DÜSSELDORF. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, hat sich gegen einen Kodex ausgesprochen, der Lehrern den Umgang mit Schülern über soziale Netzwerke verbietet. “Damit würde die Lehrerschaft unter einen Generalverdacht gestellt. Bei jedem Kontakt über Facebook würde dann sofort ein Missbrauchshintergrund angenommen”, sagte er in einem Gespräch mit News4teachers. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, stellte nach öffentlichem Druck derweil klar, dass es auch künftig den Verbänden und Schulen überlassen bleiben soll, wie sie mit Facebook umgingen.
Die “Märkische Allgemeine Zeitung” hatte berichtet, dass die Bundesregierung mit einem umfangreichen Verbots- und Maßnahmenkatalog den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen bekämpfen wolle. Dieser Kodex würde derzeit mit 20 Dachverbänden wie der Bischofskonferenz, dem Arbeitskreis der Internate oder der Arbeiterwohlfahrt Vereinbarungen abgestimmt. Und dazu zähle auch die Ächtung von Facebook-Kontakten zwischen Betreuern und ihren Schützlingen.
Rörig betonte nun, dass es den einzelnen Institutionen obliege, konkrete Maßnahmen wie einen Verhaltenskodex zu entwickeln. Es würde lediglich mit ihnen vereinbart, dass sie sich des Themas sexueller Missbrauch annähmen. Der Unabhängige Beauftragte gibt dazu aber offenbar Empfehlungen. Er plädiere nicht für ein pauschales Facebook-Verbot zwischen Lehrern und Schülern, erklärte Rörig jetzt. Er betonte aber: “Im Hinblick auf die gebotene Trennung von privaten und dienstlichen Kontakten sollten Lehrer jedoch Freundschaftsanfragen von ihnen anvertrauten jungen Menschen grundsätzlich ablehnen.” Rörig ist seit einem halben Jahr Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Er ist Nachfolger von Christine Bergmann (SPD), deren Stelle im Frühjahr 2010 eingerichtet worden war. Auslöser dafür waren zahlreiche Enthüllungen über Fälle sexuellen Missbrauchs, unter anderem an der Odenwaldschule.
“Verbot wäre nicht durchsetzbar”
Verbandspräsident Kraus rät Lehrern gleichfalls ab, über Facebook persönliche Kontakte zu Schülern zu unterhalten. Wenn die Kommunikation auf privater Ebene stattfinde, wecke dies falsche Erwartungen bei Schülern. Die wollten auch gar nicht kumpelhaft mit ihren Lehrern umgehen, meint Kraus, der selber ein Gymnasium im bayerischen Vilsbiburg leitet. Lehrer, die allzu viel von sich preisgäben, täten auch ihren Kollegen keinen Gefallen. Die sähen sich dann schnell dem Vorwurf ausgesetzt, unlocker und streng zu sein. “Ich appelliere an die Kollegialität, die gebotene Distanz zu wahren”, sagte Kraus. Gegen Kontakte mit Unterrichsbezug, auch über Facebook, sei demgegenüber nichts auszusetzen. “Es kommt darauf an, wie ich die Medien nutze.” Ein Verbot hielte er deshalb für überzogen und auch gar nicht durchsetzbar.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält wenig von einem Facebook-Verbot für Lehrer in der Kommunikation mit Schülern. Dorothea Schäfer, Landesvorsitzende der GEW in Nordrhein-Westfalen, sagt aber auch: “Lehrer müssen nicht nur bei Facebook, sondern auch in anderen Zusammenhängen ihre Rolle klären, die sie gegenüber Schülern haben.” Würden Schüler als Facebook-Freunde angenommen, solle dies nur in einem öffentlichen Bereich geschehen. Sie rät Lehrern, ihre privaten Freunde und Schüler jeweils in verschiedene Freundeslisten einzusortieren und ihnen damit mehr beziehungsweise weniger Einsicht auf ihre Profilseiten zu gewähren. Zentral sei, dass kein Schüler bei Freundschaftsanfragen ausgeschlossen werde und “Facebook-Freunde” – beispielsweise bei der Benotung – selbstverständlich nicht bevorzugt würden. ANDREJ PRIBOSCHEK / FRAUKE KÖNIG
(15.5.2012)
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Kritische Anmerkungen zu Facebook:
http://www.gew-rheiderland.homepage.t-online.de/12-03bericht.html