„Weitere Pandemien werden kommen“: Wie ein Krisenplan für Schulen aussehen müsste

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GENF. Prof. Dr. med. Isabella Eckerle, Leiterin der Abteilung Infektionskrankheiten an den Universitätskliniken in Genf, hat in den Hochphasen der Corona-Pandemie immer wieder die Kultusminister für ihre Untätigkeit kritisiert. In der aktuellen Welle von Atemwegsinfekten (News4teachers berichtet) mahnt sie erneut Schutzmaßnahmen in Schulen an – und legt für solche Krisen einen Plan vor.

Wie wäre es mal mit einem Krisenkonzept für die Schulen? Foto: Shutterstock

„Eine starke Influenza-Epidemie/Pandemie ist nicht unwahrscheinlich in den kommenden Jahren. Wie man aktuell sieht, sind Kinderkliniken & auch Schulen nicht in der Lage, bei einem hohen Infektionsaufkommen noch ihren Auftrag zu erfüllen“, so schreibt Eckerle. Viel sei in der Vergangenheit verschlafen worden. Die Wissenschaftlerin skizziert in zehn Twitter-Posts mal eben, wozu die Politik in zweieinhalb Jahren nicht in der Lage war – ein Konzept nämlich, das den Gesundheitsschutz von Kindern und ihr Recht auf Bildung zusammenbringt, um eine „Pandemie-sichere Bildung der Zukunft“ zu gewährleisten.

“ Kinder haben ein Recht auf eine gesunde Lernumgebung und gleichzeitig ein Recht auf Bildung“

Die Grundgedanken lauteten, so Eckerle: „1. Kinder haben ein Recht auf gesunde Lernumgebung und gleichzeitig 2. ein Recht auf Bildung (Beides muss immer, auch in Zeiten von Epidemie/Pandemie, gewährleistet sein. Weitere Epidemien/Pandemien werden kommen.“

Um beide Aspekte gebührend zu berücksichtigen, brauche es zwei Expertenpanels, die konkrete Maßnahmen erarbeiten: ein erstes, das unter anderem aus Aerosol-Forschern, Gebäude-Technikern sowie Energie- und Bildungsexperten“ bestehe, die Reviews und eigene Studien durchführten, um zu ergründen, „welche Maßnahmen es für gesunde Klassenräume braucht (Luftfilter, -feuchtigkeit, max. Anzahl Schüler/Raum, Modellierung versch. Übertragungsszenarien)“, ein zweites, dem Bildungsforscher, Sozialwissenschaftler, Kinder- und Jugendpsychologen & IT-Experten angehören. Sie sollen Konzepte für Präsenz-, Hybrid- und Fernunterricht entwickeln („Welche päd. Konzepte, welche Altersgruppen, welche Ausstattung, welche Bedürfnisse für verschiedene Familien“).

Diese beiden Stäbe suchten nach besten Möglichkeiten, um Unterricht bei verschiedenen Szenarien gesund und funktionell zu ermöglichen. Vier Szenarien macht Eckerle aus:

  • „Szenario 1) Keine erhöhte Übertragung: Mindestmaß an Luftqualität muss erfüllt sein, um Konzentration, Wohlbefinden & gesunde Lernumgebung zu haben.
  • Szenario 2) Übertragung von endemischem saisonalem Ausmaß (normaler Winter): Anforderungen von 1) + Reduktion der Übertragung im Klassenraum & Reduktion von Fehlzeiten/Krankenstand durch optimierte Luftqualität & gezielte Informationen.“
  • Szenario 3) Übertragung über saisonales Ausmaß hinaus: Vermeidung gehäufter Fehlzeiten und Unterrichtsausfall sowie Reduktion der Belastung von Kinderkliniken (wie z.B. im Moment mit RSV), Reduktion der Übertragung im Präsenzunterricht & Alternativen für Risikofamilien (online).
  • Szenario 4) ausgeprägte epidemische/pandemische Situation: Evidenz-basierter Einsatz von Infektionsschutzmaßnahmen, je nach Bedürfnissen/ Möglichkeiten (freiwillige) Ausschöpfung von Online/Hybrid-Unterricht, kleineren Klassen in Präsenz bei maximaler Ausschöpfung von NPIs.“

