital voranzubringen. Bund, Länder und Kommunen sollten «eine umfassende Bildungsallianz» beschließen, Wankas Idee greife daher zu kurz. Das von der SPD geplante Schulprogramm für digitale Ausstattung, moderne Schulgebäude und mehr Ganztagsunterricht soll neun Milliarden Euro kosten. Agentur für Bildungsjournalismus / mit Material der dpa

Zum Bericht: Kritik an Wankas 5-Milliarden-Paket für Digitale Bildung: DGB fordert Geld auch für Schulgebäude – Kraus: „Wir brauchen keine Laptop-Klassen!“

Zum Kommentar: Endlich! Die Schulen stehen vor der digitalen Revolution – Wankas Milliardenpaket macht’s möglich

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