OFFENBURG. Lehrerinnen und Lehrer vermissen derzeit in erster Linie eine digitale Kommunikationslösung, die von offizieller Seite zur Verfügung gestellt wird. Sie behelfen sich mit Angeboten aus dem Internet, die teilweise jedoch datenschutzrechtlich umstritten sind. Die meisten von ihnen befürchten große Lücken und eine gestiegene Heterogenität in den Klassen, wenn die Schulen wieder zum Normalbetrieb übergehen. Bis dahin sind die meisten mit ihren Klassen über E-Mail in Kontakt. Fast niemand glaubt, dass der Unterricht wieder nahtlos aufgenommen werden kann. Auch das „wie“ ist den meisten Lehrkräften bisher völlig unklar. Das sind Ergebnisse einer Online-Umfrage unter mehr als 2.600 Lehrerinnen und Lehrern, die der Mildenberger Verlag nun vorgelegt hat.
„Ich war immer sehr gut informiert und konnte auch unter diesen Umständen meine Schülerinnen und Schüler gut betreuen. In welchem Maße stimmen Sie der Aussage zu?“, so wurden die Teilnehmer gefragt. Bei den Antworten zeigt ein heterogenes Bild. „Mehr als die Hälfte der Befragten fühlte sich mittelmäßig informiert und hatte gewisse Schwierigkeiten bei der Betreuung. Ein gutes Drittel hatte keine Probleme. 12 Prozent jedoch fühlten sich alleingelassen und sahen sich zu einer guten Betreuung der Kinder nicht der Lage.“
Die Mehrzahl der Lehrer rechnet mit einigen Defiziten
„Der Stoff konnte im Wesentlichen von den Schülerinnen und Schülern zu Hause gelernt werden, sodass bislang keine großen Lücken entstanden sind. In welchem Maße stimmen Sie der Aussage zu?“ „Hier bewegen sich über 60 Prozent im mittleren Bereich: Einige Defizite müssten sicherlich aufgeholt werden. Mehr als jeder Fünfte sieht kaum Probleme für die Schülerinnen und Schüler. 17 Prozent befürchten dagegen richtig große Lücken“, so heißt es.
Was hat Lehrkräften in den vergangenen Wochen besonders geholfen? „Zu dieser offenen Frage gab es vielfältige Antworten“, resümieren die Autoren. „Viele Lehrerinnen und Lehrer bedanken sich ausdrücklich bei den Eltern, die in dieser Zeit zu Hause viele pädagogische Aufgaben übernommen haben. Gute Zusammenarbeit im Kollegium wurde ebenfalls als große Hilfe angesehen. Auch für die speziell erstellten Materialien der Schulbuchverlage gibt es lobende Worte, wobei die verschiedenen Angebote unterschiedlich bewertet werden. Kritik gibt es häufig an der fehlenden digitalen Ausstattung der Schulen. Ein großes Problem sehen viele Befragte darin, dass ein Teil der Schülerinnen und Schüler nicht erreicht wurde.“
Die Heterogenität nimmt zu – fürchten die meisten
Mehr als 80 Prozent der Lehrkräfte haben in den letzten Wochen digitale Angebote genutzt, um mit ihren Schülerinnen und Schülern in Kontakt zu treten oder Lernaufgaben zu verteilen. Falls sie Videokonferenzsysteme eingesetzt haben, dann zeigen die Antworten: „Die Befragten haben unterschiedlichste Anbieter genutzt. Der Grund dafür ist das häufige Fehlen offizieller Kommunikationssysteme. Dass die genutzten Tools wie beispielsweise Zoom teilweise datenschutzrechtlich umstritten sind, war den Lehrkräften entweder nicht bewusst oder wurde notgedrungen in Kauf genommen. Bei der eingesetzten Software stechen drei Programme besonders hervor: Anton, Antolin, Padlet.”
„Die Unterschiede unter den Kindern bezüglich des Lernstandes haben sich verstärkt.“ Die Mehrheit der Befragten fürchtet der Umfrage zufolge, dass dies zutrifft und die Heterogenität in den Klassen durch die Notfall-Situation zugenommen hat. Nur sehr wenige glauben, bei ihren Schülerinnen und Schülern habe sich hier nichts verändert.
Sobald die Schülerinnen und Schüler in die Schule kommen, kann der Unterricht nahtlos fortgesetzt werden – das glauben die wenigsten. Nur jede hundertste Lehrkraft meint, dass sofort da weitergemacht werden kann, wo man vor den Schulschließungen aufgehört hat. 80 Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer befürchten, dass dies nicht möglich ist. „Vermutlich wird viel improvisiert werden müssen“ – das meinen drei von vier Lehrkräfte. Die Umfrage lief vom 23.4.2020 bis 3.5.2020. Agentur für Bildungsjournalismus
Hier geht es zur vollständigen Umfrage.
Lehrer-Umfrage: Zusammenarbeit mit den Eltern wird immer schwieriger
Die Frage ist nur, welchen Einfluss die Politik mit ihrem “kein Kind soll Nachteile haben”, “jedes Kind wird versetzt”, “während der Zwangspause soll nur wiederholt werden” auf den Stress im kommenden Schuljahr hat. Eine Erinnerung an die Fürsorgepflicht der Eltern wäre eine gute Idee gewesen, ein Dank an die Lehrer, die nahezu ohne Budget innerhalb weniger Wochen die Digitalisierung gestemmt haben, die ansonsten Jahre gedauert hätte, wäre eine schöne Geste gewesen. Statt dessen kommen die Ideen Samstagsunterricht und Fortbildung während der Sommerferien.