Bei Situation 3 & 4 gebe es zusätzliche Krankentage für Eltern, damit kranke Kinder zuhause bleiben können und/oder weiteren Support. „Teststrukturen, z.B. für PCR per Speichelpool, sind entwickelt und können ggfs aktiviert werden falls notwendig.“

Eckerle betont: „Wichtig ist Blick nach vorne & aus den Verfehlungen der Vergangenheit zu lernen. Wenn Kinder wichtig sind, dann braucht es mehr Investition in den Bildungssektor & in die Kinderheilkunde. Es gibt so viel Diskussion um alles, was nicht gut lief & nur so wenig Konstruktives.“

Sinnvoller Vorschlag – der mE nicht so schwer umzusetzen wäre (auch wenn es mehr zu berücksichtigen gibt – aber das hier habe ich schon vor über 2 Jahren zusammengestellt, ist keine Raketenwissenschaft https://t.co/4GuMiWifKI), aber wohl am fehlenden politischen Willen scheitert.

— Damian Kunkis – BW (@CrashDami) November 29, 2022

Auf ein gängiges Totschlagargument reagiert sie vorab: „Wer soll das bezahlen & leiten? In meinen Augen gemeinsame Zuständigkeit der staatlichen Akteure für Bildung und Gesundheit. Wer soll die Expertenpanels besetzen? Unabhängige Personen mit überprüfbarer Expertise im Bereich. Lohnt sich die Investition? Garantiert!“ News4teachers

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Mamahoch3
1 Jahr zuvor

Selbst ohne Pandemie gibt es ja die gesunde Lernumgebung nicht überall. Unsere Schule wird seit 8 Jahren saniert und allein der Lärm ist sicher nicht gesund. Die Klasurpläne werden mit den Bauleitern abgesprochen, damit sich die SuS wenigstens bei den Klausuren konzentrieren können und nicht zu sehr durch den Lärm gestört werden. Lpften ist auf Grund des Lärm kaum möglich. Einen schönen Schulhof zum Erholen gibt es nicht, alles ist mit Bauzäunen abgesperrt, Mensa ist abgerissen und einen Ersatz gibt es nicht. Mit etwas Glück ist die Schule in 3 bis 5 Jahren fertig, dann gibt es auch wieder warmes Essen. Und so sieht es an vielen Schulen im Ruhrgebiet aus.
Als Mutter wünsche ich mir bei den Zuständen so manchesmal lieber eine Bildungspflucht als eine Schulpflicht…
Von pandemiesicheren Schulen sind wir meilenweit entfernt…

dauerlüfterin
1 Jahr zuvor

Man nehme sich den Schulentwicklungsplan seiner Kommune/Schülträgers vor (im Internet), lese sich da zum Ist-Zustand und den Prognosen ein und man wird feststellen, dass Schülerinnen und Schüler von den Schulträgern nicht mal nach den aktuellen (Un)standards untergebracht werden können. Von präventiven Massnahmen mal ganz zu schweigen.

Falls es Gegenden gibt, wo es anders ist, Gratulation.

Ron
1 Jahr zuvor

Vor Corona setzten sich noch ungerührt schwer keuchende Kollegen im Lehrerzimmer neben mich und berichteten von ihrer fast schon überstanden Grippe. Mittlerweile sind wir alle hoffentlich etwas schlauer und wissen, dass Tröpfcheninfektionen zu guten Teilen vermeidbar sind.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Ein Schnupfen, symptomlos, nur ganz wenige Komma-Prozent, keine Treiber, ein Tempo, milder Verlauf, Bremsscheiben, sind gut gestartet, Immunschuld abarbeiten. – „Kinder haben ein Recht auf gesunde Lernumgebung“, na dann.

