Welttag der Lehrkraft: GEW und VBE fordern “nationale Kraftanstrengung” für Bildung

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BERLIN. Die beiden größten Bildungsgewerkschaften Deutschlands fordern aus Anlass des Welttags der Lehrkraft am 5. Oktober grundlegende und systemische Veränderungen im Bildungssystem, anstatt permanent im Krisenmodus zu fahren.

Richtige Feierstimmung mag zum Welttag der Lehrkraft hierzulande nicht aufkommen (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) folgen dem Motto des Weltlehrkräftetages der UNESCO am 5. Oktober: „Hört auf die Stimme der Lehrkräfte – Auf dem Weg zu einem neuen Gesellschaftsvertrag für die Bildung“. Sie solidarisieren sich mit Lehrkräften und Bildungsgewerkschaften weltweit.

Mit Blick auf die zunehmenden globalen Krisen betonen die beiden Vorsitzenden, Maike Finnern (GEW) und Gerhard Brand (VBE), die Bedeutung der Bildung in einem demokratischen System: „Bildung kann Menschen befähigen, sich ein Bild von der zunehmend komplexer werdenden Realität zu machen. Sie kann Minderheiten in ihrem Kampf um Achtung und Würde stärken und einen Weg zu einem erfüllten und erfolgreichen Leben ebnen. Zudem ist Bildung ein Grundrecht in einer demokratischen Gesellschaft. Dieses Grundrecht sehen wir angesichts der vielschichtigen Krisen im Bildungssystem zunehmend in Gefahr.“ Sie mahnen die Politik, den reaktiven Umgang mit schulischen Herausforderungen zu überwinden und aktiv grundlegende Verbesserungen im Bildungssystem anzustoßen.

„Die Lehrkräfte müssen ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag endlich wieder in einem angemessenen Rahmen nachgehen können“

Hierzu Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des VBE: „Seit vielen Jahren stolpern wir von einem Schock zum nächsten. Egal ob Pisa oder OECD-Bildungsbericht, stets kommen neue Herausforderungen ans Tageslicht. Weder die öffentliche Betroffenheit, die darauffolgt, noch die oftmals kopflos wirkenden politischen Reaktionen bewirken, abgesehen von wenigen Ausnahmen, Veränderungen, die auch im Schulalltag ankommen. Dieser Spießrutenlauf muss endlich ein Ende haben. Wir brauchen aktive Maßnahmen zu grundlegenden Veränderungen. Für Schulen, die heutigen und zukünftigen Herausforderungen gerecht werden können. Schulen, in denen alle Beteiligten gerne arbeiten, lehren und lernen. Schulen in denen Multiprofessionalität gelebt und Chancengleichheit effektiv befördert werden kann. Die Lehrkräfte müssen ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag endlich wieder in einem angemessenen Rahmen nachgehen können.“ Ein solcher Prozess könne nur gelingen, wenn die Expertise der Lehrkräfte stärker genutzt wird.

„Das Startchancenprogramm, das gerade anläuft, ist ein Schritt in die richtige Richtung – muss aber besser finanziert werden“

GEW-Vorsitzende Maike Finnern betonte: „Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung: Bund, Länder und Kommunen, die Gewerkschaften, Eltern- und Schülervertretungen sowie Wissenschaft und Bildungsadministration müssen sich gemeinsam an einen Tisch setzen und Handlungsstrategien entwickeln. Die Unterfinanzierung und der Fachkräftemangel überlagern alle anderen Fragen und blockieren Lösungen. Das Startchancenprogramm, das gerade anläuft, ist ein Schritt in die richtige Richtung – muss aber besser finanziert werden. Der Digitalpakt 2.0 ist immer noch nicht in trockenen Tüchern – es hakt bei der Finanzierung. Ab 2026 greift schrittweise der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz in der Grundschule – nicht geklärt sind die Finanzierung und die erforderliche Personalausstattung. Wir dürfen die Zukunft der nächsten Generation nicht aufs Spiel setzen und müssen für mehr Chancengleichheit sorgen.“

Hintergrund: Der Weltlehrkräftetag wird seit 1994 jährlich am 5. Oktober gefeiert. Die UNESCO, die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und die Bildungsinternationale (BI) haben ihn ins Leben gerufen. Der 5. Oktober ist für die internationale Bildungsbewegung ein herausragendes Datum: 1964 haben UNESCO und ILO die „Charta zum Status der Lehrerinnen und Lehrer“ angenommen. Damit war es zum ersten Mal gelungen, in einem internationalen Konsens den Status des Lehrberufs in der Gesellschaft und die Verpflichtung der Politik zur Sicherung ausreichender Arbeits- und Lebensbedingungen für Pädagoginnen und Pädagogen festzuschreiben.

