Die GEW schlägt Alarm! Es gibt erhebliche Defizite bei der Erzieher-Ausbildung

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BERLIN. An Berliner Kitas fehlen Erzieher. Das weiß auch der Senat und versucht gegenzusteuern. Die GEW schlägt nun Alarm, denn ihrer Meinung läuft die Sache aus dem Ruder.

Die Situation in Berlin ist zum Wegsehen.                                                    Foto: greensheepred / flickr / CC BY-SA 2.0

Die GEW beklagt erhebliche Defizite bei der Ausbildung dringend benötigter Erzieher in Berlin. Es entstünden immer mehr private Fachschulen, bei denen es weder einheitliche Standards noch Qualitätskontrollen wie bei den staatlichen Einrichtungen gebe, kritisierte GEW-Landeschefin Doreen Siebernik am Donnerstag. Sie sprach von «Wildwuchs», in dessen Folge eine pädagogisch hochwertige frühkindliche Bildung auf der Strecke bleibe.

Nötig seien einheitliche Ausbildungsstandards. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) gehe es angesichts des Erziehermangels jedoch eher um Quantität als um Qualität. «Das Land Berlin ist in Aktionismus verfallen», so Siebernik. «Die Qualität sinkt drastisch.»

Aktuell gibt es in Berlin fünf staatliche Fachschulen für Sozialpädagogik und laut GEW um die 50 Einrichtungen in freier Trägerschaft. Weil Erzieher vor allem in Kitas händeringend gesucht werden, wurden die Ausbildungskapazitäten zuletzt massiv aufgestockt. Die Zahl der Studenten liegt laut GEW mit rund 9.000 um 2.000 höher als noch vor fünf Jahren.

Davon kämen aber bei weitem nicht alle in den Kitas an, sagte Siebernik. Weil der Erzieher-Beruf dort schlecht bezahlt und die Arbeitsbedingungen oft wenig attraktiv seien, suchten sich Absolventen Alternativen, etwa an Ganztagsschulen, in der Jugend- oder Behindertenhilfe. «Diese Fakten werden von Frau Scheeres deutlich vernachlässigt.» Stattdessen kämen immer mehr Querensteiger aus anderen Berufen an die Kitas.

Inzwischen absolvierten 43 Prozent der Studenten ihr Fachschulstudium berufsbegleitend in Teilzeit, berichtete Siebernik. Sie müssten in den Kitas oft vom ersten Tag an Verantwortung übernehmen, ohne dafür gerüstet zu sein. Inhalte der Ausbildung und der Arbeitsstelle passten oft nicht zusammen, die Lernzeit komme zu kurz. Viele Arbeitsverträge genügten nicht arbeitsrechtlichen Mindeststandards, etliche Studenten würden im Rahmen von Minijobs angestellt.

Ein schlüssiges Konzept

Statt «bruchstückhaften Maßnahmen» müsse der Senat ein in sich schlüssiges Konzept vorlegen, um die Kita-Krise bewältigen zu können, forderte die GEW-Chefin. Dazu zählten auch eine bessere Vergütung von Erziehern sowie ein vernünftiges Salär für Studenten. Letztere müssten Zugang zur Ausbildungsförderung Bafög erhalten. Quereinsteiger dürften nicht vom ersten Tag an auf den Personalschlüssel angerechnet werden, sondern müssten Zeit bekommen, um das pädagogische Handwerkszeug zu erlernen.

Die Grünen stellten sich hinter die GEW-Forderungen. «Die Qualität der Kinderbetreuung muss langfristig wieder gesichert werden», sagte Parteichefin Nina Stahr. «Die derzeitige Krise darf nicht dazu führen, dass durch Flickschusterei immer mehr Menschen ohne ausreichend Fachkenntnis dauerhaft in den Kitas arbeiten.» Die Arbeits- und Ausbildungsbedingungen seien zu verbessern. «Dies ist eine Herausforderung, der sich die ganze Koalition gemeinsam mit aller Kraft widmen muss.»

In Berlin gibt es laut Familienverwaltung rund 170.000 Plätze in Kitas und Tagespflege, bis 2021 sollen es 193.000 sein. Zuletzt war deutlich geworden, dass das Land bei der Schaffung neuer Plätze in der wachsende Stadt nicht hinterherkommt. Ein wesentlicher Grund ist der Erziehermangel. Laut GEW werden bis 2020 etwa 5.000 zusätzliche Erzieher gebraucht, bis 2025 etwa 8.500. Aktuell arbeiten an den rund 2.500 Kitas nach Angaben der Familienverwaltung 29.000 pädagogische Fachkräfte – auf 24.000 Vollzeitstellen. dpa

Hunderte Erzieher von Schulen aus Berlin-Neukölln richten einen Hilferuf an GEW und Scheeres

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1 Kommentar
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sofawolf
6 Jahre zuvor

Was ein Unding ist, ist, dass – wie ich hörte – Erzieher ihre Ausbildung selbst bezahlen müssen. Da gehören mal die sprudelnden Steuereinnahmen hin, dass dieser Beruf erlernt werden kann in einer ganz normalen Berufsausbildung und mit einer Ausbildungsvergütung wie anderswo auch!

Fortbildungen und Umschulungen sollte das Arbeitsamt übernehmen.