Schattenläufer
1 Jahr zuvor

Krisenplan! 🙂 Süß!

Den Krisenplan kennen wir doch alle.

-Die Schulen sind sicher
-Fenster auf
-Immer stur lächeln und winken

Darfdaswahrsein
1 Jahr zuvor
Antwortet  Schattenläufer

Klatschen, Kniebeugen und Taschentücher nicht vergessen

kanndochnichtwahrsein
1 Jahr zuvor

„1. Kinder haben ein Recht auf gesunde Lernumgebung und gleichzeitig 2. ein Recht auf Bildung (Beides muss immer, auch in Zeiten von Epidemie/Pandemie, gewährleistet sein. Weitere Epidemien/Pandemien werden kommen.“

Absolut richtig, längst überfällig und auch in Bezug auf Schulgebäude und Lernumgebung, Stundenplangestaltung und Lerninhalte in „normalen“ Zeiten zu sehen und absolut wünschenswert, aber nicht realisiert.

Mir fehlt der Aspekt, dass diese Maßnahmen auch die Lehrerinnen und Lehrer schützen, die wiederum unentbehrlich sind für die Realisierung eines Rechtes auf Bildung!
Wenn der Krankenstand unter Schülern UND Lehrer so hoch ist wie gerade, kann gar nichts mehr stattfinden, nicht in der Schule und auch nicht mehr digital.

Ich denke, eine gesunde Lenrumgebung zu schaffen und das Recht der Kinder auf Bildung zu realisieren ist eine Jahrhundertaufgabe, nachdem im letzten Jahrhundert und in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts auf Teufel komm raus weggespart wurde…
Vor dem Hintergrund der Erfahrungen der letzten 30, 40, 50 Jahre ist kaum vorstellbar, dass da zeitnah eine Entwicklung kommt.
Ich fürchte, es wird öffentlichkeitswirskam irgendein Sanierungsprogramm angekündigt, dass dann im Stillen wieder im Hintergrund verschwindet, wenn grad kein Sachbearbeiter für die Genehmigung da, kein Handwerker greifbar, kein Material lieferbar, kein klares Ziel vorhanden ist. Dann geht es damit wie mit der angeblichen Digitalisierung der Schulen – erst große Presse, dann schleppende Verwirklichung und am Ende Einkassieren der an Schüler ausgeliehenen Geräte, da eh kein Empfang, die Lernplattform nicht funktioniert, die Lehrer keine Zeit zum Tanz auf all den Hochzeiten gleichzeitig…
Wir KÖNNEN aktuell ja gar nicht – wenn es z.B. aufgrund der aktuellen Infektionslage notwendig wäre – auf Distanzunterricht umstellen. Wir wären fast wieder an dem Punkt, an dem wir vor drei Jahren waren.
Wo ist da die Sicherstellung des Rechtes auf Bildung?
Viel wäre möglich gewesen.
Alles verläuft im Sande.

Da kann die Hoffnugn auf nachhaltige Besserung schon verloren gehen!

Sissi
1 Jahr zuvor

Da hätte es eine Verantwortung ! gebraucht, die den Glorreichen eigen ! sein müsste.
-> Hände über die Augen….. Ausschau…..wo? wo?…..nix, hinterm Horizont geht’s weiter?

Also weiter im circulus vitiosus,
weiter mit 🙂 Eigenverantwortung in
eigenverantwortlicher freiheitlicher Auslegung…..

TaMu
1 Jahr zuvor

Schutz vor Pandemien? Ganz einfach: jeder, dem irgend etwas Infektiöses, und sei es im Volksglauben auch noch so harmlos, aus irgend einer Körperöffnung fliesst, tröpfelt, ausdampft, ausatmet, herausfällt, ist gesetzlich verpflichtet, sich abzusondern, bis seine Absonderungen aufgehört haben und zwei weitere Tage ohne Symptome verstrichen sind. Zuwiderhandlung gilt als Körperverletzung und wird als solche verfolgt.