Die BI ist der internationale Dachverband von über 380 Bildungsgewerkschaften aus fast 180 Ländern. Sie vertritt weltweit mehr als 32 Millionen im Bildungswesen Beschäftigte. GEW und VBE sind Mitglieder der BI. News4teachers

“Wie schätzen Sie die gesellschaftliche Anerkennung des Lehrerberufes ein?” “Schlecht!” – ein Interview zum Welttag der Lehrkraft

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Realist
28 Tage zuvor

Ab 2026 greift schrittweise der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz in der Grundschule – nicht geklärt sind die Finanzierung und die erforderliche Personalausstattung.”

Ist doch klar wie das laufen wird, nämlich genauso wie bei den Kitas:

Das vorhandene Personal wird noch stärker verheizt werden als vorher, die Standard werden noch weiter abgesenkt werden. Wer etwas anderes erwartet, hat wohl die letzten Jahre auf einer Kreuzfahrt durch das Lala-Lula-Land verbracht.

Mit einem entscheidenden Unterschied: Das Kita-Personal kann gegen die eskalierenden Zumutungen streiken, die meisten Lehrkräfte nicht.

Wer hat eigentlich den “Ganztag für alle” immer wieder gefordert ohne an die Ressourcen zu denken? GEWeg!

Rüdiger Vehrenkamp
28 Tage zuvor

Ich wünsche allen Lehrkräften alles Gute zum Weltlehrertag und bedanke mich für die Zusammenarbeit mit Ihnen (im Rahmen meiner Tätigkeit in der sozialen Arbeit) und die Arbeit mit unseren Kindern. Und ich bedanke mich dafür, dass sie täglich alles so aushalten.

Schade finde ich es, dass selten die Lehrerinnen und Lehrer an der Klassenfront als “Bildungsexperten” gesehen werden. Sie sind stets nur das ausführende Organ jener Dinge, die sich ein “Sesselfurzexperte” so ausgedacht hat. Das kann ein Professor oder ein bekannter Bildungsinfluencer sein – meist sind sie nicht die Personen, die im Brennpunktviertel im Klassenzimmer stehen, um Unmögliches möglich zu machen.

Schüler können immer weniger, dafür steigen gewalttätige Angriffe an Schulen und gegen Lehrer. Unterrichtet man nicht gerade an einer preisgekrönten Schule mit Study Hall, Lernapp, Kreativraum und Eltern, die jedes Förder- und Coachinggespräch ihrer Sprösslinge nur zu gerne mit ihrer eigenen Anwesenheit beehren, wird man vielleicht auch gerne mal vergessen.

Daher wünsche ich Ihnen allen weiterhin viel Kraft und hoffe, Sie halten weiterhin durch. Gerade die Kids im Brennpunkt brauchen Ihr Engagement und Ihre Expertise am meisten.

Hysterican
27 Tage zuvor

Ich möchte mich für diesen Post ausdrücklich bedanken!!!
Ganz herzliche Grüße zurück!

mama51
27 Tage zuvor

Dankeschön! 🙂

Kadee
28 Tage zuvor

“Die Botschaft hör ich wohl [und sie tut auch gut, weil man noch Hoffnung hat, dass der Krisenmodus von anderen auch nicht schon mal als neue Normalität auf immer angesehen wird], allein mir fehlt der Glaube” (Goethe) , dass auch nur irgendein Verband irgendeinen Anfang findet, dieses Katastrophenkrisenknäuel zu entwirren.
Dafür hatten wir bisher einfach zu viele Fehlversuche, die die Lage immer nur noch verschlimmerten.
Los geht’s: Ich bin bereit, mich überraschen zu lassen (gern auch eines Besseren belehrt zu werden).

Pensionist
27 Tage zuvor

Wurde unser Welttag gestern in irgendeiner Zeitung oder im Fernsehen erwähnt?

Pädagogische Fachkraft
27 Tage zuvor

Wenn man den anderen Artikel (Umfrage unter jungen Lehrkräften zum Durchhalten bis zur Pension) liest, wird insbesondere die zunehmende Heterogenität in den Klassen als große Belastung der Lehrkräfte gesehen, und dieser Fakt trägt viel zur Überlastung bei, weil eine Lehrkraft nicht allen verschiedenen Schülern gerecht werden kann und daran zerbricht. Und genau diese Zusammenstellung von Klassen wird von diesen beiden Lehrervertretungen als großes Ziel propagiert, GEW “Eine Schule für alle”, VBE ein großer Befürworter von Gemeinschaftsschulen in BW, von denen viele Lehrer sich (vergeblich!) wegversetzen lassen möchten. Merken diese “Spitzenleute” (die alle selbst nicht mehr im aktiven Schuldienst sind!) in diesen Lehrervertretungen nicht, wie sehr sie mit ihrer Ideologie die Arbeit der Lehrkräfte, ihrer Mitglieder, mehr und mehr zusätzlich erschweren?!